- Leopold Weis
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Muhammad Asad (geboren als Leopold Weiss; * 2. Juli 1900 in Lemberg; † 20. Februar 1992 in Mijas, Spanien) war Korrespondent der Frankfurter Zeitung, Diplomat und islamischer Gelehrter.
Leopold Weiss wurde 1900 als Sohn einer Rabbiner-Familie in Lemberg geboren, damals Teil der k.u.k.-Monarchie, heute in der Ukraine. Er wuchs in Lemberg und Wien auf und hatte eine sehr religiöse Erziehung. Trotzdem entfremdete er sich zunehmend von seiner Religion und war mit den politischen und gesellschaftlichen Zuständen in den frühen 1920er Jahren sehr unzufrieden. 1922 reiste er nach Palästina, um seine Onkel zu besuchen. Laut seinem Buch "Der Weg nach Mekka" stand er dem damals aufkommenden Zionismus sehr kritisch gegenüber und führte Streitgespräche mit Chaim Weizmann, dem Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation. Gleichzeitig war er fasziniert von seinen ersten Kontakten mit Arabern, Muslimen und dem Islam. Die Einfachheit und Spiritualität dieser Religion war für ihn ein Gegenpol zu dem von ihm verabscheuten Materialismus der westlichen Welt. Weitreichende Reisen als Korrespondent der Frankfurter Zeitung im Nahen Osten folgten, wobei insbesondere der Kontakt mit Beduinen für Weiss sehr bedeutsam war.
1926 konvertierte er in der Berliner muslimischen Gemeinde, die die Wilmersdorfer Moschee baute, vom Judentum zum Islam, änderte seinen Namen in Muhammad Asad und machte die Haddsch, die Pilgerreise nach Mekka. Er vertiefte sich in Koranstudien. Als persönlicher Freund von König Ibn Saud, dem Gründer Saudi-Arabiens, lebte er jahrelang dort.
Danach ging er nach Indien, wo er für die Dauer des Zweiten Weltkriegs in einem britischen Internierungslager lebte. Seine gesamte Familie wurde in Europa im Konzentrationslager ermordet.
In Indien wurde er ein enger Freund des Poeten und Philosophen Muhammad Iqbals, der Asad bat, an der Gründung des ersten islamischen Staates mitzuarbeiten: Pakistan. Sein Verfassungsvorschlag, veröffentlicht im März 1948 unter dem Titel "Islamic Constitution-Making", wurde nicht implementiert. Nur in der Präambel der später verbotenen Verfassung konnte er einige seiner Vorschläge wiedererkennen. 1949 trat Asad in den diplomatischen Dienst von Pakistan ein und wurde in der Folge pakistanischer Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York. Asad schied sich nach zweiundzwanzigjähriger Ehe 1952 von seiner saudi-arabischen Frau Munira, heiratete die katholische Konvertitin Pola "Hamida" aus Amerika und trat von seinem Posten zurück.
Er war einer der bedeutendsten islamischen Autoren seiner Zeit und schrieb Bücher und zahlreiche Essays über Weltbild, Recht und Philosophie des Islam sowie seine Autobiographie The Road to Mecca, welcher in Fachkreisen ein Bestseller wurde. Sein opus magnum ist eine kommentierte englische Koranübersetzung, für die er ursprünglich zwei Jahre Arbeit veranschlagt hatte, dann aber dafür 17 Jahre brauchte. In einigen Fachkreisen wird sie als die derzeit beste Koranübersetzung angesehen. Die Übersetzung erschien bereits in mehreren Sprachen.
Asad war gegen Ende seines Lebens enttäuscht vom Zustand der islamischen Welt, von ihrer intellektuellen Abschottung und der Intoleranz der Extremisten. Er starb 1992 in Andalusien.
Asad war ein Grenzgänger zwischen der islamischen Welt und dem Westen: Weltreisender, Journalist, Linguist, Übersetzer, Sozialkritiker, Reformist, Diplomat, Politologe, Theologe. Was seinen Aktivitäten gemein ist, war sein Streben nach einem gegenseitigen Verständnis zwischen der islamischen Welt und dem Westen und seine intellektuelle Herangehensweise an den Islam. Am 14. April 2008 wurde der Platz vor dem Haupteingang der UNO-City in Wien zu seinen Ehren „Muhammad Asad-Platz“ benannt.
Sein Sohn Talal Asad aus zweiter Ehe in Saudi-Arabien ist Professor für Anthropologie in New York.
Bibliographie
- Unromantisches Morgenland - Aus dem Tagebuch einer Reise Frankfurt 1924
- Islam at the crossroads 1. Auflage Delhi 1934, arabische Übersetzung: al–Islam ‘ala muftaqir al–turuq Beirut 1946; deutsch: Islam am Scheideweg, Edition Bukhara 2007, ISBN 978-3-00-022095-1
- The Road to Mecca, New York 1954; deutsch: Der Weg nach Mekka Verlag S. Fischer, 1. Auflage 1955
- The Principles of State and Government in Islam, California Press, 1961
- The Message of the Qur'an erster Band 1964, vollständige Ausgabe Dublin, 1980
- This Law of Ours Asiatic Press of Dacca, 1980; erweitert um ältere Schriften: This Law of Ours and Other Essays Dar al-Andalus, Gibraltar 1987
- Sahih Al Bukhari: Early Years of Islam
Literatur
- Literatur von und über Muhammad Asad im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Günther Windhager: Leopold Weiss alias Muhammad Asad – Von Galizien nach Arabien, 1900–1927 Böhlau, Wien 2002, ISBN 3-205-99393-4
- der.wisch - zeitschrift für viel.seitige, nr. 03, Schwerpunktthema GRENZGÄNGER, herausgegeben vom Kulturverein Kanafani, Wien 2005, ISBN 3-900020-03-5. Mit Beiträgen über Muhammad Asad von Dr. Lise J. Abid, Ercüment Aytac, Dr. Murad W. Hofmann, Prof. Anas Shakfeh, Prof. Dr. Reinhard Schulze.
- Martin Kramer: "The Road from Mecca: Muhammad Asad (born Leopold Weiss)," in The Jewish Discovery of Islam: Studies in Honor of Bernard Lewis, ed. Martin Kramer (Tel Aviv: The Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African Studies, 1999), pp. 225-47.
- Von Lemberg nach Pakistan: Die jiddischen Witze des Muhammad Asad 13. Juli 2005
- Amir Ben-David: Leopold of Arabia Ha'aretz, Nov. 15, 2001.
- Ein Film von Georg Misch: DER WEG NACH MEKKA - Die Reise des Muhammad Asad
Personendaten NAME Asad, Muhammad ALTERNATIVNAMEN Weiß, Leopold KURZBESCHREIBUNG islamischer Gelehrter GEBURTSDATUM 2. Juli 1900 GEBURTSORT Lemberg STERBEDATUM 20. Februar 1992 STERBEORT Mijas, Spanien
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