Lilium bulbiferum

Lilium bulbiferum
Feuer-Lilie
Feuer-Lilie mit Stängelbulben

Feuer-Lilie mit Stängelbulben

Systematik
Unterklasse: Lilienähnliche (Liliidae)
Ordnung: Lilienartige (Liliales)
Familie: Liliengewächse (Liliaceae)
Unterfamilie: Lilioideae
Gattung: Lilien (Lilium)
Art: Feuer-Lilie
Wissenschaftlicher Name
Lilium bulbiferum
L.

Die Feuer-Lilie (Lilium bulbiferum) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Lilien (Lilium) in der Candidum-Sektion. Die Pflanze gilt als eine der prächtigsten Blumen der Alpen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Feuer-Lilie ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen zwischen 20 und 80 Zentimetern, selten über 100 Zentimeter, erreicht. Die Zwiebel ist rund, ihre wenigen lanzettförmigen Schuppen sind weiß bis blassrosa.

Die Pflanze bildet ab dem Frühjahr einen rot oder schwarz gefleckten, im oberen Bereich wollig behaarten gefurchten Stängel. Die daran wechselständig angeordneten, lanzettlichen Laubblätter sind sitzend und rot oder schwarz gefleckt, sie werden bis zu 10 Zentimeter lang und 15 Millimeter breit. Die Spitzen sind häufig gegen das Blattgrün abgesetzt und schwach behaart.

Ab etwa Mai bis Juli erscheinen in einem doldenartigen Blütenstand ein bis fünf aufrechte oder schräg aufrechte Blüten, oft ist nur eine endständige Blüte zu beobachten, sie erreichen einen Durchmesser von etwa 14 Zentimetern. Die Blütenstiele sind kurzhaarig oder kahl, die Knospen fein weiß behaart. Die zwittrigen, dreizähligen und duftlosen Blüten haben sechs gleichgeformte Blütenhüllblätter (Tepalen). Diese erreichen 5 bis 7 Zentimeter Länge, sind etwas nach außen gebogen, leuchtend feuerrot bis dunkelorange, in der Mitte heller und haben auf der Oberseite dunkelbraun oder schwarz behaarte, linealische Papillen, die gelegentlich fehlen. Die Nektarrinne ist gewimpert. Die Staubblätter sind 2,5 bis 3 Zentimeter lang, die Staubbeutel rot, der Griffel ist ein wenig länger als die Staubblätter.

Es werden verkehrt-eiförmige, rund 4 Zentimeter lange Kapselfrüchte gebildet, die je nach Unterart stumpf- oder scharfkantig sind und gelegentlich einen Rest des Griffels tragen. Der Samen der Feuer-Lilien keimt verzögert-hypogäisch. Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24[1].

Ökologie

Unter den sonst häufig stark duftenden Arten der Gattung Lilium bildet die Feuer-Lilie eine seltene Ausnahme, da sie gänzlich duftlos ist. Die Pflanze wird von Tagfaltern besucht, die sich auf eines der Blütenhüllblätter setzen. Ist die Blüte schräg-aufrecht angeordnet, setzt sich das Insekt auf das jeweils untere Blütenhüllblatt. An der Basis eines Tepals verläuft eine Nektarrinne, in die der Besucher den Rüssel einführt und so zum Nektar gelangt[2].

Eine Besonderheit der Art ist, dass sie durch primitive Nektarien an den Spitzen der Laubblätter sowie der Tepalen junger Blütenknospen Ameisen der Gattungen Myrmica, Lasius und Formica anlockt. Möglicherweise dient dies dem Schutz der Pflanze vor Freßfeinden wie dem Lilienhähnchen. [3]

Lilium bulbiferum im Biotop, einer Hangwiese der Rhön.

Verbreitung

Die Feuer-Lilie ist die in Europa am weitesten verbreitete Wildlilie. Die Pflanze ist vor allem in den Gebirgen von Süd- und seltener Mitteleuropa von den Pyrenäen über Korsika und den Apennin zum nördlichen Balkan verbreitet. In den Nördlichen Randalpen selten, in den Südlichen Randalpen zerstreut. Stellenweise wie in den Dolomiten ist sie häufig anzutreffen[4].

Ein weiteres Areal sind Äcker, auf ihnen reicht die Art (in Gestalt der Unterart Lilium bulbiferum ssp. croceum) bis Nordwestdeutschland (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen) und Teile der Niederlande (Provinzen Groningen und Drenthe). Diese Bestände sind extrem zurückgegangen und gelten als stark bedroht, höchstwahrscheinlich sind sie auch auf Einbürgerung zurückzuführen, die Urwüchsigkeit außerhalb der Alpen ist allgemein umstritten[1]. Verwildert kommt sie auch in Skandinavien vor.

Standorte und Pflanzensoziologie

Die Pflanze gedeiht auf Bergwiesen, Schuttfluren, Felsen und Gebüschrändern von der Ebene bis in etwa 2400 Meter Höhe (colline bis subalpine Höhenstufe). Die Feuerlilie bevorzugt Kalkböden in warmen und sonnigen Lagen, wächst jedoch auch auf schwach sauren Böden.

Sie ist Charakterart der Assoziation Bupleuro longifolii-Laserpitietum latifolii, die Hauptvorkommen finden sich jedoch im Verband Gebirgs-Goldhaferwiesen (Polygono-Trisetion) sowie in der Ordnung Alpine Blaugras-Rasen (Seslerietalia albicantis).

Systematik

Blüte L. bulbiferum var. croceum

In Combers klassischer Einteilung der Gattung von 1949 wurde die Feuer-Lilie zu den Kaukasuslilien der Sektion Liriotypus gestellt. Ausschlaggebend waren hier nicht allein morphologische, sondern vor allem geographische Aspekte. Molekulargenetische Untersuchungen untermauerten allerdings die unter anderem von Stephen Haw bereits vermutete enge Verwandtschaft mit Lilium pensylvanicum (mit der die Feuer-Lilie auch hybridisieren kann) sowie des Weiteren mit Lilium maculatum. [5] Zu den anderen Arten der Sektion Liriotypus hingegen besteht keine engere Verwandtschaft.

In der Literatur werden zwei Unterarten unterschieden[6]:

  • Eigentliche Feuer-Lilie, Wiesen-Feuerlilie (Lilium bulbiferum subsp. bulbiferum). Die Nominatform trägt in den oberen Blattachseln Brutknöllchen (Bulbillen), die ausgereift zu Boden fallen und aus denen nach zwei bis drei Jahren blühfähige Zwiebeln entstehen können. Die Blütenflecken sind dunkelbraun, die Kapselfrucht stumpfkantig. Sie ist vor allem in den Ostalpen von der montanen bis subalpinen Höhenstufe vertreten.
  • Krokus-Feuer-Lilie, Acker-Feuerlilie (Lilium bulbiferum subsp. croceum). Trägt nur selten Brutknöllchen. Die Blütenflecken sind schwarz, die Kapselfrucht scharfkantig. Vor allem in den Südwest- und Westalpen von der collinen bis subalpinen Höhenstufe vertreten. Im Vergleich zur Nominatform ist sie häufiger.

Die insbesondere in älterer Literatur gelegentlich angeführten Varietäten var. chaixii (kleinere Form der Seealpen, bis 50 cm) bzw. var. giganteum (riesenwüchsige Form aus dem Raum Neapel, bis 180 cm) werden heute weitgehend nicht mehr anerkannt.

Bedeutung, Geschichte, Kultur

Da die Feuer-Lilie die einzige natürlich in den Niederlanden vorkommende Lilie ist, war sie als Motiv in der flämisch-niederländischen Malerei verbreitet, auch die Kräuterbuchautoren des 16. Jahrhunderts haben den „goldt gilg“ schon gemalt. Auch heute noch ist sie als Gartenpflanze insbesondere wegen ihrer Robustheit beliebt.

Namensherkunft

Das Epipheton der Pflanzenart bulbiferum verweist auf die Fähigkeit der Pflanze, Achselbulben zur Vermehrung auszubilden, vergleichbar mit der Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine bulbifera), die ebenfalls Achselbulben ausbildet.

In Österreich, Deutschland und der Schweiz sind auch folgende Volksnamen gebräuchlich: Azla, Berg-Ilga, Donnerblume, Donnerrose, Fanzognia, Feldlilie, Fiur di San Giuan, Füür-Ilga, Gelbe Gilgen, Goldrose, Machola, Mosnbräse, Rot-Ilgä, Steirose, Tulipana, Wilde Gilgen

Ethnobotanik

Die Feuerlilie ist unter anderem Bestandteil des sogenannten „Sonnwendbüschels“. Dieses wird zusammen mit anderen „Zauberkräutern“ in das Johannisfeuer geworfen, um Unwetter fernzuhalten. Anderseits wird der Pflanze durch die feuerrote Farbe nachgesagt, dass sie Blitze anzieht, weshalb sie nicht ins Haus gebracht werden soll[7].

Nachweise

Einzelnachweise

Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil den unter Nachweise angegebenen Quellen, darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:

  1. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 8. Auflage, Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5
  2. Dieter Heß: Alpenblumen - Erkennen - Verstehen - Schützen, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3243-5
  3. Erich-Wilhelm Ricek: Extraflorale Nektarien bei Lilium bulbiferum, in: Mitteilungen der Botanischen Arbeitsgemeinschaft am Oberösterreichischen Landesmuseum Linz, Bd.6, Heft 1, S. 53-57, 1974 (Online PDF)
  4. Muer, Angerer: Alpenpflanzen, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-3374-1
  5. Nishikawa et al. (1999): A Molecular Phylogeny of Lilium in the Internal Transcribed Spacer Region of Nuclear Ribosomal DNA. J Mol Evol (1999) 49: 238-249
  6. Fischer, M. A., Adler, W. & Oswald K.: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol, Linz, 2005, ISBN 3-85474-140-5
  7. Wendelberger: Alpenpflanzen - Blumen, Gräser, Zwergsträucher, München 1984, ISBN 3-7632-2975-2

Weblinks


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