- Lineare Unabhängigkeit
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In der linearen Algebra wird eine Familie von Vektoren eines Vektorraums linear unabhängig genannt, wenn sich der Nullvektor nur durch eine Linearkombination der Vektoren erzeugen lässt, in der alle Koeffizienten der Kombination auf den Wert Null gesetzt werden. Man kann zeigen, dass diese Bedingung dazu äquivalent ist, dass sich keiner der Vektoren als Linearkombination der anderen darstellen lässt. Andernfalls heißen sie linear abhängig. Die Bezeichnung „linear voneinander abhängig“ ist unpräzise, da diese fälschlicherweise suggeriert, dass jeder der beteiligten Vektoren sich durch die anderen darstellen ließe. Denn die Abhängigkeitsbeziehung besteht zunächst nur zwischen zwei betrachteten Vektoren.
Der Umkehrschluss „bei einer linear abhängigen Vektormenge lässt sich jeder Vektor der Menge als Linearkombination der übrigen darstellen“ ist nicht zulässig.
Zum Beispiel sind im dreidimensionalen Euklidischen Raum die Vektoren (1,0,0), (0,1,0) und (0,0,1) linear unabhängig. Die Vektoren (2, − 1,1), (1,0,1) und (3, − 1,2) sind hingegen linear abhängig, denn der dritte Vektor ist die Summe der beiden ersten, d. h. die Summe der ersten beiden minus den dritten ergibt den Nullvektor. Die Vektoren (1,2, − 3), ( − 2, − 4,6) und (1,1,1) sind wegen ebenfalls linear abhängig; jedoch ist hier der dritte Vektor nicht als Linearkombination der beiden anderen darstellbar.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Es sei V ein Vektorraum über dem Körper K und I eine Indexmenge. Eine durch I indizierte Familie heißt linear unabhängig, wenn jede hierin enthaltene endliche Teilfamilie linear unabhängig ist.
Eine endliche Familie von Vektoren aus V heißt linear unabhängig, wenn die einzig mögliche Darstellung des Nullvektors als Linearkombination
mit Koeffizienten aus dem Grundkörper K diejenige ist, bei der alle Koeffizienten ai gleich Null sind. Lässt sich dagegen der Nullvektor auch nichttrivial (mit Koeffizienten ungleich Null) erzeugen, dann sind die Vektoren linear abhängig.
Die Familie ist also linear abhängig genau dann, wenn es Koeffizienten gibt, von denen mindestens einer ungleich 0 ist, so dass
Der Nullvektor ist ein Element des Vektorraumes V. Im Gegensatz dazu ist 0 ein Element des Körper K.
Andere Charakterisierungen und einfache Eigenschaften
- Die Vektoren sind genau dann linear unabhängig, wenn sich keiner von ihnen als Linearkombination der anderen darstellen lässt.
Diese Aussage gilt nicht im allgemeineren Kontext von Moduln über Ringen.
- Eine Variante dieser Aussage ist das Abhängigkeitslemma: Sind linear unabhängig und linear abhängig, so lässt sich als Linearkombination von schreiben.
- Ist eine Familie von Vektoren linear unabhängig, so ist jede Teilfamilie dieser Familie ebenfalls linear unabhängig. Ist eine Familie hingegen linear abhängig, so ist jede Familie, die diese abhängige Familie beinhaltet, ebenso linear abhängig.
- Elementare Umformungen der Vektoren verändern die lineare Abhängigkeit oder die lineare Unabhängigkeit nicht.
- Die Anzahl der linear unabhängigen Vektoren in einer Familie von Vektoren entspricht dem Rang der Matrix . Durch Hinzufügen und Entfernen eines Vektors und Vergleich des Rangs der Matrizen, kann die lineare Abhängigkeit eines Vektors von einer beliebigen Familie geprüft werden.
- Ist der Nullvektor einer der (hier: Sei ), so sind diese linear abhängig - der Nullvektor kann erzeugt werden, indem alle ai = 0 gesetzt werden mit Ausnahme von aj, welches als Koeffizienz des Nullvektors beliebig (also != 0) sein darf.
- In einem n-dimensionalen Raum ist eine Vektormenge mit m>n Elementen immer linear abhängig.
Ermittlung mittels Determinante
Hat man n Vektoren eines n-dimensionalen Vektorraums als Spaltenvektoren bzgl. einer festen Basis gegeben, so kann man deren lineare Unabhängigkeit einfach dadurch prüfen, dass man die n Spaltenvektoren zu einer -Matrix zusammenfasst und dann deren Determinante ausrechnet. Die Vektoren sind genau dann linear unabhängig, wenn die Determinante von 0 verschieden ist.
Bedeutung
Lineare Gleichungssysteme
In einer Linearkombination sind die Koeffizienten eindeutig bestimmt, wenn die Vektoren linear unabhängig sind. Dies kann zur Feststellung der Lösbarkeit von linearen Gleichungssystemen benutzt werden. Das lineare Gleichungssystem ist genau dann eindeutig lösbar, wenn die Spaltenvektoren der Koeffizientenmatrix linear unabhängig sind.
Die Überprüfung, ob zum Beispiel drei Vektoren (hier: , und ) aus linear unabhängig sind, entspricht dem Lösen eines linearen Gleichungssystems. Dazu wird aus
ein homogenes lineares Gleichungssystem gebildet:
und mittels des gaußschen Eliminationsverfahrens nach a1,a2,a3 gelöst. Gibt es nur eine einzige Lösung, nämlich dass a1 = a2 = a3 = 0, dann sind die Vektoren linear unabhängig. Existieren weitere Lösungen, sind sie linear abhängig.
Basen
Wichtig ist das Konzept der linearen Unabhängigkeit in Bezug auf die Basis eines Vektorraums. Eine Basis ist ein linear unabhängiges Erzeugendensystem. Basen erlauben es, in beliebigen Vektorräumen mit Koordinaten zu rechnen.
Beispiele
Beispiel 1: einzelner Vektor
Der Vektor sei ein Element des Vektorraums V über K. Dann ist der einzelne Vektor für sich genau dann linear unabhängig, wenn gilt, dass (d.h. ungleich dem Nullvektor ist).
Denn aus der Definition des Vektorraums folgt, dass wenn
- mit ,
nur a = 0 oder sein kann!
Beispiel 2: zwei bestimmte Vektoren in
Die Vektoren und sind in linear unabhängig.
Beweis: für gelte
d.h.
Dann gilt
also
Dieses Gleichungssystem ist nur für die Lösung a = 0, b = 0 (die sogenannte triviale Lösung) erfüllt; d.h. u und v sind linear unabhängig.
Beispiel 3: „natürliche“ Basis in
Im Vektorraum betrachte folgende Elemente (die natürliche oder Standard-Basis von V):
- ...
Dann ist die Vektorfamilie mit linear unabhängig.
Beweis: Für gelte
Dann gilt aber auch
und daraus folgt, dass ai = 0 für alle .
Beispiel 4: Funktionen als Vektoren
Sei V der Vektorraum aller Funktionen . Die beiden Funktionen et und e2t in V sind linear unabhängig.
Beweis: Es seien und es gelte
für alle . Leitet man diese Gleichung nach t ab, dann erhält man eine zweite Gleichung
Indem man die erste von der zweiten Gleichung subtrahiert, erhält man
Da diese Gleichung für alle t und damit insbesondere auch für t = 0 gelten muss, folgt daraus durch Einsetzen von t = 0, dass b = 0 sein muss. Setzt man das so berechnete b wieder in die erste Gleichung ein, dann ergibt sich
Daraus folgt wieder, dass (für t = 0) a = 0 sein muss.
Da die erste Gleichung nur für a = 0 und b = 0 lösbar ist, sind die beiden Funktionen et und e2t linear unabhängig.
Siehe auch: Wronski-Determinante
Beispiel 5: Reihen
Sei V der Vektorraum aller reellwertigen stetigen Funktionen auf dem offenen Einheitsintervall. Dann gilt zwar
aber dennoch sind linear unabhängig. Linearkombinationen aus Potenzen von x sind nämlich nur Polynome und keine allgemeinen Potenzreihen, insbesondere also in der Nähe von 1 beschränkt, so dass sich nicht als Linearkombination von Potenzen darstellen lässt.
Beispiel 6: Zeilen und Spalten einer Matrix
Interessant ist auch die Frage, ob die Zeilen einer Matrix linear unabhängig sind oder nicht. Dabei werden die Zeilen als Vektoren betrachtet. Falls die Zeilen einer quadratischen Matrix linear unabhängig sind, so nennt man die Matrix regulär, andernfalls singulär. Die Spalten einer quadratischen Matrix sind genau dann linear unabhängig, wenn die Zeilen linear unabhängig sind. Beispiel einer Folge von regulären Matrizen: Hilbert-Matrix.
Beispiel 7: Rationale Unabhängigkeit
Zahlen aus , die sich nicht als Linearkombinationen mit Zahlen aus darstellen lassen nennt man rational unabhängig oder inkommensurabel (siehe auch Inkommensurabilität (Mathematik)). Die Zahlen sind rational unabhängig, oder inkommensurabel. Die Zahlen sind rational abhängig.
Verallgemeinerung
Der Begriff der linearen Unabhängigkeit lässt sich weiter zu einer Betrachtung von unabhängigen Mengen verallgemeinern, siehe dazu Matroid.
- Die Vektoren sind genau dann linear unabhängig, wenn sich keiner von ihnen als Linearkombination der anderen darstellen lässt.
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