- Antihitlerkoalition
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Mit Anti-Hitler-Koalition wird das gemeinsame Bündnis vor allem von UdSSR, Großbritannien und USA gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich unter Führung von Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Da bereits seit dem Jahr 1917, in dem Russland durch seine Oktoberrevolution ein kommunistischer Staat wurde, immer deutlicher geworden war, dass die Systeme der USA (Kapitalismus) und der UdSSR (Sozialismus) weder auf politischer (Parlamentarische Demokratie vs autoritativer Zentralismus) noch auf wirtschaftlicher Ebene (Freie Marktwirtschaft vs Planwirtschaft) miteinander kompatibel sein würden, konnte die Definition ihrer Zusammenarbeit auch im Zweiten Weltkrieg nur über ein gemeinsames Feindbild geschehen.
Standpunkte der Regierungen
Mit dem Regierungsantritt von Franklin D. Roosevelt 1933 begann eine ausgesprochen sowjetfreundliche Phase der amerikanischen Außenpolitik. Eine der ersten Regierungshandlungen Roosevelts war die Anerkennung der Sowjetunion, welche von den vorhergehenden US-Regierungen mit Verweis auf die Vorgehensweise der kommunistischen Regierung gegen das eigene Volk stets abgelehnt wurde.
Winston Churchill hingegen war von Anfang an ein erklärter Gegner des Kommunismus, was er unter anderem mit dem Verweis auf die in der Sowjetunion ermordeten Menschen schon in seinem 1930 erschienenen Buch Nach dem Kriege veranschaulichte.[1] In den ersten zwei Kriegsjahren lösten die sowjetische Besetzung Ostpolens, die Angriffe auf Finnland und die Annexion der baltischen Staaten in Großbritannien zum Teil einen antisowjetischen Sturm aus.
Die Sowjetregierung unter Josef Stalin hingegen schob die Verantwortung für den Beginn und die Ausweitung des Krieges Großbritannien zu und hatte es für eine "verbrecherische Dummheit" erklärt, Deutschland den Krieg zu erklären. Die USA wurden beschuldigt, mittels "heuchlerischer Neutralität" die Kriegsflamme in Europa zu schüren und zu einem Waffenlieferant für England und Frankreich geworden zu sein.[2]
Entwicklung
Alle Ressentiments traten jedoch mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion in den Hintergrund. Im Interesse des Kampfes gegen den nunmehr gemeinsamen Feind wurden die Gegensätze zurückgestellt. In einer spontanen Rede am 22. Juni 1941 erklärte Churchill, dass seine bisherigen antikommunistischen Äußerungen verblasst seien vor den Vorgängen in Osteuropa und dass England jetzt an der Seite der Sowjetunion stehe und ihr jegliche Hilfe zukommen lassen wird.
Am 1. Oktober 1941 fand in Moskau eine gemeinsame Konferenz über die militärische und wirtschaftliche Unterstützung der Sowjetunion statt, auf denen die Lieferung von Kriegsgütern nach dem Leih- und Pachtgesetz beschlossen wurde. Im Verlaufe des Krieges sollte die Sowjetunion gewaltige Materiallieferungen erhalten, wobei in erster Linie nicht so sehr die Waffenlieferungen, sondern die Lieferung von - für die neuzeitliche Kriegsführung unerlässlichen - Transportmitteln wie 427.284 Lastkraftwagen, 1.966 Lokomotiven und 11.000 Waggons ausschlaggebend waren. Von größter Bedeutung aber dürften die Lebensmittellieferungen gewesen sein, welche u.a. 4,5 Mio. Tonnen Fleischkonserven umfassten.
Am 1. Januar 1942 war in Washington eine gegen den Dreimächtepakt gerichtete Erklärung von 26 kriegsführenden Staaten zustande gekommen, welche damals die Deklaration der Vereinten Nationen lautete. Abgeschlossen wurde die Schaffung der Anti-Hitler-Koalition mit einem nach fünfmonatigen Verhandlungsdauer unterzeichneten Abkommen über ein "Bündnis im Krieg gegen Hitlerdeutschland und seine Verbündeten" für die nächsten 20 Jahre am 26. Mai 1942 zwischen England und der Sowjetunion und am 11. Juni zwischen der USA und der Sowjetunion.
Im Zuge der Koalitionsbildung sah sich Moskau gezwungen, gewisse Schritte rückgängig zu machen, die sie im Interesse der Partnerschaft mit Deutschland unternommen hatte. So wurden wieder diplomatische Beziehungen zu den Exilregierungen der Tschechoslowakei, Norwegens, Belgiens, Frankreichs, Griechenlands und Jugoslawiens aufgenommen, die mit Ausnahme Griechenlands alle in Großbritannien amtierten.
Gegensätze
Die Sowjetregierung hat trotz der Koalition niemals daran gezweifelt, dass es England und der USA allein um die Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft über ihre Kolonien und um die Ausschaltung ihrer gefährlichsten Konkurrenten Deutschland und Japan ging.[3] Es war in Moskau ausgemachte Sache, dass die anglo-amerikanischen Mächte die Sowjetunion allein aus dem Grund unterstützten, um ihr die Hauptlast des Kampfes aufzubürden. Daraus erklärt sich das stets wache Misstrauen der Sowjetunion und die laufend wiederholten Forderungen nach einer Zweiten Front.
Schon zu Beginn der Kriegskonferenzen wurde deutlich, wie schwierig die Zusammenarbeit war, sodass die gemeinsam gefundenen Zielformulierungen fast immer für beide Seiten großen Interpretationsspielraum offen ließen. So beschloss man z.B., das besiegte Deutschland nach dem Krieg nach demokratischen Prinzipien wieder aufzubauen - an welche Demokratieform man dabei dachte, wurde bewusst offen gelassen, da eine Einigung hierüber kaum zu erwarten war. Den Keim ernsthafter Meinungsverschiedenheiten trug auch der Text der am 14. August 1941 von Churchill und Roosevelt unterzeichneten Atlantik-Charta in sich, in welcher stand, allen Nationen die souveränen Rechte zurückzugeben, denen sie gewaltsam entrissen worden sind und dass alle Völker das Recht haben, selbst die Regierungsform zu wählen, unter der sie leben wollen. Hier befanden sich die Sowjetunion aufgrund ihrer Annexionen, aber auch die Alliierten aufgrund ihrer Kolonien gegenseitig in überaus anfechtbaren Positionen.
Größte Schwierigkeiten gab es bezüglich eines Übereinkommens mit der polnischen Exilregierung, da diese Anerkennung der Integrität der Republik Polens innerhalb der alten Grenzen forderte. Da Moskau diesbezügliche Erörterungen ablehnte, wurde diese Frage auf britischem Druck hin offiziell mit Stillschweigen übergangen und unter Vorbehalt am 14. August 1941 ein polnisch-sowjetisches Militärabkommen unterzeichnet. Das Verhältnis zwischen der polnischen Exilregierung und Moskau erkaltete jedoch immer mehr, da die Freilassung von polnischen Kriegsgefangen kaum Fortschritte machte und sich Moskau weigerte, die Zuständigkeit der polnischen Regierung auf Bürger der annektierten polnischen Gebiete anzuerkennen, da den dortigen Einwohnern die sowjetische Staatsbürgerschaft aufgezwungen wurde und diese somit Sowjetbürger waren. Als nicht eine der rund 50 offiziellen Anfragen an die Sowjetregierung bezüglich der polnischen Militärgefangenen beantwortet wurde[4] und nach der Entdeckung der Massengräber von Katyn die polnische Regierung eine Untersuchung durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) forderte, brach Moskau die Beziehung zu der polnischen Regierung unter dem Vorwurf ab, dass diese in Kontakt mit der Hitlerregierung stehe und sich einer faschistischen Verleumdungskampagne angeschlossen habe.[5]
Wie schwach die Anti-Hitler-Koalition tatsächlich war, zeigte sich bald nach Ende des Krieges: Die unterschiedlichen Interpretationen der gemeinsamen Beschlüsse des Potsdamer Abkommens führten bald zum Bruch der Koalition. Spätestens seit der Truman-Doktrin und seit der Rede von Andrei Alexandrowitsch Schdanow vom 30. Juli 1947 wurde offen von einer geteilten Welt (Zwei-Lager-Theorie) gesprochen.
Einzelnachweise
- ↑ Winston S. Churchill: Nach dem Kriege. Amalthea-Verlag, Zürich 1930, S. 70ff
- ↑ Iwan Maiski: Memoiren eines sowjetischen Botschafters. Dietz-Verlag Berlin 1967, ASIN B0000BSGXK, S. 532ff, 622
- ↑ ebd.: S. 735
- ↑ Bei einer offiziellen Unterredung des polnischen Ministerpräsidenten Sikorski mit Stalin gab dieser an, dass alle polnischen Gefangenen entkommen und in die Mandschurei geflohen seien. Zwei Tage nach der Entdeckung von Katyn jedoch wurde auf einmal von russischer Seite erklärt, die mit Bauarbeiten beschäftigten Polen seien bei Smolensk den faschistischen Henkern in die Hände gefallen.
- ↑ Militärgeschichtliches Forschungsamt: Das deutsche Reich und der 2. Weltkrieg , Band IV - Der Angriff auf die Sowjetunion, ISBN 3-421-06098-3, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1983, S. 803
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