Heinz Keßler

Heinz Keßler
Heinz Keßler (1988)
Heinz Keßler beim Truppenbesuch 1968

Heinz Keßler (* 26. Januar 1920 in Lauban) war Armeegeneral, Mitglied des Ministerrats der DDR, Minister für Nationale Verteidigung und Abgeordneter der Volkskammer der DDR. Er gehörte dem SED-Zentralkomitee, dem Politbüro und dem Nationalen Verteidigungsrat der DDR an.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Keßler wuchs in Chemnitz auf, besuchte die Volksschule und war Mitglied des Jungspartakusbundes [1]. Seine Eltern waren Kommunisten. Unter den Nationalsozialisten kam sein Vater ins Konzentrationslager, die Mutter ins Gefängnis. Nach einer Lehre zum Maschinenschlosser 1934–1938 und anschließender Arbeit in diesem Beruf diente er ab 1940 im Zweiten Weltkrieg als Soldat einer sächsischen Infanteriedivision in der Wehrmacht. Drei Wochen nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion lief er am 15. Juli 1941 zur Roten Armee über.[2] Wenig später führte er eine Kampfgruppe deutscher Kommunisten im Raum Smolensk hinter die deutschen Linien. Es folgten eine Ausbildung an der Moskauer Antifa-Schule und die Mitbegründung des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD). Gemeinsam mit den übrigen Mitgründern des Nationalkomitees "Freies Deutschland" (NKFD) unterschrieb auch Keßler das Manifest vom 12. Juli 1943. Dort engagierte er sich als einer der wichtigsten Jugendfunktionäre im NKFD und auch als Frontbeauftragter an der Brjansker Front.[3] In dieser Funktion rief er deutsche Soldaten zum Überlaufen auf.

Heinz Keßler (rechts) und Erich Honecker (2.v.r.), 5. August 1947

Im Frühjahr 1945 kehrte er als Angehöriger der Roten Armee ins eroberte Berlin zurück, wo er nach langer Zeit seine Mutter Hedwig Keßler wiedertraf, die 1941–1945 im KZ Ravensbrück inhaftiert war.[4] 1945 war Keßler Mitglied des Zentralen Antifaschistischen Jugendausschusses und 1946 eines der Gründungsmitglieder der Freien Deutschen Jugend. Er trat der KPD bei, die sich 1946 mit der SPD zur SED vereinigte. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der SED. Es folgte eine FDJ-Karriere von 1947–1950, und mehrmonatige Agitationsarbeit auch in der Bundesrepublik („Ich habe versucht, die Jugendverbände zu agitieren und dafür zu gewinnen, mit uns gegen die Pariser Verträge aufzutreten“).

Keßler wurde 1950 Chefinspektor der Volkspolizei, 1952 Generalmajor und Chef der Luftwaffeneinheiten der Kasernierten Volkspolizei. 1955/56 studierte er an der Akademie der sowjetischen Luftstreitkräfte. Er war von 1956 bis 1967 Chef der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung der NVA und Stellvertreter des Verteidigungsministers, anschließend wurde er Chef des Hauptstabes der NVA (entspricht Generalstab). Danach war er als Generaloberst Mitglied des Militärrates des Vereinten Oberkommandos des Warschauer Pakts mit Sitz in Moskau. Von 1979 bis 1985 leitete er die Politische Hauptverwaltung und übernahm am 3. Dezember 1985 das Amt des verstorbenen Heinz Hoffmann als Armeegeneral und Verteidigungsminister. 1986 wurde er Mitglied des Politbüros des ZK der SED.

Keßler erhielt im Laufe seiner Karriere eine Reihe von Orden und staatlichen Auszeichnungen der DDR, der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten, darunter den Vaterländischen Verdienstorden in Gold (1965), den Scharnhorst-Orden (1969), den Orden der Oktoberrevolution (1976) und den Karl-Marx-Orden (1979).

1990 wurde Keßler aus der in PDS umbenannten SED ausgeschlossen. Wie die restliche Staatsführung der DDR bestritt Keßler stets den Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze. So sagte er etwa in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit vom 30. September 1988: „Es hat nie - nie! - einen Schießbefehl gegeben. Den gibt es auch jetzt nicht, das bitte ich mir so abzunehmen (…)“. Nach dem Fall der Berliner Mauer musste er sich zusammen mit ehemaligen Parteiführern und den anderen Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates der DDR wegen des Befehls vor Gericht verantworten. Am 16. September 1993 wurde er zu einer siebeneinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und im Frühjahr 1998 aus der JVA Hakenfelde in Berlin entlassen.

2009 trat er der DKP bei. [5] 2010 gab der Freundeskreis Heinz Keßler anlässlich des 90. Geburtstags von Keßler eine Festschrift heraus.[6] Zur Wahl 2011 zum Abgeordnetenhaus von Berlin kandidierte er auf der Liste der DKP.[7] Keßler lebt zusammen mit seiner Frau Ruth im Berliner Bezirk Lichtenberg.

Schriften

Literatur

Weblinks

 Commons: Heinz Keßler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heinz Keßler im Wiki des Drafd e.V. und auch Gottfried Hamacher u.a.:Gegen Hitler. Deutsche in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung »Freies Deutschland«, Kurzbiografien
  2. Bernd-Rainer Barth, Helmut Müller-Enbergs: Keßler, Heinz. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
  3. Hans Ehlert und Armin Wagner: Die Militärelite der DDR in lebensgeschichtlicher Perspektive, S. 7. In: Hans Ehlert und Armin Wagner (Herausgeber): „Genosse General! Die Militärelite der DDR in biografischen Skizzen“. Ch. Links, Berlin 2003. ISBN 3-86153-312-X.
  4. Heinz Keßler: „Einer der schönsten Tage meines Lebens“ : Heinz Keßler erinnert sich an das Wiedersehen mit seiner Mutter im Juni 1945. auf der Website des Verband Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung "Freies Deutschland" e.V.. (Abgerufen am 10. August 2011.)
  5. Heinz Kessler in die DKP Berlin aufgenommen
  6. Freundeskreis Heinz Keßler (Hrsg.): Die Sache aufgeben, heißt sich selbst aufgeben. Festschrift für Heinz Keßler zum 90. Geburtstag. Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2010, ISBN 978-3-939828-39-6.
  7. Information der Landeswahlleiterin von Berlin

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