- Antoine Pinay
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Antoine Pinay (* 30. Dezember 1891 in Saint-Symphorien-sur-Coise, Rhône; † 13. Dezember 1994 in Saint-Chamond, Loire) war ein französischer Politiker und von 1952 bis 1953 Ministerpräsident von Frankreich.
Pinay, Sohn eines erfolgreichen Hutfabrikanten, absolvierte zunächst eine kaufmännische Ausbildung. Der Erste Weltkrieg kostete ihn einen Arm. Anschließend baute er aus der Gerberei der Familie Fouletier in Saint-Chamond ein erfolgreiches Unternehmen auf.
In dieser kleinen Stadt war Pinay von 1929 bis 1977 Bürgermeister. Zusätzlich wurde er 1936 Abgeordneter des Départements Loire in der französischen Nationalversammlung. Zwischen 1938 und 1940 war er Mitglied im Senat und fungierte dort als Repräsentant des konservativen Bürgertums und des gewerblichen Mittelstandes.
Obwohl Pinay 1940 die Kollaborationspolitik des Vichy-Regimes unter Philippe Pétain ablehnte, blieb er während der deutschen Besatzung in seinen Ämtern. Daher gehörte er nach der Befreiung Frankreichs zunächst zu den „Unwählbaren“. „Die allgemeine Anerkennung der Bevölkerung für seine Verdienste und die Tatsache, dass er deutsche Juden vor der Gestapo verborgen hat, erlauben ihm aber schon bald die Rückkehr in politische Ämter.“[1]
So wurde Pinay bereits 1945 in die konstituierende Nationalversammlung gewählt und gehörte ab 1946 auch der Nationalversammlung an, wo er sich der Fraktion der Unabhängigen Republikaner anschloss. Bereits 1948 gehörte er als Staatssekretär für Wirtschaftsfragen der Regierung im 1. und 2. Kabinett Queuille an. Daneben war Pinay von 1949 bis 1979 Präsident des Generalrats des Département Loire.
Minister wurde Pinay erstmals 1950 im Kabinett Pleven mit der Zuständigkeit für öffentliche Arbeiten, danach bis 1952 im Kabinett Faure, zuständig für Verkehr.
Das Jahr 1952 brachte Pinay selbst an die Regierung der Vierten Republik, von Februar bis zum 22. Dezember des Jahres war er mit Unterstützung der Partei Centre national des indépendants et paysans (CNI) Ministerpräsident und Finanzminister. In dieser Funktion bekämpfte er der Inflation und stabilisierte die französische Wirtschaft. Die sogenannte Pinay-Anleihe, an den Goldkurs gebunden und steuerfrei, verschaffte dem Staat neue Finanzmittel. Pinays Regierung endete durch seinen Rücktritt aufgrund des Widerstandes gegen eine von ihm geplante Steuerreform. Nachdem Pinay 1955 erfolglos versucht hatte, erneut eine Regierung zu bilden, wurde er 1955–1956 Außenminister im zweiten Kabinett Faure. Als solcher nahm er an der Genfer Gipfelkonferenz teil.
Während der Staatskrise im Mai 1958 unterstützte Pinay eine Machtübertragung an Charles de Gaulle. Dieser wurde zum französischen Ministerpräsidenten ernannt und nach der Verfassungsänderung zum ersten Staatspräsidenten der Fünften Französische Republik gewählt. Unter de Gaulle war Pinay 1958–1960 erster Wirtschafts- und Finanzminister und bemühte sich um die wirtschaftliche und finanzielle Sanierung Frankreichs. Im Jahre 1958 hatte er maßgeblichen Anteil an der Einführung des neuen Französischen Franc (Nouveau Franc, NF). Als er jedoch eine Reform des Handelsrechts und die Verbesserung der Stellung der Gewerkschaften ablehnte, musste er im Januar 1960 zurücktreten.
Im Anschluss war er bis 1985 Präsident der Companie francaise pour la diffusion des techniques, ab 1962 zusätzlich Berater der Societé pour l'expansion industrielle francais à l'étranger, von 1964 bis 1973 außerdem Präsident der Behörde für Regionale Wirtschaftsentwicklung in Rhône-Alpes.
Nachdem Pinay 1969 die Präsidentschaftskandidatur des Gaullisten Georges Pompidou unterstützt hatte, wurde er 1973 für ein Jahr zum ersten französischen Vermittler zur Behebung der Spannungen zwischen Regierung, Parlament und Verwaltung ernannt. Auch Valéry Giscard d’Estaing erhielt bei seiner Wahl zum Staatspräsidenten die Unterstützung Pinays.
Als Pinay 1991 seinen 100. Geburtstag feierte, forderte er den Rücktritt des Präsidenten François Mitterrand und lobte den späteren Ministerpräsidenten Édouard Balladur.
Mit einem Alter von 102 Jahren war er der langlebigste Ministerpräsident Frankreichs.
Weblinks
- Literatur von und über Antoine Pinay im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dorlis Blume/Irmgard Zündorf: Tabellarischer Lebenslauf von Antoine Pinay im LeMO (DHM und HdG)
- Biographie Antoine Pinays (französisch)
Einzelnachweise
- ↑ Dorlis Blume/Irmgard Zündorf: Tabellarischer Lebenslauf von Antoine Pinay im LeMO (DHM und HdG).
Vorgänger Amt Nachfolger Edgar Faure Ministerpräsident der Vierten Republik
8. März 1952–23. Dezember 1952René Mayer Antoine Pinay | Wilfrid Baumgartner | Valéry Giscard d’Estaing | Michel Debré | Maurice Couve de Murville | François-Xavier Ortoli | Valéry Giscard d’Estaing | Jean-Pierre Fourcade | Raymond Barre | René Monory | Jacques Delors | Pierre Bérégovoy | Édouard Balladur | Pierre Bérégovoy | Michel Sapin | Edmond Alphandéry | Alain Madelin | Jean Arthuis | Dominique Strauss-Kahn | Christian Sautter | Laurent Fabius | Francis Mer | Nicolas Sarkozy | Hervé Gaymard | Thierry Breton | Jean-Louis Borloo | Christine Lagarde | François Baroin
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