Lufthansa-Flug 2904

Lufthansa-Flug 2904
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Lufthansa-Flug 2904
Zusammenfassung
Datum 14. September 1993
Typ fehlerhaftes Landemanöver
Ort Flughafen Warschau (WAW)
Getötete 2
Verletzte 62
Flugzeug
Flugzeugtyp Airbus A320-211
Fluggesellschaft Lufthansa
Kennzeichen D-AIPN „Kulmbach“
Passagiere 64
Besatzung 6
Überlebende 68

Lufthansa-Flug 2904 war ein Linienflug der Lufthansa vom Flughafen Frankfurt am Main nach Warschau. Am 14. September 1993 verunglückte der an diesem Tag eingesetzte Airbus A320-211 bei der Landung auf dem Chopin-Flughafen Warschau. Durch eine Verkettung mehrerer Faktoren hätte ein Durchstartmanöver erfolgen müssen, die Maschine rutschte jedoch über das Ende der Landebahn hinaus und ging nach der Kollision mit einem Erdwall in Flammen auf. Zwei Menschen an Bord kamen dabei ums Leben.

Inhaltsverzeichnis

Fluggerät

Die eingesetzte Maschine war ein Airbus A320-211 mit der Kennung D-AIPN und dem Taufnamen "Kulmbach“. Er wurde am 10. April 1990 neu an Lufthansa ausgeliefert und wurde bis zum Unglück gut drei Jahre später durchgehend von dieser betrieben. Nach dem Zwischenfall wurde die weitestgehend zerstörte Maschine abgeschrieben.[1]

Unglücksablauf

Ablauf der Landung (von oben)
Ablauf der Landung (frontal, animiert)
Bild von der Unglücksstelle

Nachdem der A320 einen problemlosen Flug hatte, wurde den Piloten um 15:28 Uhr Ortszeit von der Anflugkontrolle in Warschau mitgeteilt, dass andere Piloten über Scherwinde in Bodennähe berichteten. Für die Landung war Runway 11 mit 2800 Metern Länge vorgesehen.

Das rechte Hauptfahrwerk der Maschine hatte erst nach 770 Metern ersten Bodenkontakt, das linke Fahrwerk nach 1525 Metern. Bereits beim ersten Bodenkontakt betätigte der Pilot die Radbremsen, welche aber aufgrund der ungenügenden Haftung auf der nassen Landebahn nicht griffen. Erst nach dem Aufsetzen des linken Fahrwerkes gab das Programm des Fly-by-Wire-Systems die Störklappen und die Schubumkehr als Bremshilfen frei. Die Maschine hatte nun noch eine Geschwindigkeit von 72 Knoten (ca. 133 km/h).

Die zur Verfügung stehende restliche Strecke reichte nun weder zu einem Durchstartmanöver, noch war es wegen der nassen Bahn möglich, das Flugzeug vor dem Erdwall hinter dem Ende der Landebahn zum Stehen zu bringen. Der Pilot zog daher die Maschine nach rechts, sodass sie mit der linken Tragfläche zuerst aufprallte. Daraufhin rutschte die Maschine zum Teil über den Erdwall, zerbrach und ging in Flammen auf, da das linke Triebwerk zerstört wurde. Der Erste Offizier kam im Cockpit durch innere Verletzungen ums Leben, die er sich beim Aufprall auf die Instrumente zugezogen hatte. Ein Passagier starb an einer Rauchgasvergiftung, wahrscheinlich weil er – behindert durch einen Wirbelbruch – sich nicht selbst retten konnte. Weitere 54 Passagiere wurden verletzt in Krankenhäuser der Umgebung gebracht. Acht Personen wurden ambulant behandelt.

Ursachen

Ein baugleicher Airbus A320-200 der Lufthansa

Als Ursache für diesen Unfall hält der Untersuchungsbericht eine Kombination von Faktoren fest:

  • Eine Ursache liege bei mehreren Fehlern der Cockpitbesatzung. So habe sie unter anderem die plötzlich einsetzenden Scherwinde weder angemessen berücksichtigt noch diskutiert. Außerdem habe der den Sprechfunk führende Pilot den fliegenden Piloten nicht vor der Scherwindkomponente von mehr als 10 Knoten ausdrücklich gewarnt, obwohl dies das Betriebshandbuch des A320 empfiehlt. Die Besatzung habe kein Durchstarten eingeleitet, als sie die Landezone der Landebahn bereits deutlich überflogen hatte, obwohl es angemessen und möglich gewesen wäre.
  • Auch die Mannschaft des Towers in Warschau wird im Unfalluntersuchungsbericht belastet. Sie habe keine aktuellen Wetterdaten besessen, da die Windinformationen nur mit Verspätung beim Tower eintrafen.
  • Des Weiteren habe die unzureichende Beschreibung des Bremssystems in der Anleitung zum Betrieb des Flugzeuges zum Misslingen der Landung beigetragen: Die Piloten hätten vor dem Aufsetzen ein automatisches Bremsverfahren gewählt, das erst dann das Bremsmanöver einleitet, wenn die Maschine Bodenkontakt bekommen hatte. Zum Stand des damaligen Wissens seitens des Herstellers galt Bodenkontakt jedoch erst dann als erreicht, wenn das Fahrwerk mit mindestens 12 t belastet wurde und sich die Räder des Hauptfahrwerkes in Drehung befanden. Aufgrund des starken Wasserfilms und des dadurch entstehenden Aquaplanings setzte die Maschine zwar auf, die Räder drehten sich jedoch so langsam, dass der Bordcomputer davon ausging, die Maschine befinde sich noch nicht auf dem Boden und jegliches Bremsmanöver verweigerte. Zudem setzte die Maschine erst sehr weit hinten auf der Bahn auf, so dass schon vor dem Bodenkontakt wertvolle Bremsstrecke verschenkt wurde. Als die Systeme schließlich die Vollbremsung einleiteten (Radbremsen, Störklappen und Schubumkehr), reichte die Restlänge der Landebahn nicht mehr aus, um die Maschine rechtzeitig zum Stillstand zu bringen.

Konsequenzen

Die Software des Fly-by-Wire-Systems aller Typen der Airbus-A320-Familie wurde überarbeitet und der notwendige Aufsetzdruck von 12 t auf 2 t gesenkt. Ferner ist die Aktivierung der Störklappen und der Schubumkehr nicht mehr an die Raddrehung gekoppelt, die Bremsaktivierung jedoch nach wie vor. Somit soll gewährleistet sein, dass die aerodynamischen Bremsen in jedem Fall funktionieren, auch wenn sich die Räder nicht drehen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. airfleets.net - Airbus A320 - MSN 105 (englisch) abgerufen am 30. August 2011
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