Lulu von Strauss und Torney

Lulu von Strauss und Torney

Luise (Lulu) Elisabeth von Strauß und Torney (* 20. September 1873 in Bückeburg, Fürstentum Schaumburg-Lippe, heute Niedersachsen; † 19. Juni 1956 in Jena, Thüringen) war eine deutsche Dichterin und Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Sie entstammte dem niedersächsischen Adelsgeschlecht Strauß und Torney, das mit dem Pastorensohn Christoph Strauß (um 1555–1611) in Seehausen in der Altmark erstmals urkundlich genannt ist, und war die Tochter des königlich preußischen Generalmajors Lothar von Strauß und Torney (1835–1903), vormals Flügeladjutant des Fürsten Adolf I. zu Schaumburg-Lippe, und der aus dem Jeverland stammenden Gutsbesitzerstochter Kathinka Harms (1843–1917).

Ihr Großvater, der ihre Jugend stark prägte, war der fürstlich schaumburg-lippesche Minister, Religionshistoriker und Dichter Viktor von Strauß und Torney (1809–1899), ihr Onkel der Senatspräsident des Berliner Oberverwaltungsgerichts Hugo von Strauß und Torney (1837–1919).

Leben

1898 veröffentlichte sie erste Gedichte. Ihre Themen fand sie im idyllischen Schaumburger Land, aber auch im Marschland und an der Nordsee. 1901 erschien ihre erste Novelle, der Bauernstolz. Sie fand Kontakt zum Göttinger Kreis um den Dichter Börries von Münchhausen und lernte Agnes Miegel und Theodor Heuss kennen, mit denen sie eine lebenslange Freundschaft verband.

Ihre wichtigsten Werke verfasste sie alle vor dem Ersten Weltkrieg. Am 18. April 1916 heiratete sie in Bückeburg den Verleger Eugen Diederichs (1867–1930) und zog nach Jena. Unter seinem Einfluss wandte sie sich dem Religiösen, Sagen und Märchen zu.

Aufgrund ihrer Nähe zur Blut- und Boden-Ideologie in ihren frühen Bauernromanen zählten die Nationalsozialisten sie zu ihren Autoren, zumal sie selbst im Oktober 1933 das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler abgelegt hatte.

Erst 1994 wurde durch kirchengeschichtliche Forschungen bekannt, dass die dichterische Wortfassung des 1941 vom Eisenacher Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben neu aus den Evangelien des Neuen Testamentes zusammengestellten Volkstestaments von Lulu von Strauß und Torney stammte. Diese neuartige Bibel im Sinne des Mythus des 20. Jahrhunderts von Alfred Rosenberg, die dem „arischen Jesus“, den Deutsche Christen verkündeten, zum Durchbruch verhelfen sollte, hatte nicht den von Dreivierteln der damaligen evangelischen Landeskirchen (zum Teil auch von Bekenntnis-Christen) erhofften Erfolg, wirft aber ein völlig neues Licht auf das literarische Schaffen der Dichterin.

In der Bearbeitung dieses Volkstestamentes wurde auch auf die Bibelkritik der damaligen Zeit Rücksicht genommen. Die „Lohn-Straf-Moral“ und anderes mehr wurden vollständig beseitigt. Herausgekommen ist ein religionsgeschichtliches Dokument sehr eigener Art, das die Suche nach einer neuen, nichtjüdischen Religiosität dokumentiert.

Der Teilnachlass von Strauß und Torneyss befindet sich in der Handschriftenabteilung der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke (in Auswahl)

  • Bauernstolz, Novelle, 1901
  • Eines Lebens Sühne, Novelle, 1904
  • Die Dorfgeschichte in der modernen Literatur, 1906
  • Hof am Brink, 1906
  • Lucifer, Roman, 1907
  • Das Leben des heiligen Franz von Assisi, 1909
  • Sieger und Besiegte, Novellen, 1909
  • Judas, Roman, 1911 (später unter dem Titel Der Judashof. Ein niederdeutscher Erbhofroman, 1937)
  • Reif steht die Saat. Neue Balladen, 1919
  • Der Jüngste Tag, Roman, 1922
  • Das Leben der Heiligen Elisabeth, 1926
  • Deutsches Frauenleben in der Zeit der Sachsenkaiser und Hohenstaufen, 1927
  • Vom Biedermeier zur Bismarckzeit. Aus dem Leben eines Neunzigjährigen, Biografie, 1932 (Biografie über Viktor von Strauß und Torney)
  • Erde der Väter. Ausgewählte Gedichte, 1936
  • Das goldene Angesicht, Gedichte, 1943

Literatur

  • Gisela Horn: Die NS-Universität Jena ehrt die Frauen: Lisa Sauckel und Lulu von Strauß und Torney-Diederichs; in: Cornelia Amlacher, Dietmar Ebert, Gisela Horn (Hrsg.): Anpassung Verfolgung Widerstand. Frauen in Jena 1933-1945; Jena 2007; S. 91-96
  • Gisela Horn: Lulu von Strauß und Torney-Diederichs - ein Beispiel weiblicher Anpassung; in: Gisela Horn (Hrsg.): Entwurf und Wirklichkeit. Frauen in Jena 1900 bis 1933; Rudolstadt 2005; S. 311-324
  • Ulf Diederichs: Agnes Miegel, Lulu von Strauß und Torney und das Haus Diederichs. Die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft; Bad Nenndorf: Agnes-Miegel-Gesellschaft, 2005; ISBN 3-928375-27-X
  • Jerke, Birgit: Wie wurde das Neue Testament zu einem sogenannten Volkstestament „entjudet“? Aus der Arbeit des Eisenacher „Instituts zur Erforschung und Beseitung des jüdischen Einflusses auf das deutsch kirchliche Leben“; in: Leonore Siegele-Wenschkewitz (Hg.): Christlicher Antijudaismus und Antisemitismus. Theologische und kirchliche Programme Deutscher Christen; Frankfurt am Main 1994; S. 201–234
  • Liselotte Zander: Die Balladen der Lulu von Strauß und Torney. Eine Würdigung nach Gehalt und Gestalt; Greifswald: Univ. Diss. 1951
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B Band VI, Seite 366, Band 32 der Gesamtreihe; Limburg (Lahn): C. A. Starke, 1964; ISSN 0435-2408
  • Neue Deutsche Biographie, Band 3, Seite 637

Weblinks


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