Magnetbahn

Magnetbahn
Ein Waggon der M-Bahn auf Fahrweg im DB-Museum Nürnberg

Die M-Bahn (Magnetbahn) in Berlin war ein spurgebundenes Verkehrssystem auf eigenem Fahrweg, das ab 1984 im Versuchsbetrieb und von 1989 bis 1991 im Passagierbetrieb eingesetzt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsprinzip

Als Antrieb benutzte die M-Bahn einen Linearmotor in Langstator-Bauweise. Der Fahrweg stellte einerseits die Spur zum Fahren, andererseits auch gleichzeitig einen Teil des Antriebes (Linearmotor) dar. Die kastenförmigen Doppelkabinen verfügten weder über Motoren noch Bremssysteme: Starke Dauermagnete unter der Kabine trugen 85 % des Fahrzeuggewichtes. Geführt wurde die M-Bahn sowohl horizontal als auch vertikal von kleinen Rädern. Als Motor wirkten zwischen den Schienen verlegte Wicklungen: Sie erzeugten ein wanderndes Magnetfeld, das die Kabinen wie auf einem unsichtbaren Kissen vorwärts zog und auch abbremste.

Die Gewichts- und Triebkräfte der M-Bahn wurden also magnetisch übertragen, die Führungskräfte mechanisch. Durch die überwiegend magnetische Abstützung erreichte man eine flächige und damit sehr günstige Lasteinleitung in den Fahrweg.

Die vollautomatische Berliner Magnetbahn war leise, energiesparend (sie verbrauchte 20 Prozent weniger als eine U-Bahn) und kam fast ohne Personal aus (das im öffentlichen Nahverkehr gewöhnlich 70 Prozent der Kosten ausmacht). Sie beförderte insgesamt drei Millionen Fahrgäste und war die weltweit erste im Personenverkehr kommerziell (Juli 1991) eingesetzte Magnetbahn. Ihre Erfolgsbilanz rettete die M-Bahn dennoch nicht, weil sie nach der Wiedervereinigung dem Wiederaufbau einer U-Bahnlinie weichen musste, auf deren Gleiskörper der Fahrweg teilweise lag.

Geschichte

1975 wurde in Braunschweig durch die Technische Universität Braunschweig eine Teststrecke für eine Magnetbahn errichtet, deren Antriebsprinzip auf die 1973 durch den Physiker Götz Heidelberg entwickelte „Wanderfeldtechnik mit permanent-magnetischer Erregung“ basiert. Drei Jahre später stieg die Firma AEG in das Geschäft mit der Magnet-Bahn GmbH ein. Ihre Erfahrungen mit der Bahnautomation und der Energieversorgung erwiesen sich sehr bald als unerlässlich und wertvoll. In engem Zusammenwirken der AEG, der TU Braunschweig und der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wurde die M-Bahn entwickelt und geplant. 1982 erhielt die M-Bahnfirma den Auftrag für eine Demonstrationsanlage in Berlin. Im Frühjahr 1983 erließ das Bundesforschungsministerium den endgültigen Bewilligungsbescheid. Von 50 Millionen D-Mark geplanten Kosten für die Betriebserprobung wurden 75 Prozent durch den Bund aufgebracht, der Rest durch den Berliner Senat. Geplant war, den Probebetrieb zum Jahresende 1984 auf einem 600 m langen Teilstück der 1,6 km langen Strecke in Betrieb zu nehmen. Anschließend sollte ein zweijähriger Probebetrieb erfolgen.[1]

Verlauf der Berliner M-Bahnlinie

Die Bauarbeiten für die Berliner M-Bahn begannen im Dezember 1983, der Probebetrieb am 28. Juni 1984, noch ohne Passagiere. Die Aufnahme des regulären Betriebs wurde durch einen am 18. April 1987 verübten Brandanschlag im Bahnhof Gleisdreieck verzögert, wobei zwei Wagen zerstört wurden, sowie durch einen sich am 19. Dezember 1988 ereignenden Unfall: Ein Testzug war an diesem Tag bei einer Testfahrt mit unangepasster Geschwindigkeit in den Endbahnhof Kemperplatz eingefahren und hatte die verglaste Außenwand durchbrochen. Die Fahrrechner waren ausgeschaltet, um den Zug manuell für einen Test mit einer höheren Geschwindigkeit fahren zu können als vom System vorgesehen. Ein Wagen fiel dabei auf den Betonboden des Fahrweges und wurde zerstört, der zweite hing mehrere Tage in sechs Meter Höhe, bis er von einem Tieflader abtransportiert wurde.

Der Versuchsbetrieb wurde deshalb erst am 28. August 1989 für die kostenlose Fahrgastbeförderung freigegeben. Die 1,6 km lange Trasse für die damals als neues Nahverkehrssystem konzipierte Magnetbahn lag teilweise auf der bis zum Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 von der U-Bahn benutzten Kleinprofilstrecke vom Gleisdreieck zum Potsdamer Platz, schwenkte dann aber über den Haltepunkt Bernburger Straße zum Kemperplatz an der Philharmonie. Am 18. Juli 1991 erfolgte die endgültige Zulassung als neues Fahrgastbeförderungssystem durch die technische Aufsichtsbehörde, damit endete offiziell der Versuchsbetrieb und die Aufnahme des fahrplanmäßigen Verkehrs (gegen Entrichtung des üblichen BVG-Tarifs).

Aufgrund des erfolgreichen Probebetriebes auf der Berliner Anlage, der von Verkehrsexperten aus vielen Ländern besichtigt wurde, planten deutsche und andere Städte den Bau von M-Bahnstrecken, so die Stadt Frankfurt als Zubringer zum Flughafen. In den USA, in Las Vegas, begann Anfang 1989 bereits der Bau einer zwei Kilometer langen Strecke, die vier Stationen erhalten sollte. Dafür wurde eigens ein Tochterunternehmen der AEG gegründet.[2]

Bereits am 31. Juli 1991 wurde der M-Bahnbetrieb eingestellt, um die Trasse für die durch den Mauerfall am 9. November 1989 ermöglichte Wiederinbetriebnahme der U-Bahnlinie 2 herrichten zu können. Am 17. September 1991 begann die sorgsame Streckendemontage, die bis Ende Februar 1992 abgeschlossen war. Ursprünglich war an einen Wiederaufbau als Zubringer zum Flughafen Schönefeld gedacht worden, diese Absicht wurde später jedoch fallen gelassen und die eingelagerten Streckenteile wurden verschrottet. Eines der Magnetbahnfahrzeuge ist heute im Verkehrsmuseum Nürnberg auf einem Stück des originalen Fahrweges zu besichtigen.

Einige technische Daten

  • Typenbezeichnung eines Wagens: M 80
  • Eigengewicht eines Wagens: 10 Tonnen
  • Anzahl der Fahrgäste pro Wagen: 80
  • Höchstgeschwindigkeit für den Einsatz in Berlin: 80 km/h
  • führerloser Betrieb
  • gefahrene Kilometer auf der Berliner Teststrecke: mehr als 100.000 km (bis Ende 1989)

Siehe auch

Weblinks

Video-Dokumente:

Quellen

  • Flyer M-Bahn – Neue Dimension im öffentlichen Nahverkehr. Hrsg. Magnetbahn GmbH, Projekt Berlin, 1989

Einzelnachweise

  1. Meldung Grünes Licht für die M-Bahn. In: Eisenbahntechnische Rundschau 32. Heft 9, 1983
  2. Flyer M-Bahn – Neue Dimension im öffentlichen Nahverkehr. Hrsg. Magnetbahn GmbH, Projekt Berlin, 1989

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