Manfred Grashof

Manfred Grashof

Manfred Grashof (* 3. Oktober 1946 in Kiel) ist ein ehemaliges Mitglied der Rote Armee Fraktion (RAF). Er wurde 1972 verhaftet und am 30. November 1988 von Bernhard Vogel (CDU) begnadigt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Grashof desertierte im Sommer 1969, zusammen mit elf anderen, von der Bundeswehr, worauf diese verhaftet und nach Westdeutschland gebracht wurden.[1] Wenig später ging er wieder nach Westberlin und zog in die Kommune 2 ein. Nach der Baader-Befreiung schloss er sich der RAF an. Zusammen mit seiner Freundin, dem RAF-Mitglied Petra Schelm, und etwa 20 anderen Gruppenmitgliedern ließ er sich im Sommer 1970 in einem Camp der Al Fatah in Jordanien terroristisch ausbilden.

Am 10. Februar 1971 kam es in Frankfurt zum ersten Schusswechsel mit der Polizei, bei dem er und Astrid Proll entkommen konnten.[1]

Bis 1972 beteiligte sich Grashof am Aufbau der Logistik der RAF und an mehreren Banküberfällen in Berlin. Grashof war Spezialist für gefälschte Ausweispapiere, die er in so guter Qualität herstellte, dass sie bei Ausweiskontrollen nie auffielen. Er gehört zur Kommandoebene und zum harten Kern um Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Jan-Carl Raspe und Ulrike Meinhof.

Am 2. März 1972 wurde Grashof in einer konspirativen Wohnung in Hamburg, in der eine Fälscherwerkstatt untergebracht war, von der Polizei gestellt. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem Grashof den Leiter der SOKO „Baader/Meinhof“ Hans Eckhardt erschoss. Grashof selbst wurde angeschossen und verletzt. Er wurde zusammen mit Wolfgang Grundmann verhaftet.

Nach seiner Verhaftung erholte sich Grashof relativ schnell wieder und wurde auf Weisung des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof Wolfgang Buddenberg vom Haftkrankenhaus in die Untersuchungshaftanstalt verlegt. Diese Maßnahme wurde von Grashof als zu früh und als Folter empfunden. Im Mai 1972 wurde Buddenbergs Frau durch eine Autobombe in Buddenbergs PKW VW 1300 L schwer verletzt. Entgegen aller Gewohnheit hatte sie an diesem Tag das Fahrzeug benutzt. Zu der Tat bekannte sich das „Kommando Manfred Grashof“ der RAF.

Während seines Verfahrens in Kaiserslautern ließ er sich von bis zu 15 Wahlverteidigern vertreten, was maßgeblich dazu beitrug, dass die Strafprozessordnung geändert wurde. Seitdem stehen einem Angeklagten in allen deutschen Strafverfahren höchstens drei Wahlverteidiger zur Seite. 1977 wurde er zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt.

In der Haft beklagte sich Grashof über seine Haftbedingungen und bezeichnete sie als Isolation. Die rheinland-pfälzischen Behörden sprachen von „strenger Einzelhaft“. 1975 und 1977 versuchten Mitglieder der zweiten Generation der RAF erfolglos, durch die Geiselnahme von Stockholm und die Schleyer-Entführung Grashof und andere freizupressen.

Mitte der 1980er-Jahre sagte sich Grashof von der RAF los und zeigte nichtöffentlich Reue und Distanz zur RAF - allerdings nie direkt oder indirekt gegenüber den Angehörigen des erschossenen Polizisten Eckhardt. Dies wurde noch im Mai 2007 von der Witwe in einem Spiegel-Interview bestätigt.[2] Im Herbst 1988 begnadigte der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel (CDU), Manfred Grashof nach 16 Jahren Haft. Vogel hatte Grashof zuvor im Gefängnis besucht. Eine Anhörung oder Unterrichtung der Polizistenwitwe wurde von Vogel - entgegen eigener Behauptung[3] - nicht für notwendig gehalten.[2]Im März 1989 wurde Grashof nach 17 Jahren Haft freigelassen.

Seit 1987 arbeitet Manfred Grashof im Grips-Theater in Berlin. Der Verurteilte kam als Freigänger zum Theater, später wurde er als Techniker eingestellt. Inzwischen steht er gelegentlich auf der Bühne. Im Erfolgsstück „Baden gehen“ spielte der einstige Terrorist 2005 einen Polizisten.[4]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hoffmann, B.: Rote Armee Fraktion - Texte und Materialien zur Geschichte der RAF. ID-Verlag, Berlin 1997
  2. a b Anne Siemens: "Wie kann man einen Menschen zum Schwein machen?", Spiegel online, 9. Mai 2007
  3. Michael Grabenströer: Reue spielte für Bernhard Vogel keine Rolle, In: Frankfurter Rundschau, 27. April 2007
  4. Lars von Törne: Großes Theater um den Ex-Terroristen Christian Klar, Tagesspiegel, 23. März 2005

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