- Al Fatah
-
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der palästinensischen Partei. Für die abgespaltenen Gruppierungen im Libanon siehe Fatah al-Intifada und Fatah al-Islam. Für den deutschen Schriftsteller siehe Sherko Fatah. - Hauptartikel: al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden
- Die Fatah-Konstitution (von 1964) auf der Webseite des Israel/Palestine Center for Research and Information in Jerusalem
- Die Fatah-Konstitution auf der Webseite des israelischen Ariel-Zentrums für politische Studien
- ↑ Introduction to the Fateh Constitution
- ↑ Aus dem Online-Archiv des israelischen Außenministeriums
- ↑ Aus dem Online-Archiv des US-Department of State (Originaltext engl.)
Die Fatah ([ˈfataħ], eigentlich jedoch korrekt [fatħ] – arabisch فتح, DMG fatḥ, „Eroberung, Sieg“) ist eine politische Partei in den Palästinensischen Autonomiegebieten.
Der Name ist ein Akronym und Ananym von حركة التحرير الوطني الفلسطيني Ḥarakat at-Taḥrīr al-waṭanī al-Filasṭīnī, „Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas“. Diese Anfangsbuchstaben zusammengesetzt und rückwärts gelesen ergeben das Wort für „Öffnung, Eröffnung, Befreien; (Hindernisse wegschaffen)“, vgl. futuh.
Die Organisation verfolgte laut ihrer Verfassung von 1964 als Ziele die „komplette Befreiung Palästinas“, die „Gründung eines unabhängigen demokratischen Staates mit vollständiger Souveränität über die palästinensischen Gebiete und Jerusalem als Hauptstadt“ sowie die „Ausrottung der ökonomischen, politischen, militärischen und kulturellen Existenz des Zionismus“. In der gleichen Verfassung betrachtete sie die „israelische Existenz in Palästina“ als „zionistische Invasion mit kolonialer Expansionsbasis“ [1]. Die Fatah bediente sich in der Vergangenheit auch terroristischer Mittel, um diese Ziele zu erreichen.
Im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses erkannte die Fatah 1993 unter ihrem Vorsitzenden Jassir Arafat das Existenzrecht Israels an, bekannte sich zum Friedensprozess und schwor dem Terrorismus als politisches Mittel ab.
Die Fatah ist heute die stärkste Fraktion innerhalb der PLO. Im politischen Spektrum nimmt sie den Platz einer eher konservativen Partei ein, die sich sowohl vom Islamismus der Hamas als auch vom Sozialismus der PFLP abgrenzt. Dennoch ist die Fatah beratendes Mitglied in der sozialdemokratischen Sozialistischen Internationalen.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte
Die Anfänge als Guerilla-Organisation
Am 10. Oktober 1959 wurde die Fatah als Guerillaorganisation von Jassir Arafat zusammen mit Salah Chalaf, Chalil al-Wazir und Faruq Qaddumit in Kuwait gegründet. Sie sah im bewaffneten Kampf ein geeignetes Mittel, um die palästinensische Unabhängigkeit zu erreichen. Ende 1964 verübten Fatah-Kommandos erste Anschläge in Israel. In den Folgejahren operierten die Freischärler hauptsächlich von Jordanien aus, verübten Bombenattentate und legten Hinterhalte. Die israelische Regierung reagierte mit der Sprengung von Häusern, die Fatah-Kämpfer beherbergten, und der Ausweisung von Unterstützern. Zwischen Juni 1967 und Dezember 1968 kamen dabei über 600 Palästinenser, über 200 israelische Soldaten und 47 israelische Zivilisten ums Leben.
Einen Wendepunkt in der weiteren Entwicklung stellte die Schlacht von Karame dar. Die israelische Strafexpedition nach Karame (Jordanien) kostete zwar 124 Freischärlern, davon 91 Angehörigen der Fatah, das Leben, aber die Verluste auf israelischer Seite waren ebenfalls hoch. In der arabischen Welt wurde die Schlacht als großer Sieg gefeiert, der die, seit der Niederlage im Sechstagekrieg angeschlagene, arabische Ehre wiederherstellte. Die Schlacht bestätigte Fatah in ihrem eingeschlagenen Weg und leitete die Machtübernahme in der PLO ein. Im Juni 1968 wurden die Mandate der PLO neu verteilt, wobei nun die verschiedenen Widerstandsbewegungen die große Mehrheit bildeten. Die Fatah avancierte zur stärksten Fraktion der PLO, und im Februar 1969 wurde der Fatah-Chef Arafat zum Vorsitzenden der Organisation gewählt. Die PLO war damit von einer unter der Ägide Nassers gegründeten Organisation zum Forum der palästinensischen Nationalbewegung geworden. Dennoch wurde sie, wie auch die Sache der Palästinenser im Allgemeinen, weiter von den arabischen Staaten für ihre Zwecke instrumentalisiert.
Rückzug ins Ausland
In den Jahren 1970 und 1971 kam es in Jordanien zu schweren Zusammenstößen zwischen den Truppen Husseins und der Fatah/PLO, die schließlich in der vollständigen Vertreibung der Freischärler mündeten. Als neue Basis im Kampf gegen Israel diente nun der Libanon, vor allem sein Süden. Als Israel 1982 in den Libanon eindrang, zerstreute sich die Gruppe in verschiedene Staaten: Tunesien, Jemen, Algerien, den Irak und andere. Die Führung der Fatah inklusive Jassir Arafat ging ins Exil nach Tunesien und verblieb dort bis 1993.
Anerkennung Israels und Oslo-Friedensprozess
Im Jahre 1993 begann die PLO und somit die Fatah als stärkste Fraktion geheime Friedensverhandlungen mit Israel in Oslo, welche später als Oslo-Friedensprozess in die Geschichte eingingen. Am 13. September 1993 wurde von Fatah-Führer Jassir Arafat und dem damaligen israelischen Premierminister Jitzhak Rabin die sog. Prinzipienerklärung über die vorübergehende Selbstverwaltung (auch "Oslo I" genannt) unterzeichnet. Der Vertrag wird als Meilenstein im Nahost-Friedensprozess betrachtet. Beide Seiten erkannten sich erstmals gegenseitig an. Während Israel die PLO als offizielle Vertretung der Palästinenser akzeptierte, verpflichtete letztere sich, aus ihrer Charta alle Passagen, welche die Vernichtung Israels als Ziel nennen, zu streichen. Gleichzeitig wurde gegenseitig die Abkehr vom Terrorismus erklärt. Der Führung der Fatah war es in der Folge gestattet, nach Palästina zurückzukehren. Es folgte die Einrichtung der Palästinensischen Autonomiebehörde, in der die PLO und somit die Fatah stärkste Kraft wurde.
Besonderes Gewicht haben die im Vorfeld des Oslo-I-Vertrages am 9. und 10. September 1993 zwischen Jitzhak Rabin und Jassir Arafat gewechselten Briefe. In seinem Brief an Rabin schreibt Arafat in seiner Instanz als Vorsitzender der PLO [2]:
„Die PLO erkennt das Recht des Staates Israel auf Existenz in Frieden und Sicherheit an.“
„Die PLO akzeptiert die Resolutionen 242 und 338 des UNO-Sicherheitsrates.“
„[..]“
„Die PLO erachtet die Unterzeichnung der Prinzipienerklärung für ein historisches Ereignis, welches eine neue Epoche friedlicher Koexistenz einleitet, frei von Gewalt und aller sonstigen Akte, welche Frieden und Stabilität gefährden. Dementsprechend verzichtet die PLO auf die Anwendung von Terrorismus und anderer Gewaltakte und wird Verantwortung über alle PLO-Elemente und ihr Personal übernehmen, um die Befolgung [der Vereinbarung] zu gewährleisten, Zuwiderhandlungen vorzubeugen und Zuwiderhandelnde zu disziplinieren.“
Ferner heißt es im gleichen Brief weiter:
„[..] bestätigt die PLO, dass jene Artikel der palästinensischen Charta, die das Existenzrecht Israels aberkennen, und die Bestimmungen der Charta, die nicht mit den Verpflichtungen dieses Briefes übereinstimmen, nun unwirksam und nicht länger gültig sind.“
Im September 1995 folgte als weiterer Schritt, an dem sich die Fatah unter Jassir Arafat beteiligte, das Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen (auch "Oslo-II" genannt). Darin wurde u.a. die Einrichtung des Palästinensischen Rates geregelt. Ferner wurde, da der entsprechende Schritt seitens der Palästinenser noch nicht durchgeführt wurde, vereinbart, dass die PLO eine Änderung der Palästinensischen Nationalcharta durch die Nationalversammlung erwirkt.
Während sich die Fatah in Folge des Oslo-Friedensprozesses zu einer vergleichsweise moderaten palästinensischen Fraktion wandelte, welche gemäß des Briefes ihres Vorsitzenden Arafat Israels Existenzrecht anerkannt und dem Terrorismus abgeschworen hat, fand eine eindeutige offizielle direkte Änderung der Palästinensischen Nationalcharta gemäß dem Oslo-I-Vertrag bis heute nicht statt. Die Anerkennung Israels durch die Palästinensische Autonomiebehörde erfolgte de facto indirekt. In einer Sitzung am 26. April 1996 votierte sie mit 504 zu 54 Stimmen bei 14 Enthaltungen [3]:
„Die Palästinensische Nationalcharta wird hiermit dadurch ergänzt, dass alle Artikel, welche zu den am 9. und 10. September 1993 zwischen der PLO und der Regierung von Israel gewechselten Briefen im Widerspruch stehen, annulliert werden.“
Für ihre Bemühungen um den Friedensprozess erhielten Jitzhak Rabin und Fatah-Vorsitzender Jassir Arafat den Friedensnobelpreis.
Jüngste Geschichte
Nach dem Mord an Jitzhak Rabin geriet der Friedensprozess ins Stocken und die Verhandlungen von Camp David scheiterten, wofür sich Israel und die PLO gegenseitig verantwortlich machten. Der PLO wurde von vielen Seiten ein doppeltes Spiel vorgeworfen, und auch, dass sie den Ausbruch der 2. Intifada im September 2000 zumindest geduldet habe.
Am 19. März 2003 beauftragte Jassir Arafat seinen Vertrauten Mahmud Abbas, der bereits mit ihm am Oslo-Friedensprozess beteiligt war, mit dem Posten des Ministerpräsidenten. Abbas gilt als gemäßigt und lud viele internationale Hoffnungen auf sich, scheiterte jedoch bereits nach 100 Tagen, als er sein Rücktrittsgesuch einreichte. Allerdings übernahm er nach dem Tod Arafats im November 2004 den Vorsitz der PLO. Am 9. Januar 2005 wurde Mahmud Abbas mit einer deutlichen Mehrheit der Stimmen zum Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde und damit zu Arafats Nachfolger gewählt.
Der im Februar 2005 durch Mahmud Abbas und Ariel Sharon geschlossene Waffenstillstand von Scharm al-Scheich beendete die 2. Intifada.
In jüngster Zeit tobt unter den Palästinensern ein Machtkampf zwischen der Fatah und der radikal-islamischen Hamas. Im Juni 2007 verlor die Fatah die Kontrolle über den Gaza-Streifen an die Hamas.
Für Israel ist die Fatah bis heute der präferierte Verhandlungspartner unter den Palästinensern.
Politisches Programm
Oberstes Ziel der Fatah war die „komplette Befreiung Palästinas“ und „die Ausrottung der ökonomischen, politischen, militärischen und kulturellen Existenz des Zionismus“ (Artikel 12 der Verfassung von 1964). Dieser Artikel war einer der wichtigsten Hinderungsargumente radikaler Gruppen innerhalb der Fatah gegen das von Jassir Arafat unterzeichnete Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen. Danach soll laut Programm ein unabhängiger demokratischer Staat mit vollständiger Souveränität auf dem Gebiet ganz Palästinas entstehen. Jerusalem solle die Hauptstadt werden und es solle allen Bürgern gleiche Rechte zugestanden werden, ohne rassische oder religiöse Diskriminierung. Die bewaffnete Volksrevolution sei dabei ein unverzichtbares Mittel um Palästina zu befreien.
Mehrere Gruppen blieben u.a. im Libanon und in Palästina aktiv: die Hawari, Tanzim und die al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden.
Fatah-Tanzim
Die Tanzim-Miliz wurde Mitte der 1990er-Jahre als Miliz der Fatah gegründet. Unter ihrem Führer Marwan al-Barghuti spielte sie eine zentrale Rolle in der im September 2000 begonnenen al-Aqsa-Intifada.
Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden
Die in Zellen organisierten al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden sind ein bewaffneter Zweig der Fatah. Sie wurden nach Beginn der al-Aqsa-Intifada gegründet und verübten zahlreiche Selbstmordattentate gegen israelische Zivilisten. Zu ihren Opfern gehören außerdem vermeintliche palästinensische Kollaborateure. Mit dem Tod von Jassir Arafat haben sich die al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden in Jassir-Arafat-Märtyrer-Brigaden umbenannt.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
Wikimedia Foundation.