- Mantelhandel
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Eine Mantelgesellschaft (auch als Firmenmantel bezeichnet) ist eine spezielle Erscheinungsform einer Kapitalgesellschaft (z. B. AG, GmbH). Sie zeichnet sich durch das Fehlen einer operativen Geschäftstätigkeit aus.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung und Zweck
Eine Mantelgesellschaft kann auf zwei Arten entstehen:
- Eine bereits bestehende Kapitalgesellschaft stellt ihre operative Geschäftstätigkeit ein, bleibt aber als juristische Person erhalten.
- Eine Kapitalgesellschaft wird neu gegründet, ohne eine operative Geschäftstätigkeit aufzunehmen (Vorratsgesellschaft).
Mantelgesellschaften sind vor allem im Zusammenhang mit dem Mantelhandel relevant. Dieser kann zivil- und handelsrechtliche Vorteile haben, ist aber vor allem im Steuerrecht von Bedeutung, um bestehende Verlustvorträge ausnutzen zu können. In diesem Kontext wird er üblicherweise als Mantelkauf bezeichnet.
Steuerliche Betrachtung der Mantelgesellschaft, Mantelkauf
Deutschland
Mantelkaufregelung (bis 2007)
Ein Mantelkauf im Sinne des § 8 Abs. 4 KStG[1] liegt vor, wenn die Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit bestehenden Verlustvorträgen mit dem Ziel erworben werden, die Verluste beim Erwerber steuermindernd nutzbar zu machen. Der Gesetzgeber verfolgt das Ziel, diesen "Handel mit Verlusten" weitestgehend zu unterbinden. Es werden daher rechtliche Identität und wirtschaftliche Identität verlangt, um die Nutzung des Vortrages zuzulassen. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, ist eine Verlustnutzung im Sinne des § 10d EStG zulässig.
Das Fortbestehen der rechtlichen Identität ist zivilrechtlich zu beurteilen. Die wirtschaftliche Identität wird dann nicht angenommen, wenn mehr als 50% der Anteile übertragen werden und der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt oder wieder aufgenommen wird.
Eine Sonderregel gilt für die Sanierung von Unternehmen. Hier ist die Nutzung der Verluste zulässig, auch wenn die Kriterien an sich verletzt werden. Im Sanierungsfall muss der bestehende Geschäftsbetrieb in vergleichbarem Umfang weitere fünf Jahre fortgeführt werden.
Die gesetzgeberischen Vorgaben zum Mantelkauf sind durch die Rechtsprechung in zahlreichen Urteilen ergänzt und präzisiert worden. Beispielhaft sei auf mehrere Entscheidungen des BFH im Zusammenhang mit der Zuführung neuen Betriebsvermögens verwiesen.[2]
Die Finanzbehörde beruft sich regelmäßig auf das BMF-Schreiben vom 16. April 1999, das für den Zeitraum, in dem die Zuführung neuen Betriebsvermögens zu prüfen ist, ebenfalls und ohne gesetzliche Grundlage eine Frist von 5 Jahren vorsieht. Dies ist nach der neueren BFH-Rechtsprechung überholt, man fordert eine Prüfung im Einzelfall hinsichtlich einer von vorneherein geplanten Handlungsweise des Übernehmers (sog. Gesamtplanbetrachtung).
Die Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG wird mit der Unternehmensteuerreform 2008 aufgehoben und findet letztmalig Anwendung, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren, der vor dem 1. Januar 2008 beginnt, übertragen werden, und die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft vor dem 1. Januar 2013 entfällt.
Verlustabzugsbeschränkung (ab 2008)
Mit der Unternehmensteuerreform 2008 wird die Mantelkaufregelung durch eine neue Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften in einem gesonderten § 8c KStG ersetzt. Maßgebliches Kriterium für die Verlustabzugsbeschränkung ist künftig ausschließlich ein qualifizierter Anteilseignerwechsel. Auf die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens (s.o.) kommt es nicht mehr an:
- Bei mittelbaren oder unmittelbaren Anteilsübertragungen auf einen Erwerber oder eine „Erwerberhand” von mehr als 25 % und von bis zu 50 % innerhalb eines Fünfjahreszeitraums entfallen nicht genutzte Verluste, die bis zum schädlichen Anteilserwerb entstanden sind, anteilig im Verhältnis zur Übertragungsquote
- Wird innerhalb von fünf Jahren mehr als die Hälfte der Gesellschaftsrechte übertragen, führt dies zum vollständigen Untergang der bis zur Übertragung nicht genutzten Verluste.
Die Vorschrift findet erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem 31. Dezember 2007 Anwendung.
Schweiz
Der Käufer kann per Mantelkauf aus steuerlicher Sicht nicht die Kosten einer Neugründung vermeiden, denn steuerlich wird der Mantelkauf wie eine Liquidation sowie eine anschließende Neugründung betrachtet. Es werden nachträglich dieselben Abgaben und Steuern wie bei einer Liquidation und Gründung erhoben. Deshalb unterliegt die Differenz zwischen dem Kaufpreis der Beteiligungsrechte und deren Nennwert der Verrechnungssteuer und beim veräußernden Aktionär auch der Einkommensteuer.
Kauf einer börsennotierten Mantelgesellschaft
Hauptartikel Börsenmantel
Gemeint ist hier die Übernahme eines ruhenden öffentlich gelisteten Unternehmens (einer leeren Mantelgesellschaft ohne wirtschaftlichen Inhalt) durch ein nicht gelistetes Unternehmen zum Zweck der Umgehung der zahlreichen Verpflichtungen im Rahmen eines regulären Börsengangs. Die Aktionäre des ruhenden Unternehmens können durch Aktien des fusionierten Unternehmens entschädigt werden, wodurch keine Liquiditätsprobleme entstehen. Der Aktienmantel wird vom Käufer durch eine Kapitaleinlage wieder mit Geld aufgefüllt, der Zweck und der Sitz der Gesellschaft geändert und ein neuer Aufsichtsrat eingesetzt.
Vorratsgesellschaft
- Siehe Hauptartikel Vorratsgesellschaft
Einzelnachweise
- ↑ Gesetzestext
- ↑ BFH, Urteil vom 14.03.2006, I R 8/05, DB 2006, 1349; BFH, Urteil vom 15.12.2004, I B 115/04, BStBl II (2005), 528; BFH, Urteil vom 26.05.2004, I R 112/03, DB 2004, 2346; BFH, Urteil vom 08.08.2001, I R 29/00, DB 2001, 2380; BFH, Urteil vom 13.08.1997, I R 89/96, DB 1997, 2411)
Quellen
- Dreier: Die Verwendung von Vorrats- und Mantelgesellschaften unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten, Dissertation (2008) [2]
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