Max Mannheimer

Max Mannheimer
Max Mannheimer, Rede auf der Befreiungsfeier des KZ Dachau am 5. Mai 2002

Max Mannheimer (* 6. Februar 1920 in Neutitschein, Nordmähren, Tschechoslowakei, heute Tschechien) ist ein jüdischer Überlebender des Holocaust. Er ist Buchautor und Maler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Max Mannheimer wuchs als ältester der fünf Kinder von Jakob und Margarethe (geb. Gelb) Mannheimer in Neutitschein in der damaligen Tschechoslowakei auf. [1] Von 1934 bis 1936 besuchte er die Handelsschule in Neutitschein in der er auch die ersten Anzeichen des Nationalsozialismus bemerkte. [2] Seine erste Arbeitsstelle erhielt Max Mannheimer 1936 in einem Kaufhaus der Firma J. Schön & Co. In Znoimo-Starý Šaldorf/ Znaim-Alt-Schallersdorf. [3] Als 1938 das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich verabschiedet wurde und deutsche Truppen in Österreich einmarschierten, nahm die Familie Mannheimer österreichische Juden in ihrem Haus auf und half ihnen bei der Flucht. [4] Mit dem Einzug der deutschen Truppen in Neutitschein erlebte die Familie erste Ausgrenzungen im Ort. Das Firmenauto Jakob Mannheimers wurde wenige Tage später für die NS-Volkswohlfahrt von einem Angestellten des Geschäfts beschlagnahmt. [5] Einen Monat nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in der Tschechoslowakei 1938 wurde der Vater von Max Mannheimer im Rahmen der Verhaftungsaktionen während der Reichspogromnacht inhaftiert und erst im Dezember 1938 wieder freigelassen. Der Vater musste innerhalb von acht Tagen den vom Deutschen Reich besetzten Teil des Landes verlassen und floh nach Ungarisch-Brod, dem Geburtsort der Mutter. Die restliche Familie folgte ihm am 27. Januar 1938.[6] Nach der Besetzung des gesamten Landes nahm Max Mannheimer im Sommer 1939 eine Arbeit im Straßenbau an, da es Juden nur erlaubt war manuelle Tätigkeiten auszuüben. Ende 1940 lernte Max Mannheimer Eva Bock kennen und heiratete sie Anfang September 1942 in der Hoffnung, dadurch bei der drohenden Deportation nach Theresienstadt zusammen bleiben zu können. Der Bruder Erich wurde 1942 verhaftet und ins Gestapogefängnis Kaunitz-Kolleg nach Brno/Brünn gebracht, welches für seine Foltermethoden berüchtigt war. [7] Am 27. Januar 1943 wurden Max Mannheimer und seine Frau Eva, seine Eltern Jakob und Margarethe geb. Gelb sowie seine Geschwister Käthe, Ernst und Edgar in das KZ Theresienstadt deportiert[8] und kurz darauf mit einem Transport nach Auschwitz-Birkenau weitergeleitet, wo sie in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 1943 ankamen. Nach der Ankunft wurden seine Eltern, seine Frau und seine Schwester von der SS als arbeitsunfähig aussortiert. Beide Eltern wurden noch am 2. Februar 1943 vergast,[9] seine Schwester am 25. Februar 1943 ermordet.[10] Sein Bruder Ernst erkrankt im Lager und wird am 7. März trotz des Flehens der Brüder Max und Edgar an den Blockschreiber ermordet. [11] Max und Edgar Mannheimer wurden im Oktober 1943 in das KZ Warschau transportiert nachdem sie in Auschwitz schwere Zwangsarbeit und Krankheit erlitten hatten. Die Brüder sollten in Warschau helfen die Reste des nach einem Aufstand zerstörten Ghettos zu beseitigen. Im Warschauer Konzentrationslager lernte Max Mannheimer seinen Freund Ernest Landau kennen, der ihm etwas von seiner Suppe abgab. Die beiden Brüder Max und Edgar überlebten im August 1944 den Transport in das KZ Dachau von dem aus sie wenig später in das Außenlager Karlsfeld zur Zwangsarbeit verlegt wurden. Von Januar 1945 bis zu ihrer Zwangsevakuierung am 28. April 1945 waren die Brüder im Außenkommando Mühldorf. Den folgenden Evakuierungstransport überlebten Max und Edgar Mannheimer abgemagert und an Typhus erkrankt bis zu ihrer Befreiung am 30. April 1945 in Seeshaupt durch die Amerikaner.[12]

Nach seiner Entlassung aus dem Lazarett verließ er Deutschland und kehrte in seinen Heimatort Neutitschein zurück. Er schwor sich, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Kurz darauf aber verliebte er sich in die deutsche Elfriede Eiselt, die seine zweite Frau wurde und mit der er 1946 mit ihrer gemeinsamen Tochter Eva nach Deutschland zurückkehrte. Bis 1964 engagierte sich Max Mannheimer in unterschiedlichen jüdischen Hilfsorganisationen, begann zu malen und erzählte erstmals öffentlich über sein Leben. Als seine zweite Frau 1964 an Krebs starb, schrieb Mannheimer seine Lebensgeschichte auf. Mit seiner dritten Frau, der Amerikanerin Grace Franzen geb. Cheney, die er 1965 heiratete bekam er seinen Sohn Ernst. Max Mannheimer begann 1975 seine Gemälde unter dem Namen ben jakov auszustellen und setzte sich ab 1985 als Zeitzeuge für Demokratie und gegen Rechtsextremismus ein. Seit 1988 ist er Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau. [13] Im Dezember 1993 starb sein Bruder Edgar Mannheimer. Heute lebt Max Mannheimer in der Nähe von München.

Bekannt geworden ist Max Mannheimer durch Vorträge über seine Erlebnisse im KZ, mit denen er Jugendlichen und Erwachsenen (z. B. bei der Bundeswehr) seit den 1980er Jahren als Zeitzeuge von den Schrecken des Dritten Reiches und der Konzentrationslager erzählen will. Seine Erinnerungen wurden zum ersten Mal 1985 in den Dachauer Heften abgedruckt[14] und erschienen 2000 vollständig unter dem Titel "Spätes Tagebuch".

Mannheimer über seine Vorträge: „Ich komme als Zeuge jener Zeit in die Schulen, nicht als Richter oder Ankläger.“[15]

Mannheimer ist Mitglied im Beirat der Vereinigung Gegen Vergessen – Für Demokratie.

Ehrungen und Auszeichnungen

1993 erhielt Max Mannheimer die Auszeichnung Chevalier de la Légion d'Honneur der Republik Frankreich. [16] Max Mannheimer wurde von der Georg-von-Vollmar-Akademie mit dem Waldemar-von-Knoeringen-Preis ausgezeichnet, den die Akademie alle zwei Jahre an herausragende Persönlichkeiten verleiht, die in der Tradition der Arbeiterbewegung und der Ziele des demokratischen Sozialismus stehen. 2005 erhielt er den Oberbayerischen Kulturpreis. Weiterhin ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes, des Bayerischen Verdienstordens und der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber. Im Jahr 2000 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgezeichnet. 2009 erhielt er die Ehrenbürgerschaft in seinem Heimatort Neutitschein. 2010 wurde er Ehrenmitglied der israelischen Kultusgemeinde München und erhielt die Bayerische Verfassungsmedaille in Gold. [17] Der Bildungsbereich des Jugendgästehauses Dachau wurde ihm zu Ehren in Max-Mannheimer-Studienzentrum umbenannt. Die offizielle Namensgebung fand am 29. Juli 2010 statt.[18]

Werke

Siehe auch

Film

  • Der weisse Rabe. Dokumentarfilm, Deutschland, 2009, 82 Min., Buch und Regie: Carolin Otto, Filmseite.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Spätes Tagebuch, 10
  2. Spätes Tagebuch, 19
  3. Spätes Tagebuch, 20
  4. Spätes Tagebuch, 22
  5. Spätes Tagebuch, 24
  6. Spätes Tagebuch, 27-34
  7. Spätes Tagebuch, 44
  8. Jakob Leib Mannheimer, geb. 24. Mai 1888 Myslenice (Galizien), Margarethe (Markéta) geb. Gelb, geb. 4. April 1893, Ernst Mannheimer, geb. 10. Dezember 1923 und Käthe Mannheimer, geb. 13. Januar 1921. Der Bruder Erich, geb. 15. Mai 1921 erscheint nicht auf dieser Transportliste sondern nur unter der Schreibweise "Erich Manheimer" in den Sterbebüchern des Konzentrationslagers Auschwitz. Sein Bruder Ernst war bereits Ende 1942 von der Gestapo verhaftet worden, weil er die Adresse eines Schleusers für die Auswanderung nach Palästina weitergegeben hatte. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Sterbebücher von Auschwitz : Fragmente. Band 3: Namensverzeichnis M-Z. München/New Providence/London u.a., 774; Spätes Tagebuch, 44
  9. Spätes Tagebuch, 48
  10. Käthe taucht in den Sterbebüchern von Auschwitz auf, ihre Eltern wurden sofort ermordet und deswegen nie im Lager registriert. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Sterbebücher von Auschwitz : Fragmente. Band 3: Namensverzeichnis M-Z. München/New Providence/London u.a., 775.
  11. Spätes Tagebuch, 72
  12. KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.): Max Mannheimer - Ben Jakov. Dachau (2010). S. 44-45
  13. KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.): Max Mannheimer - Ben Jakov. Dachau (2010). S. 44-45
  14. Max Mannheimer: Theresienstadt - Auschwitz - Warschau - Dachau. Erinnerungen. In: Dachauer Hefte 1 (1985), S. 88-128.
  15. http://www.zeit.de/2010/14/Traum-Max-Mannheimer
  16. KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.): Max Mannheimer - Ben Jakov. Dachau (2010). S. 44-45
  17. KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.): Max Mannheimer - Ben Jakov. Dachau (2010). S. 44-45
  18. http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/vermischtes/dachau-namenspatron-fuer-jugendgaestehaus-max-mannheimer-ist-ein-vorbild-1.972277

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