Mechanicus

Mechanicus
Heron von Alexandria auf einem Stich von 1688
Heronsball
Herons windangetriebene Orgel (Rekonstruktion)

Heron von Alexandria (genannt Mechanicus) war ein antiker Mathematiker und Ingenieur.

Seine Lebensdaten lassen sich nur ungenau angeben; er muss nach Archimedes, aber vor Pappos gelebt haben, d.h. etwa zwischen 200 v. Chr. und 300 n. Chr. Indizien in seinen Werken sprechen für das 1. Jahrhundert n. Chr., vor allem die Erwähnung der Mondfinsternis vom 13. März 62 - es ist sehr wahrscheinlich, dass Heron sie selbst beobachtet hat. In seinem Werk „Dioptra“ bestimmt er die Distanz Rom - Alexandria durch die gleichzeitige Beobachtung einer Mondfinsternis. Seine Angabe, dass sie in Alexandria in der 5. (Nacht-)stunde auftrat, führt zur Finsternis im Jahr 62.

Heron lehrte am Museion von Alexandria, das berühmt für seine Bibliothek war. Seine Werke sind teilweise nur fragmentarisch überliefert; offenbar handelt es sich zum Teil um Vorlesungsnotizen. Sie beschäftigen sich unter anderem mit mathematischen, optischen und mechanischen Themen. Bekannt sind vor allem seine Ausführungen zu automatischen, teilweise sogar schon programmierbaren Geräten und der Ausnutzung von Wasser, Luft und Hitze als treibende Kraft. Hier sind insbesondere die Erfindung der Aeolipile, auch Heronsball genannt, und der Heronsbrunnen zu nennen.

Außerdem sind das Heron-Verfahren zum Berechnen der Quadratwurzel sowie der Satz des Heron bekannt, der es erlaubt, den Flächeninhalt eines Dreiecks nur mit Kenntnis der drei Seiten zu berechnen, ohne Winkel oder andere Teile des Dreiecks zu kennen. In einem der zahlreichen Bücher mit Namen „Metrika“ liefert der Gelehrte den Beweis zur später nach ihm benannten Heronschen Formel. Auch die Bezeichnung „Heronisches Dreieck“ erinnert an den antiken Mathematiker.

In der „Dioptra“ beschreibt er Geräte zur Feldvermessung. Die Dioptra selbst ist ein Instrument, das die Funktion des heutigen Theodoliten erfüllte. Für größere Strecken auf Straßen benutzt er wie schon Archimedes ein Hodometer. Für Distanzen über Meere hinweg empfiehlt er astronomische Verfahren wie die schon zuvor erwähnte Beobachtung von Mondfinsternissen.

In seinem Werk „Automata“ erklärt er die Anfertigung und Benutzung seiner erstaunlichen Kreationen. Als Automat Nr. 73 sind automatische Tempeltüren beschrieben, die sich wie von Geisterhand öffnen. Durch ein Feuer, das auf einem Altar vor dem Tempel entzündet wurde, wurden sie in Gang gesetzt. Neben Musikmaschinen entwickelte er sogar automatische Theater mit für die damalige Zeit sensationellen Spezialeffekten.

Zu seinen Erfindungen zählt auch z.B. die in seinem Werk „Pneumatika“ beschriebene Konstruktion eines Weihwasserautomaten. Dabei lag eine Holzscheibe auf der Wasseroberfläche des Weihwassers. Sobald eine Münze eingeworfen wurde, drückte deren Gewicht das geweihte Nass durch ein Metallrohr nach oben, das vom Gläubigen in Empfang genommen werden konnte. Dieses entspricht dem Prinzip des nach ihm benannten Aeolipile.

Mit der Aeolipile (Heronsball), einer mit Feuer betriebenen, wasserdampfgefüllten, in einer Halterung drehbaren Hohlkugel mit tangentialem Dampfauslass, liefert Heron die erste bekannte und dokumentierte Wärmekraftmaschine der Geschichte, auch wenn sie nicht als solche verstanden und genutzt wird, sondern anscheinend nur Kuriosum ist. Erst rund anderthalb Jahrtausende später trat in Frankreich und England die Dampfmaschine ans Licht. Es sollen allerdings schon weit vor Heron pharaonische Priester in Ägypten gewaltige Tore von Tempeln mit Heißgasen und Kolbenantrieben bewegt haben, nur sind diese Vorgänge nicht dokumentiert.

Herons Forschergeist widmete sich in „Belopoeika“ auch der Entwicklung von Waffentechnik. Der Entwurf eines Katapultes für mehrere Pfeile in „Cheirobalistra“ kann als Vorläufer des Maschinengewehrs betrachtet werden. Jedoch ist die Zuschreibung dieses Werkes zu Heron nicht gesichert.

Menschheitsgeschichtlich stellt sich die Frage, warum nicht eine Nutzbarmachung und Weiterentwicklung der Aeolipile zu einer effektiven Dampfmaschine und anderer funktioneller Errungenschaften im antiken Alexandria, etwa des Messens, Steuerns, Regelns und erster Ansätze des Programmierens, zu einer ähnlichen technischen Entwicklung wie in der Neuzeit führten. Unsere Welt wäre technisch-zivilisatorisch und mit allem, was davon beeinflusst wird, möglicherweise anderthalbtausend Jahre weiter.

Literatur

  • Technisches Museum Thessaloniki. Studiengesellschaft für antike griechische Technologie (Hrsg.): Antike Griechische Technologie: Eine Annäherung mit nachgebildeten Konstruktionen aus dem erstaunlichen Werk der altgriechischen Meister. Thessaloniki 2000, ISBN 960-7619-10-2
  • O. Neugebauer: Über eine Methode zur Distanzbestimmung Alexandria - Rom bei Heron I-II, Hist. Filol. Medd. Dan. Vid. Selsk. XXVI, 2, 7 (1938-39).
  • Schellenberg, H.M.: Anmerkungen zu Heron von Alexandria und seinem Werk über den Geschützbau, in: Schellenberg, H.M./ Hirschmann, V.E./ Krieckhaus, A.(Hg.): A Roman Miscellany. Essays in Honour of Anthony R. Birley on his Seventieth Birthday, Gdansk 2008, 92-130 (mit umfangreicher Bibliographie und Angaben zum Forschungsstand). Vergleiche dazu auch die Diskussionsbeiträge auf dieser Seite [1]

Weblinks


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