Meister des (ehem.) Hochaltars der Marienkirche in Lübeck

Meister des (ehem.) Hochaltars der Marienkirche in Lübeck

Als Meister des (ehem.) Hochaltars der Marienkirche in Lübeck wird der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts tätigen Maler und Bildhauer bezeichnet, der den gotischen Hauptaltar der Lübecker Marienkirche geschaffen hatte. Ihm wurde deser kunstwissenschaftliche Notname gegeben, da der Künstler nicht mehr namentlich bekannt ist und seine Identität nicht in Quellen überliefert ist.

Inhaltsverzeichnis

Der namensgebende Altar

Die Arbeiten am gotischen Hochaltar der Lübecker Marienkirche wurden 1414 begonnen. Eine vorherige Retabel war 1407 durch einen Brand in der Kirche vernichtet worden. Der neue Altar wurde 1425 aufgestellt.

52 größere und 39 kleinere Silberfiguren des Altars wurden 1533 unter dem Lübecker Bürgermeister Jürgen Wullenwever zur Finanzierung der Grafenfehde eingeschmolzen.

Der Altar behielt seine Funktion bis zum Jahr 1696. Aufgrund einer Spende des Lübecker Kaufmanns und Ratsherrn Thomas Fredenhagen trat dann der von dem flämischen Bildhauer Thomas Quellinus gestaltete neue barocke Hochaltar an seine Stelle. Die erhaltenen Teile des alten gotische Hochaltar blieb jedoch in der Kirche verstreut erhalten und wurden 1852 auf Anregung von Carl Julius Milde in der Sakristei durch den hamburgischen Bildhauer J.P.N. Martin zu einer Rekonstruktion des Altars wieder zusammengefügt.

Beim Luftangriff vom Palmsonntag 1942 und dem Brand der Marienkirche wurden die ehaltenen und rekonstruierten Reste des Altars dann jedoch unwiederbringlich zerstört. Das Kunstwerk kann heute nur noch anhand der fotografischen Dokumentation der Rekonstruktion von 1852 und den Veröffentlichungen der Vorkriegszeit beurteilt werden kann, wenn man von einigen Bauteilen absieht, die vorher in das St.-Annen-Kloster Lübeck gelangt waren.[1]

Stilistische Bewertung und Herkunft

Für Walter Paatz gehörten die erhaltenen Reste des Hochaltars zum charakteristischen Mittelgut lübeckischer Schnitzkunst und die Malerei veranschaulichte eine betont bodenständige, in langweiliger Holdseeligkeit etwas Eigenes suchende Richtung unter den lübeckischen Malern des frühen 15. Jahrhunderts[2]. Carl Georg Heise sprach von blasser Allgemeinheit und unbekümmerter Naivität des Vortrags, lobte aber die sauber gearbeitete Baldachin-Architekturen[3]. In Frage steht damit deutlich der Fertigungsort: während früher eine Lübecker Werkstatt unterstellt wurde, wird heute von einem Importretabel ausgegangen, das vor Ort in Lübeck noch weiter veredelt wurde.[4]

Identifizierung

Meister des Jakobialtars

Aufgrund der Ähnlichkeit des jüngeren Neustädter Altars zum ehemaligen gotischen Hauptaltar der Marienkirche wurde der Meister des Jakobialtars zum Teil als Schüler des Meisters des (ehem.) Hochaltars der Marienkirche in Lübeck[5] oder auch als ein und dieselbe Person angesehen[6]

Meister der Goldenen Tafel

Bereits Struck[7] wies auf die Möglichkeit hin, dass der Reliquienschrein um die Goldene Tafel für die Lüneburger Michaeliskirche vom gleichen Künstler gefertigt worden sein könnte, der mit diesem Werkbezug in der Kunstgeschichte mit dem Notnamen Meister der Goldenen Tafel beschrieben wird. Diese Auffassung hat zumindest für den ehemaligen Hochaltar der Marienkirche und die heute im Niedersächsischen Landesmuseum befindliche Goldene Tafel aus Lüneburg heute noch Bestand.[8]

Literatur

  • Adolph Goldschmidt: Lübecker Malerei und Plastik bis 1530. Lübeck 1889, S. 5 und Tafel 3
  • F. Hirsch, G. Schaumann und F. Bruns: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Bd. 2, Unveränd. Nachdr. d. Ausg. Lübeck, 1906. - Neustadt an der Aisch, 2001, S. 196 ff (mit Lichtdrucken des rekonstruierten Hochaltarretabels) ISBN 3-89557-162-8
  • Uwe Albrecht (Hrsg.): Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band I, Hansestadt Lübeck, St. Annen-Museum. Kiel 2005. # 31 Architekturfragmente vom ehemaligen Hochaltarretabel der Marienkirche von 1425, S. 137 ff. ISBN 3933598753

Belege

  1. Bauteile des Altars auf dem Museumsserver Schleswig-Holstein
  2. Walter Paatz: Die Marienkirche zu Lübeck. 2. Auflage 1929, S. 29 und 33
  3. C. G. Heise: Lübecker Plastik. Bonn 1926, S. 9 mit Abb. 25 und 26
  4. So: Albrecht: Corpus... S. 142
  5. Dexel-Brauckmann in Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde (ZVLGA) 19, S. 8 f. und S. 11 f.
  6. R. Struck in ZVLGA 13, S. 112 ff. (S.118) vermutet den Lübecker Maler Jakob Hoppener, der für 1407-1453 in Lübeck nachgewiesen ist.
  7. Struck, aaO
  8. Albrecht: Corpus... S. 142 unter Verweis auf Merkmale der Fertigung der Retabelkästen und die gleichartigen Verzierungen.

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