- Meldepflichtiges Ereignis
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Als Meldepflichtiges Ereignis bezeichnet man im Bereich der Kerntechnik ein betriebliches Ereignis (Betriebsstörung oder Störfall) in einer kerntechnischen Anlage, z. B. einem Kernkraftwerk, das aufgrund bestehender Vorschriften gegenüber den zuständigen Behörden zu melden ist. Der Begriff umfasst kleinere und unspektakuläre Unregelmäßigkeiten ebenso wie schwerste Unfälle.
Inhaltsverzeichnis
Rechtliche Grundlagen
Eine grundlegende Verpflichtung zur Meldung solcher Ereignisse findet sich in der Strahlenschutzverordnung. Dort heißt es in § 51:
„Der Eintritt einer radiologischen Notstandssituation, eines Unfalls, eines Störfalls oder eines sonstigen sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisses ist der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde und, falls dies erforderlich ist, auch der für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörde sowie den für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden unverzüglich mitzuteilen."
Die Meldepflicht für Unfälle und Störfälle wird in der "Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen" (AtSMV) präzisiert. Die Verordnung ist anwendbar auf Anlagen, die nach § 7 des Atomgesetzes genehmigt sind, also auf Kernkraftwerke, Forschungsreaktoren, die Brennelementfertigungsanlage Lingen, die Urananreicherungsanlage Gronau und die stillgelegte Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe. Die Bestimmungen zur Meldepflicht gelten auch für die nach § 6 des Atomgesetzes genehmigten Standortzwischenlager für abgebrannte Brennelemente.
Die AtSMV enthält als Anlagen 1 bis 3 die Kriterien, wonach ein Ereignis meldepflichtig ist. Anlage 1 gilt für Kernreaktoren, Anlage 2 für sonstige Anlagen und Anlage 3 für Kontaminationen an Transportbehältern. Für die Meldung wird ein standardisiertes Meldeformular verwendet.
Meldekategorien
Die Frist, innerhalb derer die Ereignisse gemeldet werden müssen, orientiert sich an der Dringlichkeit, mit der die Aufsichtsbehörde die Informationen benötigt, und an der sicherheitstechnischen Bedeutung des Ereignisses. In diesem Zusammenhang wird zwischen vier Dringlichkeitskategorien unterschieden:
- Kategorie S (Sofortmeldung): unverzüglich fernmündlich oder per Telefax und schriftlich spätestens innerhalb 5 Tagen
- Kategorie E (Eilmeldung): innerhalb von 24 Stunden fernmündlich oder per Telefax und schriftlich innerhalb von 5 Arbeitstagen
- Kategorie N (Normalmeldung): spätestens am 5. Werktag nach Eintritt des Vorkommnisses
- Kategorie V (Ereignisse vor Inbetriebnahme): spätestens am 10. Werktag mittels Formblatt
Bewertung gemäß INES-Skala der IAEO
Um die sicherheitstechnische Bedeutung eines nuklearen Ereignisses transparenter und auch für die Öffentlichkeit begreifbarer zu machen, hat die IAEO im Jahr 1990 die 7-stufige Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) eingeführt. Betriebsstörungen werden dort der Stufe 1 zugeordnet. Die Stufen 2 und 3 entsprechen Störfällen, und ab Stufe 4 spricht man von Unfällen. Später wurde noch eine Stufe 0 für Ereignisse ohne sicherheitstechnische Bedeutung hinzugefügt. In Deutschland werden alle meldepflichtigen Ereignisse vom Betreiber anhand dieser Skala eingestuft. Die Klassifizierung wird später von der Aufsichtsbehörde und von der Störfallmeldestelle des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) im Zusammenwirken mit den Gutachtern überprüft. Für die Einstufung werden drei Aspekte berücksichtigt:
- die radiologischen Auswirkungen außerhalb der Anlage
- die radiologischen Auswirkungen in der Anlage und
- die Beeinträchtigung der Sicherheitsvorkehrungen.
Mit Hilfe dieser Kriterien wurden die meldepflichtigen Ereignisse in Deutschland wie folgt klassifiziert:[1]
Jahr Stufe 0 Stufe 1 >=Stufe 2 2009 103 0 0 2008 91 1 0 2007 116 2 0 2006 130 0 0 2005 135 0 0 2004 147 7 0 2003 134 3 0 2002 154 13 0 2001 120 5 2 2000 91 3 0 1999 120 1 0 1998 132 3 1 1997 114 3 0 1996 129 6 0 1995 151 1 0 1994 158 3 0 1993 173 6 0 1992 216 7 0 1991 232 11 0 Die Ereignisse >= Stufe 2 waren:
27. August 2001 (KKP-2):
Unterschreitung der spezifizierten Borkonzentration in drei Flutbehältern (Stufe 2)
10. August 2001 (KKP-2):
Unterschreitung des Sollfüllstandes in den vier Flutbehältern beim Anfahren der Anlage (Stufe 2)
6. Juni 1998 (KKU):
Nichtverfügbarkeit einer Frischdampf-Sicherheitsarmaturen-Station bei Anforderung(Stufe 2)Siehe auch
Weblinks
- Bundesamt für Strahlenschutz: Meldepflichtige Ereignisse in deutschen Atomanlagen
- Link zur Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) (International Atomic Energy Agency (IAEA))
Einzelnachweise
- ↑ Bundesamt für Strahlenschutz:Jahresberichte zu meldepflichtigen Ereignissen, zuletzt abgerufen am 19. März 2011
Kategorien:- Atomenergiepolitik
- Nukleare Sicherheit
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