Meridianbogen

Meridianbogen

Als Meridianbogen wird eine nord-südlich verlaufende Messstrecke auf der Erdoberfläche oder ihr mathematisches Äquivalent auf dem Erdellipsoid bezeichnet (vgl. Meridian).

Erstgenannte Messstrecke kann bei der „Methode der Gradmessung“ zur Bestimmung der mittleren Erdkrümmung und damit des Erdradius dienen. Dazu müssen auch die geografischen Breiten der beiden Streckenendpunkte (φ1, φ2) gemessen werden. Diese Breitenbestimmungen erfolgen astronomisch, indem die Höhenwinkel von Sternen beobachtet werden.

Die Strecke wird nun auf Meeresniveau reduziert und ihre Länge mit dem Unterschied der geografischen Breiten verglichen. Hat der Meridianbogen die Länge B und die Breitendifferenz den Betrag β = |φ12|, so ergibt sich der lokale Krümmungsradius mit R = B/β. Zusammen mit einem zweiten Meridianbogen kann daraus die Form des Erdellipsoids abgeleitet werden – wie z. B. 1735–1740 bei den berühmten Expeditionen der Pariser Akademie nach Lappland und Peru.

Seit ca. 1900 werden in der Geodäsie jedoch statt der Meridianmethode ausgedehnte Vermessungsnetze verwendet.

Mathematische Beschreibung

Ein Meridianbogen auf einem Rotationsellipsoid hat die genaue Form einer Ellipse. Daher lässt sich seine Länge – gezählt vom Äquator – als elliptisches Integral berechnen und in Form einer Reihe nach Funktionen der geografischen Breite φ darstellen:

B = C\varphi + D\sin 2\varphi + E\sin 4\varphi + F\sin 6\varphi + \cdots usw.

Der erste Koeffizient C hängt mit dem mittleren Erdradius zusammen und beträgt für das Bessel-Ellipsoid 111,120 km/Grad. Der zweite Koeffizient D hängt mit der Erdabplattung zusammen und beträgt 15,988 km. Die Werte für andere Ellipsoide unterscheiden sich ab der vierten Stelle.

Die Entwicklung mittels Exzentrizität e2 gibt bereits Jean-Baptiste Joseph Delambre 1799:

\begin{align}B\approx
&\;a(1-e^2)\left\{\left(1+\frac{3}{4}e^2+\frac{45}{64}e^4+\frac{175}{256}e^6+\frac{11025}{16384}e^8\right)\varphi\right. \\
&\ -\frac{1}{2}\left(\frac{3}{4}e^2+\frac{15}{16}e^4+\frac{525}{512}e^6+\frac{2205}{2048}e^8\right)\sin 2\varphi \\
&\ +\frac{1}{4}\left(\frac{15}{64}e^4+\frac{105}{256}e^6+\frac{2205}{4096}e^8\right)\sin 4\varphi \\
&\ -\frac{1}{6}\left(\frac{35}{512}e^6+\frac{315}{2048}e^8\right)\sin 6\varphi \\
&\ +\frac{1}{8}\left.\left(\frac{315}{16384}e^8\right)\sin 8\varphi\right\}\\
\end{align}

Friedrich Robert Helmert benutzte n=\frac{1-\sqrt{1-e^2}}{1+\sqrt{1-e^2}}\simeq\frac{e^2}{4} 1880:

\begin{align}B\approx 
  &\;\frac{a}{1+n}\left\{\left(1+\frac{n^2}{4}+\frac{n^4}{64}\right)\varphi-\frac{3}{2}\left(n-\frac{n^3}{8}\right)\sin 2\varphi\right. \\
  &\ \left.+\frac{15}{16}\left(n^2-\frac{n^4}{4}\right)\sin 4\varphi-\frac{35}{48}n^3\sin 6\varphi+\frac{315}{512}n^4\sin 8\varphi\right\}\\ 
\end{align}

Allgemeine Formeln gab Kazushige Kawase 2009:

B=\frac{a}{1+n}\sum_{j=0}^\infty\left(\prod_{k=1}^j\varepsilon_k\right)^2\left\{\varphi+\sum_{l=1}^{2j}\left(\frac{1}{l}-4l\right)\sin 2l\varphi\prod_{m=1}^l\varepsilon_{j+(-1)^m\lfloor m/2\rfloor}^{(-1)^m}\right\}

wobei εi = 3n / 2in.

Literatur

Siehe auch


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