- Meridianbogen Kremsmünster
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Der Meridianbogen Kremsmünster wurde im späten 19. Jahrhundert als Zentralteil eines mitteleuropäischen Meridianbogens von Preußen bis zur Adria beobachtet bzw. aus älteren Messungen zusammengestellt. Er war eine Doppelkette von Triangulationspunkten (TP) der oberösterreichischen Landesvermessung, deren Fundamentalpunkt damals auf dem Gusterberg unweit des Benediktinerstiftes Kremsmünster lag, und der benachbarten Kronländer.
Die TP-Punkte wurden so ausgewählt und rekognosziert, dass die aus ihnen gebildete Triangulationskette genau im Meridian von Kremsmünster verlief (31°48' östlich von Ferro oder 14°08' von Greenwich). Die Kette erstreckte sich über Oberösterreich hinaus noch jeweils 250 Kilometer nach Norden (Böhmen) sowie nach Süden (Steiermark und Krain) und bildete somit einen rund 660 km langen Bogen auf dem Staatsgebiet Österreich-Ungarns, mit dem die mitteleuropäische Gradmessungskommission den genauen Verlauf der Erdkrümmung und ein astro-geodätisches Geoidprofil berechnete. Dazu wurde an einigen TP die genaue astronomische Breite aus Sterndurchgängen gemessen (siehe Sterneck-Methode) und die Azimute einiger Netzseiten. Den astronomischen Zentralpunkt bildete die Sternwarte Kremsmünster ("Mathematischer Turm" des Stiftes), wo besonders genaue astronomische Koordinaten ermittelt und auch eine - damals noch sehr komplizierte - Längenbestimmung durchgeführt wurde. An die Sternwarte war bereits ein geophysikalisches Observatorium und eine Wetterstation angeschlossen, die heute die längste klimatische Messreihe der Welt besitzt.
Der Meridianbogen wurde von der preußischen Landesvermessung im Norden noch etwa 70 km fortgesetzt und teilweise als Berliner Meridian bezeichnet. Er lief von der böhmischen Grenze über Dresden bis nach Großenhain (Sachsen), wo der astronomische Endpunkt errichtet wurde. Den südlichen Endpunkt bildete die österreichische Marine-Sternwarte Pola (Istrien), die später durch die Asteroidenentdeckungen von Johann Palisa international bekannt wurde.
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