- Michael Naura
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Michael Naura (* 19. August 1934 in Memel, Litauen) ist ein deutscher Jazzpianist, Redakteur und Publizist.
Inhaltsverzeichnis
Wirken
Naura wuchs in Berlin auf und studierte an der FU Berlin Publizistik, Philosophie und Soziologie. Anschließend war er als Pianist in Swingbands tätig. Von 1953 bis 1964 leitete er eine der erfolgreichsten Jazzbands in Deutschland, das Michael Naura Quintett. Die Musik dieses eklektischen Quintetts war ursprünglich stark von George Shearing beeinflusst, dann kamen Einflüsse von Dave Brubeck ins Spiel, später orientierte sie sich am Hard Bop von Horace Silver, aber auch am kammermusikalischen Spielideal des Modern Jazz Quartet. Der wichtigste Improvisator in Nauras Quintett war stets der Vibraphonist Wolfgang Schlüter. Weitere Musiker in seinen Gruppen waren die Altsaxophonisten Klaus Marmulla oder Peter Reinke, die Bassisten Hajo Lange oder Wolfgang Luschert und die Schlagzeuger Heinz von Moisy oder Joe Nay.
1964 musste sich Naura wegen Polyserositis für ein Jahr in das Heidesanatorium Wintermoor begeben. Prominente Jazzmusiker Deutschlands gaben Benefizkonzerte, um die notwendigen Mittel für die Behandlung einzuspielen.
Nach seiner Entlassung zog sich Naura weitgehend aus dem aktiven Musikerleben zurück und wurde leitender Jazzredakteur beim Norddeutschen Rundfunk. Unter seiner Leitung entwickelte der Sender „das weitestgespannte und interessanteste Jazz-Programm Europas“[1]. 1999 wurde er pensioniert.
Naura ist ein bekannter Jazzautor in Deutschland. Neben seinen Artikeln in Sammelwerken, Zeitschriften und Zeitungen schrieb er auch Texte (Liner Notes) für Schallplatten und CDs. Er verfügt über ein umfangreiches Wissen. Seine Sprache zeichnet sich durch kräftige - zum Teil - derbe Metaphern aus. Vor gelegentlichen Attacken scheut er nicht zurück.
Mit dem Schriftsteller und Lyriker Peter Rühmkorf verband ihn eine enge und lange währende persönliche und künstlerische Freundschaft.
2009 erhielt Naura den Ehrenpreis für Radiojournalismus im Jazz beim WDR-Jazzpreis für sein Lebenswerk.
Aufnahmen (Auswahl)
- Down to Earth, 1958
- George / Jankowski / Naura: Jazz In Deutschland, 1957 - 1958
- Michael Naura Quintet, 1963
- Call (mit Wolfgang Schlüter, Eberhard Weber und Joe Nay), 1970
- Rainbow Runner (wie oben), 1973
- Vanessa (wie oben, außerdem Klaus Thunemann), 1974
- Kein Apolloprogramm für Lyrik (mit Wolfgang Schlüter, Eberhard Weber, Peter Rühmkorf), 1976
- Country Children (mit Wolfgang Schlüter), 1977
- Phönix voran (mit Wolfgang Schlüter, Leszek Zadlo, Peter Rühmkorf), 1978
- Ochsenzoll (mit Wolfgang Schlüter, Herbert Joos, Albert Mangelsdorff), 1985
- Orang Utan (mit Wolfgang Schlüter, Claus Bantzer), 1985
- Naura Box. Fortissimo - eine deutsche Jazzologie, 6 CDs, Gateway4m, 2009[2]
Hörspiel
- Chet Baker - Der Lange Sturz. Eine szenische Phantasie. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002, ISBN 978-3-455-32005-3, 1 CD, 57 Min.
Veröffentlichungen
- jazz-toccata, Rowohlt, Reinbek 1991, ISBN 3-499-19162-8
- Cadenza: Ein Jazzpanorama, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2002, ISBN 3-434-50537-7
- Wolfram Knauer (Hrsg.): Jazz in Deutschland, Wolke Verlag, Hofheim 1996, ISBN 3-923997-70-1, darin ein Interview mit Naura
Zitat
„Es gibt Frisöre und es gibt Pianisten. Der Franzose Richard Clayderman ist ein Pianör. [...] Er nimmt eine populäre Melodie, spielt das Thema so sklavisch notengetreu, als hätte man ihm mit Kafka gedroht: Die geringste Abweichung ist schon Schuld. [...] Der Pianör paßt gut zu Fahrstühlen, Radiomagazinen am Vormittag, Waschsalons, Supermärkten, Wartezimmern und, nicht zuletzt, Bars.“
– Michael Naura, 1991 [3]
Literatur
- Joachim-Ernst Berendt: Lieber Michael, in Cadenza (s. o.), S. 105-110
- Heidi Boulton: Naura, Michael, in Barry Kernfeld (Ed.): The New Grove Dictionary of Jazz, Macmillan, London 1988, S. 830
- Ian Carr: Michael Naura, in: Ian Carr, Digby Fairweather & Brian Priestley: The Rough Guide to Jazz, 3rd Edition, Rough Guides, New York 2004, S. 579
Weblinks
- Michael Naura bei Discogs (englisch)
- Blickfrei über Michael Naura
- „Kraft ohne Protz“, Spiegel Online, 17. Juli 2009
- „Ein Hans geht um die Welt. Sein Happy-Party-Sound formte den Musikgeschmack ganzer Generationen - James Last ist der König der frohsinnigen Tanzbein-Musik“, Hamburger Abendblatt, 26./27. Oktober 1996, Wochenend-Journal, S. 2, von Michael Naura
Einzelnachweise
- ↑ Ian Carr, Jazz Rough Guide (1999), S. 474
- ↑ Diese Sammlung enthält Radioproduktionen und bisher auf CD nicht veröffentlichte Aufnahmen mit Naura als Bandleader und Sprecher eigener Texte zwischen 1959 und 1988. vgl. auch Inhaltsverzeichnis und Kurzbeschreibung
- ↑ Michael Naura: jazz-toccata, Reinbek, 1991, S. 209 f.
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