Dave Brubeck

Dave Brubeck
Dave Brubeck 2005 in Ludwigshafen

David Warren „Dave“ Brubeck (* 6. Dezember 1920 in Concord, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Jazz-Pianist, Komponist und Bandleader. Er leitet mit seinem Quartett eine der langlebigsten und erfolgreichsten Combos des Modern Jazz und hat dem Jazz mit der intellektuellen Mittelschicht ein neues Publikum erobert.[1] In seinen Stücken verbindet er Jazz mit europäischer Konzertmusik und auch mit außereuropäischer Musik. In Brubecks Klangharmonik nehmen Blockakkorde und im rhythmischen Aufbau seiner Melodien ungerade Rhythmen einen großen Raum ein.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Dave Brubeck, 8. Oktober 1954
Fotografie von Carl van Vechten

Brubeck wuchs auf einer Farm auf, sein Vater war Viehzüchter (in der Jazz-Filmreihe von Ken Burns sagte er scherzhaft, sein Jugendtraum sei gewesen, dass das von ihm gehütete Vieh den Tourbus des Benny-Goodman-Orchesters stoppen würde, so dass er ihm vorspielen könnte), seine ersten Musikkontakte hatte er zur Country Music. Brubecks Mutter hatte in England Klavier studiert mit dem Ziel, Konzert-Pianistin zu werden, und war mit Henry Cowell bekannt. Sie unterrichtete auch nebenbei Klavier, ab dem vierten Lebensjahr auch ihren Sohn, der weiterhin Cello lernte. Brubeck war nicht besonders daran interessiert, nach einer bestimmten Methode zu lernen, sondern wollte eher seine eigenen Melodien schaffen - dadurch lernte er nie, vom Blatt zu spielen.

Brubeck studierte zunächst Tiermedizin und wechselte 1941 zur Musik. Er studierte zunächst auf dem College of Pacific, wo er auch ein Orchester leitete. 1942 wechselte er auf das Mills College. Als einer seiner Professoren entdeckte, dass er keine Noten lesen konnte, wurde er beinahe vom College ausgeschlossen. Mehrere seiner Professoren setzten sich für ihn ein und wiesen auf seine Fähigkeiten in Kontrapunkt und Harmonik hin[2]; da die Schule fürchtete, dass es zu einem Skandal kommen könnte, gewährte sie ihm angeblich den Abschluss nur gegen sein Versprechen, nie Klavier zu unterrichten.

1943 wurde er in die Armee eingezogen. Zu Beginn des Militärdienstes hatte er Gelegenheit, an der University of California Vorlesungen bei Arnold Schönberg zu besuchen. Dann diente er in George Pattons Dritter Armee während der Ardennenschlacht. Er spielte in einer Band, die er kurzfristig zusammenstellte (vor allem mit afroamerikanischen Musikern) und gewann schnell Bekanntheit und Anerkennung. Nach drei Jahren Militärdienst kehrte er zum Mills College zurück und studierte 1946 ein halbes Jahr bei Darius Milhaud, der ihn ermutigte, sich nicht nur mit klassischem Klavier, sondern mit Kontrapunkt und Arrangement zu beschäftigen.[3] (Merkwürdigerweise schätzen die meisten Kritiker Brubeck als einen klassischen Konzertpianisten ein, der Jazz spielt.). Außerdem lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Jazz zu.

Noch als Student startete Brubeck ein Oktett, unter anderem mit Cal Tjader und Paul Desmond. Das Oktett The Jazz Workshop Ensemble war sehr experimentierfreudig, machte aber nur wenige Aufnahmen und bekam sehr wenig Auftrittsmöglichkeiten. Ein wenig entmutigt startete Brubeck 1949 ein Trio mit zweien der Mitglieder, das er 1951 mit Desmond zum Quartett erweiterte und verbrachte mehrere Jahre damit, ausschließlich Jazz-Standards zu spielen. Ein erster Erfolg war sein Auftritt im Oberlin College 1953, später veröffentlicht als Jazz at Oberlin. 1954 erschien Brubeck als erster Musiker nach Louis Armstrong auf einem Titelbild des Time Magazine; er wurde in zahlreichen Polls ausgezeichnet. Dann formierte er das „Dave Brubeck Quartet“, mit Joe Dodge, Schlagzeug, Bob Bates, Bass, Paul Desmond Saxophon und Brubeck, Klavier. Mitte der 1950er wurden Bates und Dodge durch Eugene Wright und Joe Morello ersetzt. In den späten 1950er Jahren sagte Brubeck mehrere Konzerte ab, weil der Clubbesitzer von ihm verlangte, einen anderen Bassisten als den Afroamerikaner Eugene Wright zu suchen. Er sagte auch mehrere Fernseh-Auftritte ab, als er herausfand, dass man vorhatte, Wright nicht ins Bild zu bringen.

1959 führte er den Dialogue for Jazz Combo and Symphony seines Bruders Howard Brubeck mit Leonard Bernstein und dem New York Philharmonic Orchestra auf. 1959 brachte das Quartett das Album „Time Out“ heraus, das von ihrem Label zwar enthusiastisch aufgenommen wurde, aber trotzdem nur widerstrebend veröffentlicht wurde: es enthielt ausschließlich Originalkompositionen, und fast keine von ihnen stand in einer üblichen Taktart. Trotzdem erreichte die Platte schnell Platin-Status. 1961 nahm er mit Louis Armstrong, Jon Hendricks, Dave Lambert, Annie Ross und Carmen McRae Stücke des Musicals The Real Ambassador auf und gab ein Konzert an der Berliner Mauer. Auf den Berliner Jazztagen 1964 führte er seine Elementals für Quartett und Symphonie-Orchester auf; im gleichen Jahr gab er ein Konzert im Weißen Haus.

Dave Brubeck, Quartett, 1967

Das erste Brubeck-Quartett trennte sich 1967; Brubeck trat ab 1968 mit Gerry Mulligan auf, mit dem er auch aufnahm. Parallel bildete Brubeck eine neue Gruppe mit Perry Robinson bzw. Jerry Bergonzi als Bläser, und drei seiner Söhne, Dan am Schlagzeug, Darius am Bass and Chris am Keyboard. 1972 erneuerte er die Zusammenarbeit mit Paul Desmond, gab 1975/76 eine Reihe von Reunion-Konzerten mit dem klassischen Quartett und Mulligan als gelegentlichem Gast. Nach Desmonds Tod 1977 machten Mulligan und Brubeck die nächsten sechs Jahre gemeinsame Aufnahmen.

Brubeck beschäftigte sich auch mit der Musik der nordamerikanischen Indianer. Er gab in etwa 80 Städten pro Jahr Konzerte, davon üblicherweise im Frühling in 20 europäischen. In den letzten Jahren gehörten der Altsaxophonist Bobby Militello, der Bassist Michael Moore (der Alec Dankworth und Jack Six ersetzt) und der Schlagzeuger Randy Jones zu seinem Quartett. Seit 2006 gibt Dave Brubeck in Europa keine Konzerte mehr.

Brubeck komponierte Jazzstandards wie „In Your Own Sweet Way“ oder „The Duke“. Einige seiner Stücke stehen in ungewöhnlichen Taktarten: „Pick Up Sticks“ in 6/4, „Unsquare Dance“ in 7/4, und „Blue Rondo A La Turk“ in 9/8; sein langjähriger musikalischer Partner Paul Desmond schrieb das sicherlich berühmteste Stück des Dave-Brubeck-Quartetts, „Take Five“ im 5/4-Takt. Daneben beschäftigte er sich auch mit dem Schreiben von Werken des Third Stream und anderen aufwändig geschichteten Kompositionen. Neben sinfonischen und kammermusikalischen Werken, etwa für das Brodsky Quartet, komponierte er auch Oratorien, Balletmusiken und geistliche Musik (To Hope! A Celebration).

Auszeichnungen / Ehrungen

Dave Brubeck erhielt 1996 in einer international ausgestrahlten Grammy Awards Show den Ehrenpreis für sein Lebenswerk. Daneben erhielt er in seinem Leben weitere Auszeichnungen, darunter einen Stern auf dem „Hollywood Walk of Fame“, von sechs amerikanischen Universitäten den Ehrendoktor, den Ehrengrad der Universität Nottingham (England), den Ehrendoktor der Universität Freiburg (Schweiz) und den Ehrendoktor der Universität Duisburg. 1994 verlieh ihm Bill Clinton die National Medal of the Arts. Mit der Gründung des „Brubeck Institute“, das sich für die Verbreitung moderner Musikstile einsetzt, ehrt die University of the Pacific den Namensgeber Dave Brubeck. Im Dezember 2009 wurde Brubeck von Präsident Barack Obama der Preis des Kennedy Centers in Washington überreicht.

Diskografie (Auswahl)

Dave Brubeck 1990 in Deauville
  • The Dave Brubeck Octet (1947-48)
  • Dave Brubeck Trio Featuring Cal Tjader (1949-50)
  • Dave Brubeck/Paul Desmond (1951-53)
  • Jazz at Oberlin (1953)
  • Jazz at College of the Pacific (1953)
  • All-Time Greatest Hits (1956-65)
  • Time Out (1959)
  • The Real Ambassadors (1961, mit Louis Armstrong)
  • Blues Roots (1970, mit Gerry Mulligan)
  • All the Things We Are (1973-74, mit Anthony Braxton und Lee Konitz)
  • Brubeck and Desmond 1975: The Duets (1975)
  • Reflections (1985)
  • New Wine (1987)
  • One Alone (2000)

Filmaufnahmen DVD

  • Dave Brubeck - Live in '64&'66 (Schwarz-Weiß, Belgien 1964, Deutschland 1966)
  • Dave Brubeck & Paul Desmond - Take Five (Mono, San Francisco 1961, New York 1962 und Kalifornien 1975)
  • Bruce Ricker: In His Own Sweet Way (2010)[4]

Literatur

  • Ilse Storb: Dave Brubeck: Improvisationen und Kompositionen. Die Idee der kulturellen Wechselbeziehungen, 2.Auflage 1999; ISBN 3825847632

Weblinks

 Commons: Dave Brubeck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Martin Kunzler Jazz-Lexikon. Bd. 1 Reinbek 2002
  2. Interview (Ken Burns auf pbs.org (PDF)
  3. Milhaud charakterisierte ihn als „Einzelgänger, der seinem eigenen, unkonventionellen Weg folgte, entsprechend einem inneren Drang, der ihm keine Ruhe ließ.“ (zitiert nach Kunzler Jazz-Lexikon)
  4. Biographische Hinweise zu Bruce Ricker bei Pasoroble Film Festival

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