- Michael Winterhoff
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Michael Winterhoff (* 3. Januar 1955 in Bonn) ist ein deutscher Kinder- und Jugendpsychiater, Psychotherapeut und Autor.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Winterhoff studierte von 1977 bis 1983 Humanmedizin an der Universität Bonn (Promotion zum Dr. med. 1984, Dissertationsthema: Gastrinsekretion bei Ulcusdiathese durch Winkelbauer-Starlinger-Operation am Hund). Winterhoffs anfängliches Interesse an der Kinderchirurgie entwickelte sich weiter über die allgemeine Kinderheilkunde zur Kinderpsychiatrie. Seit 1988 arbeitet er in Bonn als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in seiner eigenen Praxis. Er befasst sich vorrangig mit psychischen Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter aus tiefenpsychologischer Sicht.
Zentrale Thesen
Winterhoff vertritt in seinem Buch Warum unsere Kinder Tyrannen werden: Oder: Die Abschaffung der Kindheit vor allem drei Thesen: Das Kind wird als kleiner Erwachsener behandelt (Kind als Partner); der Erwachsene entwickelt das Bedürfnis, vom Kind geliebt zu werden (Projektion); das Kind wird im Rahmen einer psychischen Verschmelzung ein Teil des Erwachsenen (Symbiose).[1] Dadurch komme es zu einer Machtumkehr, die dem Kind die Chance auf eine gesunde Entwicklung verbaue.
Michael Winterhoff sagt: „Wenn wir nicht bald anders handeln, wird unsere Gesellschaft ihre Kinder hassen!“ Er zeigt in seiner Analyse, warum es wichtig ist, in der Erziehung die psychische Entwicklung von Kindern in den Mittelpunkt zu stellen. Der emotionale Missbrauch unserer Kinder unter dem Deckmantel eines partnerschaftlichen Umgangs wird zur Anfrage an die kulturelle Lebensfähigkeit unserer Gesellschaft. Der Autor belegt diesen emotionalen Missbrauch mit vielen anschaulichen Fallbeispielen. Er zeigt in seinen Büchern: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und sagt: „Nur wenn unsere Kinder wieder wie Kinder behandelt werden, können sie in einem positiven Sinne lebensfähig werden.“
Winterhoffs Buch Warum unsere Kinder Tyrannen werden: Oder: Die Abschaffung der Kindheit hat laut Verlagswerbung binnen eines Jahres eine Auflage von 280.000 Exemplaren erreicht und liegt inzwischen bei über 450.000 verkauften Exemplaren.[2] Das Buch landete in der Jahresbestsellerliste 2008 des Magazins Der Spiegel auf Platz 4 der Sachbücher.[3] Dieser Erstling brachte Winterhoff eine beachtliche Medienpräsenz als Gast in Talkshows und in Diskussionsforen. Mit Tyrannen müssen nicht sein erschien 2009 eine Fortführung des Werkes. 2010 ist ein dritter Band mit dem Titel Persönlichkeiten statt Tyrannen erschienen, der in Zusammenarbeit mit der Arbeitspsychologin Isabel Thielen Winterhoffs Erkenntnisse auf den Ausbildungssektor anwendet. So wird beispielsweise die unzureichende Ausbildungsreife vieler Schulabgänger unter anderem mit den in den ersten Bänden herausgearbeiteten Beziehungsstörungen erklärt.
Kritik
Kurz nach dem Erscheinen seines ersten Buches kritisierte der Erziehungsberater und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Wolfgang Bergmann die Arbeit von Winterhoff. Er warf ihm vor, mit seinen einseitigen undifferenzierten Thesen und Empfehlungen einseitig auf Gehorsam abzuzielen und damit ein kaltes Erziehungsklima zu fördern. Gehorsam behindere nach Bergmann die Intelligenz, Entfaltung und die Freiheit eines Kindes.[4]
Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Gudrun Schuster und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Andreas Renger kritisierten, dass Winterhoff Eltern anleiten wolle, Kindern das richtige Verhalten anzutrainieren und mit Schlagwörtern wie „Einschleifen von Grundfunktionen“ das Kind auf eine mechanistische Funktion zu reduzieren.[5]
Werke
- Warum unsere Kinder Tyrannen werden: Oder: Die Abschaffung der Kindheit. Unter Mitarbeit von Carsten Tergast. Gütersloher Verlagshaus; Gütersloh 2008, ISBN 978-3579069807. Auch als Hörbuch, ISBN 978-3579076256
- Tyrannen müssen nicht sein: Warum Erziehung nicht reicht – Auswege. In Zusammenarbeit mit Carsten Tergast. Gütersloher Verlagshaus; Gütersloh 2009, ISBN 978-3579068992
- Persönlichkeiten statt Tyrannen: Oder: Wie junge Menschen in Leben und Beruf ankommen. Von Michael Winterhoff und Isabell Thielen. In Zusammenarbeit mit Carsten Tergast. Gütersloher Verlagshaus; Gütersloh 2010, ISBN 978-3-579-06867-1
- Lasst Kinder wieder Kinder sein! Oder: Die Rückkehr zur Intuition. Von Michael Winterhoff. In Zusammenarbeit mit Carsten Tergast. Gütersloher Verlagshaus; Gütersloh 2011, ISBN 978-3-579-06750-6
- Moderne Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen Analyse - Herausforderungen und Aufgaben - Auswege. Ein Vortrag auf DVD von Michael Winterhoff. Gütersloher Verlagshaus; Gütersloh 2011, ISBN 978-3-579-07636-2
Erwiderung
- Olaf Link: Erziehung und Aufklärung. Eine Hilfe, die Funktion von Super-Nanny, Bernhard Bueb und Michael Winterhoff im geschichtlich-gesellschaftlichen Kontext zu verstehen. Kid Verlag, Bonn 2011, ISBN 978-3-929386-31-8.
Weblinks
- Literatur von und über Michael Winterhoff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webpräsenz von Michael Winterhoff
- Generation „Null Bock“? - Bildungskonzepte in Deutschland: Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff im Gespräch - Goethe-Institut im September 2010
- Tatort Familie: "Kinder und Jugendliche auf dem Stand von Zweijährigen" - Spiegel Wissen im Mai 2010
- Sie laufen uns aus dem Ruder - Der Diplompädagoge Wolfgang Bergmann und der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff über die wachsende Zahl auffälliger Kinder, den Erfolg von Eltern-Ratgeberbüchern und ihren Streit über autoritäre Erziehungskonzepte in Spiegel-online vom 30. März 2009
- Was bei der Kindererziehung völlig falsch läuft in Welt-online vom 1. Februar 2009
- „Hauptsache, Sie regen sich auf“ Focus-Interview, 21. Februar 2009
- «Als ob die kleinen Kinder schon eine Persönlichkeit hätten!» Interview im Schweizerischen Beobachter, 11. Dezember 2008
- Sandra Kegel: Kinderland abgebrannt, Rezension von Warum unsere Kinder Tyrannen werden in der FAZ
Einzelnachweise
- ↑ Referenten-Agentur Bertelsmann.
- ↑ Verlagsangabe.
- ↑ Jahresbestsellerliste 2008 bei buchreport.de, abgerufen am 7. Januar 2009.
- ↑ Zur Hölle mit der Disziplin. Interview mit Wolfgang Bergmann in der Süddeutschen Zeitung, 20. Februar 2009, abgerufen am 20. April 2011.
- ↑ Auf der Grundlage von Beziehungslosigkeit soll Beziehungsfähigkeit erzwungen werden.
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