- Mira-Stern
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Die Mira-Sterne sind langperiodische veränderliche Sterne mit großen Amplituden und späten Spektren. Sie sind nach ihrem Prototyp Mira im Sternbild Walfisch (lat. cetus) benannt.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Mira-Sterne sind langperiodische rote Riesen mit Emissionslinien und späten Spektren mit den Spektralklassen Me, Se oder Ce. Die Amplitude des Lichtwechsels beträgt zwischen 2,5 und 11 mag. Sie zeigen eine ausgeprägte Periodizität mit Perioden zwischen 80 und 1000 Tagen. Die Amplituden im Infraroten sind geringer als im Visuellen und bleiben meist unterhalb von 2,5 mag. Die Änderung der bolometrischen Helligkeit erreicht nur 1 mag.
Spektrum
Die meisten Mira-Sterne gehören zur Spektralklasse M mit Titanoxid-Banden. Nur ein geringer Teil gehört zu den Kohlenstoffsternen C oder der Spektralklasse S mit ausgeprägten Zirkonoxid-Banden. Unabhängig von der Spektralklasse werden bei Mira-Sternen die Wasserstofflinien und gelegentlich auch die Spektrallinien anderer Elemente in Emission beobachtet. Die Emission wird durch Schockwellen verursacht, die durch die ausgedehnte Atmosphäre des Roten Riesen laufen.
Lichtkurven
Die Lichtkurven der Mira-Sterne sind in erster Annäherung sinusförmig. Im Gegensatz zu den Cepheiden sind die Lichtkurven selbst veränderlich und ein Zyklus unterscheidet sich stets vom vorangehenden. Im Anstieg zum Maximum können bei einigen Mira-Sternen Einsenkungen auftreten, die wie bei den Cepheiden wohl auf eine 2:1 Resonanz zwischen der Grundschwingung und der ersten Oberschwingung beruhen. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Form der mittleren Lichtkurve und stellaren Parametern.
Perioden
Die Zykluslänge der Mira-Sterne beträgt zwischen 80 und bis zu 1000 Tagen. Dabei ist die Periodenlänge umgekehrt proportional zur Oberflächentemperatur, d.h. sie nimmt mit abnehmender Temperatur zu. Die beobachteten Periodenänderungen sind meist rein statistischer Natur aufgrund der veränderlichen Form der Lichtkurve. Diese Variationen betragen bis zu 5% der Zykluslänge. Nur wenige Mira-Sterne (R Aql, T UMi, R Hya, BH Cru und W Dra) zeigen echte Periodenänderungen, die auf Radiusänderungen nach einem Heliumflash zurückgeführt werden. Bei so einem thermischen Puls werden durch den s-Prozess Lithium und Technetium produziert, die aber bei den aufgeführten Mira-Sternen nicht nachgewiesen werden konnten. Alternative Modelle beschreiben die Periodenänderungen bei den langperiodischen Veränderlichen als die Folge eines Wechsel des Schwingungsmode oder einer chaotischen Wechselwirkung zwischen der molekularer Opazität und der Schwingungsamplitude.
Die Periode des Lichtwechsels ist in erster Näherung nur abhängig von dem Radius und der Temperatur des Sterns. Dementsprechend kann auch eine Perioden-Leuchtkraft-Beziehung wie bei den Cepheiden abgeleitet werden. Für das K-Band im Infraroten gilt:
Ursache des Lichtwechsels
Wie die Cepheiden sind Mira-Sterne Pulsationsveränderliche. Ihr Pulsationsmechanismus beruht ebenfalls auf dem Kappa-Mechanismus, wobei die temporäre Energiespeicherung im Gegensatz zu den Cepheiden nicht auf der Ionisation des Heliums, sondern der des Wasserstoffs beruht. Aufgrund des Aufbaus der Atmosphäre von Roten Riesen fehlt eine scharfe Übergangsschicht wie bei der Sonne (Stichwort Photosphäre), an der die Dichtewellen reflektiert werden. Die Dichtewellen laufen daher als Schockwellen durch die Sternatmosphäre mit Geschwindigkeiten von bis zu 10 km/s. Aufgrund der Ausdehnung der Sternatmosphäre brauchen die Schockwelle 100 bis einige hundert Tage um sie zu durchlaufen. Die Amplitude des Lichtwechsels im Optischen wird durch zwei Effekte verstärkt:
- Die Temperaturänderung des Sterns führt nach dem Wienschen Verschiebungsgesetz dazu, dass im Minimum bis zu 99 Prozent der Energie im Infraroten abgestrahlt wird.
- Bei abnehmender Temperatur kondensieren Molekülbanden (z.B. Titanoxid) in der äußeren Atmosphäre und absorbieren die Energie im Visuellen, die wiederum im Infraroten abgestrahlt wird.
Mira-Sterne pulsieren in der Grundschwingung, der allerdings Oberschwingungen überlagert sein können. Während die Pulsationen im Sterninneren nach theoretischen Modellen sehr regelmäßig ablaufen wird die Veränderlichkeit der Lichtkurve durch Konvektionsströmmungen und nicht-radiale Schwingungen in der ausgedehnten Atmosphäre hervorgerufen. Nur eine kleine Gruppe von AGB-Sternen, bei denen durch ein Hot-Bottom-Burning wasserstoffreiche Materie aus den äußeren Schichten in die wasserstoffbrennende Zone gelangt, pulsieren in der ersten Oberschwingung. Für diese gilt eine andere Perioden-Leuchtkraft-Beziehung als oben angegeben.
Die Schwingungen in den äußeren Schichten der Atmosphäre von Kohlenstoffsternen kann Material beschleunigen, welches in einiger Entfernung von dem Stern zu einer Wolke aus Russ kondensiert. Dies kann zu tiefen Minima bei einigen Mirasternen und den verwandten Halbregelmäßigen mit einem hohen Kohlenstoffgehalt führen aufgrundh der Absorption von Licht durch die Staubteilchen.
Sternwind
Die Schockwellen transportieren Materie in die äußere Atmosphäre des Roten Riesen. Dort findet eine Kondensation zu Staubteilchen statt, die über den Strahlungsdruck einen zusätzlichen Impuls erhalten. Dies führt zu einer Massenverlustrate von bis zu 10-8 Sonnenmassen pro Jahr. Der Staub konnte als Silcate, Siliciumcarbid und Kohlenstoffstaub im Infraroten nachgewiesen werden. Mira-Sterne sind eine bedeutende Quellen von schweren Elementen, die in den interstellaren Raum für nachfolgende Sterngenerationen abgegeben werden.
Entwicklung
Mira-Sterne sind Sterne mittlerer Sternmasse zwischen 0,6 bis zu circa 3 Sonnenmassen auf dem Asymptotischen Riesenast. Sie haben einen dichten Kern aus Kohlenstoff über dem eine Helium-brennende Schicht liegt. Darüber befindet sich wiederum eine dünne wasserstoffreiche Schicht, in der nur zeitweilig ein Wasserstoffbrennen abläuft. Es handelt sich um die größten, kühlsten und leuchtkräftigsten Roten Riesen mit einem Alter zwischen 3 und 10 Milliarden Jahren. Das Mira-Stadium selbst ist recht kurzlebig mit einer Dauer von einigen 100.000 Jahren. Als Vorgänger der Mira-Sterne werden Rote Riesen mit geringerem Lichtwechsel als halbregelmäßige Veränderliche angesehen. Als Nachfolger gelten die Kerne Protoplanetarischer Nebel oder Nach-AGB-Sterne. Bei diesen ist die Pulsation beendet und der Stern bewegt sich nach links im Hertzsprung-Russell-Diagramm zu höheren Temperaturen.
Nah verwandt mit den Mira-Sternen sind die OH/IR-Sterne, die vollständig in Staubhüllen verborgen sind und einen noch höheren Massenverlust durch Sternwind zeigen. Die typische Maser-Strahlung von OH/IR-Sternen konnte auch bei einigen Mira-Sternen nachgewiesen werden.
Siehe auch
Literatur
- C. Hoffmeister, G. Richter, W. Wenzel: Veränderliche Sterne. 3 Auflage. J.A. Barth, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5.
- J.R. Percy: Understanding Variable Stars. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-23253-1.
- K. Szatmáry, L. L. Kiss and Zs. Bebesi: The He-shell flash in action: T Ursae Minoris revisited. In: Astronomy & Astrophysics. 398, 2003, S. 277-284, doi:10.1051/0004-6361:20021646.
- Stefan Uttenthaler et al: The evolutionary state of Miras with changing pulsation periods. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1105.2198.
- P.A. Whitelock: AGB Variables in the Galaxy and the Local Group. VARIABLE STARS, THE GALACTIC HALO
AND GALAXY FORMATION, Zvenigorod 2010.
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