Mittelalterlicher Markt

Mittelalterlicher Markt

Ein Mittelaltermarkt oder mittelalterlicher Markt bezeichnet heute eine Marktveranstaltung mit Volksfestcharakter in einem vom Mittelalter inspirierten Ambiente. Diese Märkte erfreuen sich seit den 1980er Jahren einer wachsenden Beliebtheit. Sowohl die Darsteller und Mitwirkenden, als auch ein Teil der Besucher, kleiden sich in fantasievolle oder mittelalterlich wirkende, ein geringerer Teil sogar in genau rekonstruierte, Gewandungen. Trotz des Begriffes "Mittelalter" im Namen und obwohl viele Veranstalter gerne mit diesem Begriff werben, wird auf Mittelaltermärkten eine fantasievolle Traumwelt gezeigt; die Veranstaltungen haben in der Regel nichts mit einer authentischen, also einer geschichtlich genauen, Rekonstruktion eines Marktes des Mittelalters zu tun (Reenactment oder Living History), seltene Ausnahmen kommen aber vor.

Mittelaltermarkt in Turku

Inhaltsverzeichnis

Waren

Die auf diesen Märkten zum Verkauf angebotenen Artikel sind meist Kunsthandwerkswaren, aber auch Esoterikprodukte. Typische Waren sind z.B. Kräuter, Felle, Lederwaren, Keramik, Schmuck, Hieb- und Stichwaffen, Bögen und mittelalterinspirierte Kostüme. Auf einigen Veranstaltungen finden sich Anbieter von Repliken mittelalterlicher Artefakte. Kunsthandwerker, die das Schmiedehandwerk vorführen, sind zum Teil ebenso zu finden, wie Glasbläser, die Glasperlen herstellen, Bodürenweber und Künstler, die aus Speckstein Töpfe und Skulpturen erstellen, wie ehemals die Wikinger.

Gaukler Narrenkai auf dem Spectaculum 2004

Künstler

Typisch sind die anwesenden Musikanten, die zur Untermalung des Geschehens oder auch für ein eigenständiges Konzert auf dem Marktgelände sorgen.

Siehe auch: Musik der Mittelalterszene

Neben der Musik gibt es auch Darbietungen, die von Theater über Erzählungen bis zur Akrobatik, Schwertkämpfen und Feuerspucken reichen. Häufig ist auch ein Hofnarr anwesend. Einige Künstler und Darsteller haben auf den Mittelaltermärkten überregionale Bekanntheit erreicht. Zu den Künstlern dieses Bereichs gehören u.a. Magister Winterfeld, Pill & Pankratz, Zeter und Mordio, die Schmierenkomödianten, Max Gaudio, Magister Rother.

Turniere

Schaukämpfer auf dem Spectaculum 2004

Auf den größeren Mittelaltermärkten finden häufig auch Ritterturniere statt. Von Tjost bis Buhurt wird alles im Rahmen des Schaukampfes geboten. Zum Austragen der Turniere beauftragt der Veranstalter kommerzielle Gruppen, die ein choreographiertes Schauspiel vorführen. Einige Veranstalter bieten auch freie Turniere an, an denen die Teilnehmer tatsächlich ihre Geschicklichkeit messen müssen.

In den letzten Jahren kommen dabei nicht nur die mittelalterlichen Ritter zum Zuge, es werden auch Schauspiele gestaltet, die einen Kampf zwischen Kelten und Römern darstellen. Obwohl diese beiden Volksgruppen eigentlich nicht ins Mittelalter gehören, zählen die Protagonisten dieses Spektakels dennoch in den weit gefächerten Begriff Mittelalterszene.

Strafjustiz

Auf einigen Märkten wurden Nachbildungen von Einrichtungen der Justiz, meist der Niederen Gerichtsbarkeit ausgestellt oder auch verkauft. Verbreitet sind vor allem die Holzversion des Prangers sowie die Halsgeige, denen man im Gegensatz zum im Mittelalter verbreiteten Schandpfahl und anderen Einrichtungen zur Vollstreckung einer Ehrenstrafe ihren Verwendungszweck am ehesten ansieht, was der Publikumswirksamkeit entgegen kommt. Gelegentlich kommen diese Gegenstände an Darstellern im Rahmen eines Schauprozesses oder auch an Besuchern zum Einsatz. Seltener sind Nachbildungen von Gegenständen des Hochgerichts zu sehen, wie Richtbeile und -blöcke.

„Marktsprech“

Auf vielen dieser Märkte hört man die Darsteller und auch manche der Besucher in einer sehr geschraubten Sprechweise reden. Floskeln wie Seyed gegrüßt oder Titel wie Edler Recke und Holde Mayd sollen das Ambiente stärken. Auch eher lustig gemeinte Bezeichnungen als Umschreibungen für Artikel des modernen Lebens sind zu hören. So bezeichnet der Taschendrachen ein Feuerzeug, das Zeiteisen die Uhr und so manch einer kommuniziert mit dem Horchknochen (Handy). Auch wird der EURO regelmäßig als Taler/Silberling, bzw. Gold- oder Silberrand bezeichnet.
Diese als „Marktsprech“ bezeichnete Sprechweise ist eine Kunstsprache, die sich aus Versatzstücken Lutherscher Schriftsprache, der Vermeidung moderner Begriffe und einer Portion Improvisation auf den Märkten zur Unterhaltung gebildet hat. Jedoch wurde zu keinem Zeitpunkt der Geschichte (vor 1980) so gesprochen. Kritiker weisen immer wieder darauf hin, dass der Besucher eines Mittelaltermarktes durch die Marktsprech irritiert würde, da ihm diese Kunstsprache oft als "Sprache des Mittelalters" verkauft wird.

Authentizität

Der Anspruch auf historisch richtige Darstellung ist generell eher gering und anders als etwa in der experimentellen Archäologie oder der historischen Aufführungspraxis nicht mit akademischen Maßstäben zu messen. Seit einigen Jahren gibt es allerdings einen Konflikt zwischen zwei Gruppen der kostümierten Marktbesucher. Die einen sind diejenigen, welche sich fantasievolle bzw. mittelalterlich wirkende „Gewandungen“ jeglicher Art kleiden, die anderen jene, welche auf Authentizität hohen Wert legen. Letztere Gruppe - auch als A-Fraktion bezeichnet (von Authentizität abgeleitet), kritisiert die Qualität der historischen Darstellung bzw. dass dem Besucher nicht verdeutlicht wird, dass das Dargestellte nicht dem historischen Mittelalter entspricht.

Als dritte Gruppe des Streitthemas sind zudem Darsteller zu nennen, die sich von der Diskussion distanzieren, sich belustigend über das Thema als „halbauthentisch“ bezeichnen. Geprägt wurde der Begriff vor allem von der Gruppe des Fränkischen Ritterhaufens aus Röthenbach bei Sankt Wolfgang, die sich nicht als Reenactor im traditionellen Sinn versteht, sondern als „Mittelalter-Showact-Gruppierung“, da die Auslegung weniger im authentischen Darstellen des Mittelalters sondern vielmehr im Entertainmentbereich angesiedelt ist. Anstelle des Begriffs "Authentisch" sprechen sie von "Ambiente".

Siehe auch

Weblinks

  • archäologisch.de Kritische Betrachtung von Mittelaltermärkten aus Archäologensicht

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