Mittelrheinbrücke

Mittelrheinbrücke
Fotomontage eines Architekturstudenten, der 2007 eine Studie zur Mittelrheinbrücke bei St. Goar vorgelegt hat

Mittelrheinbrücke ist der Projektname einer geplanten Rheinüberquerung zwischen St. Goar und St. Goarshausen. Die Planung gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten, jedoch wurde diese immer wieder verschoben oder diskutiert. Da der Brückenbau im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal nahe der Loreley vorgesehen ist, ist die Planung einer solchen Querung umstritten. Natur- und Denkmalschützer wenden sich dagegen, die örtliche Wirtschaft ist wegen der anhaltenden Abwanderung der Einwohner hingegen für den Brückenbau.

In den Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl 2011 kamen SPD und Grüne überein, das Projekt „Mittelrheinbrücke“ vorerst nicht zu bauen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Projekt

Der Sankt Goarshausener Ortsteil Wellmich mit Burg Maus

Der Mittelrhein hat über eine Strecke von rund 100 Kilometer zwischen Koblenz und Wiesbaden kein Brückenbauwerk. Die Querung des Rheins wird mit sechs Fährlinien sichergestellt. Bewohner der Ostseite des Rheintals, die etwa die A 61 oder den Flughafen Frankfurt-Hahn erreichen wollen, müssen mit Fähren übersetzen. Aus diesem Grund gibt es unterschiedliche Planungen für eine feste Rheinquerung zwischen Koblenz und Wiesbaden. Zurzeit wird der Bau einer Brücke zwischen Sankt Goarshausen-Wellmich und Sankt Goar-Fellen favorisiert. Diese Brücke würde die B 9, die an der linken Rheinseite entlang verläuft, mit der B 42, die entlang der gegenüberliegenden Rheinseite verläuft, verbinden. Eine Prognose besagt, dass täglich etwa 7.500 Fahrzeuge diese Rheinquerung befahren würden.[2] In der Sankt Goarshausener Kernstadt beginnt die B 274, die auf den Taunus führt und somit auch eine Verbindung zur A 3 herstellt. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite existiert im Raum Sankt Goar keine größere Straße, die das Mittelrheintal mit dem Hunsrück und so mit der A 61 und dem Flughafen Frankfurt-Hahn verbindet. In Sankt Goar selbst gibt es nur die L 206 mit dem Namen Gründelbach, die auf den Hunsrück führt, jedoch für den Schwerlastverkehr ungeeignet ist. Wie der zusätzlich aufkommende Verkehr auf der linken Rheinseite geleitet werden soll, ist noch nicht geklärt.

Die Kosten für den Brückenbau werden auf etwa 40 Millionen Euro geschätzt.[3] Jedoch sind dabei die Kosten für eine Optimierung der Verkehrsanbindung und für den Ausbau der Radwege noch nicht berücksichtigt.[4][5] Für einen alternativen Tunnelbau wird eine Summe zwischen 70 und 80 Millionen Euro veranschlagt, welche auch viel zu gering erscheint, da die Anbindung viel aufwändiger und kostenintensiver wird.[6] Die Kosten würden zum größten Teil vom Bund und vom Land Rheinland-Pfalz getragen werden. Wer nach dem Bau für die Instandhaltung der Brücke zuständig ist, ist noch nicht geklärt. Normalerweise müssten sich der Rhein-Lahn-Kreis und der Rhein-Hunsrück-Kreis die Zuständigkeit teilen. Jedoch argumentieren einige Kreistagsfraktionen, dass die Brücke als Bundesstraße ausgezeichnet werden müsse und somit in die Zuständigkeit des Bundes fällt, da sie unmittelbar zwei Bundesstraßen verbinden wird.[7]

Planungsgeschehen

Die Planung einer Rheinbrücke im Mittelrheintal gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten. Diese wurde jedoch immer wieder aufgeschoben. Da das Mittelrheintal zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, besteht die Angst, dass durch einen Brückenbau dieser Status verloren geht, wie es schon im Dresdner Elbtal geschah. Um den Verlust des Welterbestatus zu verhindern, arbeitet die rheinland-pfälzische Landesregierung mit der UNESCO zusammen. Im Juli 2008 bei ihrer Tagung in Kanada forderte die UNESCO eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die möglichen Varianten und zudem eine neuere Verkehrsstudie.[8]

Im Oktober 2008 wurde ein europaweiter Wettbewerb zur Planung der Mittelrheinbrücke ausgeschrieben. Zwölf Arbeitsgemeinschaften aus Architekten, Ingenieuren und Landschaftsplanern hatten bis Mitte April 2009 Zeit, Entwürfe zu erarbeiten. Der Standort der Brücke soll nördlich von St. Goar/St. Goarshausen sein. In der Jury saß neben Mitgliedern der Landesregierung, Architekten und Ingenieuren auch ein Vertreter der UNESCO. Welterbeverträglichkeit war eines der wichtigsten Entwurfskriterien. Gewonnen hat eine Planungsgemeinschaft aus Dublin, bestehend aus dem Architektenbüro Heneghan Peng Architects, dem Ingenieurbüro Arup Consulting Engineers und den Landschaftsarchitekten Mitchel and Associates. In dem Siegerentwurf hat die Rheinbrücke einen leicht S-förmigen Grundriss.[9]

Erst 2010 legte die Landesregierung der UNESCO ausreichende Gutachten vor, die diese schon im Jahr 2008 gefordert hatte. Bis dahin konnte diese zu dem Siegerentwurf noch kein Votum abgegeben.[10] Am 29. Juli 2010 gab die UNESCO in Brasília bekannt, dass der Bau einer Brücke weiterverfolgt werden kann. Die Landesregierung interpretiert die Verlautbarung des Welterbe-Komitee als Zustimmung für den Siegerentwurf.[11][12][13] Die drei Wissenschaftsverbände Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF), Non-Governmental Organisations for the European Landscape-Convention (CIVILSCAPE) und Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-Gesellschaft) teilen die Auffassung der Landesregierung nicht: „Mit dem Beschluss 34 COM 7B.87 zum Welterbe Oberes Mittelrheintal gibt das UNESCO-Welterbekomitee keine Freigabe für den Bau einer Brücke zwischen St. Goarshausen-Wellmich und St. Goar-Fellen. Eine Welterbeverträglichkeit dieser Planung wird nicht erklärt.“ [14] Im Januar 2011 beschlossen die Kreisausschüsse der betroffenen Landkreise, das Raumordnungsverfahren einzuleiten und zusammen mit der Landesregierung eine Bürgerbefragung durchzuführen. Das Land solle dafür 150.000 € bereitstellen und die beiden Landkreise gäben jeweils 5.000 € hinzu.[7][15]

Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März 2011 verlor die SPD die absolute Mehrheit. Im mit den Grünen ausgehandelten Koalitionsvertrag wurde festgelegt, dass die Pläne zum Bau der Mittelrheinbrücke nicht weiterverfolgt werden. Stattdessen solle bis 2016 ein erweiterter Fährbetrieb getestet werden. Im Gegenzug akzeptieren die Grünen ein Weiterbau der Hochmoselbrücke über das Moseltal.[16]

Standpunkte

Landesregierung

Ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums in Mainz geht davon aus, dass durch eine Brückenlösung die Strukturprobleme der Region gelöst werden könnten.[2] Auch der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Joachim Hofmann-Göttig (SPD) sieht in der Bevölkerung eine Mehrheit für einen Brückenbau.[3] Umfragen zufolge waren 42 % der Befragten Brückenbaugegner und 58 % Brückenbaubefürworter. Diese Zahlen wurden am 17. August 2008 bei einer Versammlung veröffentlicht.

Bund für Umwelt und Naturschutz

Vertreter des BUND sowie Professor Michael Petzet, ein Berater der UNESCO, favorisieren statt einer Querung (ob Brücke oder Tunnel) den Ausbau der Fährverbindungen über den Rhein.[2] So sollten alle Fähren am Mittelrhein in die Trägerschaft der Bundesrepublik Deutschland gegeben werden und die Überfahrt (evtl. kostenfrei) rund um die Uhr möglich sein. Petzet argumentiert, dass eine Rheinquerung – in welcher Form auch immer – schon aus wirtschaftlichen Gründen kaum zu rechtfertigen sei.[2] Da sich die Brücke in unmittelbarer Nähe der unter UNESCO-Welterbe stehenden Loreley befindet, wird befürchtet, dass ähnlich wie im Dresdner Brückenstreit um die Waldschlößchenbrücke der Welterbe-Status verloren gehen könnte.

Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel

Walter Mallman, der Bürgermeister von St. Goar, lehnt einen Brückenbau in St. Goar ab und ist sich sicher, dass es keine Brücke direkt in Sankt Goar/Sankt Goarshausen geben wird.[17]

Industrie- und Handelskammer

Die Industrie- und Handelskammer sieht die Mittelrheinbrücke als zentralen Schlüssel zur Sicherung und Weiterentwicklung der Wirtschaftskraft im Welterbetal. So würde durch die Brücke die Lebens- und Arbeitsumgebung im Tal attraktiver. Insbesondere würde die Brücke dem Sinken der Einwohnerzahlen im Rhein-Lahn- und Rhein-Hunsrück-Kreis entgegenwirken.[18]

Weblinks

Nachrichten:

Einzelnachweise

  1. Rot-Grün legt sich fest: Die Hochmoselbrücke kommt - und das Kabinett steht in: Rhein-Zeitung, 2. Mai 2011
  2. a b c d RP Online: Loreley: Streit um Brückenbau Abgerufen am 9. Oktober 2010
  3. a b WZ Newsline: Welterbe Loreley in Gefahr Abgerufen am 9. Oktober 2010
  4. www.swr.de: Dürfen wir entscheiden? Abgerufen am 13. März 2011
  5. www.loreleyinfo.de: Kosten der Mittelrheinbrücke Abgerufen am 13. März 2011
  6. In der FAZ (Online-Ausgabe) vom 7. Juli heißt es „mindestens 70 Millionen Euro“, in der zuvor genannten Online-Ausgabe der RP „80 Millionen Euro“.
  7. a b www.rhein-zeitung.de vom 1. Februar 2011: Rheinbrücke: Bürger sollen eingebunden werden Abgerufen am 23. Februar 2011
  8. www.faz.net: Zittern vor der Unesco: Das Mittelrheintal will nicht sein Dresden erleben Abgerufen am 23. Februar 2011
  9. Ausschreibung des Architektenwettbewerbs auf „Competitionline“: Planung der Mittelrheinbrücke Abgerufen am 30. Dezember 2010 (HTML, Deutsch)
  10. Mehr-hunsrück.de: Landesregierung muss Karten auf den Tisch legen Abgerufen am 19. April 2010 (HTML, Deutsch)
  11. Welterbe-Komitee gibt grünes Licht für Mittelrheinbrücke Abgerufen auf volksfreund.de am 29. Juli 2010
  12. Rheinquerung Beck/Hering: Welterbekomitee macht Weg für Mittelrheinbrücke frei Pressemitteilung des Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau RLP vom 29. Juli 2010
  13. UNESCO befürwortet Brücke im Mittelrheintal swr.de vom 29. Juli 2010
  14. UNESCO gibt keine Freigabe für den Bau einer Mittelrheinbrücke Wissenschaftsverbände am 28. Oktober 2010 in Boppard
  15. www.rlp.de: Beck: Modellprojekt zur Bürgerbeteiligung bei Mittelrheinbrücke Abgerufen am 23. Februar 2011
  16. www.rhein-zeitung.de: Koalitionsvertrag - Den sozial-ökologischen Wandel gestalten. Abgerufen am 6. Mai 2011 (PDF)
  17. Rhein-Zeitung online: http://www.architekt-schieber.de/rs/rhein-zeitung-070705.jpg Keine Rheinbrücke in St. Goar (Artikel nicht mehr verfügbar)
  18. www.rhein-zeitung.de: Wirtschaft macht sich für Rheinbrücke stark Abgerufen am 13. März 2011

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