- Mlada Bosna
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Mlada Bosna (Junges Bosnien) war eine revolutionäre Vereinigung von Schülern und Studenten, die Anfang des 20. Jahrhunderts im von Österreich-Ungarn annektierten Bosnien-Herzegowina aktiv war. Die Organisation stand unter starkem Einfluss der serbischen Geheimorganisation "Crna ruka" (Schwarze Hand), die ab 1910 zahlreiche Attentate, darunter auch das Attentat von Sarajevo auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand plante.
Inhaltsverzeichnis
Ziele der Bewegung
Ziele von Mlada Bosna waren die revolutionäre Befreiung Bosnien-Herzegowinas von der österreich-ungarischen Besatzung und der Zusammenschluss südslawischer Provinzen Österreich-Ungarns mit Serbien und Montenegro und die Rücknahme der muslimischen Provinz Sandschak Novi Pazar. Mitglieder von Mlada Bosna kritisierten den Konservativismus und die Unbildung der Massen, riefen zum Widerstand gegen die autoritäre Machtstruktur und das jesuitische Schulwesen Österreich-Ungarns auf und vertraten die Gleichberechtigung von Frauen. Einen großen Einfluss auf die Bewegung hatten Giuseppe Mazzinis Junges Italien und Tomáš Garrigue Masaryk, darüber hinaus auch russische Revolutionäre wie Michail Alexandrowitsch Bakunin und Pjotr Alexejewitsch Kropotkin. Viele Mitglieder von Mlada Bosna waren literarisch interessiert und begabt. Der Schriftsteller und spätere Nobelpreisträger Ivo Andrić stand Mlada Bosna nahe und verkehrte persönlich mit Gavrilo Princip. Werke des Schriftstellers Petar Kočić und des Intellektuellen Vladimir Gaćinović waren von besonderer Bedeutung für die Bewegung. Der Begriff Mlada Bosna wurde erstmals 1907 in einem Zeitungsartikel Petar Kočićs erwähnt, setzte sich aber erst nach 1918 durch[1].
Geschichtlicher Hintergrund
Nach dem Bauernaufstand gegen die Osmanen 1875-1878, der in die Balkankrise mündete, wurde Bosnien-Herzegowina am Berliner Kongress 1878 von den Großmächten der österreichisch-ungarischen Verwaltung unterstellt. 1908 wurde es anlässlich des 60. Thronjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. annektiert und die Provinz Sandschak Novi Pazar zwischen Serbien und Montenegro geteilt, was die Bosnische Annexionskrise auslöste. Die Bosnier lehnten eine Besatzung Bosnien-Herzegowinas ab, und hätten eher einen Zusammenschluss mit den Königreichen Serbien und Montenegro oder die Bildung eines unabhängigen Staates vorgezogen. Die Beibehaltung des als ausbeuterisch empfundenen osmanischen Feudalsystems nach 1878, die Unmöglichkeit einer Teilnahme am politischen System der Monarchie und die Stellung Bosniens und der Herzegowina als k. und k. Kronkolonien trugen zum Unmut der ärmeren Bevölkerung bei. Die Provinzen dienten Österreich-Ungarn in erster Linie als Eisenbahn-Transitstrecke, Warenmarkt, Rohstofflager und Lieferanten billiger Arbeitskraft. 1910, nach rund 20 Jahren österreichisch-ungarischer Verwaltung, waren 88 % der Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina Analphabeten. Aufgrund von repressiven polizeilichen Maßnahmen war eine auf Reform oder Revolution ausgerichtete politische Betätigung nur im Geheimen möglich. Bosnischen Gymnasiasten, die sich politisch betätigten, drohte der Schulverweis.
Das Attentat von Sarajevo
Am 28. Juni 1914 wurde der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand, bei seinem angekündigten Besuch in Sarajevo von etwa zehn Mitgliedern von Mlada Bosna erwartet. Nachdem der Erzherzog einen ersten Anschlag unverletzt überstanden hatte, wurden er und seine Frau Sophie von Gavrilo Princip ermordet. Daraufhin stellte Österreich-Ungarn Serbien ein Ultimatum, dem Serbien nicht bedingungslos nachkam, was zur Julikrise von 1914 führte, die ihrerseits den Ersten Weltkrieg auslöste.
Rezeption in Jugoslawien
In Jugoslawien wurde Mlada Bosna als identitätsstiftende Bewegung verehrt und besonders unter Schülern und Studenten als fortschrittlich und vorbildlich propagiert. Das Gebäude, an dessen Ecke Princip seine Schüsse abgegeben hatte, wurde in ein Museum zu Ehren der Bewegung umgewidmet.
Literatur
- Vladimir Dedijer: Sarajevo 1914. Prosveta, Beograd 1966.
- Mustafa Spahic (1997: Povijest islama (Die Geschichte des Islams). Travnik: Borac
Einzelnachweise
- ↑ Hrsg.: Edgar Hösch, Karl Nehring, Holm Sundhaussen Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, Böhlau Verlag/UTB, 2004; S. 326f
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