- Snelliussches Brechungsgesetz
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Das snelliussche Brechungsgesetz, auch snelliussches Gesetz, Snell-Gesetz, oder vereinfacht Brechungsgesetz, besagt, dass eine Welle (z. B. ein Lichtstrahl) ihre Richtung ändert – man sagt gebrochen wird – wenn sie von einem transparenten Medium in ein anderes transparentes Medium auf Grund unterschiedlicher Materialeigenschaften (wie der Dichte) mit einer anderen Phasengeschwindigkeit übergeht. Das Gesetz gilt für alle Wellenarten. Es besagt nur, in welche Richtung die Welle abgelenkt wird, nicht aber, wie viel von der Welle an dem Übergang zwischen den beiden Medien transmittiert bzw. reflektiert wird. Im Fall der Totalreflexion ist das reelle Brechungsgesetz ungültig. Es muss dann komplex gerechnet werden. Wie viel Licht transmittiert bzw. reflektiert wird, ergibt sich aus den Fresnel-Formeln.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Brechung wurde von Ptolemäus in seiner 'Optik' beschrieben, sein Gesetz gilt aber nur für kleine Winkel. Das Brechungsgesetz wurde zum ersten Mal im 10. Jahrhundert von Ibn Sahl korrekt angegeben. 1601 wurde es von Thomas Harriot wiederentdeckt, aber nicht veröffentlicht. 1618 wurde es von dem Holländer Willebrord van Roijen Snell und fast zur gleichen Zeit von René Descartes beschrieben.
Beschreibung
Das nebenstehende Bild zeigt einen Lichtstrahl, der aus dem Medium1 (z. B. Luft) auf die Grenzfläche eines Mediums2 (z. B. Glas) einfällt. Er ist dabei um den Winkel δ1 gegen das Einfallslot geneigt. Ein Teil des Lichtstrahls wird an der Oberfläche reflektiert, der Rest tritt unter Richtungsänderung (Brechung) ein und läuft dort unter dem Winkel δ2 gegen das Lot weiter. Dieser Vorgang wird durch das Snell-Gesetz beschrieben.
Die Wellenfronten von Licht bewegen sich durch ein Medium mit einer Geschwindigkeit, die vom Brechungsindex des Mediums abhängt. Der Brechungsindex n gibt das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit c von Licht im Vakuum zur Phasengeschwindigkeit von Licht im Medium an.
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Dabei ist der Brechungsindex eine Materialeigenschaft des Mediums, die von der Frequenz des Lichts, der Polarisation, der Intensität und von der Richtung abhängen kann, in der das Licht das Medium durchquert.
Werden zwei parallel einfallende Lichtstrahlen an einer idealen Grenzfläche zweier Medien betrachtet, ergibt sich geometrisch für den zweiten Strahl eine zusätzliche Wegstrecke L1 = c1t im Medium 1 sowie für den ersten Lichtstrahl eine zusätzliche Wegstrecke L2 = c2t im Medium 2 (hierbei sind c1,2 die Ausbreitungsgeschwindigkeiten im jeweiligen Medium; t die zusätzliche Laufzeit). Über Winkelbeziehungen im rechtwinkligen Dreieck ergibt sich:
- bzw.
wobei δ1 bzw. δ2 der Einfalls- bzw. Brechungswinkel und der Abstand der beiden Lichtstrahlen ist.
Ersetzt man den Abstand in Medium 1 durch den Zusammenhang in Medium 2, ergibt sich:
Mit den Zusammenhängen für die Wegstrecke und der abhängigen Ausbreitungsgeschwindigkeit erhält man das Brechungsgesetz:
wobei n1 und n2 die Brechungsindizes der jeweiligen Medien sind.
Somit erhält man den in der Grafik rechts dargestellten Zusammenhang zwischen den Winkeln δ1 und δ2:
- .
Im allgemeinen wird der Eintritts- und Austrittswinkel von Strahlen immer vom Lot aus, dass auf der Grenzfläche steht, gezählt. Diese Winkel entsprechen den bei der Herleitung verwendeten Winkeln und damit ergibt sich das Brechungsgesetz in der konventionellen Form zu
- n1sin(δ1) = n2sin(δ2).
Für absorbierende Medien, für die der Brechungindex als komplexe Zahl definiert ist, kann das Brechungsgesetz in der einfachen Form im allgemeinen nicht angewendet werden. Dies funktioniert nur, wenn der Imaginärteil viel kleiner als der Realteil ist.[1]
Die Auffächerung von weißem Licht durch ein Prisma kann mit dem Brechungsgesetz unter Zunahme eines wellenlängenabhängigen Brechungsindex erklärt werden (siehe 3. Grafik rechts). In einem Prisma ist der Brechungsindex wellenlängenabhängig, was zu unterschiedlichen Austrittswinkeln der einzelnen Spektralkomponenten des weißen Lichts führt.
Herleitung aus dem fermatschen Prinzip
Das Brechungsgesetz ist eine Folgerung des fermatschen Prinzips, das besagt, dass der optische Weg zwischen zwei Punkten stationär (also minimal, maximal oder ein Sattelpunkt) sein muss. In diesem Falle gilt, dass der optische Weg wirklich minimal wird, da sich die Strahlengänge nicht kreuzen. Der Beweis berechnet den optischen Weg (OW) zwischen den Punkten A (im Medium 1) und B (im Medium 2) in Abhängigkeit von der Lage von x1. Der minimale optische Weg wird berechnet, indem dessen Ableitung null gesetzt wird.
Nach dem Satz des Pythagoras folgt:
Setzt man dessen Ableitung nach x1 null, erhält man
und daher n1sin(δ1) = n2sin(δ2), was der oben genannten Formulierung entspricht.
Veranschaulichungen
Deutung mit dem fermatschen Prinzip
Das Licht wählt den Weg, auf dem es am schnellsten von Punkt A zum Punkt B kommt. Ein Beispiel hierfür ist etwa der Rettungsschwimmer, der sich am Strand schneller fortbewegen kann als im Wasser. Welchen Weg muss er von A aus nehmen, um möglichst schnell bei dem in Not geratenen Schwimmer B anzukommen? Es ist nicht der direkte Weg von A nach B, da er dann sehr weit im langsameren Medium (Wasser) unterwegs ist. Es ist auch nicht der Weg, bei dem der Rettungsschwimmer senkrecht zum Strand in Richtung B schwimmt, da dann der Weg am Strand sehr lang ist. Der schnellste Weg liegt dazwischen.
Drehung der Wellenfront
Rettungsschwimmer bewegen sich am Strand schneller fort als im Wasser. Das hat zur Folge, dass die „Front“ von vier Rettungsschwimmern ihre Richtung ändert, wenn sie vom Strand ins Wasser kommen. Dies entspricht der Brechung einer Welle am optisch dichteren Medium.
Allerdings wird bemängelt, dass der Vergleich mit den Rettungsschwimmern hinkt, da sich zwar ihre „Front“ dreht, ihre Ausbreitungsrichtung aber nicht. Würde der Vergleich mit den Schwimmern auch für die Welle gelten, so würde die Welle eine Schräglage zur Ausbreitungsrichtung einnehmen.
Literatur
- Eugene Hecht: Optik. 4. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, ISBN 3486273590.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Torsten Fließbach: Elektrodynamik. Lehrbuch zur Theoretischen Physik II. 4. Auflage. Spektrum Verlag, 2004. ISBN 3-8274-1530-6 (Kapitel 36).
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