Jüdisches Museum Berlin

Jüdisches Museum Berlin
Luftbildaufnahme des Jüdischen Museums

Das Jüdische Museum Berlin ist ein Berliner Museum. Es zeigt dem Besucher zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte, die Höhe- und Tiefpunkte der Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland. Das Museum beherbergt eine Dauerausstellung, mehrere Wechselausstellungen, ein umfassendes Archiv, das Rafael Roth Learning Center und Forschungseinrichtungen. All diese Abteilungen dienen dazu, jüdische Kultur und jüdisch-deutsche Geschichte darzustellen.

Das Museumsgebäude in der Lindenstraße im Berliner Ortsteil Kreuzberg verbindet den barocken Altbau des Kollegienhauses (ehemaliger Sitz des Kammergerichts) mit einem Neubau. Dieser zickzackförmige Bau geht auf einen Entwurf des amerikanischen Architekten Daniel Libeskind zurück und soll an einen geborstenen Davidstern erinnern. Auf der anderen Seite der Lindenstraße wird seit 2011 eine Erweiterung des Museums in die ehemalige Blumengroßmarkthalle hineingebaut. Nach einem weiteren Entwurf von Libeskind werden dort Flächen für Bibliothek, Pädagogische Museumsarbeit und ein Garten unter Bewahrung der Außenhülle angelegt.[1] Die Umbaukosten von mehr als 11 Mio. Euro trägt mehrheitlich der Bund.[2]

Das Museum ist eine Stiftung öffentlichen Rechts in der Verantwortung des Bundes. Direktor ist W. Michael Blumenthal. Das Museum hatte seit der Eröffnung 2001 bis Mitte 2007 über vier Millionen Besucher. Mit rund 734.000 Besuchern im Jahr 2007 gehört es zu den meistbesuchten Museen Berlins.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung des Museums

Das Jüdische Museum entstand aus derJüdischen Abteilung des ehemaligen Berlin-Museums für Berliner Geschichte. 1989 gewann Daniel Libeskind mit seinem Entwurf den ersten Preis eines Architektenwettbewerbs für die Erweiterung des Berlin-Museums. 1992 wurde der Grundstein für den Neubau gelegt. Während der sich lange hinziehenden Bauphase gab es heftige Diskussionen über die Nutzung des Neubaus und die Stellung der Jüdischen Abteilung. Im Dezember 1997 bekam das Museum einen neuen Direktor, Werner Michael Blumenthal, der auf der Gründung eines eigenständigen jüdischen Museums im Altbau und im Neubau des Berlin-Museums und somit auf dessen Verlegung bestand. Am 1. Januar 1999 wurde das Jüdische Museum als Einrichtung des Landes Berlin gegründet. Schon zu diesem Zeitpunkt war der noch leere Neubau für Besucher geöffnet; er wurde mit dem Deutschen Architekturpreis 1999 gewürdigt. Unter der Leitung des neuseeländischen Projektdirektors Ken Gorbey wurde die Dauerausstellung des Jüdischen Museums in achtzehn Monaten entwickelt. Nach der feierlichen Gala-Eröffnung am 9. September 2001 war das Museum am 13. September 2001 für das Publikum zugänglich. Aufgrund der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September wurde der ursprünglich geplante Eröffnungstermin um zwei Tage verschoben. Der 14. Deutsche Bundestag verabschiedete 2001 das Gesetz zur Errichtung einer »Stiftung Jüdisches Museum Berlin«. Als bundesunmittelbare Stiftung ist das Museum eine eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts und Bestandteil der sogenannten mittelbaren Staatsverwaltung des Bundes. Cilly Kugelmann ist seit September 2002 Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin und Stellvertreterin des Direktors.[3]

Gebäude/Architektur

Das Jüdische Museum Berlin besteht im Wesentlichen aus zwei Gebäuden, dem barocken Altbau des Kollegienhauses und dem Neubau im Stil des Dekonstruktivismus von Daniel Libeskind. Beide Häuser haben keine oberirdisch sichtbare Verbindung, sondern sind nur durch das Untergeschoss miteinander verbunden. Oberirdisch an den Altbau ist ein weiterer Neubau angeschlossen, der als Gruppeneingang und Gruppengarderobe dient und auch einen Zugang zum Garten bietet. Von der Lindenstraße ist dieser Bau allerdings durch das große Hoftor verdeckt. Teile der Verwaltung und anderer Abteilungen sind zudem in umliegenden Bürogebäuden untergebracht. Im September 2007 eröffnete das Museum den neuen Glashof, der nach einem Entwurf von Daniel Libeskind entstand. Das Glasdach überspannt den großen Innenhof des barocken Altbaus.

Das Kollegienhaus

Kollegienhaus

Das Kollegienhaus wurde 1735 nach Plänen von Philipp Gerlach gebaut und beherbergte früher das preußische Kammergericht. Als dieses 1913 in den Neubau am Kleistpark verlegt wurde, brachte man hier das Konsistorium unter.

Im Zweiten Weltkrieg wurde es bis auf die Außenmauern zerstört. Zunächst war die vollständige Niederlegung für eine Autobahntangente (geplante A 106) vorgesehen. Erst 1963 bis 1969 erfolgte der Wiederaufbau. Bevor das Jüdische Museum das Haus bezog, war es Sitz des stadtgeschichtlichen Berlin-Museums.

Heute sind im Altbau der Eingangsbereich mit Kartenverkauf, Sicherheitskontrollen, Information, Garderobe und Restaurant sowie Sonderausstellungen, das Auditorium und Büros untergebracht.

Der Libeskind-Bau

Die Architektur des zickzackförmigen Neubaus zeichnet sich durch den Titan-Zink-Mantel, die ungewöhnlich geformten Fenster, die vielen spitzen Winkel in den Wänden, die schiefen Böden und den häufig sichtbaren Beton aus.

Durch den Eingangsbereich im Altbau gelangen Besucher über eine schwarze Schiefertreppe ins Untergeschoss des Neubaus, in dem sich die Hauptausstellung des Museums, weitere Sonderausstellungen und das Rafael Roth Learning Center befinden.

Die Achsen

Nach dem Betreten des Neubaus trifft man zunächst auf drei sich kreuzende schiefe „Achsen“: die Achse der Kontinuität, die an einer hohen, steilen zur Dauerausstellung führenden Treppe endet, die Achse des Exils und die Achse des Holocaust.

Garten des Exils

Außenansicht mit Garten des Exils

Die Achse des Exils führt aus dem Gebäude hinaus in den Garten des Exils, eine tiefer liegende quadratische Fläche, deren begrenzende Betonmauern die Sicht in die Umgebung verhindern. Im Garten des Exils stehen 49 sechs Meter hohe Betonstelen auf einem schiefen Grund, auf denen Ölweiden gepflanzt sind, da Ölbäume, die in der jüdischen Tradition Frieden und Hoffnung symbolisieren, das Klima nicht vertragen würden. Die Zahl 49 nimmt Bezug auf das Gründungsjahr des Staates Israel, 1948, während die 49. Stele in der Mitte für Berlin steht, sie ist mit Erde aus Jerusalem gefüllt. Des Weiteren ist die Zahl Sieben (7 × 7= 49) im Judentum eine heilige Zahl.

Man kann im Garten die Erfahrung des Exils hautnah erfahren. Der Besucher fühlt sich erst fremd, dann ist der Gang durch den Garten geprägt von Unsicherheit, denn aufgrund des schiefen Bodens gerät man leicht ins Taumeln und die Betonsäulen beschränken die Sicht ungemein. Im Frühsommer, während der Blütezeit der Ölweiden, wirkt der Garten aufgrund des starken unbekannten Duftes noch fremder.

Die Ähnlichkeit des Gartens des Exils mit dem Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas sorgte 1999 für Plagiatsvorwürfe von Libeskind gegen dessen Architekten Peter Eisenman; der Streit konnte jedoch beigelegt werden.

Holocaust-Turm

Holocaustturm

Die Achse des Holocaust endet am Holocaust-Turm. Dies ist ein dunkler, kalter, hoher Gedenkraum, in den nur durch eine Spalte in der Decke Tageslicht eindringt. Auf die meisten Menschen wirkt dieser Raum beklemmend und unfassbar. Der Raum hat jedoch nur symbolische Bedeutung und ist nicht etwa der Nachbau einer Gaskammer, wie viele Besucher denken. In etwa zweieinhalb Metern Höhe gibt es eine für Wartungsarbeiten angebrachte Leiter im Turm, die bis zur Decke führt. Nach Meinung mancher Besucher dient diese als Rettungsweg oder als Symbol für das Unerreichbare.

Die Voids

Im Museumsneubau gibt es mehrere auf einer gebrochenen Linie angeordnete sogenannte „Voids“, vollkommen leere Räume, die sich vom Keller bis zum obersten Geschoss erstrecken. Sie sind mit Ausnahme des „Memory Voids“ von der Dauerausstellung aus nicht begehbar, von manchen Stellen aus aber einsehbar. Sie sollen an die leeren Stellen erinnern, die der Holocaust in Deutschland hinterlassen hat.

Der Glashof

Nach einem 2005 errichteten Gruppeneingang bildet der Glashof nach dem Entwurf „Sukkah“ (hebräisch für Laubhütte) von Daniel Libeskind seit September 2007 die zweite bauliche Erweiterung des Museums. Ein Glasdach überspannt den 670 m² großen Innenhof des U-förmigen barocken Altbaus, dem ehemaligen Kollegienhaus, und wird von vier freistehenden Stützenbündeln aus Stahl getragen. Mit diesem Entwurf bezieht sich Daniel Libeskind auf das jüdische Laubhüttenfest Sukkot, einem frühen Erntedankfest, das seit der Zeit des Exils in Erinnerung daran gefeiert wird, dass die Israeliten während der Wüstenwanderung in Hütten gelebt haben. Mit dem Glashof gewinnt das Museum einen Veranstaltungsraum für rund 500 Personen. Er passt sich dem Altbau an, indem das Glasdach nur an wenigen Punkten mit dem Altbau konstruktiv verbunden ist und der Anschluss durch eine abgesetzte, niedrigere gläserne Fuge erfolgt. Neun Scheibentypen, die je zwei Mal gespiegelt zueinander in die Fronten eingebaut sind, erzeugen ein lebhaftes Relief der großen Oberfläche.

Die Ausstellung

Ständige Ausstellung – Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte

Die ständige Ausstellung des Museums informiert über zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte. Das schließt die religiöse Traditionen des aschkenasischen Judentums ein. Sie ist inzwischen in 15 Teile gegliedert:

  1. Die Anfänge
    Als Folge der Vertreibung aus Judäa gelangten Juden bereits als Händler mit den römischen Legionen in das heutige Deutschland. Es werden frühe Zeugnisse ihrer Anwesenheit gezeigt (z. B. Erlass des Kaisers Konstantin aus dem Jahr 321).
  2. Die mittelalterliche Welt von Aschkenas
    Die Zentren jüdischer Gelehrsamkeit in Westeuropa waren Speyer, Worms und Mainz. Christen und Juden lebten friedlich nebeneinander, bis Kreuzfahrer auf ihrem Weg nach Jerusalem erstmals tausende Juden ermordeten.
  3. Glikl bas Juda Leib
    Glikl bas Judah Leib, auch Glückel von Hameln (1646–1724), eine Geschäftsfrau, die ihre in Jiddisch geschriebenen Memoiren hinterließ und damit die erste erhaltene Autobiographie einer Frau in Deutschland schrieb. Die Frauenrechtlerin Bertha Pappenheim (1859–1936), eine entfernte Verwandte Glikls, übersetzte und veröffentlichte im Jahr 1910 deren Lebenserinnerungen ins Deutsche.
  4. Land- und Hofjuden
    Nach ihrer Vertreibung aus den großen Städten fanden Juden in den ländlichen Gebieten im Süden und Westen Deutschlands gegen Schutzgeld Zuflucht beim niederen Adel. Als sogenannte Hofjuden finanzierten einige den Geldbedarf verschwenderischer Herrscher und waren auch dadurch gefährdet.
  5. Moses Mendelssohn und die Aufklärung
    Als respektierter Philosoph setzte sich Moses Mendelssohn für Toleranz unter den Religionen ein.
  6. Tradition und Wandel
    Der religiöse jüdische Alltag war bis vor dem Zweiten Weltkrieg vielen deutschen Christen vertraut. Feste feierten alle am liebsten bei allen mit. Hier wird der Glaubensalltag erklärt.
  7. Im Schoße der Familie
    Im Verlauf des 19. Jahrhunderts passten sich einige Familien entsprechend ihrem materiellem Aufstieg der höheren Schulbildung ihrer bürgerlichen Umgebung an.
  8. Deutsche und Juden zugleich
    Toleranzedikte: 1871 wurden die Juden in Deutschland gleichberechtigte Staatsbürger. Doch gegen Ende des Jahrhunderts forderten „Antisemiten“ die Rücknahme der Emanzipation.
  9. Die Entstehung des modernen Judentums
    Mit der Aufklärungsbewegung an den Universitäten und Schulen begann die Suche nach modernen Formen des Judentums. Stichwörter sind Reformbewegung und Orthodoxie.
  10. Moderne und Urbanität
    Die Metropole Berlin wurde auch Zentrum jüdischen Erfolgs – Warenhäuser wie Wertheim und Tietz, im Verlagswesen Ullstein und Mosse. Arnold Schönberg, Max Reinhardt, Max Liebermann als Beispiele aus den Künsten
  11. Ost und West
    Einerseits Theodor Herzl (1860–1904) als Begründer des Zionismus, andrerseits die Idealisierung des osteuropäischen „Schtetl“.
  12. Deutsche Juden – jüdische Deutsche
    Auch deutsche Juden zogen selbstverständlich voller Enthusiasmus in den Ersten Weltkrieg. Nach dem Kriegsende gelang es Walther Rathenau (1867–1922) als Außenminister, in eines der höchsten Staatsämter aufzusteigen. Er wurde nach kurzer Amtszeit von Rechtsextremen ermordet. Das innenpolitische Klima beginnt, mit Schuldzuschreibungen zu kippen.
  13. Verfolgung – Widerstand – Vernichtung
    Auf die Diskriminierungen und Einschränkungen der Nazi-Zeit versuchte die jüdische Gemeinschaft beispielsweise mit der Einrichtung jüdischer Schulen und eigener Sozialfürsorge gemäß der Zedaka zu reagieren. Bis zum endgültigen Auswanderungsverbot im Oktober 1941 gelang es etwa der Hälfte der deutsch-jüdischen Bevölkerung, ihre Heimat zu verlassen. Es folgt der industriell betriebene Massenmord (Shoa).
  14. Die Gegenwart
    Nach dem Zweiten Weltkrieg warteten etwa 250.000 Juden in Lagern für „Displaced Persons“ in Deutschland auf ihre Emigration nach Übersee, darunter fast 50.000 Überlebende aus Konzentrationslagern und über 1500 Berliner Juden, die in Verstecken überlebten.
    Heute gibt es über 105.000 Mitglieder in Jüdischen Gemeinden. Viele kamen als deutschstämmige Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Der zögerliche Weg auch dieser Annäherung wird thematisiert.
  15. So einfach war das
    Ein neuer Raum in der Dauerausstellung beschäftigt sich mit jüdischer Kindheit in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit Kriegsende. 18 Geschichten und Fotos von 1947 bis in die frühen 1990er Jahre erinnern an Schlüsselerlebnisse.
Designer der Dauerausstellung

Die Ausstellung „Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte“ wurde von Klaus Würth und Petra Winderoll, Seefeld, gestaltet.

Die Multimedia-Präsentation „Vor tausend Jahren“ entstand in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt.

Der „digitale Talmud“ entstand in Zusammenarbeit mit Joachim Sauter, Professor an der Hochschule der Künste Berlin.

Rafael Roth Learning Center

20 Computerstationen für Einzelpersonen und Gruppen stehen auf knapp 500 Quadratmetern bereit, um über deutsch-jüdische Geschichte und Kultur zu informieren. Die Besucher können hier gezielt nach Antworten auf ihre Fragen suchen oder sich von dem multimedialen Angebot leiten lassen. Das Learning Center bietet neben einem Lexikon und dem digitalen Katalog des Museums spannende, interaktiv erzählte Geschichten. Sie berichten von historischen Ereignissen und Persönlichkeiten, aber auch vom Alltag, von Religion und Traditionen, erhellen Hintergründe und Zusammenhänge. Biografien damaliger Prominenz geben Einblicke unter der Überschrift „Ostjüdische Karrieren“ in die Lebenswelt der Einwanderer beispielsweise im Berliner Scheunenviertel, im Frankfurter Ostend oder in Essen.

Installation Shalechet – Gefallenes Laub

Detailaufnahme der Installation Shalechet

Die Installation Shalechet – Gefallenes Laub von Menashe Kadishman befindet sich im „Memory Void“, einem der „Voids“, der Leerstellen oder Hohlräume, die das Gebäude durchziehen. Es befindet sich im Erdgeschoss des Neubaus. Im Raum sind über 10.000 Gesichter aus Stahlblech unterschiedlicher Ausführungen auf dem Boden verteilt, die nicht nur an die im Holocaust ermordeten Juden erinnern sollen, sondern allen Opfern von Krieg und Gewalt gewidmet sind. Dem Besucher steht es dabei frei, darüber zu gehen. Wenn man sich dafür entscheidet, über die Gesichter zu laufen, so erzeugt dies metallische Klänge. Es ist nicht möglich, sich leise fortzubewegen. Dies ist jedoch die Absicht des Künstlers: Dadurch, dass man darüber geht, gibt man den Menschen ihre Stimme zurück.

Sonderausstellungen

Das Haus zeigt wechselnde Sonderausstellungen. Aktuelle und vergangene Sonderausstellungen sind auf der Website des Jüdischen Museums Berlin zu finden.

Die 2010 gezeigte Ausstellung „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“ ist die erste im öffentlichen Raum, die die gesamte Geschichte dieses kollektiven Verbrechens und seiner Folgen nach 1945 erzählt. Schirmherr der Ausstellung ist Bundespräsident Christian Wulff. Die künstlerische Leitung haben Jens Imig, Stefan Rothert, Birgit Schlegel in Kooperation mit der Gedenkstätten-Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Museums findet vom 16. September 2011 bis zum 29. Januar 2012 die Sonderausstellung „Heimatkunde mit Werken von dreißig Gegenwartskünstlern“ statt.

Der Besucherdienst

Die Besucher im Jüdischen Museum Berlin werden durch sogenannte „Hosts“ (engl. Gastgeber) betreut, deren Aufgabe neben dem Schutz der Objekte vor allem darin besteht, als erste Ansprechpartner den Besuchern mit Rat und Tat bei Seite zu stehen.Im Jahr 2006 entstand über den Besucherdienst im Jüdischen Museum eine Reportage mit dem Titel „Die Vermittler“, der unter anderem auf ARTE und in der ARD ausgestrahlt wurde.

Das Leo-Baeck-Archiv

Seit September 2001 gibt es in Berlin eine Außenstelle des Archivs des New Yorker Leo Baeck Institutes. Sie erschließt in Deutschland fast die gesamten Bestände dieses weltweit bedeutendsten Archivs zur deutsch-jüdischen Geschichte. Das Leo Baeck Institute in New York wurde 1955 mit Zweigstellen in Jerusalem und London vom Council of Jews from Germany mit dem Ziel gegründet, wissenschaftliche Forschung zur Geschichte der Juden im deutschsprachigen Raum seit der Zeit der Aufklärung zu betreiben, das dazu nötige Material zu sammeln und entsprechende Veröffentlichungen zu fördern. Das Archiv besitzt die umfassendste Sammlung von Materialien zur Geschichte der Juden in Deutschland, Österreich und anderen deutschsprachigen Gebieten in Mitteleuropa während der letzten 300 Jahre – darunter etwa eine Million Dokumente wie Gemeindeakten, persönliche Unterlagen, Briefwechsel, ein Fotoarchiv sowie vielfältige Zeugnisse aus dem religiösen, sozialen, kulturellen, intellektuellen, politischen und wirtschaftlichen Leben. Einmalig ist die Sammlung von mehr als 1200 Memoiren deutschsprachiger Juden (auch und besonders aus der Nach-NS-Zeit). In New York besteht eine bedeutende Kunstsammlung mit Werken bekannter deutsch-jüdischer Maler, Illustratoren und Architekten, sowie eine große Zahl von Zeichnungen von Insassen der Konzentrationslager.

on.tour – Das JMB macht Schule

Mit dem Projekt „on.tour – Das JMB macht Schule“, das 2007 gestartet wurde, möchte das Jüdische Museum Berlin noch mehr Jugendliche erreichen. Inzwischen hat „on.tour“ alle 16 Bundesländer zum Teil mehrmals bereist und neben 130 Schulen auch die Jugendstrafanstalt Berlin besucht. Im direkten Kontakt zu ihnen soll das Interesse und die Begeisterung für deutsch-jüdische Geschichte geweckt und die Fähigkeit zu vorurteilsfreiem und kritischem Denken gestärkt werden. Indem das Museum zu den Schulen fährt, will es Lehrer und Lehrerinnen darin bestärken, sich im Unterricht mit der deutsch-jüdischen Geschichte zu beschäftigen – über die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus hinaus. Ein weiteres Ziel von „on.tour – Das JMB macht Schule“ formulierte W. Michael Blumenthal, Direktor des Jüdischen Museums Berlin: „Jeder Schüler und jede Schülerin in Deutschland sollte das Jüdische Museum Berlin mindestens einmal besucht haben, bevor sie die Schule beenden.“

Die mobile Ausstellung wird auf dem Schulhof oder im Schulgebäude aufgebaut. Fünf robuste und flexibel einsetzbare Ausstellungswürfel mit 16 Vitrinen und leicht verständlichen Texttafeln geben Einblick in die jüdische Geschichte und Lebenswelt. Anhand von Alltagsgegenständen und Zeremonialobjekten werden die Themen „Jüdischer Alltag“, „Leben und Überleben“, „Chancen und Diskriminierung“ und „Feste feiern“ vorgestellt. So verweisen beispielsweise koschere Gummibärchen, die mit dem Stempel des Rabbinats versehen sind, auf die jüdischen Speisegesetze. Das Spannungsfeld im 19. Jahrhundert zwischen dem Wunsch nach Anerkennung und Chancengleichheit einerseits, Berufsverboten und Diskriminierungen andererseits wird beispielhaft an den Lebensgeschichten des Kondomfabrikanten Julius Fromm und des berühmten Physikers und Weltbürgers Albert Einstein deutlich. Die Verknüpfung der deutsch-jüdischen Geschichte mit der Lebenswelt der Schüler soll auch Lust auf einen Besuch des Jüdischen Museums Berlin machen.

Sonstiges

Die Buchreihe Zeitzeugnisse, herausgegeben vom Jüdischen Museum Berlin, ist im DuMont Buchverlag erschienen.

Durch die Dauerausstellung werden Führungen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und in verschiedenen Sprachen angeboten. Themen sind beispielsweise das Mittelalter, Musik, jüdische Traditionen, Emanzipation, Architekturbetrachtungen und die jüdische Frauenbewegung.

Das Restaurant „Liebermanns“ bietet den Museumsbesuchern Speisen und Getränke an. In der Mitte der Dauerausstellung gibt es eine Cafeteria.

Seit 2002 ehrt das Jüdische Museum Berlin Persönlichkeiten, die sich auf herausragende Weise um Verständigung und Toleranz verdient gemacht haben, mit dem Preis für Verständigung und Toleranz.[4]

Siehe auch

Literatur

Zur Ausstellung
  • Stiftung Jüdisches Museum Berlin: Geschichten einer Ausstellung – Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte. Berlin, 2005, ISBN 3-8321-7535-0 (Ausstellungskatalog).
Zum Gebäude

Weblinks

 Commons: Jüdisches Museum Berlin – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Quellen

  1. Weixin Zha: Grüner Garten in Betonhalle, taz, 10. Aug.2011
  2. http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article1805870/Eine-Piazza-fuer-ganz-Berlin.html
  3. JMB: Direktion
  4. JMB: Preis für Verständigung und Toleranz
52.50138888888913.395555555556

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