3. Welt

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Weltkarte aller Entwicklungsländer (Stand: 2008)

Der Begriff Dritte Welt (von frz. tiers-monde) wurde geprägt vom französischen Demographen Alfred Sauvy, der in seinem Artikel Trois mondes, une planète im L'Observateur vom 14. August 1952 den Ausdruck analog zum Dritten Stand (frz. tiers-état) entwickelte. Als Frantz Fanon in seiner 1961 veröffentlichen Schrift „Die Verdammten dieser Erde“ die Dritte Welt mit der kolonialisierten, unterentwickelten Welt gleichsetzte und den Begriff in den internationalen Sprachgebrauch einführte, war er zumindest im französischen Sprachraum bereits gebräuchlich. Ursprünglich bezeichnete Dritte Welt die blockfreien Staaten, die sich abgrenzend vom Ost-West-Konflikt dritter Block nannten; heute jedoch wird der Begriff häufig als Synonym für die Entwicklungsländer benutzt.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Die Dritte Welt umfasst eine Gruppe von ca. 130 wirtschaftlich unterentwickelten Staaten, die sich vorwiegend auf der Südhalbkugel unserer Erde befinden und Defizite im Bereich der Gesundheit, der Bildung, des Sozialwesens, der Infrastruktur sowie in der Politik aufweisen. Diese Staaten werden als Entwicklungsländer bezeichnet und umfassen ca. 76% der Weltbevölkerung. Im Gegensatz zu den industriell hoch entwickelten Industriestaaten zeichnen sich diese Randgebiete als wirtschaftlich unterentwickelt mit langsamem Fortschritt im Bereich der Industrie aus. Der Oberbegriff Dritte Welt unterstellt den Entwicklungsländern gewisse Gemeinsamkeiten, obwohl diese Länder untereinander sehr verschieden sind. Bei genauerem Betrachten kann man erkennen, dass sich die so genannten Dritte-Welt-Länder durch unzählige Merkmale unterscheiden, wie zum Beispiel nach dem Entwicklungsstand, der Wachstumsrate und der Bevölkerungszahl. Diese Unterschiede lassen sich anhand der zwei Teilgruppen der Dritten Welt besonders hervorheben. Die Gruppen werden als die Vierte Welt und die Schwellenländer bezeichnet.[1]

Grenzen der Dritten Welt

Die Vierte Welt

Die Vierte Welt (engl.: Least Developed Countries) umfasst mehr als 40 Länder, insbesondere die Staaten des afrikanischen Kontinents, welche im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern durch ihre enorme Unterentwicklung und Armut gekennzeichnet sind. Hinsichtlich ihrer Rohstoffe, ihres Kapitals und ihres Exports sind diese Länder, wie zum Beispiel Haiti, auf Entwicklungshilfe angewiesen und haben somit ungenügende Voraussetzungen für ein Wirtschaftswachstum. Die zudem notwendigen Nahrungsmittelimporte wirken sich immer negativer auf die schon bestehende hohe Auslandsverschuldung aus und diese stellt wiederum eine Blockade für benötigte Auslandskredite dar. Es ist ein ständiger Kreislauf, der nie zu enden droht.

Die Schwellenländer

Die Schwellenländer (engl.: “Newly Industrialized Countries“) bezeichnen die Entwicklungsländer, welche aufgrund ihrer schnellen industriellen Ausbreitung ein hohes Wirtschaftswachstum aufweisen. Zu diesen Ländern gehören zum Beispiel Brasilien, China und Singapur. Die Wirtschaft dieser Länder konzentriert sich sehr stark auf den Export, da in den Schwellenländern eine Eigenproduktion von Industriegütern stattfindet. Währenddessen die Schwellenländer den Sprung zum Industriestaat fast geschafft haben, bleibt die wirtschaftliche Entwicklung in vielen afrikanischen Ländern gleich, beziehungsweise ist sie rückläufig.

Begriff

Ursprung

  • Der Ursprung des Begriffs kommt aus dem Französischem „Tiers Monde“ und heißt übersetzt Dritte Welt. Alfred Sauvy entwickelte 1952 in seinem Bericht „Trois mondes, une planète“ (Drei Welten, Ein Planet) den Ausdruck analog zum Dritten Stand (franz.: tiers-état).
  • International tauchte der Begriff erstmals 1961 in der Schrift „Die Verdammten dieser Erde“ von Frantz Fanon auf, worin er die Dritte Welt als kolonisierte, unterdrückte und unterentwickelte Welt beschrieb. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges befanden sich viele Dritte-Welt-Staaten in Kolonien und wurden über einen sehr langen Zeitraum von den Kolonialmächten ausgebeutet, woraus besonders die Defizite im Wirtschaftsbereich dieser Staaten resultieren.
  • Des Weiteren ist die Bedeutung des Begriffs zurückzuführen auf die Entwicklungstheorien. Die Gemeinsamkeit dieser Theorien steckt in der Definition der Dritten Welt als Einheit, ohne die Verschiedenheit der einzelnen Staaten zu betrachten. Viele marxistische Konzepte verurteilen die Dritte-Welt-Staaten als wirtschaftlich zurückgeblieben.

Kalter Krieg - Bewegung der Blockfreien Staaten

Mitglieder (dunkelblau) und Beobachter (hellblau) der Bewegung der blockfreien Staaten (Stand: 2005)

Eine weitere Erklärung des Ausdrucks Dritte Welt stammt aus der Zeit des Kalten Krieges um 1950. Während des Krieges standen sich zwei Machtblöcke gegenüber. Auf der einen Seite standen die Staaten unter der Führung der USA, die westlichen Industriestaaten, umgangssprachlich auch die kapitalistische „Erste Welt“ genannt und auf der anderen Seite die östlichen Industriestaaten unter der Führung der Sowjetunion, welche auch als kommunistische „Zweite Welt“ bezeichnet wird. Mit dem sich ausbreitenden Ost-West-Gegensatz nach Ende des Zweiten Weltkrieges benannten sich 1955 die afroasiatischen Länder der Bandung-Konferenz Dritte Welt bzw. dritter Block, um deutlich zu machen, dass sie gewillt waren – neben dem Westblock als der Ersten Welt und dem Ostblock als der Zweiten Welt –, einen „dritten Weg“ der Blockfreiheit zu beschreiten. Die Länder Lateinamerikas, die seit 1947 im Rahmen des Rio-Paktes an den Westen gebunden waren, schlossen sich dieser Gruppe der blockfreien Staaten nicht an. Die „Blockfreien Staaten“ vertraten 55% der Weltbevölkerung, unter anderem Indien, Ägypten, Indonesien und Jugoslawien und erhielten den Namen Dritte Welt. Ihr gemeinsamer Wunsch nach Unabhängigkeit gegenüber den westlichen und kommunistischen Ländern prägte den Begriff eher politisch.

Gruppe der 77

Das enge blockpolitische Verständnis von Dritter Welt weichte schon Anfang der 1960er Jahre auf, weil der Begriff Blockfreiheit von verschiedenen Ländern nahezu beliebig interpretiert wurde. Außerdem kam die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu den Militärblöcken hinzu. Seit der ersten UNCTAD-Konferenz im Jahre 1964 schließt der Begriff Dritte Welt die Länder der Gruppe der 77 ein, zu denen sich dann auch die Länder der Dekolonialisierung gesellten. Die Gruppe der 77 tritt als eine Art Gewerkschaft der Dritten Welt auf, stellte aber von Anfang an eine höchst divergente Gruppe dar, angefangen von der Größe und den wirtschaftlichen Ressourcen der Länder über die verschiedenen politischen Regime bis hin zu den Entwicklungsstilen. Trotz aller Unterschiede versuchte man, gemeinsam gegenüber den Industrieländern aufzutreten und mit der Forderung nach einer Neuen Weltwirtschaftsordnung politischen Einfluss auszuüben. Aufgrund unterschiedlicher Situationen der einzelnen Regionen im Bereich Wirtschaft, Kultur, Historik und Politik schaffte es die Gruppe nicht, sich politisch zu einigen. Der Verband erkannte die Unterschiede der Entwicklungsmerkmale und erlangte Erkenntnis über die Interessengegensätze der einzelnen Regionen. 1973/74 gelang es dem Kartell der OPEC-Länder, mit seiner Preispolitik eine Führungsrolle der Entwicklungsländer im Streben nach einer Umverteilung der Ressourcen im Weltmaßstab zu gewinnen. Doch dies führte letztendlich zu Differenzierungen und Gruppenbildungen der erdölproduzierenden und der energieabhängigen Länder.

Umdeutung des Begriffes

Da die Begriffe „Erste Welt“ und „Zweite Welt“ an Popularität verloren und der Ost-West-Konflikt nachließ, wandelte sich die Bedeutung von „Dritte Welt“ von der ursprünglichen Blockfreiheit der bezeichneten Staaten hin zum Synonym für Entwicklungsland. Heute wird daher der Begriff „Dritte Welt“ meistens dann benutzt, wenn Entwicklungsländer bezeichnet werden sollen.

Das Ende der Dritten Welt

Zum Ende des Kalten Krieges verschwand die Zweite Welt und löste somit den Kampf der Blöcke auf. Die Blockfreiheit fand daher auch keine Bedeutung mehr für die Dritte Welt.

Als einziges gemeinsames Kriterium der Dritte-Welt-Staaten blieb die Unterentwicklung gegenüber den Industriestaaten. Unterschiedliche Entwicklungstheorien die von einem globalen Nord-Süd-Konflikt ausgehen, führen zu enormen Auseinandersetzungen über die Verschiedenheit in der Dritten Welt.

Es lässt sich vermuten, dass der Ausdruck bloß eine Fantasiewelt in den Köpfen der industrialisierten Menschheit darstellt, welche alle Strukturen und Entwicklungsmerkmale der ärmsten Länder auf der Erde zusammenfasst. Das „Verschwinden“ des Begriffs weist auf diese Inhomogenität der Länder hin, wodurch Kritiker es nicht für sinnvoll halten alle Entwicklungsländer mit einem Begriff unter einen Hut zu stecken. Um den verschiedenen Staaten gerecht zu werden, kann es keine allumfassende Theorie geben, die das Ziel der Entfaltung zur modernen Industrienation verfolgt. Es muss demnach versucht werden, die Dritte-Welt-Staaten hinsichtlich Ihrer Entwicklung einzeln zu betrachten und die Kritik am Fortschrittsglaube fallen zu lassen, damit sie nicht weiter von den globalen wirtschaftlichen Veränderungen abgegrenzt werden und zunehmend verarmen. Nur so könnten diese Nationen mit allen anderen Staaten der Erde zu „Einer Welt“ vereint werden.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Franz Nuscheler: Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 1991, S.48 f.
  2. A. Boeckh: Entwicklungstheorien: Eine Rückschau, In: Dieter Nohlen Franz Nuscheler: Handbuch der Dritten Welt, Bonn 1992

Literatur

  • Joachim Betz, Stefan Brüne: Jahrbuch Dritte Welt 1995. C. H. Beck Verlag, München 1994, ISBN 978-3406374692.
  • Dieter Nohlen, Franz Nuscheler: Handbuch der Dritten Welt. 8 Bände. Karl Dietz Verlag, Berlin/Bonn 1992–1994, ab ISBN 978-3801202019.
  • Rudolf Wendorff: Dritte Welt und westliche Zivilisation. Grundprobleme der Entwicklungspolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 1984, ISBN 978-3531117225.
  • Reinhard Marx, Franz Josef Stegmann: Marktwirtschaft für die „Dritte Welt“?. Bochum 1992.
  • Bernd Stöver: Der Kalte Krieg. 3. Auflage. C. H. Beck Verlag, München 2006, ISBN 978-3406480140.
  • Dieter Nohlen: Lexikon Dritte Welt. Rowohlt Verlag, Reinbek 2002, ISBN 978-3499614682.

Weblinks


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