- Ost-West-Konflikt
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Der Kalte Krieg war ein Konflikt zwischen den Westmächten unter Führung der USA und dem Ostblock unter Führung der Sowjetunion, den diese von 1945 bis 1990 mit allen verfügbaren Mitteln, aber unterhalb der Schwelle eines offenen (das heißt „heißen“) Krieges austrugen. Dabei wurden jahrzehntelang auf beiden Seiten ökonomische, politische, propagandistische und militärische Anstrengungen unternommen, bis hin zu Stellvertreterkriegen, um den Einfluss des anderen Lagers weltweit einzudämmen oder zurückzudrängen.
Der Konkurrenzkampf beider Systeme zeigte sich vor allem an ihrem Wettrüsten, aber auch an Entwicklungen in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, so an den Raumfahrtprogrammen beider Supermächte.
Überblick
Der Kalte Krieg war die Hochphase eines Weltkonflikts, der 1917 mit der russischen Oktoberrevolution unter Lenins Führung begann, den Russischen Bürgerkrieg nach sich zog, an dem westliche Kräfte auf gegenrevolutionärer Seite teilnahmen, und der sich in den zwanziger und dreißiger Jahren durch den Revolutionsexport der Kommunistischen Internationale fortgesetzt hatte. Die Anti-Hitler-Koalition seit 1941 überdeckte den Konflikt zeitweise. In der Nachkriegszeit traten die unterschiedlichen Ziele und Interessen der Supermächte bei der Neuordnung der Welt hervor und führten zur Teilung Europas in zwei feindliche Machtblöcke mit zugehörigen Militärbündnissen: der NATO und den Staaten des Warschauer Paktes. Deren Ausdehnung entsprach weitgehend der militärischen Präsenz der US-Truppen und der Roten Armee 1945. In Südostasien schufen die USA mit der SEATO ein ähnliches Bündnis.
Die Bündnissysteme standen sich hochgerüstet gegenüber und prägten jahrzehntelang eine „bipolare Welt“ mit unvereinbaren Ideologien und Politikkonzepten, die sich gegeneinander definierten. Aus westlicher Sicht standen dabei „Freiheit und Demokratie“ gegen „totalitäre Diktatur“ sowie „Marktwirtschaft“ gegen „Planwirtschaft“. Aus östlicher Sicht stand die von der Staatspartei geleitete „allseitige Entfaltung der sozialistischen Persönlichkeit“ im Übergang zum Kommunismus gegen das „Wolfsgesetz der systematischen Ausbeutung“ im „imperialistischen“ Kapitalismus. Diese Situation bezeichnete der US-amerikanische Journalist Walter Lippmann 1947 erstmals mit dem Ausdruck cold war (Kalter Krieg), den er von Bernard Baruch gehört hatte.
Die Supermächte vermieden zwar den offenen Krieg mit Waffeneinsatz gegeneinander, betrieben aber seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ein beispielloses, auch atomares Wettrüsten. Die wechselseitige Androhung des Atomkriegs unter dem Begriff Abschreckung beschwor erstmals die mögliche Selbstauslöschung der Menschheit herauf. Der Interessenkonflikt drohte mehrmals militärisch zu eskalieren: in der Berlin-Blockade 1948, während des Korea-Kriegs 1950 und besonders in der Kuba-Krise 1962.
Danach regulierten die USA und die UdSSR den Konflikt zwar durch Krisendialog und bilaterale Rüstungskontrolle, setzten aber das Wettrüsten und den Kampf um Einflusszonen unvermindert auch militärisch fort. So waren die USA im Vietnamkrieg, die Sowjetunion im Afghanistankrieg mit eigenen Truppen direkt beteiligt, während der Rivale die Gegenseite mit Geld, Waffen, Logistik und Informationen unterstützte. Zudem unterstützten beide Supermächte zahlreiche Bürgerkriege und bewaffnete Konflikte in Afrika, Mittel- und Südamerika, wahlweise Rebellengruppen gegen ihnen nicht genehme Regierungen oder umgekehrt.
Besonders deutlich zeigte sich der Kalte Krieg in der Spaltung Deutschlands und Europas entlang des „Eisernen Vorhangs“ durch Europa, ähnlich auch an der bis heute bestehenden Teilung Koreas entlang des 38. Breitengrads. Die 1949 gegründeten beiden deutschen Staaten standen bis zur Wende in der DDR in einem besonders prekären Verhältnis zueinander. Die Bundesrepublik Deutschland erkannte die Deutsche Demokratische Republik bis zur „neuen Ostpolitik“ unter Bundeskanzler Willy Brandt nicht als Staat an und unterhielt auch nach dem Grundlagenvertrag 1972 offiziell keine Botschaft, sondern eine „Ständige Vertretung“. Dagegen bezeichnete die DDR Ost-Berlin als „Hauptstadt der DDR“, obwohl dies den Viermächte-Status von ganz Berlin verletzte.
Auch Geheimdienstliche Aktionen wie Spionage, verdeckte Operationen, gezielte Desinformation und Propaganda, Sabotage, Geiselnahmen und sogar Morde an missliebigen Personen kennzeichneten den Kalten Krieg sowohl zwischen den Supermächten als auch ihren Verbündeten. Man weiß heute, dass die DDR terroristische und separatistische Gruppen in Westeuropa logistisch und finanziell unterstützte. Die von der CIA und anderen westlichen Geheimdiensten aufgebaute Organisation Gladio führte illegale und terroristische Aktionen in Westeuropa so durch, dass sie dem politischen Gegner angelastet werden konnten. Die CIA bildete Todesschwadronen in Lateinamerika u. a. in physisch nicht nachprüfbaren Foltermethoden aus und unterstützte über befreundete Dienste die afghanischen Warlords.
Erst mit dem schleichenden Zusammenbruch der Wirtschaft im Ostblock und dem Führungswechsel im Kreml 1985 eröffneten sich ernsthafte Chancen zu militärischer Abrüstung und politischer Annäherung der Blöcke. Michail Gorbatschows Verzicht auf die Breschnew-Doktrin zog ab 1989 die Selbstbestimmung der Völker Mittelosteuropas, den Zerfall des Ostblocks und 1991 die Auflösung der Sowjetunion nach sich. Damit endete der Kalte Krieg.
Der Rüstungswettlauf trieb die technologische Entwicklung auch in zivilen Bereichen wie Raumfahrt- und Raketentechnik fortlaufend voran. Auch die Entwicklung von B- und C-Waffen schuf neue Forschungsfelder in Biologie und Chemie. Für die heutige Elektronik, Computertechnik und den gegenwärtigen Flugzeugbau hat der Kalte Krieg die Weichen gestellt.
Vorgeschichte 1917 bis 1940
1917 ergriffen in großen Teilen des europäischen Russlands die Bolschewiki unter Führung Lenins im Zuge der Oktoberrevolution die Macht. Eine Reihe von Mächten, darunter die USA versuchten erfolglos mit Interventionstruppen das Entstehen eines Regimes zu verhindern, dass die kommunistische Weltrevolution predigte.
Erst 1933 erkannten die USA die Sowjetunion (oder UdSSR, so der Name seit 1922) an. Ab 1934 versuchte die geopolitisch isolierte UdSSR sich den europäischen Demokratien anzunähern, was aber wegen der ablehnenden Haltung Frankreichs und Großbritanniens nicht gelang.
Um sich vor einer Bedrohung durch das Dritte Reich abzusichern und eigene Eroberungspläne bezüglich Polens, des Baltikums und Finnlands umsetzen zu können, schloss die sowjetische Führung im Jahre 1939 unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkriegs einen Nichtangriffspakt mit Deutschland, bekannt als Hitler-Stalin-Pakt. In der Zeit, als die Sowjetunion Hitlers Verbündeter war, eroberte sie durch Drohungen die drei baltischen Staaten, presste Rumänien die nach dem Ersten Weltkrieg abgetretenen Gebiete wieder ab und versuchte Finnland zu erobern. Der Winterkrieg ermöglichte aber nur die Annexion einiger Grenzgebiete Finnlands.
Anti-Hitler-Koalition und Blockkonfrontation
Nachdem Adolf Hitler die UdSSR mit der Wehrmacht und Truppen aus verbündeten Staaten am 22. Juni 1941 angegriffen hatte, wechselte sie zur sogenannten Anti-Hitler-Koalition über und kämpfte gemeinsam mit den westlichen Alliierten gegen Deutschland und dessen Verbündete in Europa; seit 1945 auch gegen Japan. Das Verhältnis zwischen Josef Stalin und dem damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt war relativ entspannt, da Roosevelt sich Hoffnungen auf eine Zusammenarbeit auch nach dem Krieg machte. Die UdSSR wurde mit Kriegsmaterial beliefert (Lend-Lease-Abkommen) und im Luftkrieg strategisch unterstützt.
Stalin hat 1944 im Baltikum bereits zum Teil gewaltsam kommunistische Regierungen eingesetzt. In Griechenland kam es zum Bürgerkrieg, in Italien und Frankreich gab es starke kommunistische Gruppen. In letztgenannten Ländern aber konnten die Kommunisten sich nicht auf die Rote Armee stützen.
Auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 zeigten sich erste Risse in der Anti-Hitler-Koalition: Roosevelt lehnte angesichts der sich abzeichnenden sowjetischen Vorherrschaft in Osteuropa konkrete Vereinbarungen mit der UdSSR für die Nachkriegszeit ab. Daraufhin änderte Stalin seinen Kurs und ging verstärkt daran, sowjetische Sicherheitsinteressen in den von ihm kontrollierten Gebieten ohne Rücksprache mit den Westalliierten durchzusetzen.
Nach Roosevelts Tod am 12. April 1945 zerbrach die sogenannte Anti-Hitler-Koalition. Unter seinem Nachfolger Harry S. Truman war das Ziel der Westmächte, die kommunistische Ausbreitung in Europa nach dem Sieg über das Deutsche Reich zu verhindern. Als er auf der Konferenz von Potsdam vom ersten erfolgreichen Test einer Atombombe (16. Juli 1945) erfuhr, gab er den Befehl für den Einsatz der ersten Atombomben. Diese wurden am 6. August auf Hiroshima, am 9. August auf Nagasaki abgeworfen. Sie sollten die bedingungslose Kapitulation Japans beschleunigen. Die Abwürfe waren u. a. nach Ansicht des US-Historikers David Horowitz auch eine gezielte Machtdemonstration an die UdSSR für die Nachkriegszeit und sollten ihrem weiteren Vorrücken in Ostasien zuvorkommen.
Das Bekanntwerden massiver Spionageaktivitäten der Sowjetunion in Großbritannien, den USA und Kanada durch Dokumente des übergelaufenen Kryptographen Igor Gouzenko bewirkte im Jahr 1945 zusätzlich eine deutlich konfliktfreudigere Haltung des Westens. Seit der Nachkriegskonferenz in London stützten sich die USA dann auch politisch gegenüber der UdSSR auf ihre wirtschaftliche Überlegenheit und auf ihr Atomwaffenmonopol, das bis 1949 bestand. In ihrer Außenpolitik begünstigten sie den westeuropäischen Wiederaufbau- und Einigungsprozess auf der Basis privatwirtschaftlicher und parlamentarischer Strukturen. In der Außenhandelspolitik zielten sie auf offene Märkte und die Durchsetzung des US-Dollars als Weltleitwährung. Die UdSSR wiederum wollte ihre vorgelagerte Sicherheitssphäre in Mittelost- und Osteuropa festigen, was von der US-Administration mit einer antikommunistischen Eindämmungsstrategie (Containment-Politik) beantwortet wurde.
Auch Deutschlands Nachkriegsordnung war in Potsdam umstritten. Das Potsdamer Abkommen enthielt zwar allgemeine Vereinbarungen über die künftige gemeinsame Verwaltung der Siegermächte und formulierte Grundsätze wie Demilitarisierung, Entnazifizierung und Demokratisierung, die aber je nach politischer Interessenlage unterschiedlich ausgelegt werden konnten und ausgelegt wurden. Damit war der weitere Konflikt vorbestimmt. Das gegenseitige Misstrauen wuchs, als mit der Irankrise 1946 und im Hinblick auf die politische Entwicklung der Türkei weitere Konfliktherde hinzukamen. Wie Geheimdokumente des Pentagon von 1950 zeigen, ging es den USA schon früh auch darum, Mittelost- und Osteuropa unter westlichen Einfluss zu bringen und die UdSSR durch Aufrüstung zu destabilisieren.
Mit der Truman-Doktrin 1947, in der der US-Präsident ankündigte, „alle freien Völker zu unterstützen, die sich der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch Druck von außen widersetzen“, gingen die USA unmissverständlich auf antikommunistischen und antisowjetischen Kurs. Anlass dafür war die Situation in Griechenland und der Türkei, die keine kommunistischen Regime erhalten sollten. Den Anstoß für die in der Truman-Doktrin demonstrativ vollzogene außenpolitische Wende hatte das long telegram des amerikanischen Diplomaten George F. Kennan gegeben, der aufgrund seiner Beobachtungen in Moskau jedes politische Arrangement mit der UdSSR ablehnte.
Der Marshall-Plan bot allen europäischen Staaten, auch der UdSSR, Unterstützung beim Wiederaufbau an. Die Verhandlungen dazu in Paris brach diese jedoch ab, da die USA politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorgaben, die für die UdSSR mit ihrer staatskapitalistisch organisierten Wirtschaft inakzeptabel waren. Die osteuropäischen Staaten unter sowjetischer Vorherrschaft mussten auf amerikanische Wirtschaftshilfe verzichten und wurden ökonomisch eng an die UdSSR gebunden.
1948/1949 führten die Westalliierten ohne Absprache mit der UdSSR eine Währungsreform in ihren Besatzungszonen Deutschlands und in den Westsektoren Berlins durch. Die UdSSR betrachtete dies als Bruch der Potsdamer Konferenzbeschlüsse, wonach Deutschland als politische und wirtschaftliche Einheit zu wahren war, und antwortete mit der Berlin-Blockade, einer totalen Wirtschafts- und Handelsblockade der Berliner Westsektoren. Diese sollten von der Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen abgeschnitten werden, um ihre Unterstellung unter sowjetische Kontrolle oder anderweitige politische Zugeständnisse zu erzwingen. Das verhinderte der Westen mit der Berliner Luftbrücke. Dieser erste Höhepunkt des Kalten Krieges verstärkte die westliche Furcht vor einer sowjetischen Expansion in Europa.
1949 wurden die drei Westzonen zur Bundesrepublik Deutschland vereint und das westliche Militärbündnis NATO gegründet. Die UdSSR zogen mit der bereits vorbereiteten Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gleich. Damit war die Teilung Deutschlands und Europas besiegelt und die bipolare Weltordnung zementiert. Auch wirtschaftlich festigte sich die Teilung mit der für die Koordination der Marshallplan-Hilfen 1948 gegründeten OEEC und mit der ab 1952 bestehenden Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl im Westen sowie mit der Bildung des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW/COMECON) im Osten. Die wichtigsten westlich orientierten Staaten praktizierten seit 1950 gegen die Ostblockstaaten das COCOM-Embargo für Hochtechnologie und Rüstungsgüter.
Ebenfalls 1949 zündete die UdSSR ihre erste Atombombe; in China gelangten die Kommunisten unter Mao Zedong an die Macht. Daraufhin verstärkten die USA ihre Eindämmungspolitik: Sie erkannten die neue chinesische Regierung nicht an, verweigerten der Volksrepublik China die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen und unterstützten Japans Entwicklung zu einem antikommunistischen Gegenpol. Ihre auch für die NATO verbindliche Militärstrategie basierte bis 1954 auf der Drohung mit „massiver Vergeltung“ (massive retaliation) „an Orten und mit Mitteln eigener Wahl“ für jeden nicht näher definierten kommunistischen Expansionsversuch. Damit verfolgten die USA nun offen eine Politik des roll back, d.h. ein Zurückdrängen des Staatskommunismus in Eurasien.
Koreakrieg und Kubakrise
1950 eskalierte der Kalte Krieg in Nordostasien zum Koreakrieg, einem Stellvertreterkrieg vor allem zwischen den USA, die Südkorea unterstützten, und der VR China, die Nordkorea unterstützte. Vorausgegangen war 1949 der Abzug der sowjetischen Truppen aus Nordkorea und der US-Truppen aus Südkorea; beide Siegermächte des Zweiten Weltkriegs hatten das Land nach der Kapitulation Japans entlang dem 38. Breitengrad geteilt. Nun wollte der nordkoreanische Diktator Kim Il-sung den südkoreanischen Diktator Syngman Rhee verdrängen und Korea unter seiner Führung vereinigen.
Nordkoreanische Truppen überschritten die Grenze und besetzten große Teile Südkoreas. Die USA intervenierten daraufhin mit eigenen Truppen und drängten die Nordkoreaner weit zurück, sodass nur das Eingreifen von inoffiziellen chinesischen Truppen Nordkorea vor US-amerikanischer Besetzung bewahrte. Weil die UdSSR den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorübergehend boykottierte, segnete dieser die US-Intervention nachträglich ab. Korea blieb weiterhin und bis heute geteilt.
In den USA nahm zu Beginn der 1950er Jahre der Antikommunismus enorm zu. Das 1938 gegründete Komitee für unamerikanische Aktivitäten wurde dafür nun zur wichtigsten Schaltstelle. Senator Joseph McCarthy leitete den Ausschuss zur Untersuchung „antiamerikanischer Umtriebe“. Er versuchte systematisch nicht nur Kommunisten, sondern auch liberale Intellektuelle als vermeintliche Spione und Systemgegner ausfindig zu machen, zu verhören, einzuschüchtern und aus ihren Ämtern zu entfernen („McCarthyism“). 1954 wurde er schließlich wegen seines unverhältnismäßigen Vorgehens gerügt und abgelöst.
Mit den „Stalin-Noten“ versuchte der sowjetische Diktator 1952, die sich anbahnende militärische Westintegration der Bundesrepublik aufzuhalten. Er bot eine Vereinigung Deutschlands an, wenn dieses keinem Militärbündnis angehöre. Freie Wahlen erwähnte er zunächst nicht. Die bundesdeutsche Politik vermutete ein Störmanöver; tatsächlich fanden sich später in sowjetischen Archiven keine Pläne für den Fall, dass der Westen auf das Angebot eingegangen wäre. Unterschiedliche Auffassungen gab es nur darüber, ob das Angebot ignoriert werden sollte (die Mehrheit mit Adenauer) oder ob man auf das Angebot eingehen und damit Stalin bloßstellen solle (die Minderheit, u.a. Kurt Schumacher von der SPD).
1955 wurde ein Angebot der Sowjetunion für die endgültige Neutralisierung Österreichs angenommen. Anders als im deutschen Falle hatte es in Österreich schon 1945 eine gesamtösterreichische Regierung gegeben, und die sowjetische Besatzungszone in Österreich war in ihrer Bedeutung nicht mit der in Deutschland vergleichbar.
Mit dem Amt Blank begann 1952 die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland, nachdem im Vorjahr schon der Bundesgrenzschutz (BGS) gegründet worden war. Die DDR verfügte mit der kasernierten Volkspolizei über paramilitärische Einheiten.
Als am 5. März 1953 Stalin starb, boten sich Chancen zur „Entstalinisierung“ der UdSSR. Sein Nachfolger Chruschtschow setzte angesichts der atomaren Pattsituation und massiver innenpolitischer Probleme auf einen Entspannungskurs und leitete die Politik der „friedlichen Koexistenz“ ein. Die kurze Phase endete mit dem Aufstand in der DDR am 17. Juni 1953, der demonstrierte, dass die DDR-Regierung nicht das Vertrauen ihrer Bürger genoss, dass freie Wahlen sie entmachtet und die Eigenstaatlichkeit der DDR gefährdet hätten.
1954 zog die UdSSR auch bei den Wasserstoffbomben und neuen Flugzeugen mit interkontinentaler Reichweite mit den USA gleich. Damit etablierte sich das sogenannte Gleichgewicht des Schreckens. Dessen Erhaltung bestimmte fortan die Beziehungen der Supermächte und trieb den Rüstungswettlauf zusätzlich voran. Die USA begannen nun, in Westeuropa auch auf dem Boden der Bundesrepublik atomar zu bestückende Kurzstreckenraketen aufzustellen. Sie hielten an der Abschreckungsdoktrin der „massiven Vergeltung“ und ihrem Entscheidungsmonopol zur atomaren Eskalation im „Verteidigungsfall“ fest.
Als Gegenorganisation zur NATO gründete die UdSSR 1955 den Warschauer Pakt. Auf die Gründung der Bundeswehr folgte kurz darauf die Nationale Volksarmee (NVA). Infolge der Pariser Verträge war die Bundesrepublik unterdessen Mitglied in der NATO geworden. Zur Erlangung der vollen Gleichberechtigung im Westen und zu Abschreckungszwecken gegenüber der UdSSR planten Bundeskanzler Adenauer und Verteidigungsminister Franz Joseph Strauß zeitweilig auch die Bundeswehr atomar zu bewaffnen.
1956 kam es in Ungarn zu einem Volksaufstand: Mehrere hunderttausend Demonstranten forderten mit Rundfunkbesetzungen und einem Generalstreik demokratische Wahlen sowie eine Loslösung von der UdSSR und riefen Imre Nagy zum Ministerpräsidenten aus. Als dieser den Austritt aus der Warschauer Pakt-Organisation verkündete, schlugen sowjetische Truppen den Aufstand nieder und töteten etwa 20.000 Ungarn. Hilfe aus dem Westen, auf die Radio Free Europe Hoffnung gemacht hatte, blieb aus. Die Westmächte waren zeitgleich mit der Suez-Krise befasst, die dazu führte, dass nach der Verstaatlichung des Suez-Kanals durch Ägyptens neuen Führer Nasser Frankreich, Großbritannien und Israel Ägypten vom 29. Oktober 1956 an militärisch angriffen.
1957 im April machte ein Interview Adenauers die Pläne, Atomwaffen auf dem Boden der Bundesrepublik zu stationieren, öffentlich bekannt. Das „Göttinger Manifest“ von 18 Physikern (12. April) leitete die erste breite außerparlamentarische Opposition in der Bundesrepublik ein: die Bewegung Kampf dem Atomtod, die vor allem von SPD, Kirchen und Gewerkschaften getragen wurde. Sie forderte den Verzicht auf Atomwaffen und teilweise den Austritt aus der NATO.
Am 2. Oktober 1957 schlug der polnische Außenminister Adam Rapacki vor der UNO-Vollversammlung überraschend einen beiderseitigen Verzicht der Militärbündnisse auf Atomwaffen und eine Entmilitarisierung ganz Mitteleuropas vor (Rapacki-Plan). Damit griff er Vorschläge des britischen Premierministers Anthony Eden (Edenplan) von 1954 auf, die eine entmilitarisierte Zone auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs vorgesehen hatten, um Erfahrungen in der Kontrolle von Abrüstungsmaßnahmen zu sammeln. Der sowjetische Außenminister Molotow hatte diese Idee weiterentwickelt. Doch seine Vorschläge verlangten den Verzicht auf atomare Bewaffnung der im konventionellen Bereich seinerzeit weit unterlegenen NATO, während der Westen die Auflösung der Warschauer Vertrags-Organisation verlangte. Als die NATO im Dezember 1957 – nach dem Sputnikschock - ihre Atombewaffnung beschloss, war der Rapacki-Plan gescheitert und das atomare Wettrüsten der Blöcke nicht mehr aufzuhalten. Die Bundeswehr erhielt jedoch keine eigenen Atomwaffen.
Ein 1960 als „Friedensgipfel“ angedachtes Treffen in Paris zwischen US-Präsident Eisenhower und Chruschtschow scheiterte. Kurz zuvor war ein US-Spionageflugzeug über der UdSSR abgeschossen worden. Die USA gaben zu, die UdSSR seit 1956 unter Verletzung ihres Luftraums zu beobachten. Chruschtschow verlangte vom Präsidenten das Eingeständnis, dass es sich dabei um „aggressive Akte“ gehandelt habe, was Eisenhower ablehnte. Im selben Jahr entschlossen die USA sich zu ersten wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Kuba, da die seit Anfang 1959 dort herrschende Revolutionsregierung unter Fidel Castro einen sozialistischen Kurs eingeschlagen hatte. Darauf folgten eine Reihe erfolgloser verdeckter Operationen, um das Castro-Regime zu stürzen. Daneben begann zwischen der UdSSR und der VR China der Konflikt um die Führungsrolle im Weltkommunismus.
Seit 1958 hatte die UdSSR in der Deutschlandpolitik mit dem Chruschtschow-Ultimatum, das den Abzug der Westmächte aus ihren Berliner Sektoren verlangte, um Berlin zur entmilitarisierten „Freien Stadt“ zu machen, massiven Druck aufgebaut. Wesentliche Ursache dafür war die steigende Anzahl von Flüchtlingen, die die DDR über die offene Sektorengrenze nach West-Berlin verließen. Nachdem die Westmächte das Ultimatum folgenlos hatten verstreichen lassen, formulierte US-Präsident John F. Kennedy „three essentials“ in Bezug auf die Lage der Stadt, die der sowjetischen Seite Möglichkeiten und Grenzen ihrer Handlungsfreiheit aufzeigten: dauerhaftes Bleiberecht und freier Zugang für die Westalliierten in und nach Berlin sowie politisches Selbstbestimmungsrecht der West-Berliner. Die Westmächte griffen daher zunächst nicht ein, als die DDR-Führung unter Walter Ulbricht am 13. August 1961 mit Grenzabsperrungen begann, die in die Errichtung der Berliner Mauer mündeten. (Auf einer Pressekonferenz noch kurz zuvor hatte Ulbricht diese Absicht ausdrücklich bestritten.) Damit sollte die massive Abwanderung von Fachkräften in den Westen (ca. 2,6 Mio. Menschen seit 1949) gestoppt werden, während die offizielle Propaganda von einem antifaschistischen Schutzwall sprach. Nach wechselseitigen Provokationen standen sich dann doch für kurze Zeit sowjetische und US-amerikanische Panzer am Checkpoint Charlie in Berlin direkt gegenüber. Insgesamt kamen bis 1989 wegen des Schießbefehls an der innerdeutschen Grenze mehrere hundert Menschen bei Fluchtversuchen ums Leben. Allerdings kam es im Gegensatz zur Grenze in Korea hier nur selten zu bewaffneten Zwischenfällen zwischen Grenzschützern auf beiden Seiten.
1962 standen die Supermächte und die Welt in der Kubakrise am Rand eines neuen Weltkriegs. Nachdem die USA Zeus- und Thor-Mittelstreckenraketen in der Türkei stationiert hatten, stationierte die UdSSR ihrerseits Atomraketen auf Kuba. Diese hätten die Vorwarnzeiten für einen Angriff auf die USA extrem herabgesetzt. Daraufhin verhängte Präsident Kennedy eine Seeblockade über sowjetische Schiffe, die Kuba anliefen. Die Situation eskalierte bis zu dem Punkt, da die Kurs auf Kuba haltenden sowjetischen Schiffe abdrehten. Über geheime diplomatische Kontakte gelang es dem Bruder des Präsidenten, Robert F. Kennedy, Chruschtschow zum Verzicht auf die Raketenstationierung zu bewegen. Dabei half das der Öffentlichkeit zunächst vorenthaltene Zugeständnis des Abzugs US-amerikanischer Raketen aus der Türkei. Danach wurde ein „heißer Draht“ zwischen den Staatschefs beider Supermächte, das sogenannte „rote Telefon“, eingerichtet, um künftige Beinahe-Zusammenstöße zu vermeiden.
Entspannungsbemühungen und Machtbehauptung
Ab 1963 herrschte eine zögernde Entspannungspolitik zwischen den verfeindeten Blöcken vor, die von sowjetischer Seite unter dem Leitbegriff „friedliche Koexistenz“ firmierte, während auf westlicher Seite – und insbesondere im Hinblick auf die deutsche Teilung - die Überwindung des Status Quo auf der Basis eines „Wandels durch Annäherung“ (Egon Bahr) [1] propagiert wurde. Die Attraktivität des westlichen Gesellschaftsmodells wurde hierbei als letztlich ausschlaggebend unterstellt.
1968 versuchten reformorientierte Mitglieder innerhalb der Kommunistischen Partei der CSSR unter Alexander Dubček Maßnahmen zur Demokratisierung der Tschechoslowakei durchzuführen (Aufhebung der Zensur, Informations- und Meinungsfreiheit, Wirtschaftsreformen). Dieser sogenannte Prager Frühling war jedoch nur von kurzer Dauer. Die sowjetische Führung bewertete die Auswirkungen der Reformen als konterrevolutionär, ließ Truppen der Warschauer Vertrags-Organisation in die Tschechoslowakei einmarschieren und erzwang das Einschwenken der politischen Führung auf die von Moskau vorgegebene Linie. Antisowjetische Demonstrationen wurden blutig niedergeschlagen. Der Westen verurteilte das Vorgehen der Sowjetunion zwar, unternahm aber wie beim Ungarn-Aufstand 1956 keine weiteren Schritte. Der sowjetische Staats- und Parteichef Leonid Breschnew rechtfertigte die Intervention nachträglich damit, dass die Souveränität der sozialistischen „Bruderstaaten“ keine Abkehr von den Grundlagen des Sozialismus einschließe, so dass andernfalls äußeres Eingreifen gerechtfertigt sei. Diese Breschnew-Doktrin galt bis zu der von Gorbatschow vollzogenen Wende fort.
1969 begannen bilaterale Gespräche zwischen der UdSSR und den USA zur Kontrolle und Begrenzung der Atomwaffen. Diese mündeten in die Unterzeichnung der SALT-Verträge und des ABM-Vertrags. Parallel dazu leitete die sozialliberale Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt mit ihrer Ostpolitik die Entspannung in Mittelosteuropa ein. Sie zielte auf menschliche Erleichterungen im geteilten Deutschland und insbesondere für Berlin, suchte dazu die Verständigung mit den östlichen Nachbarn wie mit der Vormacht Sowjetunion und garantierte in den Ostverträgen die Unverletzlichkeit der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Grenzen. Ein weiterer Schritt der Entspannung war 1973 die erste Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die 1975 zur Schlussakte von Helsinki führte.
Im Februar 1972 hatte US-Präsident Richard Nixon durch einen Staatsbesuch in der Volksrepublik China Entspannungsbereitschaft auch gegenüber der anderen kommunistischen Führungsmacht verdeutlicht und die Voraussetzungen für eine aus Sicht der US-Administration erträgliche Beendigung des Vietnamkriegs verbessert. Seit der Tongking-Resolution des US-Kongresses 1964 hatten die USA offiziell Krieg an der Seite ihrer südvietnamesischen Verbündeten gegen die von Nordvietnam unterstützten kommunistischen Vietcong geführt, nachdem die vormalige Kolonialmacht Frankreich sich nach militärischen Niederlagen zurückgezogen hatte. Trotz intensiven Bombenkriegs und Inkaufnahme bedeutender eigener Verluste an Soldaten gelang es der westlichen Supermacht nicht, die Vietcong zu besiegen. 1973 wurde ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den USA und Nordvietnam unterzeichnet und die Vereinigten Staaten zogen ihre verbliebenen Truppen aus Südvietnam zurück.
Letzte Phase des Rüstungswettlaufes
Nachdem der Warschauer Pakt in den späten 1970er Jahren die eigene Rüstung bereits massiv verstärkte (SS-18 ICBM, große Flottenbauprogramme und neue SSBNs sowie neue strategische Bomber) markierten 1979 zwei nahezu gleichzeitig stattfindende Ereignisse das Ende der Entspannungspolitik der 1970er Jahre und eine Verschärfung des Kalten Krieges: der Nato-Doppelbeschluss, der das entstandene Übergewicht sowjetischer Mittelstreckenraketen neutralisieren sollte, und der sowjetische Einmarsch in Afghanistan, der auch strategische Interessen der USA an den Erdölreserven im Nahen und Mittleren Osten berührte.
Hierauf reagierten die USA unter Präsident Jimmy Carter mit einem Boykott der Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau, dem die westlichen Staaten sich anschlossen. Außerdem belieferten die USA in der Folge die gegen die sowjetische Besatzung kämpfenden afghanischen Mujaheddin mit Waffen.
Ronald Reagan als Carters Amtsnachfolger erhöhte die zuvor heruntergefahrenen Rüstungsausgaben auf ein neues Rekordniveau und führte darüber hinaus die „Strategic Defense Initiative“ (SDI) (auch Star-Wars-Programm genannt) zur Abwehr strategischer Raketen ein. Damit sollte die Fähigkeit der SU zum strategischen Zweitschlag ausgeschaltet werden. Es gehörte ausdrücklich zu den Zielen dieses Vorhabens, einen uneinholbaren Vorsprung im Rüstungswettlauf zu gewinnen, um den Ostblock ökonomisch und politisch zu destabilisieren. Dieser konnte sich die Militärausgaben nach westlichen Einschätzungen nicht mehr lange leisten.
Im Herbst 1982 scheiterten die Genfer Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion über den Abbau von Mittelstreckenraketen. Ein Grund dafür war, dass man sich nicht auf die Definition des Gleichgewichts einigen konnte: Die SU bezog auch die U-Boot-gestützten Raketen Frankreichs als gegen sich gerichtet in ihre Berechnungen ein, während die USA diese ausklammerten.
Damit wurde die Stationierung einer neuen Raketengeneration auch auf westdeutschem Boden absehbar. Nach der Meinung von Gegnern dieser Nachrüstung dienten die Pershing II und Cruise Missiles nicht dem Schließen einer „Raketenlücke“ (Bundeskanzler Helmut Schmidt) als Gegengewicht gegen die SS-20, sondern der Umsetzung einer auf „Sieg im Atomkrieg“ ausgerichteten Strategie der USA, die Reagans führender Militärberater Colin S. Gray 1980 öffentlich vorgestellt hatte.
1983 stimmte der Bundestag mit der neuen christlich-liberalen Mehrheit unter Bundeskanzler Helmut Kohl der Aufstellung der NATO-Raketen zu. Dagegen bezog die seit 1979 wachsende westdeutsche Friedensbewegung nun verstärkt Konzepte eines gewaltfreien Widerstands ein. Nach Umfragen waren weiterhin gut zwei Drittel der westdeutschen Bevölkerung gegen die Aufstellung. An den Blockaden an Raketenstandorten nahmen auch viele prominente Politiker, Intellektuelle und einige Bundeswehrgeneräle teil. Parallel fanden in der DDR von staatlicher Seite nicht geduldete Demonstrationen gegen die Aufrüstung auch des Warschauer Paktes statt.
In der bereits 1978 mit der Entwicklung der Neutronenbombe neu eröffneten Runde eines forciert technologischen Rüstungswettlaufs, zu dem auch Stealthflugzeuge und immer komplexere EDV-Systeme gehörten, konnte die Sowjetunion nicht mehr mithalten, zumal sie ihre militärischen und ökonomischen Kräfte mit den vergangenen Rüstungsprogrammen und der Intervention in Afghanistan schon überdehnt hatte.
Auch die gesellschaftspolitischen Verhältnisse in Mittelosteuropa waren neuerlich in Bewegung geraten. Dazu haben wesentlich die auf Gewährleistung der Menschenrechte gerichteten Vereinbarungen der Schlussakte von Helsinki beigetragen, die der Bürgerrechtsbewegung innerhalb des sowjetischen Machtbereichs Auftrieb gaben. Von ausstrahlender Wirkung waren die Streiks und zwischenzeitlichen Erfolge der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność unter Lech Wałęsa in Polen 1980/81, die - im Sinne der Breschnew-Doktrin – nur mit der Verhängung des Kriegsrechts eingedämmt werden konnten.
Auflösung des Ostblocks
Wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Stagnation des Ostblocks seit Anfang der 1980er Jahre nahm auch innerhalb der politischen Führung der Sowjetunion die Einsicht in die Notwendigkeit eines Kurswechsels zu. 1985 leitete der neue Generalsekretär des Politbüros, Michail Gorbatschow, ein Reformprogramm ein, das er Perestroika (Wende in Wirtschaft und Verwaltung) und Glasnost (Offenheit und Transparenz nach innen und außen) nannte. In der Außenpolitik bestand der Kurswechsel zunächst darin, dass das gigantische Haushaltsdefizit der SU durch wechselseitige Abrüstung der Blöcke aufgefangen werden sollte. Dem standen anfangs die SDI-Pläne der US-Regierung entgegen, die eher eine neue Runde im Rüstungswettlauf hätten einleiten können.
1986 legte Gorbatschow überraschend einen Plan zur Abschaffung aller Atomwaffen bis zum Jahr 2000 vor, um die westliche Blockadehaltung zu überwinden. Nach einigen Schwierigkeiten der Unterhändler bei den seit Herbst 1985 laufenden Genfer Abrüstungsgesprächen kam es im Oktober 1986 zu einem Gipfeltreffen zwischen Reagan und Gorbatschow in Reykjavík: Dort wurde die Halbierung der Menge aller Atomwaffen und die Abschaffung aller ballistischen Raketen binnen zehn Jahren diskutiert. Eine sofortige Einigung scheiterte daran, dass die USA am SDI-Programm festhielten, das aus Sicht der SU gegen den ABM-Vertrag über Raketen-Abwehrraketen von 1972 verstieß.
Bereits 1987 aber machte Gorbatschow nicht mehr ein Gesamtpaket einschließlich der Abkehr der USA vom SDI-Programm zur Vorbedingung konkreter Abrüstungsschritte: Es kam schließlich zum INF-Vertrag, der die Verschrottung aller Mittelstreckenraketen in Europa vorsah. Zudem wurde mit dem START-I-Vertrag die Reduzierung der strategischen Kernwaffen eingeleitet. Ferner sollten Obergrenzen bei antiballistischen Raketen und Mischungsverhältnisse von Offensiv- und Defensivwaffen festgelegt werden. Dies war der bis dahin weitestreichende Durchbruch zur Abrüstung, der das Ende des Kalten Krieges einläutete.
Nach der ausdrücklichen Abkehr Gorbatschows von der Breschnew-Doktrin begann die „Wende“ in den europäischen Ostblockstaaten. In Polen kam es bereits im April 1988 zu wilden Streiks, im August zu Gesprächen zwischen der verbotenen Gewerkschaft Solidarność und der kommunistischen Regierung, im Dezember zur Gründung des oppositionellen Bürgerkomitees unter Vorsitz Lech Wałęsas, dann zur Neubildung von Parteien und am 4. Juni 1989 zum Sieg des Bürgerkomitees bei Parlamentswahlen. Ähnlich verlief die Entwicklung in Ungarn.
In der DDR verstärkte sich im Juli 1989 die Flüchtlings- und Ausreisewelle. Der ungarische Ministerpräsident Gyula Horn veranlasste am 19. August die Grenzöffnung zu Österreich und ließ etwa 600 DDR-Bürger ungehindert passieren. Danach häuften sich die von Leipzig ausgehenden Montagsdemonstrationen, die schließlich in vielen Städten der DDR stattfanden und an denen immer mehr Menschen teilnahmen. Dabei wurden zunehmend Forderungen nach einer Demokratisierung der Gesellschaft laut („Wir sind das Volk“). Auch zum 40. Jahrestag der Republik am 7. Oktober protestierten die Bürger in Leipzig. Bei dieser Gelegenheit hat der als Gast zu den Feiern in Berlin eingeladene Gorbatschow der DDR-Führung unter Erich Honecker Reformmaßnahmen deutlich angeraten (daher die Kurzformel: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.) Die SED-Führung hatte nämlich den Reformkurs der bis dahin immer als vorbildlich propagierten Führungsmacht (Transparentlosung: Von der Sowjetunion lernen, heißt Siegen lernen!) ausdrücklich nicht übernommen. Vor einem Militäreinsatz gegen die Großdemonstrationen schreckte die nun völlig isolierte DDR-Führung aber zurück; denn anders als bei den Volkserhebungen in der DDR 1953, in Ungarn 1956 und in Prag 1968 konnte nun nicht mehr auf den Einsatz von Streitkräften des Warschauer Paktes gegen die Demonstranten gezählt werden. So kam es im Zuge einer „friedlichen Revolution“ erst zur Absetzung Honeckers im Politbüro der SED und schließlich – nach Ankündigung eines grundlegend liberalisierten Reisegesetzes für alle DDR-Bürger - zum spontanen Massenansturm auf die Berliner Grenzübergänge und zum Mauerfall. In der Folge wandelten sich die Demonstrationslosungen und verstärkte sich der Ruf nach einer Vereinigung mit der Bundesrepublik („Deutschland einig Vaterland“).
Im Dezember 1989 folgten Massenproteste und erfolgreiche Revolutionen auch in der Tschechoslowakei und Rumänien. Während der politische Umsturz in Prag unblutig verlief und mit Václav Havel ein von der Bevölkerung getragener neuer Präsident bereitstand, griff in Bukarest der Geheimdienst Securitate ein. Diktator Nicolae Ceauşescu und seine Frau wurden standrechtlich erschossen; eine stabile Nachfolgeregierung kam lange nicht zustande.
Auf einem Treffen mit Bundeskanzler Kohl in Gorbatschows kaukasischer Heimat gab dieser am 15. Juli 1990 sein Einverständnis, dass ein vereintes Deutschland Mitglied der NATO sein könne und nur auf die NATO-Ausdehnung verzichten solle, solange sowjetische Truppen auf DDR-Gebiet stünden. Deren Abzug wurde in einem Sondervertrag geregelt. Die Bundesrepublik verpflichtete sich im Gegenzug, die Bundeswehr dauerhaft auf maximal 370.000 Soldaten zu begrenzen und auf ABC-Waffen auch künftig zu verzichten. Als Gegenleistung gewährte Kohl der UdSSR einen Sofortkredit in unbekannter Höhe (geschätzt werden bis zu 15 Milliarden DM).[2]
Nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 1. Juli wurde am 31. August der deutsche Einigungsvertrag geschlossen. Am 3. Oktober 1990 wurde die Deutsche Wiedervereinigung durch Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes vollzogen. Auf die in der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes in Artikel 146 vorgesehene neue Verfassung wurde anderen Auffassungen zum Trotz (u.a. Verfassungsentwurf des Runden Tisches) mit Hinweis auf die Bewährtheit des Grundgesetzes verzichtet.
Am 21. November 1990 wurde der Kalte Krieg formell beigelegt. In der Charta von Paris verpflichteten sich die 34 KSZE-Staaten zur Demokratie als Regierungsform und zur Achtung der Menschenrechte. Die offiziellen Auflösungen von RGW und Warschauer Pakt folgten Mitte 1991.
Folgeentwicklungen
1991 erreichte die Abkehr vom sowjetischen Zentralismus auch die UdSSR selbst: Da Gorbatschow das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Einflussbereich der Sowjetunion anerkannt hatte, verlangten nun auch die Staaten des Baltikums Unabhängigkeit und Rückzug der Roten Armee aus ihren Hoheitsgebieten. Dem versuchte Gorbatschow noch mit einer Verfassungsänderung zu begegnen, die mehr Föderalismus und Teilautonomie gewähren, aber die staatliche Einheit der UdSSR wahren sollte. Der gegen Gorbatschows Reformkurs gerichtete, am Volkswiderstand gescheiterte Augustputsch beschleunigte das Ende der KPdSU und das der Sowjetunion. Gorbatschow trat von seinem Amt als Generalsekretär zurück; Boris Jelzin verbot die KPdSU für den Bereich Russlands. Wenige Wochen darauf erklärten die baltischen Republiken sich für unabhängig (s. Singende Revolution), viele Teilrepubliken setzten ihre KP-Führer ab. Die UdSSR wurde zum Jahresende 1991 aufgelöst; aus einigen ihrer Teilstaaten bildete sich die GUS.
Der rasche Niedergang und schließlich kollapsartige Zusammenbruch des Sowjetimperiums kam für westliche Beobachter wie auch für die amerikanische Führung teilweise überraschend, da die Sowjetunion bis zuletzt den Status der hochgerüsteten Supermacht besaß, die die eigenen Interessen und Einflussgebiete kaum freiwillig preisgeben würde. Andererseits gab es westliche Analysen, die eine Zahlungsunfähigkeit und den ökonomischen Zusammenbruch der SU prognostiziert hatten.
Das Ende der bipolaren Machtstruktur hat eine neue globalpolitische Situation hinterlassen, in der die USA durch das Verschwinden der SU als direkter globaler Konkurrent den Status der „einzigen Weltmacht“ erreicht haben. Ein Teil der osteuropäischen Staaten, die dem Warschauer Pakt angehörten und nach 1989 ein demokratisches, parlamentarisches und marktwirtschaftliches System angenommen haben, sind heute Mitglied in der NATO. Die Auflösung der sowjetischen Machtsphäre hat zudem die Globalisierung gefördert, in deren Folge heute die überwiegende Mehrheit der Staaten der Erde das Prinzip des Freihandels anerkennt.
Historische Einordnungen
Die Epoche des Kalten Krieges wird besonders unter US-amerikanischen Historikern und Politikwissenschaftlern kontrovers bewertet. Die mit Beginn des Kalten Krieges aufkommende „orthodoxe“ Sicht sah die Hauptverantwortung für seinen Verlauf in einem ideologisch begründeten Expansionsdrang der Sowjetunion, dem sich die USA in verteidigender Weise entgegenstellte. Die UdSSR habe nach dem Zweiten Weltkrieg besonders Länder in Osteuropa sowie mit China das bevölkerungsreichste Land der Welt in ihren Einflussbereich gebracht, was ihre Eindämmung durch die USA und die Verteidigung von Freiheit und Demokratie erfordert habe. Außerdem wird auf Stalins bestimmende Rolle im sowjetischen Verhalten zu Beginn des Kalten Krieges hingewiesen. In dieser Zeit wurde das Stichwort der nationalen Sicherheit geschaffen, das als Schlagwort die US-amerikanische Bevölkerung hinter die antikommunistische Politik ihrer Regierung bringen sollte.
Die so genannte „revisionistische“ Schule, vertreten etwa von Gabriel Kolko, betonte seit den 1960er Jahren hingegen das von ökonomischen und hegemonialen Interessen bestimmte Vorgehen der USA als treibende Kraft in dem Systemkonflikt. Die kapitalistische Tendenz zur Expansion sei Basis der amerikanischen Außenpolitik gewesen, die auf die Öffnung neuer Märkte gezielt habe. Die beispielsweise im Marshallplan sichtbar gewordene Einmischung der USA in die ökonomische Struktur europäischer Länder habe zur Konfrontation mit der Sowjetunion geführt, die ihre eigene Sicherheit habe bedroht sehen müssen.
Letzten Endes gingen beide Ansätze von einem Aggressor aus, dem ein reagierender Verteidiger gegenüber stand. Die beiden Schulen mussten mit dem erheblichen Mangel kämpfen, dass ihnen zum großen Teil nur Informationen aus den USA zugrunde lagen und selbst diese oft als geheim klassifiziert waren. Der hauptsächlich seit den 1990ern hinzugekommene „Post-Revisionismus“ verlässt sich dem gegenüber mehr auf die Analyse von schrittweise zugänglich gewordenen Archiven beider Kontrahenten nach dem Ende des Kalten Krieges. Dieser Ansatz gilt allgemein als ausgewogener, auch wenn in ihm ebenfalls Schwerpunktlegungen auf eine der beiden Seiten vorzufinden sind. Der führende Vertreter dieser Schule etwa, John Lewis Gaddis, nimmt entsprechend eine bereits als „neo-orthodox“ bezeichnete Haltung ein, indem er wiederum Stalins Persönlichkeit als herausragende Ursache bei der Entstehung des Kalten Krieges hervorhebt und den USA eher die reagierende Rolle zuschreibt.
Siehe auch
- Geschichte der Sowjetunion
- Grand Area
- Verträge und Abkommen des Kalten Krieges
- Nuklearstrategie
- Permanente Rüstungswirtschaft
Einzelnachweise
- ↑ Wandel durch Annäherung (PDF), Rede Egon Bahrs am 15. Juli 1963 in der Evangelischen Akademie Tutzing
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Verhandlungen mit den vier Mächten
Literatur
- Michael R. Beschloss, Strobe Talbott: Auf höchster Ebene, das Ende des Kalten Krieges und die Geheimdiplomatie der Supermächte 1989–91. ECON, ISBN 3-430-11247-8
- Jürgen Bruhn: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion. Gießen 1995, ISBN 3-88349-434-8
- John Lewis Gaddis: Der Kalte Krieg. Eine neue Geschichte. Siedler, München 2007, ISBN 3-88680-864-5
- Bernd Greiner, Christian Th. Müller, Dierk Walter (Hrsg.): Heiße Kriege im Kalten Krieg. Hamburg, 2006, ISBN 3-936096-61-9 (Rezension von H. Hoff, Rezension von I. Küpeli)
- David Horowitz: Kalter Krieg. Hintergründe der US-Außenpolitik von Jalta bis Vietnam. Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-8031-1013-0
- Jeremy Isaacs, Taylor Downing: Der Kalte Krieg. Heyne, München 2001, ISBN 3-453-19710-0
- Herbert Kierstein (Hrsg.): Heiße Schlachten im Kalten Krieg. Unbekannte Fälle und Fakten. edition ost, 2007 ISBN 3-360-01085-X
- Wilfried Loth: Die Teilung der Welt, Geschichte des Kalten Krieges 1941–1955. dtv München, 2000, ISBN 3-423-30756-0
- Georges-Henri Soutou: La guerre de Cinquante Ans. Le conflit Est-Ouest 1943-1990. - O.O.: Fayard 2004, ISBN 2-213-60847-4
- Rolf Steininger: Der Kalte Krieg. Fischer Taschenbuch Verlag Nr. 15551, Frankfurt a.M. 2003, ISBN 3-596-15551-7
- Bernd Stöver: Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters 1947-1991. C. H. Beck, München 2007, ISBN 3-406-48014-4
- Wladimir K. Wolkow, Harald Neubert: Stalin wollte ein anderes Europa. Berlin 2003, ISBN 3-360-01046-9
Weblinks
- Selling Democracy. DVD. Bonn: BPB, 27. Januar 2006 (23 propagandistische Kurzfilme aus den Jahren 1948 bis 1953 (kostenpflichtig)
- Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Der Kalte Krieg
- Deutschland im Kalten Krieg, eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (Hintergrundmaterial: Fachaufsätze)
- Parallel History Project on NATO and the Warsaw Pact
- George F. Kennan, The Sources of Soviet Conduct („Foreign Affairs“, Juli 1947 – vgl. [1], [2])
- 60 Jahre Churchills Fulton-Rede: Interview mit Valentin Falin (RIA Novosti, 3. März 2006 – Die Rede Winston Churchills am 5. März 1946 gilt in Russland als der Tag, an dem der Kalte Krieg „ausbrach“. Zudem machte sie im Westen die Vokabel vom „Eisernen Vorhang“ populär – vgl. [3], [4], [5], [6], [7])
- Bibliographie zu: Europa im Ost-West-Konflikt 1945–1991 (Historicum.net – sehr ergiebig)
- Charta von Paris
- Hilfsmittel und Institutionen für die Quellen- und Literatur-Recherche
- Cold War - Englisch
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