- Muslimmarkt
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Muslim-Markt.de ist ein islamistisches Internetportal aus Deutschland, das seit 1999 von türkischstämmigen Schiiten betrieben wird.
Inhaltsverzeichnis
Betreiber
Verantwortliche Betreiber des Muslim-Markt sind die türkischstämmigen Brüder Dr. Yavuz Özoguz und Gürhan Özoguz. Yavuz Özoguz ist Vorstandsvorsitzender der Organisation „Islamischer Weg e.V“ in Delmenhorst, die Nachfolgerin von „Islamische Gemeinschaft in Clausthal“, deren Gründer Mohammad-Ali Ramin war, ein Berater des iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad.
Inhalt und Aufbau des „Muslim-Markts“
Die Website sieht sich selbst als „Startpunkt zum Islam für deutschsprachige Gläubige“, mit Schwerpunkt auf dem Schiitentum. Über mehrere Links werden Informationen über den Islam bereitgestellt, unter anderem auch Links und Adressen der muslimischen Infrastruktur im deutschsprachigen Raum Europas.
Auf anderen Seiten des Muslim-Markts wird zu Aktionen wie einem Boykott israelischer Produkte aufgerufen. Die Betreiber betonen, dass sich dieser Aufruf nicht gegen das Judentum im Allgemeinen richte. Auch US-Produkte wie Coca-Cola und deutsche Zeitungen wie die tageszeitung befinden sich auf der Boykottliste.
Die Betreiber der Website bewerben ihr Buch „Wir sind ‚fundamentalistische Islamisten‘ in Deutschland“, mit dem sie einen Beitrag dazu leisten wollen, dass Muslime und Nichtmuslime in Deutschland einander respektieren und friedlich zusammenleben, wobei beide Gruppen ihre Meinungen in einem „kritischen Dialog“ offen vertreten können sollen. Eine islamische Parallelgesellschaft in Deutschland lehnen die Autoren ab.
Zum Muslim-Markt gehört auch ein Internetforum. Die Betreiber des Muslim-Markts beteiligen sich an den Diskussionen und vertreten dabei einen Standpunkt, der weitgehend identisch mit der offiziellen Linie der iranischen Regierung ist.
Haltung gegenüber gesellschaftlichen Phänomenen
In einem Offenen Brief an die selbsternannten Vertreter der Menschenrechte in der westlichen Welt legen die Betreiber ihre Interpretation der Menschenrechte dar. Der Begriff der Menschenrechte wird hier nicht im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gesehen, sondern mit der Politik einiger westlicher Staaten gleichgesetzt. Diese Politik richte sich – so der Muslim-Markt – gegen Muslime und bevorzuge Christen. Gesellschaftliche Phänomene wie öffentlicher Alkoholkonsum, Drogenmissbrauch und Prostitution werden als negative Menschenrechte interpretiert; das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, etwa in Form von Homosexualität, wird von den Gebrüdern Özoguz negiert. Um ihren Ansichten eine allgemeine Gültigkeit zu verleihen, versehen die Muslim-Markt-Betreiber den Offenen Brief mit der Losung, dass Moslems gegen „solche Menschenrechte“ seien.
Aussagen zu Israel
Ein Existenzrecht des Staates Israel erkennen die Betreiber nicht an, es leite sich allein aus der Tabuisierung einer Diskussion darüber und der weit verbreiteten Angst vor der „Antisemitismuskeule“ ab.[1] Im krassen Gegensatz zu Israel würde es „belächelt“, wenn jemand das Existenzrecht der USA oder Australiens in Frage stellt, zwei Staaten mit augenfälliger Parallele zum „Apartheidstaat Israel“, da auch diese auf Kosten und unter weitgehender Vernichtung der eingeborenen Bevölkerung errichtet worden seien.[2] Israel wird vielfach als „Pseudostaat“ bezeichnet, der für „millionenfaches Elend“ verantwortlich sei und „Konzentrationslager“ betreibe.
Haltung zu Selbstmordattentaten
Eine Seite des Muslim-Markts widmet sich speziell den libanesischen und palästinensischen Selbstmordattentätern. Die Bezeichnung „Selbstmordattentäter“ lehnen die Betreiber ab, sie stelle den Aspekt der Selbsttötung in den Vordergrund und vernachlässige den eigentlichen Zweck des „Widerstands“. Damit sei sie diffamierend. Die Personen, die Selbstmordanschläge verüben, werden von ihnen „besonders mutige Kämpfer“ und „Widerstandskämpfer, die […] bereit sind, ihr eigenes Leben aufzuopfern, damit andere leben können“ genannt.
Die Gebrüder Özoguz unterscheiden Angriffe auf Zivilisten von Angriffen auf Soldaten und Bewaffnete (die sie als Widerstandskampf bezeichnen). In von einem Fremdstaat besetzten Gebieten handelt es sich bei solchen Handlungen den Seitenbetreibern zufolge jedoch um einen Akt der Verzweiflung, an dem der besetzende Staat mit verantwortlich ist: „(…) Sicherlich ist der Widerstandskampf gegen Besatzungssoldaten und bewaffnete Siedler anders zu beurteilen als ein Anschlag gegen unbewaffnete und unschuldige Zivilisten, Frauen und Kinder, allerdings trägt sicherlich derjenige, der diese unschuldigen Menschen auf besetztes Gebiet bringt bzw. sogar Anreize dafür gibt, auf besetztem Gebiet zu leben, einen erheblichen Teil der Schuld an dieser Verzweiflungstat.“ [3]
11. September auf Muslim-Markt
Zur Thematik der Terroranschläge am 11. September 2001 werden Links mit Überschriften wie bspw. „WTC: Jeder Turm hätte mehrere Flugzeuge aushalten müssen“, „Chavez: USA selbst inszenierten 9/11“ oder auch „Washingtons 9/11-Legende platzt“ bereitgehalten.[4]
Aussagen zur Gesetzestreue
Laut Muslim-Markt sind „extremistische Muslime“ gesetzestreue Bürger, da es einem Muslim verboten sei, die Gesetze eines Landes zu brechen, in dem er lebt, und er das Gesetz viel extremer befolgen müsse als ein Nichtmuslim. In diesem Zusammenhang wird auf Aussprüche Ruhollah Chomeinis und Seyyed Ali Chameneis verwiesen. Ein „ernsthaft praktizierender Muslim“, heißt es weiter, werde „niemals“ an einem Attentat beteiligt sein und sei ebenso wenig in Gaststätten oder im Rotlichtmilieu anzutreffen.[5]
Beobachtung durch den Verfassungsschutz
Das Webportal und seine Betreiber werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Im 2005 veröffentlichten Verfassungsschutzbericht wird den Betreibern des Muslim-Markts vorgeworfen, „seit längerer Zeit“ antizionistische und antiisraelische Propaganda direkt oder indirekt zu verbreiten. In einem Interview hätten die Brüder Özoguz durch die Aussagen, eine wirkliche Verfassung habe „nur der Gottesstaat allein“ und Ayatollah Khamenei weise sie an, zudem eine „enge Bindung“ zum iranischen Regierungssystem offenbart. In einem Beitrag des zum Muslim-Markt gehörenden Forums bemängeln die Betreiber, dass das Khamenei-Zitat nicht durch „die im Interview gefallene Vervollständigung“ ergänzt worden sei (was bedeutet, dass diese „Vervollständigung“ erst in einem späteren Teil des Gesprächs hinzugefügt worden sein kann), die Özoguz-Brüder würden von Khamenei angewiesen, sich an die Gesetze des Landes zu halten, in dem sie leben. Im gleichen Beitrag und weiteren Beiträgen geben die Muslim-Markt-Betreiber jedoch offen zu, dass sie an den deutschen Gesetzen wie auch am Grundgesetz „viel zu kritisieren“ haben[6] – zum Beispiel, dass es „offensichtlich“ von der Rassenlehre ausgehe[7] und die Gleichheit von Mann und Frau beinhalte (… so lange eine Gesellschaft ihren Mitgliedern versucht zu lehren, dass Mann und Frau „gleich“ sind, führt es in der letzten Konsequenz zur Pervertierung des menschlichen Daseins, indem unschuldige Kinder von Homosexuellen Paaren adoptiert werden können! [8]
Juristische Auseinandersetzungen
Prozess wegen Volksverhetzung
Dr. Yavuz Özoguz wurde Anfang 2004 vom Amtsgericht Delmenhorst wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung verurteilt, da auf der Website Bilddokumente aus der NS-Zeit mit aktuellen Aufnahmen aus dem Westjordanland unkommentiert kombiniert wurden, sowie eine Rede vom Imam Chamenei veröffentlicht war, in der dieser den Holocaust als ein „Märchen“ bezeichnete. Dies wertete das Gericht als „feindselige Agitation“ gegen das Judentum. Das Urteil wurde allerdings nie rechtskräftig, nachdem sich in der Berufung Staatsanwaltschaft und Özoguz auf Vorschlag des Richters auf eine Einstellung mit Auflagen nach §153a StPO einigten gegen Zahlung von 1000 Euro an eine wohltätige Organisation.[9]
Ermittlung wegen Mordaufrufs
Das Fernsehmagazin Report Mainz des Südwestrundfunks berichtete am 17. Oktober 2005, dass im offenen Forum des Muslim-Markt eine Mubahala gegen den bekannten Islamkritiker Hans-Peter Raddatz veröffentlicht wurde. Diese Bitte um ein Gottesurteil lautete:
„Wenn der Islam so ist, wie Herr Raddatz es immer wieder vorstellt, dann möge der allmächtige Schöpfer alle Anhänger jener Religion vernichten! Und wenn Herr Raddatz ein Hassprediger und Lügner ist, dann möge der allmächtige Schöpfer ihn für seine Verbrechen bestrafen und diejenigen, die trotz mehrfacher Hinweise auf die verbreiteten Unwahrheiten von Raddatz immer noch darauf bestehen, auch.“
– [10]
Die von Raddatz beauftragten Islamexperten Professor Dr. Nagel und Dr. Puin kamen in ihren der Staatsanwaltschaft zugeleiteten Schriften zu der Erkenntnis, dass die Erklärung im Internet als verklausulierter Aufruf zum Mord zu verstehen sei. Mittlerweile (19. Oktober 2005) ermittelt nach Berichten verschiedener Medien die Bundesanwaltschaft gegen die Betreiber wegen Aufrufs zum Mord. Der Muslim-Markt hat wiederholt dementiert, einen Aufruf zum Mord begangen zu haben und wies die Vorwürfe zurück.[11] Im März 2006 erhob die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage, diese hat das Landgericht Oldenburg durch Beschluss vom 2. August 2006 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.[12] Diese Entscheidung wurde vom OLG Oldenburg bestätigt[13] und so begründete: Danach beinhaltet die Erklärung keine Morddrohung oder Anstiftung zum Mord, sondern lediglich eine Verwünschungsformel in Form einer sogenannten „Mubahala“, die im arabisch-islamischen Kulturkreis geläufig und verbreitet ist. Eine solche Verwünschungsformel impliziert danach den Wunsch, denjenigen, der im Unrecht ist, mit einer Bestrafung durch Gott zu verfluchen.
Weblinks
- Webseite des „Muslim-Markts“
- Offener Brief an die selbsternannten Vertreter der Menschenrechte in der westlichen Welt, Muslim-Markt, 27. Juli 2003
- Der Kampf für Allah, "Das werdet ihr büßen" - warum muslimische Funktionäre aggressive Pressearbeit betreiben, Eberhard Seidel, taz, 17. Februar, 2001
- Muslim sucht neue Stelle, Mitgründer des islamistischen Internet-Portals "Muslim-Markt" sieht Uni-Job gefährdet, Pascal Beucker, taz, 6. März, 2004
- Verfassungsschutzbericht 2004, Abschnitt über den Muslim-Markt auf S. 239/240 (.pdf)
- Mordaufruf im Internet - Wie ein Islamismuskritiker bedroht wird, Report Mainz, 17. Oktober 2005
Einzelnachweise
- ↑ MM: Palästina-Spezial, Existenzrecht
- ↑ Muslim-Forum
- ↑ MM: Palästina-Spezial, Selbstmordattentäter
- ↑ MM: Links zu Berichten und Deutungen über den 11. September 2001
- ↑ MM: Muslim-Boykott, Muslime und Rechtstreue
- ↑ Muslim-Forum: Verfassungsschutz ergänzt Bericht zu Muslim-Markt, 16. August 2005
- ↑ Muslim-Forum: GG Artikel 3: Gleichheit vor dem Gesetz, 14. August 2005
- ↑ Muslim-Forum: Re: GG Artikel 3: Gleichheit vor dem Gesetz, 17. August 2005
- ↑ MM: Verfahren gegen MM, Übersicht
- ↑ Muslim-Forum: Erklärung zur Löschung eines eigenen Textes, 15. September 2005
- ↑ Muslim-Forum: Wer Raddatz etwas antut, handelt im Auftrag der Feinde des Islam und der Muslime, 8. November 2005
- ↑ OLG Niedersachsen (Broken Link!)
- ↑ OLG Niedersachsen, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – 1 Ws 422/06 (Broken Link!)
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