- Hans-Peter Raddatz
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Hans-Peter Raddatz (* 18. August 1941 in Koblenz) ist ein deutscher Orientalist und Publizist. Er gilt als Kritiker des Islam.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach zweijährigem Wehrdienst studierte Raddatz Orientalistik, Volkswirtschaftslehre und Ethnologie an den Universitäten Hamburg und Bonn (u. a. bei der Orientalistin Annemarie Schimmel, damals wissenschaftliche Rätin am Seminar für Orientalische Sprachen bei der Universität Bonn), und promovierte 1967 in Orientalistik bei Otto Spies und Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn mit der Dissertation: Die Stellung und Bedeutung des Sufyān at-Thawrī. Seit 1967 arbeitete er für internationale Banken und Firmen u. a. im Nahen Osten und den USA.
Einstellung zum Islam
Im Herbig-Verlag veröffentlicht Raddatz seit Anfang 2001 eine Reihe von Büchern, in denen er eine kritische Betrachtung des Islam und der westlichen Gesellschaft einfordert. Raddatz tritt im In- und Ausland auf und publiziert auch in Printmedien; ebenso ist der parteilose Raddatz in der Politikberatung tätig. Er ist zudem häufiger Interviewpartner von Radiosendern der ARD, v.a. des Deutschlandradios [1]. Ein besonderes Anliegen sind ihm die jüdisch-christlichen Werte Europas und das Existenzrecht Israels.
Raddatz fordert die Trennung von Religion und Staat, die Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols und der Gleichberechtigung der Frau durch die Muslime. Nur so können Muslime mit Nichtmuslimen in der Demokratie koexistieren. Er fordert Muslime in der islamischen und der westlichen Welt auf, das Recht des Individuums anzuerkennen, aus der religiösen Gemeinschaft auszutreten (Negative Religionsfreiheit). Gleichzeitig verlangt er, dass jene schariatischen Teile des Islam, die dem Grundgesetz widersprächen, nicht unter den Schutz von Artikel 4 GG (Religionsfreiheit) fallen sollten. Er nennt es „Lex Islam“[2] und fordert eine grundsätzliche Überprüfung dieses Artikels, da bei dessen Formulierung nicht an Religionen gedacht worden sei, die erstens auf einer eigenen Staatsordnung beruhen, zweitens die Religionsfreiheit ablehnen und drittens darauf abzielen, die Rechtsordnung zu beseitigen, der sie ihre freie Ausübung verdankten.[3]
So kritisiert Raddatz den bisherigen Dialog in Politik, Kirchen und Universitäten. Insbesondere setzt er sich für Frauenrechte ein, wobei er die auch im Westen noch nicht vollendete Emanzipation beklagt, sowie für soziale Gerechtigkeit und gegen die angebliche Korruption der Eliten eintritt. Raddatz hat auch den verstorbenen Papst Johannes Paul II. wegen dessen Grenzüberschreitungen im Dialog mit dem Islam kritisiert. Zu diesem Problem hat er in „Die Neue Ordnung“ im Juni 2006 einen Artikel („Assisi und zurück“) publiziert, in dem er den verstorbenen Papst und Benedikt XVI. vergleicht. Darin stimmt er der Sicht des neuen Papstes in der Weise zu, dass er ihn partiell für seine eigene Position vereinnahmt.
Kritik an Raddatz
Die von Raddatz vorgebrachten Erklärungsansätze und Thesen sowie seine Methodik werden von einigen Islamwissenschaftlern kritisiert.
Udo Steinbach, Direktor des Deutschen Orient-Institutes, der seinerseits für seine vermeintlich mangelnde Distanz zu islamistischen Gruppen bzw. Persönlichkeiten kritisiert wurde, sagt über Raddatz: „Er sucht sich das heraus, was an Militanz im Islam auch vorhanden ist, und stellt dies als den Islam heraus. Ich sehe ihn nicht nur als islamkritisch, sondern geradezu als islamfeindlich.“[4]
Werner Schiffauer, Kulturanthropologe in Frankfurt (Oder), der sich gegen ein Verbot islamistischer Gruppen ausspricht, meint: „Seine Arbeit wird der Komplexität des Islams nicht gerecht, er arbeitet zu ungenau. Ich begreife ihn als Autor, der auf die Dramatisierung der Lage setzt.“[4]
Umfassend hat sich der Honorarprofessor der PTH Sankt Georgen in Frankfurt/Main, Christian Troll, mit Raddatz' Werk Von Gott zu Allah? Christentum und Islam in der liberalen Gesellschaft auseinandergesetzt. Troll kommt unter anderem zu folgendem Schluss: „Hans-Peter Raddatzs Sicht der sozialen und intellektuellen Geschichte der muslimischen Völker ist einseitig systemorientiert und essenzialistisch. Wenn es einerseits durchaus sinnvoll und berechtigt erscheint […], die normativen und systemischen Aspekte gebührend zu berücksichtigen, […] so wichtig ist es, gleichzeitig immer wieder die Vielfalt und die unvorhersehbaren Möglichkeiten im Auge zu behalten, die den gelebten Islam der Muslime kennzeichnen. […] Es geht nicht an, die Vielfalt muslimischer Verwirklichungen und Umsetzungen, die sich aus ein und demselben Korpus formativ-normativer Grundquellen speisen, einfach der Oberfläche zuzuschreiben, während man den Kern des Islam -- als sozusagen eine abstrahiert islamische Essenz -- zum unveränderlichen und jeglichem Dialog entzogenem Wesen dieser Religion und Kultur dekretiert.[5]“
Der Islamwissenschaftler Martin Riexinger hat sich näher mit Raddatz Schriften befasst. In einem wissenschaftlichen Beitrag wirft er ihm vor: "In der Gesamtschau überwiegen jedoch unhaltbare Behauptungen und Unterstellungen, sowohl mit Bezug auf die islamische wie die westliche Geschichte. [...] Die Angriffe von Raddatz auf den Islam sind Teil eines Antiliberalismus, der jenem der Islamisten durchaus ähnelt." Zudem behauptet er in diesem Artikel unter anderem auf "Unwissen" zurückzuführende sachliche Fehler in seinen Argumentationen.[6]
Werke
- Die Stellung und Bedeutung des Sufyān al-Thawrī. Diss. Bonn 1967
- Frühislamisches Erbrecht. In: Die Welt des Islams, 13 (1971)
- Von Gott zu Allah? Christentum und Islam in der liberalen Fortschrittsgesellschaft Herbig-Verlag, München. 1. Auflage Mai 2001, ISBN 3776622121
- Von Allah zum Terror? Der Djihad und die Deformierung des Westens. Herbig-Verlag, München, 1. Auflage 2002, ISBN 377662289X
- Allahs Schleier – die Frau im Kampf der Kulturen. Herbig-Verlag, München 2004, ISBN 3776623667
- Die türkische Gefahr? Risiken und Chancen. Herbig-Verlag, München 2004, ISBN 3776623926
- Allahs Frauen – Djihad zwischen Scharia und Demokratie Herbig-Verlag, München 2005, ISBN 3776624485
- Iran – Persische Hochkultur und irrationale Macht. Herbig-Verlag, München 2006, ISBN 978-3-7766-2488-5
- Allah und die Juden - Die islamische Renaissance des Antisemitismus. Berlin 2007, wjs-Verlag, ISBN 978-3-937989266
- Allah im Wunderland: Geld, Sex und Machteliten. Verlag: Western Orient Institute 2009, ISBN 978-3-00-026269-2
Weblinks
- Literatur von und über Hans-Peter Raddatz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die Welt: Suche nach Artikeln von und über Hans-Peter Raddatz
- Der Orientalist Hans-Peter Raddatz: Gegen den Mainstream, Artikel, hagalil.com, 14. Oktober 2005
- Hans-Peter Raddatz: Der Mythos vom toleranten Islam, Die Welt, 11. September 2002.
- Rezensionen zu Hans-Peter Raddatz bei Perlentaucher
- Carsten Hueck: Warnung vor einer muslimischen Weltverschwörung, Deutschlandradio, 24. Mai 2007.
Einzelnachweise
- ↑ Suchergebnis "Raddatz" auf der Website des Deutschlandradios: http://www.dradio.de/suche/?action=search&uri=suche%2F&sp0=1&sp1=1&sp3=1&q=Hans-Peter+Raddatz
- ↑ Deutschlandradio: Islam stimmt nicht mit dem Grundgesetz überein, Interview, Gabi Wuttke, 20. Oktober 2005
- ↑ Von Allah zum Terror?, S. 295
- ↑ a b Allahs Zorn Die Zeit, 44(2005)
- ↑ [1] Christian W. Troll: Islamdialog: Ausverkauf des Christlichen? Anmerkungen zum Buch von Hans-Peter Raddatz. In: Stimmen der Zeit (München) Heft 2, Februar 2002, S. 103-116
- ↑ Martin Riexinger: "Hans-Peter Raddatz: Islamkritiker und Geistesverwandter des Islamismus", in: Thorsten Gerald Schneiders: Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen. Wiesbaden: VS-Verlag 2009, S. 459ff., hier 469.
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