Märkische Heide, märkischer Sand

Märkische Heide, märkischer Sand

„Märkische Heide, märkischer Sand“ (auch geläufig als „Märkische Heide“ oder „Steige hoch, du roter Adler“) ist der Titel eines heimatorientierten Wander- und Marschliedes der 1920er und 1930er Jahre und der inoffiziellen Hymne des Bundeslandes Brandenburg.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Das Lied wurde nach Angaben von Gustav Büchsenschütz (1902–1996) an Himmelfahrt, dem 10. Mai 1923 von ihm selbst gedichtet und komponiert. Die Idee für das Lied sei ihm als Mitglied der Wandervogelbewegung bei einer Übernachtung in der Jugendherberge von Neu Vehlefanz gekommen. Angeblich verschwieg er den Jugendlichen zunächst seine Urheberschaft, um zu testen, wie es bei ihnen ankomme.[1] Ein Gedenkstein erinnert dort heute daran.

Die in einem Interview befragte Margarete Seidel aus Schöneiche berichtet dagegen, dass der Text von einer Jugendgruppe des Bismarckbundes in Berlin-Friedrichshain gemeinsam gedichtet wurde. Büchsenschütz habe in der Jugendgruppe „Friedrich Wilhelm von Seydlitz“ nur die Melodie beigesteuert.[2] Deren letzte Refrainsequenz ähnelt dem russischen Arbeiterlied von 1895: Smelo, towarischtschi, w nogu (Brüder, zur Sonne, zur Freiheit).

Der Refrain des Liedes lautet:

Steige hoch, du roter Adler,
Hoch über Sumpf und Sand,
Hoch über dunkle Kiefernwälder,
Heil dir mein Brandenburger Land.

Verwendung in der völkischen Bewegung

Bereits 1930 findet sich im Liederbuch für den Königin-Luise-Bund, die Frauenorganisation des deutsch-nationalen „Stahlhelm“, das Lied mit den abweichenden Textzeilen: „Brandenburg allwege – Sei unser Losungswort – Dem Hakenkreuz die Treue – und treu zu schwarz-weiß-rot – Heil auch dir, mein Deutschland – wie lange schläfst du noch? – Wir stehn dir bei im Streite – wirf ab das Sklavenjoch – Steige hoch, du roter Adler – und schüttle dein Gewand – Die innern und die äußern Feinde – vertreib aus unserm deutschen Land.“ Seit den 1920er Jahren war Büchsenschütz nach eigenen Angaben völkisch-national eingestellt, und seine eigene Urheberschaft des veränderten Textes wäre laut Ch. Jansen (TU-Berlin) plausibel.[2] Auch der Historiker Daniel Siemens schätzt ein, Büchsenschütz habe schon 1923 tief im „völkischen Milieu“ gesteckt.[3] Ab 1933 wurde das Lied, teilweise auch in dieser Hakenkreuz-Version, in Wehrmacht, SS, SA und HJ gesungen und in Volksliederbüchern abgedruckt. Büchsenschütz bezeichnet 1934 das Lied in der Erstausgabe der von dem NSDAP-Gauleiter Wilhelm Kube publizierten Brandenburger Hefte[4] als „Lied der nationalsozialistischen Erhebung“ und schreibt:

„Zunächst blieb es auch, so unpolitisch sein Inhalt auch sein mochte, ein ,Nazilied' und war daher bei Andersdenkenden verpönt. […] Und wie war der „politische Weg“ des Liedes? Vom Bismarckorden ging es zum ,Frontbann' und zur SA und machte hier den Siegeszug der völkischen Bewegung mit, so dass es jetzt als vielgesungenes Lied der nationalsozialistischen Erhebung gilt. […] Gab es wegen dieses Liedes auch oft harte Zusammenstöße mit politischen Gegnern, so blieb die Kraft des Liedes dennoch ungebrochen. […] Auf den großen Veranstaltungen der NSDAP in Berlin im ,Sportpalast' und im Lustgarten erklang das Brandenburger Lied und warb immer neue Kämpfer für das neue Deutschland.“[5]

Hymne in Brandenburg

In der DDR war das Lied wegen seiner Bedeutung in der Nazi-Zeit unerwünscht, ab 1952 möglicherweise auch, weil seit der Gebietsreform das Land Brandenburg nicht mehr existierte. In der Bundesrepublik zählte die „Märkische Heide“ in der Marschversion wie viele alte Wehrmachtslieder zum Liedgut der Bundeswehr. Im Oktober 1990 wurde es bei der konstituierenden Sitzung des ersten brandenburgischen Landtages gesungen. Ebenso erklingt das Lied zu offiziellen Anlässen der Landesregierung Brandenburg, so zu Empfängen, aber auch zu Ehrungen von Personen. Versuche der SPD (1994) und der DVU (2007), dem Lied den Status einer offiziellen Landeshymne zu verleihen, scheiterten im Landtag.

Tonträger

In der Nazi-Zeit gab es mehrere Schallplattenveröffentlichungen mit einem Blasmusikarrangement von Paul Lincke, vorgetragen von Kapellen und Chören der SA und der SS-Leibstandarte Adolf Hitler, darunter auch eine „Telefunken“-Single, auf der dieses Lied auf der Rückseite des Horst-Wessel-Liedes gepresst war.

Nach 1945 gehörte die Märkische Heide zum Repertoire von Heino und erschien 1977 auf einer LP des ehemaligen SoldatencChores der Waffen-SS sowie auf einer Militärmusik-Doppel-LP des Bundeswehr-Heeresmusikkorps.[6]

Das Neonazi-Label „Eichenlaub Rec.“ präsentiert einen Titel Märkische Heide auf „Macht & Ehre – ... Gegen Den Untermensch“ gemeinsam mit Songnamen wie „Volkssturm 92“, „Adolf Hitler“, „Großdeutschland“, „Der Ewige Jude“ und „Ali Drecksau“.[7]

Kontroversen

2008 forderten Teile der Linken erneut, auf die Verwendung des Liedes zu verzichten. Daraufhin nannte der Brandenburger SPD-Generalsekretär Klaus Ness die Forderung „an den Haaren herbeigezogen“, der Brandenburger CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek verwies darauf, dass der Text „politisch unverfänglich“ sei.[8] Manfred Stolpe (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) warnten vor einer Verunglimpfung der Märkischen Heide als „Nazi-Lied“.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1] Ostpreußenblatt
  2. a b Vom Nazi-Lied zur Landeshymne, Berliner Zeitung, 3. September 2011.
  3. Brandenburger Landeshymne: Brauner Adler, fr-online vom 12. August 2009
  4. vgl. Uwe Rada: Nazi-Lied als Landes-Hymne – Steige hoch, du brauner Adler, taz, 9. August 2009, unter taz.de
  5. Zitiert nach Martin Klesmann: Landeshymne unter Verdacht, Berliner Zeitung, 26. Mai 2008.
  6. Discogs Märkische Heide
  7. Discogs Eichenlaub
  8. Nazi-Lied: Linke will inoffizielle Brandenburg-Hymne abschaffen, Welt Online, 27. Mai 2008.
  9. vgl. Thorsten Metzner: Braune Flecken auf dem „Roten Adler“, Der Tagesspiegel, 27. Mai 2008.

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