Nantenbacher Kurve

Nantenbacher Kurve
Nantenbach–Rohrbach
Streckennummer (DB): 5216
Streckenlänge: 11,3 [1] km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse: D4
Stromsystem: 15 kV 16,7 Hz ~
Minimaler Radius: 2.650–7.000 [2] m
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Zweigleisigkeit: (durchgehend)
Legende
Strecke – geradeaus
Main-Spessart-Bahn von Aschaffenburg
Blockstelle, Awanst, Anst etc.
0,0 Abzw Nantenbach 156 m
Abzweig – in Fahrtrichtung: nach links
Main-Spessart-Bahn nach Gemünden (Main)
Brücke (mittel)
Maintalbrücke Nantenbach (694,5 m)
Tunnel
1,6 Schönraintunnel (3941 m)
Tunnel – bei mehreren Tunneln in Folge
5,8 Harrbachtunnel (526 m)
Tunnel – bei mehreren Tunneln in Folge
6,6 Ständelbergtunnel (618 m)
Tunnel
7,5 Rammersbergtunnel (1361 m)
Tunnel – bei mehreren Tunneln in Folge
Kreuzungsbauwerk (295 m), niveaufreie Einfädelung
Abzweig – in Gegenrichtung: nach rechts
SFS von Fulda
Kilometer-Wechsel
10,7
301,9
Kilometerwechsel
Bahnhof ohne Personenverkehr
302,5 Rohrbach 283 m
Strecke – geradeaus
SFS nach Würzburg

Nantenbacher Kurve (auch Verbindungskurve Nantenbach) ist die Bezeichnung einer Eisenbahn-Verbindungskurve, die die Main-Spessart-Bahn mit der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg verbindet. Aus der Fahrtrichtung von Aschaffenburg nach Würzburg zweigt die Strecke, etwa fünf km nordöstlich von Lohr am Main, bei der Gemarkung Nantenbach (Gemeinde Neuendorf) von der Main-Spessart-Bahn ab und wendet sich in einer weiten Kurve in südöstlicher Richtung, um im Betriebsbahnhof Rohrbach in die Neubaustrecke Hannover–Würzburg kreuzungsfrei einzumünden.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

Die Strecke ist 11,3 km[1] lang, durchgehend zweigleisig, elektrifiziert, mit Linienzugbeeinflussung ausgestattet und durch viele Kunstbauten geprägt: Die Maintalbrücke Nantenbach wird gefolgt vom Schönraintunnel, der den Mühlbergtunnel der Schnellfahrstrecke kreuzt und weiteren drei Tunneln. Rund 60 Prozent der Verbindungskurve liegen in den vier Tunneln mit Längen zwischen 526 und 3.941 Metern. Die Strecke überwindet dabei einen Höhenunterschied von 127 m (Abzweig Nantenbach liegt auf 156 m, Betriebsbahnhof Rohrbach auf 283 m Höhe) aus dem Maintal auf die Marktheidenfelder Platte und ist durchgängig mit 12,5 ‰ Neigung trassiert. Der minimale Kurvenradius von 2.650 m erlaubt eine Fahrgeschwindigkeit von 200 km/h. Die Einfädelung in die Strecke nach Aschaffenburg erfolgt mit bis zu 150 km/h.

Von 11.017 m Baulänge liegen 6.449 m im Tunnel und 740 m auf Brücken. Die Strecke liegt auf ihrer vollen Länge im Naturpark Spessart.[2]

Als weitere Besonderheit sind die abzweigend mit 200 km/h befahrenen Schnellfahrweichen im Betriebsbahnhof von Rohrbach zu erwähnen. Die neu entwickelten Weichen sind insgesamt 154 m lang und 210 t schwer; die Länge der Zungen liegt bei 56 m.[3] Das Weichenpaar zählt heute zu den sechs am schnellsten abzweigend befahrenen Weichen in Deutschland.

Der Oberbau wurde weitgehend in Fester Fahrbahn auf Asphalttragschicht (Bauart ATD, Deutsche Asphalt) ausgeführt.[4] Die zwischen dem Südportal des Schönraintunnels und dem Südportal des Rammersbergtunnels verlegte Fahrbahn war die erste Anwendung des neuen Oberbau-Systems in diesem Umfang in Deutschland.[2]

Verkehrliche Bedeutung

Die Strecke dient der Entlastung der überlasteten Streckenabschnitts Gemünden – Würzburg.[5] Gleichzeitig erfolgt durch die Strecke eine Trennung von schnellem Personen- und langsamen Güterverkehr im Zulauf nach Würzburg. Durch beide Maßnahmen wird der stark befahrene Abschnitt Gemünden–Würzburg entlastet. Zwischen Gemünden, wo sich die Main-Spessart-Bahn und die Bahnstrecke Flieden–Gemünden vereinen, und Würzburg verkehrten bereits 1990 durchschnittlich 218 Züge pro Tag und Richtung; die Kapazität war für lediglich 120 Züge pro Tag und Richtung ausgelegt.[2][6]

Die Nantenbacher Kurve verkürzt in Verbindung mit dem Neubaustreckenabschnitt Rohrbach–Würzburg die Streckenlänge zwischen Nantenbach und Würzburg um 9,3 km, von 45,5 km[7] auf 36,2 km[8] gegenüber der Main-Spessart-Bahn und erlaubt eine Fahrzeitverkürzung (Stand: Fahrplan 2005) von etwa elf Minuten im Personenfernverkehr.

Geschichte

Planung

Das Raumordnungsverfahren für den Neubaustrecken-Abschnitt zwischen Gemünden und Würzburg, einschließlich der Nantenbacher Kurve, wurde am 17. September 1975 eingeleitet. Im Mai 1976 lag ein erster Trassierungsentwurf für den Abschnitt zwischen der hessisch-bayerischen Landesgrenze und Würzburg vor (spätere Bau-Km 250 bis 311).[9] Am 21. Juni 1978 erteilte der Bundesverkehrsminister die Genehmigung gemäß 14 (3) BbG.[10]

Am 25. Februar 1980 erhielt die Projektgruppe Hannover–Würzburg Süd, die bei der Bundesbahndirektion Nürnberg den südlichen Streckenabschnitt der Neubaustrecke plante, den Auftrag, den Ausbau der Strecke zwischen Gemünden und Aschaffenburg voranzutreiben. Neben dem Neubau eines Tunnels im Bereich an der Spessartrampe war hierin insbesondere die Nantenbacher Kurve enthalten. Die damalige Bundesbahn rechnete zu diesem Zeitpunkt nicht mit nennenswerten Einwendungen und hielt eine rasche Realisierung daher für möglich.[11] Am 20. Mai 1981 wurde das Raumordnungsverfahren für den Schnellfahrstreckenabschnitt zwischen Gemünden und Würzburg, einschließlich der Nantenbacher Kurve, abgeschlossen.[9]

Die Nantenbacher Kurve sollte ursprünglich mit der Neubaustrecke Hannover−Würzburg im Jahr 1991 in Betrieb gehen. Als das Neubaustrecken-Teilstück Fulda−Würzburg im Sommer 1988 in Betrieb ging, waren im Betriebsbahnhof Rohrbach bereits die Trasse für die Nantenbacher Kurve vorbereitet und deren Signale aufgestellt, obwohl die zugehörigen Schienen noch fehlten.[12] Das Kreuzungsbauwerk mit der Schnellfahrstrecke war bereits im Zuge der Neubaustrecken-Bauarbeiten in den 1980er Jahren im Rohbau erstellt worden.[2]

Anfang 1984 wurde mit der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für Mitte 1984 gerechnet.[13] Nach vierjähriger Planungsphase wurde im Herbst 1988 der Planfeststellungsbeschluss erteilt. In Folge von Klagen kam es jedoch zu weiteren Verzögerungen[12]. Nach Angaben der damaligen Deutschen Bundesbahn konnte die vorgesehene Bauzeit durch „eine konsequente Straffung der Arbeitsabläufe“ von fünf auf vier Jahre verkürzt werden.[2]

Ab 1985 hatte eine Bürgerinitiative versucht, den Bau der Maintalbrücke Nantenbach zu verhindern. Im Oktober 1988 erhob darüber hinaus die Stadt Gemünden Klage gegen die Nantenbacher Kurve. Die Stadtverwaltung bezweifelte die Notwendigkeit der Kurve, da die weitere Strecke bis Aschaffenburg entgegen früherer Planungen nicht mehr ausgebaut werden sollte.[14]

Bau

Die Bauarbeiten begannen schließlich im März 1990[15]. (Andere Quelle: Mai 1991[2])

Die Überschussmassen aus dem Tunnelbau (rund 800.000 m³) wurden teils für den neuen Damm im Maintal verwendet, teils in einem ehemaligen Steinbruch sowie im Kalburger Damm nahe Rohrbach abgelagert.[2]

Zeitgleich zur Nantenbacher Kurve wurde für Nantenbach eine neue Ortsumgehung der Bundesstraße 26 geplant und gebaut.[2] Die Planung der Bundesstraße 26 musste, gegenüber dem ursprünglichen Planungsstand von 1970, Anfang 1977 durch die geplante Bahnstrecke angepasst werden.[16]

Inbetriebnahme

Die Strecke wurde im Juni 1994 in Betrieb genommen[17] und im Rahmen des ehemaligen Ausbaustreckenprojektes Hanau–Rohrbach errichtet. Die ursprünglich für 1995 geplante Eröffnung[18] wurde aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens im Rahmen der Deutschen Wiedervereinigung vorgezogen.

Im Rahmen der Bauphase wurden auch die Aschaffenburg-Gemündener Bahnstrecke und die Bundesstraße 26 verlegt.

Die Baukosten wurden 1991 mit etwa 330 Millionen D-Mark (rund 168 Millionen Euro) angegeben[19].

Verkehr

2005 befuhren täglich 32 Züge des Personenfernverkehrs sowie ca. 60 Züge des Güterverkehrs in beiden Richtungen die Verbindungskurve.

Der Überholbahnhof Rohrbach, in den die Strecke einmündet, wird aus Würzburg heraus ferngesteuert.[12]

In dem 1987 vorgelegten Betriebsprogramm für die Kurve ging die Bundesbahn von 32 Zügen pro Tag (Richtung Aschaffenburg) bzw. 35 (Richtung Würzburg) aus, je zur Hälfte Personen- und Güterzüge.[14]

Weblinks

 Commons: Nantenbacher Kurve – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Heinz-Dietrich Könnings: Die Tunnel der Verbindungskurve Nantenbach. In: Die Bundesbahn. 10/1991, S. 987–991.

Einzelnachweise

  1. a b Trassenpreis-Software 2011 (Stand: Oktober 2010) der DB Netz AG: Trassenlänge von Nantenbach nach Rohrbach von 11,331 km
  2. a b c d e f g h i Deutsche Bundesbahn (Hrsg.), Hauptabteilung Fahrwegprojekte der Bundesbahndirektion Nürnberg: Über den Fluß und durch die Berge: Die Verbindungskurve Nantenbach. Broschüre (16 A4-Seiten), Nürnberg, 1993, S. 2, 4, 6, 10, 12, 14
  3. Lothar Friedrich, Albert Bindinger: Die Komponenten des Fahrwegs für das ICE-System in der Bewährung. In: Eisenbahntechnische Rundschau, 1992, Heft 6, S. 391–396
  4. J. Eisenmann, G. Leykauf: Feste Fahrbahn für Schienenbahnen. In: Betonkalender 2000 BK. Verlag Ernst & Sohn, Berlin 2000, S. 291–298.
  5. Helmut Maak: Der Entwurf der Neubaustrecke Hannover – Würzburg, Streckenabschnitt hessisch/bayerische Landesgrenze – Würzburg. In: Die Bundesbahn, Jahrgang 53 (1977), Heft 12, S. 883–893, ISSN 0007-5876
  6. Heinz-Dietrich Könnings: Die Tunnel der Verbindungskurve Nantenbach. In: Die Bundesbahn. 10/1991, S. 987–991
  7. Trassenpreis-Software 2011 (Stand: Oktober 2010) der DB Netz AG: Trassenlänge von Nantenbach nach Würzburg Hbf über Lohr Bahnhof von 45,516 km
  8. Trassenpreis-Software 2011 (Stand: Oktober 2010) der DB Netz AG: Trassenlänge von Nantenbach nach Würzburg Hbf von 36,218 km
  9. a b Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Nürnberg, Projektgruppe H/W Süd der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover – Würzburg: Mühlbergtunnel I. Vortrieb, Ausbau, Ausstattung und Kosten. Broschüre, September 1983, S. 26
  10. Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Nürnberg, Projektgruppe H/W Süd der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover–Würzburg. Der Landrückentunnel. Vortrieb, Ausbau, Ausstattung und Kosten. Nürnberg, Dezember 1984, S. 32
  11. Verfahrensruhe bei fortschreitenden DB-Planungen. In: Bayerische Staatszeitung, 18. April 1980, S. 4
  12. a b c K. G. Baur: Fulda−Würzburg und zurück. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 205, Oktober 1989, ISSN 0170-5288, S. 32–37.
  13. Helmut Maak: Die Bundesbahn-Neubaustrecke zwischen Main und Spessart (Südabschnitt Hannover–Würzburg). In: Internationales Verkehrswesen, Jahrgang 36 (1984), Heft 2 (März/April), S. 126–132, ISSN 0020-9511
  14. a b Nantenbacher Kurve wird im Frühjahr gebaut. In: Aschaffenburger Volksblatt, 22. Juli 1989
  15. Jürgen Hörstel, Marcus Niedt: ICE – Neue Züge für neue Strecken. Orell-Füssli-Verlag, Zürich/Wiesbaden 1991, S. 14–19, ISBN 3-280-01994-X
  16. Neue B 26 Langenprozelten–Gemünden muß Neubaustrecke berücksichtigen. In: Main-Echo, Nr. 46, 1977, 24. Februar 1977
  17. Wolfgang Henn, Eberhard Jänsch: Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutschland − eine Zwischenbilanz. In: Wolfram O. Martinsen, Theo Rahn (Hrsg.): ICE – Zug der Zukunft. Hestra-Verlag, Darmstadt 1997, S. 90–99.
  18. Horst J. Obermayer: Neue Fahrwege für den InterCityExpress. In: Herrmann Merker (Hrsg.): ICE – InterCityExpress am Start. Hermann Merker Verlag, Fürstenfeldbruck 1991, ISBN 3-922404-17-0, S. 57–69.
  19. Josef Theiner: Der Schönraintunnel. In: Beton, 8/1991, S. 378–380

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