Okruaschwili

Okruaschwili
Irakli Okruaschwili

Irakli Okruaschwili (georgisch ირაკლი ოქრუაშვილი; * 6. November 1973 in Zchinwali) ist ein georgischer Politiker (Bewegung für ein vereintes Georgien). Der Rechtsanwalt war von Juni bis Dezember 2004 Innenminister, von Dezember 2004 bis November 2006 Verteidigungsminister und sechs Tage im November 2006 Minister für wirtschaftliche Entwicklung Georgiens. Am 25. September 2007 gründete er die Oppositionspartei Bewegung für ein vereintes Georgien. Seit April 2008 lebt er im Exil in Frankreich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Beruf

1990 beendete er die Oberschule in Tiflis mit dem Abitur. 1995 schloss er ein juristisches Staatsexamen an der Staatlichen Universität Tiflis ab. Anschließend arbeitete er zunächst in der Leitung der Zentralen Wahlkommission Georgiens, später als Berater beim TACIS-Projekt Staatliches Dienstleistungsgremium der Europäischen Union. Von Februar 1996 bis 1998 war er Rechtsanwalt in der Kanzlei Kordsadse, Swandidse und Okruaschwili, von 1998 bis 2000 in der Kanzlei Okruaschwili & Partner in Tiflis. Ab 1998 hielt er Vorlesungen über internationales Handelsrecht an der Staatlichen Universität.

Okruaschwili ist Mitglied der Welt-Juristengesellschaft und der Internationalen Juristischen Gesellschaft.

Oppositionspolitiker in der Ära Schewardnadse

Im Oktober 2000 wurde Okruaschwili Stellvertreter des damaligen Justizministers Micheil Saakaschwili und dessen Hauptberater in Justizfragen. Gemeinsam mit ihm trat er im Oktober 2001 aus Protest gegen mangelnde Unterstützung bei der Korruptionsbekämpfung von seinem Amt zurück. Im Juni 2002 wurde er auf der Liste der Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung zum Mitglied des Stadtrats von Tiflis gewählt. Fünf Monate später wurde er Vorsitzender des Inspektionsausschusses des Stadtrats.

Bei den Parlamentswahlen im November 2003 errang er ein Direktmandat in Gori. Nach der Rosenrevolution ernannte ihn Präsident Saakaschwili zunächst zum Verwaltungschef der Rayons Gori, Kaspi, Chaschuri, Dschawa und Zchinwali. Im Januar 2004 wählte ihn das Parlament zum Generalstaatsanwalt Georgiens. Okruaschwili profilierte sich bei der Strafverfolgung korrupter Beamter und der Übereignung ihres illegal erworbenen Eigentums an den Staat. Er ließ die Chefs der Staatsbahnen, des Sportverbandes und der Postbank verhaften, kurz bevor sie mit größeren Summen untertauchen konnten.

Minister

Am 10. Juni 2004 wurde Okruaschwili auf Vorschlag Präsident Saakaschwilis vom Parlament zum georgischen Innenminister gewählt. Im neuen Amt entließ er rund 15.000 Beamte der Verkehrspolizei und reorganisierte die polizeilichen Funkstreifen.

Am 15. Dezember 2004 wurde er zum Verteidigungsminister ernannt. Er trieb den Aufbau der Armee nach NATO-Standards voran. Im April 2005 wurde bekannt, dass Okruaschwili Militärausgaben in Millionenhöhe aus einem halboffiziellen Armee-Unterstützungsfonds bestritt, der aus Mitteln gespeist wurde, die von korrupten Verwaltungsbeamten der Schewardnadse-Ära an die Staatsanwaltschaft gezahlt worden waren, um einem Strafverfahren zu entgehen. Der Fonds wurde hinter dem Rücken des Parlaments eingerichtet und war der parlamentarischen Kontrolle entzogen.

Gegenüber Georgiens abtrünnigen Gebieten Südossetien und Abchasien galt er als Hardliner. Im Mai 2006 kündigte er an, er werde Neujahr 2007 entweder im mit Georgien wiedervereinten Südossetien feiern, oder als Verteidigungsminister zurücktreten. Am 3. September 2006 wurde Okruaschwili mit einem Hubschrauber über Südossetien abgeschossen, nachdem er dort entgegen dem Waffenstillstandsabkommen vom 11. Juli 2004 mit Militärgerät eingeflogen war. Bei dem Zwischenfall blieb er unverletzt, da der Pilot auf georgischem Territorium notlanden konnte.

Nach einer Umfrage der Tageszeitung Kwiris palitra wurde Okruaschwili Anfang November 2006 von über 90 Prozent der Georgier als der einflussreichste Politiker des Landes nach Präsident Saakaschwili angesehen. Bei den Sympathiewerten lag er deutlich niedriger: In einer Folgeumfrage vom 13. November bescheinigten ihm lediglich 53% der Bürger, "sympathischster Politiker" Georgiens zu sein.

Am 11. November 2006 löste ihn Präsident Saakaschwili Okruaschwili als Verteidigungsminister ab und ernannte ihn zum Minister für wirtschaftliche Entwicklung. Sechs Tage später erklärte er seinen Rücktritt von diesem Amt. Vor Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums sagte er, er hinge an der Verteidigungspolitik und könne sich mit seiner Ablösung nicht abfinden. Okruaschwili erläuterte später, es sei zwischen ihm und Saakaschwili zum Bruch gekommen, nachdem jener seinen Plan, Südossetien "unter minimalen Verlusten" zurückerobern, abgelehnt habe. [1]

Oppositionspolitiker in der Ära Saakaschwili

Am 25. September 2007 gründete Okruaschwili die Oppositionspartei Bewegung für ein vereintes Georgien. Auf einer Pressekonferenz beschuldigte er Präsident Saakaschwili am gleichen Tag, ihn im Juli 2005 als Verteidigungsminister beauftragt zu haben, den georgisch-russischen Geschäftsmann Badri Patarkazischwili zu liquidieren. Saakaschwili habe gesagt, er solle versuchen, ihn wie den früheren libanesischen Premierminister Rafik Hariri loszuwerden. Er wisse zudem, dass Saakaschwili damals Innenminister Wano Merabischwili angewiesen habe, den oppositionellen Abgeordneten Waleri Gelaschwili (Republikanische Partei Georgiens) verprügeln zu lassen. [2] [3] Als er 2004 als Innenminister den Unternehmer Temur Alasania, einen Onkel Saakaschwilis, wegen Bestechung verhaftet habe (mutmaßliche Bestechungssumme: 200.000 US-Dollar), habe er ihn auf Anweisung des Präsidenten freilassen müssen. [4]

Okruaschwili wurde drei Tage später verhaftet. Er wurde des Betrugs, der Geldwäsche, der Fahrlässigkeit im Dienst und eines Missbrauchs der Machtbefugnisse beschuldigt. Am 9. Oktober wurde er freigelassen, nachdem er sich schuldig erklärt hatte und eine Kaution von zehn Millionen Lari (ca. vier Mio. Euro) hinterlegt hatte. Die Staatsanwaltschaft veröffentlichte eine audiovisuell aufgezeichnete Vernehmung, in der Okruaschwili seine Vorwürfe gegen Saakaschwili widerrief und sie als politisches Manöver bezeichnete. [5] Über 2.000 Menschen demonstrierten in Tiflis gegen die Verhaftung. [6] Die Verhaftung wurde zum Auslöser der Massenproteste in Georgien im November 2007.

Am 15. Dezember 2007 wählte ihn der Parteikongress der Bewegung für ein vereintes Georgien in Abwesenheit zum Ehrenvorsitzenden.

Exil

Am 1. November verließ er, nach eigenen Angaben unter Zwang [7], nach Angaben des georgischen Generalstaatsanwalts "zu einer medizinischen Behandlung" [8], die Kaukasusrepublik. Am gleichen Tag beantragte er in Deutschland politisches Asyl. [9] In einer Liveschaltung aus München erneuerte er am 5. November im georgischen Fernsehsender Imedi seine Vorwürfe gegen Präsident Saakaschwili. [10] Am 14. November wurde der georgische Haftbefehl gegen ihn erneuert. [11] Am 27. November wurde er daraufhin in Berlin festgenommen. Ein Auslieferungsersuchen der georgischen Behörden wurde geprüft. [12] Am 9. Januar 2008 wurde Okruaschwili an Frankreich übergeben, da er mit einem von Frankreich ausgestellten Schengen-Visum nach Deutschland eingereist war. [13] Am 31. Januar wurde er aus dem Polizeigewahrsam entlassen. [14] Am 23. April gewährte ihm Frankreich politisches Asyl. [15]

Okruaschwili wurde vom Stadtgericht Tiflis in Abwesenheit zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe wegen "breitangelegter Erpressung" verurteilt. Nach Darstellung der Richter soll er den Geschäftsmann Dschemal Swanidse im Oktober 2006 genötigt habe, ihm 2,6% der Aktien an der Mobiltelefonfirma Geocell zu übertragen. Als Komplize habe ihm der damalige Chef der staatlichen Kommunikationkommission, Dimitri Kitoschwili, gedient. Mit dem Urteil verlor der Politiker das Wahlrecht in Georgien. [16]

Privates

Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Neben georgisch beherrscht er die russische und die englische Sprache. Im Juni 2008 wurde sein Onkel, Surab Giguaschwili, Opfer einer Entführung durch vier maskierte Männer, die ihn mit einem Auto in einen Vorort von Tiflis fuhren, krankenhausreif schlugen, sein Laptop und sein Mobiltelefon entwendeten. [17] [18]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Märkische Allgemeine: Ein Falke auf der Flucht, 30.11.2007
  2. Radio Free Europe: Ex-Minister Says Georgian President Ordered Killings, 25.9.2007
  3. Civil Georgia: Okruashvili Ups Ante on Former Allies, 26.9.2007
  4. Civil Georgia: Irakli Okruashvili’s Speech at Presentation of his Party, 25.9.2007
  5. Civil Georgia: Okruashvili May Be Freed on Bail after Pleading Guilty, 8.10.2007
  6. Rustavi 2: Opposition holds large-scale rally, 28.9.2007
  7. Civil Georgia: Don't Extradite Okruashvili - Party Tells Germany, 30.11.2007
  8. Civil Georgia: Germany Hands Okruashvili Over to France, 9.1.2008
  9. Civil Georgia: Don't Extradite Okruashvili - Party Tells Germany, 30.11.2007
  10. Civil Georgia: Sidelined Okruashvili Back into Play, 6.11.2007
  11. Georgien Nachrichten: Gericht in Georgien ordnet Untersuchungshaft gegen Okruaschwili an, 14.11.2007
  12. Der Spiegel: Gegenspieler von Präsident Saakaschwili in Berlin festgenommen, 28.11.2007
  13. Civil Georgia: Germany Hands Okruashvili Over to France, 9.1.2008
  14. Civil Georgia: Okruashvili Released, but under House Arrest, 31.1.2008
  15. Civil Georgia: France Grants Asylum to Okruashvili, 23.4.2008
  16. Civil Georgia: Okruashvili Jailed for 11 Years in Absentia, Barred from Polls, 28.3.2008
  17. Civil Georgia: Okruashvili’s Uncle Attacked in Tbilisi, 11.6.2008
  18. Rustavi 2: Fugitive ex-minister's uncle assaulted, 11.6.2008

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