Südossetien

Südossetien
Хуссар Ирыстон

Южная Осетия
სამხრეთი ოსეთი
Südossetien

Flagge Südossetiens
Wappen Südossetiens
Flagge Wappen
De‑facto‑Regime, Gebiet
ist völkerrechtlich Teil von
Georgien
Amtssprache Ossetisch, Russisch, Georgisch
Hauptstadt Zchinwali
Regierungsform Republik
Oberhaupt Präsident Eduard Kokoity
Regierungschef Premierminister Wadim Browzew
Fläche 3885 km²
Einwohnerzahl 72.000[1]
Bevölkerungsdichte 8 Einwohner pro km²
Währung 1 Rubel = 100 Kopeken
Gründung 20. September 1990
Nationalhymne Nationalhymne
Zeitzone UTC +3
South Ossetia in its region (less biased).svg
South Ossetia in Georgia (hatched).svg
Osetia Południowa.png

Südossetien (ossetisch Хуссар Ирыстон/Chussar Iryston, georgisch სამხრეთი ოსეთი/Samchreti Osseti, russisch Южная Осетия/Juschnaja Ossetija) ist eine gebirgige Region unmittelbar südlich des Kamms des Großen Kaukasus, die völkerrechtlich als Teil Georgiens gilt, de facto jedoch unabhängig ist und nicht der Zentralmacht in Tiflis untersteht. Vier Staaten haben die staatliche Souveränität Südossetiens anerkannt: Russland, Nicaragua, Venezuela und Nauru. Die Einwohnerzahl beträgt 72.000, die Fläche umfasst 3885 km².

Inhaltsverzeichnis

Status

Bereits vor der Auflösung der UdSSR erklärte sich das autonome Gebiet 1990 als Republik Südossetien (ossetisch Республикæ Хуссар Ирыстон/Respublika Chussar Iryston; russisch Республика Южная Осетия/Respublika Juschnaja Ossetija; georgisch სამხრეთ ოსეთის რესპუბლიკა/Samchret Ossetis Respublika) für unabhängig von der Georgischen SSR. Georgien beansprucht Südossetien weiterhin als Bestandteil seines Staatsgebiets und wird darin von den meisten Staaten und internationalen Organisationen unterstützt. Nach dem Kaukasuskrieg 2008 erkannten Russland und danach Nicaragua Südossetien sowie Abchasien als souveräne Staaten an. Im September 2009 folgte Venezuela[2] und im Dezember 2009 Nauru.[3] Zusammen mit Abchasien, Transnistrien und der Republik Bergkarabach bildet Südossetien die Gemeinschaft nicht anerkannter Staaten.

Von einigen Völkerrechtlern wird der Republik Südossetien der Status eines De-facto-Regimes zugestanden.[4] Dagegen wird eingewendet, dass diese nur durch russische Militärpräsenz überhaupt bestehe[5] und noch nicht ausreichend gefestigt sei.[6]

Geographie

Die Hauptstadt ist Zchinwali. Das Gebiet grenzt im Norden an die zu Russland gehörende Republik Nordossetien-Alanien und liegt überwiegend auf dem Gebiet der georgischen Region Innerkartlien (Schida Kartli). Es umfasst eine Fläche von 3885 Quadratkilometern. Das südlich des Kaukasus-Hauptkamms gelegene, gebirgige Land liegt auf einer Höhe von 1.000 bis 4.000 Metern über dem Meeresspiegel. 1989 lebten in der Region 99.000 Einwohner, 2008 waren es etwa 75.000.

Bevölkerung

Vor dem Südossetien-Konflikt seit 1989 waren mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Südossetiens ethnische Osseten, 25–30 % waren Georgier.[7] Die letzte Volkszählung von 1989 mit Beachtung Südossetiens wurde noch in der Sowjetunion durchgeführt. Neben dem Ossetischen ist die zweite Amtssprache Russisch. 95 Prozent der Einwohner haben die russische Staatsbürgerschaft angenommen und sind dadurch von der Visumregelung Russlands ausgenommen, die für Georgier gilt. Im Zusammenhang mit den Konflikten um Südossetien und dem auch mit diesen verbundenen wirtschaftlichen Niedergang nahm die Einwohnerzahl nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stetig ab. 2010 leben Schätzungen zufolge nur noch 30.000 Menschen in Südossetien, davon etwa 2.500 Georgier.[8]

Quelle: Russisches Staatsarchiv für Wirtschaft[9]
Zensus 1926 Zensus 1939 Zensus 1959 Zensus 1970 Zensus 1979 Zensus 1989
Osseten 60.351 (69,1 %) 72.266 (68,1 %) 63.698 (65,8 %) 66.073 (66,5 %) 65.077 (66,4 %) 65.223 (66,2 %)
Georgier 23.538 (26,9 %) 27,525 (25,9 %) 26.584 (27,5 %) 28.125 (28,3 %) 28.187 (28,8 %) 28.544 (29,0 %)
Russen 157 (0,2 %) 2.111 (2,0 %) 2.380 (2,5 %) 1.574 (1,6 %) 2.046 (2,1 %) 2.128 (2,2 %)
Armenier 1.374 (1,6 %) 1.537 (1,4 %) 1.555 (1,6 %) 1.254 (1,3 %) 953 (1,0 %) 984 (1,0%)
Juden 1.739 (2,0 %) 1.979 (1,9 %) 1.723 (1,8 %) 1.485 (1,5 %) 654 (0,7 %) 396 (0,4 %)
Andere 216 (0,2 %) 700 (0,7 %) 867 (0,9 %) 910 (0,9 %) 1.071 (1,1 %) 1.243 (1,3 %)
Gesamt 87.375 106.118 96.807 99.421 97.988 98.527

Sprachen

In Südossetien wird das Ossetische gesprochen, und zwar in der Variante Ironisch. Am verbreitetsten ist dabei der Kudarische Dialekt, weiter auch die Dialekte Ksanisch und Urstualisch. Die ironischen Dialekte Südossetiens weisen - im Gegensatz zum Ironischen Nordossetiens - zahlreiche Entlehnungen aus dem Georgischen auf.

Neben Ossetisch wird in Südossetien auch Georgisch gesprochen.

Geschichte

Die iranischsprachigen Osseten, wohl direkte Nachfahren der Alanen, wanderten in der Antike aus Gebieten südlich des Don in den Kaukasus ein. Im Mittelalter hieß das unter anderem von Osseten besiedelte Gebiet südlich des Kaukasus-Hauptkamms Samatschablo und war im Besitz der georgischen Fürsten Matschabeli. Samatschablo gehörte zunächst zum Königreich Georgien, später zum georgischen Königreich Kachetien, dann zum Königreich Kartli-Kachetien.[10] Nach der Annexion Kartlien-Kachetiens durch Russland wurde es 1801 Teil des russischen Gouvernements Tiflis (russisch: Tiflisskaja Gubernija). 1842 wurde die russische Verwaltungseinheit Okrug Ossetien (Kreis Ossetien) gegründet, in der 60.000 Osseten lebten. Außerhalb des Gebiets, in den Bezirken von Bordschmoi, Chaschuri, Kareli, Gori, Kaspi, Mzcheta, Duscheti, Kasbegi, Achmeta und in Tiflis lebten ca. 100.000 Osseten.

In den Jahren 1918-1921 war Südossetien ein Bestandteil der Demokratischen Republik Georgien. Da ihre Selbstverwaltung aus russischen Zeiten aufgehoben war, kam es zu Aufständen der Osseten gegen den georgischen Staat. Als 1920 die Georgische Regierung die Nationalgarde nach Zchinwali schickte, sollen nach Ossetischen Angaben 5000 Osseten getötet und mehr als 13000 nachher an Hunger und Epidemien gestorben sein [11]. Nach der Annexion der Demokratischen Republik Georgien durch die Sowjetunion wurde es als Südossetisches Autonomes Gebiet am 20. April 1922 ein Teil der Georgischen SSR.

Georgisch-südossetischer Krieg

Am 10. November 1989 beschloss der Oberste Sowjet des Bezirks die Gründung einer Südossetischen Autonomen Sowjetrepublik, was am 16. November vom Präsidium des Obersten Sowjets der Georgischen SSR für unwirksam erklärt wurde.[12] Es kam zum ersten Südossetien-Konflikt, der bis Januar 1990 dauerte. Georgische Nationalisten belagerten Zchinwali. Truppen des sowjetischen Innenministeriums versuchten, die verfeindeten Seiten zu trennen.

Am 20. September 1990 erklärte sich Südossetien als Demokratische Sowjetrepublik erneut unabhängig. Georgische Milizen marschierten in das Gebiet ein. In Zchinwali wurden von Georgiern Häuser angezündet. Russland entsandte Truppen, die auf Seiten der Südosseten eingriffen. Die Kämpfe forderten etwa 2000 Tote auf beiden Seiten. Etwa 100.000 Osseten flohen aus Georgien und Südossetien nach Russland, 20.000 Georgier flohen nach Georgien, zumeist nach Tiflis. Im Dezember 1990 wurde der Ausnahmezustand über Südossetien verhängt. Am 1. September 1991 benannte sich das Gebiet in Republik Südossetien um. Am 6. September 1991 brach Georgien unter Präsident Swiad Gamsachurdia die offiziellen Beziehungen zur Sowjetunion ab. Am 25. November 1991 hob der georgische Oberste Sowjet den Ausnahmezustand über Südossetien wieder auf und drei Tage später erklärte sich Südossetien erneut für unabhängig. Snaur Gassijew wurde vom südossetischen Obersten Sowjet zum Parlaments- und Ministerpräsidenten gewählt. Regierungschef wurde Oleg Tesejew. Südossetien umfasste 1991 rund 125.000 Einwohner, davon 66 Prozent Osseten und 29 Prozent Georgier. In einem Referendum über das Autonome Gebiet Südossetien sprachen sich am 19. Januar 1992 über 90 Prozent der Teilnehmer für die Unabhängigkeit von Georgien und den Anschluss an das zu Russland gehörende Nordossetien aus. Am 25. April 1992 wurden die ehemaligen Sondertruppen des sowjetischen Innenministeriums abgezogen, was zu heftigen Kämpfen zwischen südossetischen und georgischen Einheiten führte.[13]

Einsatz einer Friedenstruppe 1992

Denkmal für die Opfer des georgisch-ossetischen Krieges 1992 in Zchinwali

Am 24. Juni 1992 unterzeichneten der russische Präsident Boris Jelzin und Georgiens Präsident Eduard Schewardnadse in Dagomys ein Waffenstillstandsabkommen und die Aufstellung einer 1500 Soldaten umfassenden Friedenstruppe, die aus Russen, Osseten und Georgiern besteht. Sie wird von einer Gemischten Kontrollkommission, in der Georgien, Russland, Süd- und Nordossetien vertreten sind, beaufsichtigt. Georgien zog daraufhin seine Truppen aus Südossetien ab.

Am 15. Mai 1993 unterzeichneten der russische Verteidigungsminister Gratschow und sein georgischer Amtskollege Karkaraschwili ein Abkommen über den vollständigen Abzug der russischen Truppen aus Georgien bis Ende 1995. Allerdings sicherten russische Truppen auf Bitten der georgischen Regierung unter Schewardnadse wichtige Bahn- und Hafenanlagen gegen Aufständische des ehemaligen Präsidenten Gamsachurdia in Westgeorgien und erhielten in einer Vereinbarung vom 3. Februar 1994 die Erlaubnis zur Errichtung von drei Militärstützpunkten in Georgien mit rund 20.000 Soldaten, die auch nach dem auslaufenden Abkommen stationiert bleiben konnten.

Am 27. August 1996 unterzeichneten Georgiens Präsident Schewardnadse und der Parlamentspräsident und spätere Präsident Südossetiens Ludwig Tschibirow nach einem Treffen in Wladikawkas eine Erklärung, nach welcher von beiden Seiten eine Lösung des Konflikts gemäß den „Prinzipien der territorialen Integrität und des Rechtes der Völker auf Selbstbestimmung“ angestrebt werde[14].

Drei-Stufen-Plan Saakaschwilis 2004

Die Regierung in Tiflis beabsichtigt, Südossetien nach dem Modell des Machtwechsels in Adscharien wieder in Georgien einzugliedern. Präsident Micheil Saakaschwili legte am 22. September 2004 vor der UN-Generalversammlung einen Drei-Stufen-Plan zur Beilegung der Konflikte in Südossetien und Abchasien und Rückführung der Gebiete unter georgische Herrschaft vor. Die Regierungen von Südossetien und Abchasien wiesen den georgischen Plan zurück.

Im Mai 2004 errichtete Georgiens Regierung zehn Kilometer von Zchinwali entfernt an der von Russland kommenden Transkaukasischen Fernstraße einen Polizeikontrollpunkt und verlegte Spezialeinheiten und Truppen des Innenministeriums an den Kontrollpunkt, um das Gebiet zu isolieren. Südossetiens Regierung reagierte mit der Verhaftung von 50 georgischen Soldaten, die später wieder freigelassen wurden. Immer wieder kam es zu Schusswechseln zwischen georgischen und südossetischen Verbänden.

Waffenstillstandsbrüche

Georgische Soldaten (2004)

Am 11. Juli 2004 verständigten sich Georgien und Südossetien auf einen Waffenstillstand, unterzeichneten vier Tage später in Moskau ein Protokoll, das eine Entmilitarisierung Südossetiens vorsah. Georgien sollte außer 500 Friedenssoldaten alle Einheiten abziehen, Südossetien abchasische und russische Truppen aus dem Land weisen. Am 5. November 2004 wurde die Entmilitarisierung vertraglich vereinbart.

Zu einem Ende der gewalttätigen Auseinandersetzungen kam es aber nicht. Am 20. September 2005 wurde die südossetische Hauptstadt Zchinwali von der georgischen Armee mit Mörsern beschossen. Georgiens Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse drohte gleichzeitig das im Juni 1992 geschlossene Waffenstillstandsabkommen von Dagomys zu kündigen. Sie machte dies von der Beendigung der Unterstützung der russischen Friedenstruppen in Südossetien nach dem 15. Juni 2006 abhängig. Die USA forderten von Russland, die südossetische Regierung nicht länger zu unterstützen. Andererseits verdeutlichten sie der georgischen Regierung zugleich, dass sie eine Gewalteskalation nicht mittragen würden.

Referendum im November 2006

Am 12. November 2006 wurden in Südossetien Präsidentschaftswahlen und ein Referendum über die Unabhängigkeit von Georgien durchgeführt. Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission nahmen 52.000 Südosseten am Referendum teil. Als Ergebnis wurde eine 99-prozentige Zustimmung zur Unabhängigkeit und 96 Prozent Zustimmung für die Wiederwahl Präsident Kokoitys verkündet. Ethnischen Georgiern war die Teilnahme an der Wahl verwehrt worden.[15]

Die EU, der Europarat, die OSZE, die USA und die NATO verurteilten das Referendum, weil es die Spannungen in der Region steigere, statt sie zu verringern.[15] Lediglich Abchasien sowie die russischen Republiken Nordossetien-Alanien und Karatschai-Tscherkessien haben das Referendum vorbehaltlos unterstützt.[16] Russland bezeichnete das Referendum als „Ausdruck freien Willens“, das „berücksichtigt“ werden müsse.[17] Zwar betonten russische Politiker, Südossetien werde auch nach der Abstimmung nicht anerkannt oder aufgenommen,[18] allerdings hieß es gleichzeitig, dass die russische Position diesbezüglich von der Entwicklung der Situation im Kosovo abhängen würde. Falls die Weltgemeinschaft irgendwann die volle Unabhängigkeit des Kosovos akzeptiere, müssten auch die gleichen Maßstäbe für die nach Unabhängigkeit strebenden georgischen Regionen angelegt werden. Die Vereinigten Staaten unterstützten dagegen „die territoriale Integrität Georgiens und die friedliche Beilegung des separatistischen Konflikts in Südossetien“.[19]

Als Reaktion auf das Referendum wurden gleichzeitig in den von Georgien kontrollierten Teilen Südossetiens ein alternatives Referendum und Präsidentschaftswahlen abgehalten. Dabei ging es um die Frage, ob Südossetien mit Georgien in einer Föderation wiedervereint werden solle.[20] Nach Angaben der dortigen Wahlkommission nahmen 42.000 Südosseten an den Wahlen teil.[21] Über 94 % der dort lebenden Einwohner stimmten für eine Wiedervereinigung mit Georgien, ebenfalls über 94 % für den früheren südossetischen Premierminister Dmitri Sanakojew als Präsidenten.

Provisorische Verwaltung durch Georgien

Als Konsequenz aus dem alternativen Referendum wurde für die unter georgischer Kontrolle stehenden Teile Südossetiens eine Alternative Regierung von Südossetien gebildet, die zunächst keinen offiziellen Status hatte. Am 13. April 2007 beschloss das georgische Parlament die Einrichtung der Provisorischen Verwaltung von Südossetien mit Sitz in Kurta.[22] Am 10. Mai 2007 wurde Dmitri Sanakojew zum Oberhaupt der Provisorischen Verwaltung von Südossetien ernannt.[23]

Erneute Eskalation 2008

Südossetien mit Kennzeichnung der nach georgischen Angaben vor August 2008 von Georgien kontrollierten Gebiete
Südossetien mit Kennzeichnung der nach russischen Angaben vor August 2008 von Georgien kontrollierten Gebiete
Hauptartikel: Kaukasuskrieg 2008

Bereits im Mai 2008 hatte Georgien seine Streitkräfte in erhöhte Gefechtsbereitschaft versetzt, als Russland Eisenbahntruppen in die abtrünnige Region Abchasien schickte. Meldungen, georgische Spezialkräfte hätten am 3. Juli 2008 einen südossetischen Polizeichef getötet, führten zu weiteren militärischen Auseinandersetzungen.[24] Daraufhin kündigte die südossetische Regierung unter Juri Morosow die Generalmobilmachung an.

In der Nacht auf den 5. Juli verkündete Georgiens stellvertretender Verteidigungsminister Batu Kutelia, die georgischen Streitkräfte würden nach der Drohung Südossetiens von erhöhter Gefechtsbereitschaft in erhöhte Gefechtsbereitschaft mit Mobilisierung der Reserve und der Nationalgarde versetzt.

Anfang August begannen georgische Truppen mit der Besetzung von Südossetien. Als Reaktion auf den Angriff auf die Hauptstadt Zchinwali und den Tod russischer Friedenstruppen[25] griff die russische Armee in den Konflikt ein, worauf Georgien am 8. August die Generalmobilmachung anordnete.[26] Russische Boden- und Luftlandetruppen rückten mit schwerem Gerät in Südossetien ein. Die georgischen Truppen zogen sich daraufhin wieder aus der teilweise besetzten Hauptstadt zurück.[27]

Russlands Präsident Dmitri Medwedew drohte mit Vergeltung, nachdem russische Medien den Tod russischer Soldaten meldeten. Bald darauf bombardierte die russische Luftwaffe die georgischen Städte Poti und Gori sowie einen Militärflugplatz und eine Flugzeugfabrik nahe der georgischen Hauptstadt Tiflis.[28] Ferner entsandte Russland Flotteneinheiten und weitere Truppen nach Abchasien, an dessen Grenze zum georgischen Kerngebiet ebenfalls Kämpfe ausbrachen. Trotz des andauernden russischen Aufmarsches rief Georgien eine einseitige Waffenruhe aus und zog seine Truppen bis zum 10. August vollständig aus Zchinwali zurück.[29]

Im Gegenzug verkündete der russische Präsident, dass die Kampfhandlungen bald beendet sein würden. Dennoch rückten russische Truppen auch auf georgisches Territorium außerhalb von Südossetien und Abchasien vor. Am 12. August gab Medwedew den Abschluss der Militäraktionen in Georgien bekannt.

UNOSAT dokumentiert mit hochauflösenden Satellitenbildern seit dem 22. August 2008 die Situation um die südossetische Hauptstadt Zchinwali nach dem Waffenstillstand vom 10. August 2008.[30] Human Rights Watch interpretierte auf den Bildern zu sehende brennende Gebäude in mehreren bislang von Georgiern bewohnten Dörfern als ethnische Säuberungen.[31] Der Zerstörungsgrad zwischen Zchinwali und Kekhvi liegt bei fünf Ortschaften zwischen 40 % und 50 %.[32]

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat in einem Urteil vom 15. Oktober 2008 in dem Konflikt alle Seiten zur Mäßigung ermahnt. Die von Georgien beantragte einseitige Verurteilung Russlands kam damit nicht zustande.[33][34]

Anerkennung der Unabhängigkeit

Am 26. August 2008 erklärte der russische Präsident Medwedew in einer Fernsehansprache, er erkenne – einem Beschluss des russischen Parlaments folgend – die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens an. Russland war somit der erste Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen, der offiziell diplomatische Beziehungen mit den beiden Gebieten aufgenommen hat. Medwedew bezeichnete seine Entscheidung als direkte Folge des vorangegangenen militärischen Konflikts, der es Südosseten und Abchasen unmöglich gemacht habe, weiterhin gemeinsam mit den Georgiern in einem Staat zu leben. Zugleich rief er andere Staaten auf, diesem Beispiel zu folgen.[35] Neben Russland hatten zuvor bereits die ebenfalls international nicht anerkannten Republiken Abchasien, Transnistrien und Bergkarabach die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Am 29. August 2008 erklärten der südossetische Parlamentspräsident Snaur Gassijew und andere führende Politiker Südossetiens, es sei mit Moskau eine Aufnahme ihres Gebietes in die Russische Föderation vereinbart worden, die in einigen Jahren vollzogen werden solle. Der Kreml verneinte die Existenz einer solchen Abmachung.[36] Der südossetische Präsident Eduard Kokoity äußerte sich am 11. September 2008 widersprüchlich zu einer beabsichtigten Angliederung seines Landes an die Russische Föderation.[37]

Als zweites Land nach Russland erkannte Nicaragua am 5. September 2008 durch ein Präsidentendekret die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens an, nachdem Staatspräsident Daniel Ortega die Anerkennung auf einer offiziellen Veranstaltung vor der Armeeführung seines Landes am 2. September angekündigt hatte.[38] Ein Jahr später folgten Venezuela und Nauru. Weitere internationale Anerkennungen von Abchasien und Südossetien blieben bisher aus.

Politik

Verfassung und Regierungsstrukturen

Südossetien hat eine eigene Verfassung, die Südossetische Verfassung. Für Südossetien gibt es zwei konkurrierende Verwaltungs- und Regierungsstrukturen, die der Republik Südossetien sowie die der gegenüber Georgien loyalen Südossetischen Provisorischen Verwaltungsentität. Seit dem August 2008 kontrollieren russische Truppen und die von Russland gestützte Republik Südossetien die gesamte Region.

In der Republik ist die Kommunistische Partei politisch führend. Staatschef der Republik war von 1993 bis 2001 der Geschichtsprofessor Ludwig Tschibirow (bis 1996 Parlamentspräsident, danach Präsident). 2002 und 2006 wurde Eduard Kokoity zum Präsidenten gewählt. Er strebt eine Vereinigung Süd- und Nordossetiens innerhalb Russlands an. Im August 2003 unterzeichnete er mit der russischen Republik Kabardino-Balkarien einen Freundschafts- und Kooperationsvertrag. Am 24. November 2003 bezeichnete Kokoity Südossetien bereits als „russisches Territorium“.

Seit dem 22. September 2008 ist der ehemalige Präsident der russischen Bundessteuerbehörde in Nordossetien Aslanbek Bulazew Ministerpräsident der Republik, nachdem Kokoity das gesamte Kabinett unter dem Vorgänger Juri Morosow bereits im August 2008 entlassen hatte.

Am 31. Mai 2009 fanden die Parlamentswahlen für das fünfte Parlament statt. Sie waren die ersten nach der Anerkennung der Unabhängigkeit durch Russland und andere.

Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden am 13. November 2011 statt.

Verwaltungseinheiten

Die Republik Südossetien ist in 4 Rajonen (Bezirke) geteilt:

Infrastruktur

Straßennetz

Das südossetische Straßennetz spiegelt die lange Zeit der engen Verbindungen mit Georgien wider. So sind in vielen Gebieten des Landes (so etwa im Ksanital) die Straßenverbindungen ins georgische Kernland besser als die in die Hauptstadt Zchinwali oder andere Teile Südossetiens. Einige Orte sind auf der Straße ausschließlich über georgisches Kerngebiet zu erreichen (z. B. die Orte im Kwirilital im Westen Südossetiens). Erst seit Eröffnung des Roki-Tunnels im Jahre 1985 besteht eine Verbindung nach Russland. Als Transitland im Nord-Süd-Verkehr hatte und hat Südossetien (nicht zuletzt wegen der anhaltenden Konfliktsituation) geringe bis keine Bedeutung.

Eisenbahn

Südossetien verfügt über kein eigenes Eisenbahnnetz. In der Hauptstadt Zchinwali endet eine Bahnstrecke aus dem georgischen Gori, auf der seit Jahren kein Verkehr mehr stattfindet. Jedoch gibt es Pläne Zchinwali an das Netz der Russischen Eisenbahnen anzubinden. Hierzu wäre eine 149 km lange, gänzlich neue Strecke von Zchinwali nach Wladikawkas in Nordossetien mit vier Tunneln zu bauen.[39]

Gasversorgung

Nach dem Krieg im August 2008 wurde der Gastransport vom georgischen Kernland nach Südossetien eingestellt. Russland kritisierte das Vorgehen Georgiens mit dem Hinweis, dass Russland selbst während des Kriegs seine Gaslieferungen nach Georgien aufrechterhalten habe.[40] Seitens der russischen Gazprom wurden daraufhin Anstrengungen unternommen eine neue Gasleitung vom russischen Dzuarikau in Nordossetien nach Südossetien zu bauen, um diese Region vom georgischen Kernland unabhängig mit Gas beliefern zu können.[41] Die neue 162,3 Kilometer lange Leitung, deren Aufbau 15 Milliarden Rubeln (476 Millionen US-Dollar) kostete, wurde in 2009 geöffnet.[42] Sie wird durch die Gazprom-Tochtergesellschaft Gazprom Transgaz Stavropol betrieben.

Wirtschaft

Südossetiens wichtigste Wirtschaftsfaktoren sind der Anbau von Getreide, Obst und Wein sowie der Gütertransport nach Russland. Währung ist der Russische Rubel.

Transithandel

Die Abspaltung von Georgien hat die Wirtschaft der Region stark geschwächt. Offiziell sind 40 Prozent, inoffiziell 60 Prozent der Einwohner arbeitslos. Südossetien ist ein wichtiger Marktplatz für den Transithandel von Gütern von Georgien nach Russland geworden. Am Roki-Tunnel, der die Grenze zu Russland bildet, werden lediglich 3 % Zoll erhoben, während es sonst an der georgisch-russischen Grenze 25 % sind. Zugleich ist die Transkaukasische Fernstraße durch Südossetien eine Hauptroute für Schmuggel, Drogen- und Waffenhandel. Nach Schätzungen des russischen Zolls betrug der Wert der geschmuggelten Güter im Jahr 1996 fast eine halbe Milliarde US-Dollar. Dabei handelt es sich vor allem um Benzin und Lebensmittel aus Russland.

Finanzhilfen aus dem Ausland

Die Europäische Union finanzierte zwischen 1998 und 2008 verschiedene Projekte zum Wiederaufbau und zur Verbesserung der Infrastruktur in Südossetien mit etwa 11 Millionen Dollar.[43] Nach dem Krieg 2008, der umfangreiche Zerstörungen mit sich brachte, begann Russland mit dem Transfer größerer Summen zum Zwecke des Wiederaufbaus. Von August 2008 bis Mai 2010 sind nach Angaben der russischen Regierung mehr als 26 Milliarden Rubel (etwa 700 Millionen Euro) russischer Finanzhilfe nach Südossetien geflossen.[44]

Tourismus

Der Tourismus ist in Südossetien bislang nicht entwickelt, insbesondere gibt es kaum ausländische Gäste. Jedoch wurde ein staatliches Unternehmen zur Förderung des Tourismus in Südossetien eingerichtet, welches 15 Mitarbeiter hat, und individuelle touristische Exkursionen anbietet[45]. Gemäß der Aussage der Leiterin des staatlichen Unternehmens, Eleonora Bedojewa, zählt die Entwicklung der Tourismusindustrie zu den „strategischen Zielen der wirtschaftlichen Entwicklung“ der Republik[46].

Die Einreise nach Südossetien aus Georgien ist nicht möglich. Die Einreise nach Südossetien aus der Russischen Föderation ist zwar - ein russisches Mehrfachvisum vorausgesetzt - problemlos möglich, wird von Georgien jedoch als illegaler Grenzübertritt betrachtet und mit Buße oder Haft bis zu 5 Jahren geahndet. Zwar besteht für Südossetien de facto keine Visapflicht, und es existiert kein südossetischer Stempel beim Grenzübertritt, jedoch kann der Aufenthalt in Südossetien durch die Stempel der Grenzwache der Russischen Föderation bei der Ein- und Wiederausreise nachgewiesen werden.

Kultur

Literatur

  • Silke Kleinhanß: Die Außenpolitik Georgiens. LIT, Münster 2008, ISBN 9783825808174.
  • Mariam Lortkipanidse: Georgien und seine Autonomien. Kurzer Abriß der Geschichte Abchasiens, Atscharas und Südossetiens. In: Georgica. 15, Shaker, Aachen 1992, ISSN 0232-4490, S. 34–37.
  • L.A. Karbelasvili: Jugo-Osetija. Tbilisi 1962.
  • Tamaz Diasamidze: Regional Conflicts in Georgia – the Autonomous Oblast of South Ossetia, the Autonomous Republic of Abkhazia (1989–2002). The Collection of Political -Legal Acts. Regionalism Research Center, Tbilisi 2003.
  • Helsinki Watch (Hrsg.): Bloodshed in the Caucasus: violations of humanitarian law and human rights in the Georgia-South Ossetia conflict. Human Rights Watch, New York 1992, ISBN 1-56432-058-8.
  • Avtandil M. Mentesasvili: Trouble in the Caucasus. Nova Science Publ., New York 1995, ISBN 1-56072-177-4.
  • Dennis Sammut, Nikola Cvetkovski: The Georgia-South Ossetia conflict. Verification Technology Information Centre, London 1996, ISBN 1-899548-06-8.
  • Tim Potier: Conflict in Nagorno-Karabakh, Abkhazia and South Ossetia, a legal appraisal. Kluwer Law International, Den Haag 2001, ISBN 90-411-1477-7.
  • Alexandre Kukhianidze, Alexandre Kupatadze, Roman Gotsiridze: Smuggling Through Abkhazia and Tskhinvali Region of Georgia. Transnational Crime and Corruption Center Georgia Office, Tbilisi 2004.

Weblinks

 Commons: Südossetien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiatlas Wikimedia-Atlas: Südossetien – geographische und historische Karten

Einzelnachweise

  1. Официальный сайт Президента Республики Южная Осетия
  2. russland.RU vom 11. September 2009: Venezuela erkennt Südossetien und Abchasien an
  3. net-tribune.DE vom 15. Dezember 2009: Pazifikstaat Nauru erkennt Abchasien und Südossetien an
  4. Spiegel Online: „Russland durfte Südossetien zu Hilfe eilen“, Interview mit Daniel-Erasmus Khan, 13. August 2008
  5. Urs Saxer: „Unabhängig werden ist nicht einfach“ in Neue Zürcher Zeitung, NZZ online, 2. September 2008
  6. die tageszeitung: "Georgien handelt rechtmäßig", Interview mit Andreas Zimmermann, 11. August 2008
  7. The Permanent Committee on Geographical Names for British Official Use. Georgia: a toponymic note concerning South Ossetia
  8. NEWSru.com: Доклад о положении в Южной Осетии: Россия выделила на каждого жителя 28 тысяч долларов
  9. Russisches Staatsarchiv für Wirtschaft Webseite ethno-kavkaz.ru / «РГАЭ: Российский государственный архив экономики» Сайт Этнокавказ
  10. Tim Potier: Conflict in Nagorno-Karabakh, Abkhazia, and South Ossetia: A Legal Appraisal. Kluwer Law International, Den Haag 2001, p. 139
  11. Georgia: Avoiding War in South Ossetia. International Crisis Group, 26 November 2004, abgerufen am 13. August 2008 (PDF).
  12. Chronik der Ereignisse des georgisch-ossetischen Konflikts 1988–1994. RIA Novosti, 11. August 2008 (russisch)
  13. Der Fischer Weltalmanach 1993. ISBN 3-596-19093-2, S. 64–66.
  14. Erklärung zu den Ergebnissen des Treffens <…> vom 27. August 1996. In: Webseite des Südossetischen Teils der Gemischten Kontrollkommission. 27. August 1996, abgerufen am 16. September 2008 (russisch): „〈…〉 принципов территориальной целостности государств и права народов на самоопределение〈…〉“
  15. a b Civil.ge - Daily News Online, 13. November 2006, CoE Secretary General Condemns South Ossetia Polls
  16. North Ossetian Leader Hails S.Ossetia Polls. In: Civil.Ge. 13. November 2006, abgerufen am 11. August 2008 (engl.).
  17. Russian MFA: S.Ossetia Polls Expression of Free Will. In: Civil.Ge. 14. November 2006, abgerufen am 11. August 2008 (engl.).
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  22. Online Magazine - Civil Georgia
  23. Online Magazine - Civil Georgia
  24. tagesanzeiger.ch Südossetien ordnet nach Angriff Georgiens Mobilmachung an vom 4. Juli 2008
  25. Russland steht faktisch im Krieg mit Georgien, Russland-Aktuell, 8. August 2008
  26. Georgien bringt Süddossetien unter Kontrolle, Süddeutsche Zeitung vom 8. August 2008
  27. Russland marschiert in Südossetien ein, Spiegel-Online, 8. August 2008
  28. Georgien erklärt einseitigen Waffenstillstand, FAZ, 9. August 2008
  29. Südossetien: Georgische Armee weicht zurück, FOCUS, 10. August 2008
  30. Satellitenbilder
  31. HRW (en:)
  32. Zerstörungen in Tchinwali (pdf)
  33. Pressemitteilung vom 15. Oktober 2008, IGH
  34. Konferenz gescheitert, SZ abgerufen am 15. Oktober 2008
  35. NEWSru.com: Медведев признал независимость Южной Осетии и Абхазии (26. August 2008)
  36. NEWSru.com: Спикер парламента ЮО раскрыл соглашение Медведева и Кокойты: РФ присоединит ЮО "в течение нескольких лет" (29. August 2008)
  37. NEWSru.com: Скандал в Сочи: Южная Осетия не может определиться, входить ли в состав РФ, Абхазия более последовательна (11. September 2008)
  38. The Earth Times: Nicaragua joins Russia in recognizing South Ossetia, Abkhazia (3. September 2008)
  39. Wedomosti: Грузия грозит РФ судом за строительство железной дороги Владикавказ-Цхинвали
  40. Russland-Aktuell Lawrow: Georgien soll Südossetien wieder Gas liefern
  41. ORF Gasprom: Georgien verhindert Gaslieferung an Südossetien
  42. New gas pipeline for S.Ossetia costs $476 mln - Gazprom
  43. Delgeo
  44. NEWSru.com: Путин потребовал от президента Южной Осетии прекратить попытки убрать из республики присланного Москвой премьера
  45. http://minmol.org Tourismusagentur Südossetiens
  46. http://minmol.org/ru/news/id/115/ Interview mit Eleonora Bedojewa

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