Ost-West-Friedenskirche

Ost-West-Friedenskirche
Die Ost-West-Friedenskirche

Timofei Wassiljewitsch Prochorow, genannt Väterchen Timofei (russisch Тимофей Васильевич Прохоров, wiss. Transliteration Timofej Vasil'evič Prochorov; * vermutlich 22. Januar 1894 in Bohajewskaja am Don (Russland); † 13. Juli 2004 in München) war ein russischer Eremit in München.

Geboren in Russland, verdiente er sich im Zweiten Weltkrieg sein Geld in der Stadt Schachty damit, dass er für die besetzte Stadt Kohle ausfuhr. Die deutsche Wehrmacht zwang ihn mit Hilfe seiner Kutsche die Flucht der deutschen Soldaten vor der Roten Armee zu unterstützen. Erst im Bezirk Rostow kam Timofei wieder frei. Väterchen Timofei berichtete später, er habe hier seine erste Marienvision gehabt.

Nach Jahren der Odyssee erreichte er Wien und traf dort seine spätere Frau Natascha. Der Bau einer Kirche in Wien scheiterte an den dortigen Behörden, sodass ihre Flucht weiter ging, bis sie 1952 in München ankamen.

Dort ließen sie sich am Oberwiesenfeld, dem heutigen Olympiapark nieder und bauten zwischen Kriegsschutt neben einem kleinen Haus auch eine Kapelle, später dann eine kleine Kirche. Alle drei Gebäude wurden aus dem Schutt des Zweiten Weltkriegs gebaut und bei der Einrichtung wurden größtenteils gefundene Materialien verwendet. Die Decke der Kirche wurde beispielsweise mit Schokoladenpapier „versilbert“. Jahrzehntelang lebten die beiden im stillen Einverständnis der städtischen Behörden in ihrem ohne Genehmigung gebauten Haus. Ende der sechziger Jahre wurde bekannt, dass die Sportstätten für die Olympischen Sommerspiele 1972 auf dem Oberwiesenfeld errichtet werden sollten und Väterchen Timofei und seine Lebensgefährtin daher aus ihrem kleinen Haus vertrieben werden sollten. Erst durch nachhaltigen Protest der Münchener Bürger und einiger Tageszeitungen wurde entschieden, dass das Olympiagelände etwas weiter nördlich verlegt wurde.

Die kleine Kirche wurde anschließend Ost-West-Friedenskirche genannt und gilt als eine der Sehenswürdigkeiten in München. Oberbürgermeister Christian Ude nannte sie den „liebenswürdigsten Schwarzbau“ Münchens.

1972 heiratete Timofei seine langjährige Lebensgefährtin Natascha, die fünf Jahre später starb. Ihr Wunsch, neben der Kirche begraben zu werden, scheiterte an der Bürokratie. Wo sie liegen wollte, errichtete Timofei ein symbolisches Grab. Hin und wieder war er da zu sehen, Blumen aufs Grab legend oder betend. Bereits damals war er durch sein Alter (das nie vollends überprüft wurde) längst zum „Wahrzeichen von München“, „Olympia-Eremit“ oder „Methusalem vom Oberwiesenfeld“ geworden.

Seit 2002 lebte er aufgrund seiner schlechten Gesundheit hauptsächlich in Krankenhäusern und Altenheimen, wo er auch verstarb. Timofej war, mit zuletzt 110 Jahren, der älteste Münchner. Timofeis Grab befindet sich auf dem Westfriedhof von München (Sektion 196, Nr. 45). Prochorow bestimmte acht Jahre vor seinem Tod den Russen Alexander Penkowski zu seinem Nachfolger.

Über das Leben von Väterchen Timofei wurden unter anderem ein Bildband und ein Kinderbuch veröffentlicht.

Weblinks und Literatur

48.16700833333311.5483861111117Koordinaten: 48° 10′ 1″ N, 11° 32′ 54″ O


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