Otto Eggerstedt

Otto Eggerstedt
Otto Eggerstedt

Otto Eggerstedt (* 27. August 1886 in Kiel; † 12. Oktober 1933 im KZ Esterwegen) war ein deutscher Politiker der SPD und Mitglied des Reichstages von 1921 bis 1933.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Eggerstedt wuchs in Kiel auf, machte eine Ausbildung zum Bäcker und war Soldat im Ersten Weltkrieg. Von Februar bis Juli 1919 war er gewählter Geschäftsführer des Arbeiter- und Soldatenrates von Groß Kiel. Anschließend wurde er zum Parteisekretär der SPD in Kiel. Eggerstedt war von 1919 bis 1924 Stadtverordneter von Kiel. Im März 1921 rückte er für Albert Billian in den Reichstag nach.[1] Dem Parlament gehörte er durchgehend bis 1933 an. Ab 1927 war er in der preußischen Verwaltung tätig, ab April 1928 als Regierungsrat und Leiter des Polizeiamtes Wandsbek. Ab 1929 wurde er, das erste halbe Jahr kommissarisch, Polizeipräsident von Altona-Wandsbek mit Sitz in Altona.

Am 17. Juli 1932, dem Tag der Ereignisse des Altonaer Blutsonntag, war Eggerstedt auf einer Wahlkampfveranstaltung außerhalb von Altona. Eggerstedt hatte auch seinem Stellvertreter frei gegeben, ohne allerdings seinen Vorgesetzten in Kiel, den Regierungspräsidenten, davon in Kenntnis zu setzen. Durch Genehmigung und Unterschätzung des NSDAP-Aufmarsches trug Eggerstedt erhebliche Mitverantwortung für den Ablauf der Ereignisse in Altona. Der Altonaer Blutsonntag wurde in der Folge von dem Reichskanzler Franz von Papen als Anlass genommen, der sozialdemokratischen preußischen Regierung Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung vorzuwerfen. Mit dieser Beschuldigung als Vorwand wurde der sogenannte Preußenschlag durchgeführt, bei dem die gewählte preußische Regierung und ihre leitenden Beamten abgesetzt und durch eine Diktatur mit Papen an der Spitze abgelöst wurden. Eggerstedt wurde beim Preußenschlag am 20. Juli 1932 seines Amtes enthoben und in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Nach der „Machtergreifung“ wurde er am 27. Mai 1933 wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Pressegesetz in „Schutzhaft“ genommen und nach kurzer Haft im Polizeigefängnis Altona auf Anweisung von Regierungspräsident Anton Wallroth am 12. August 1933 ins KZ Esterwegen überstellt. Dort wurde er immer wieder schwer misshandelt und auf Verlangen der Gestapo-Leitstelle Osnabrück auf der Flucht erschossen. Eggerstedt wurde von den SS-Männern Groten und Eisenhut ermordet, als er bei Außenarbeiten mit drei anderen Gefangenen einen schweren Baumstamm trug.

Das Verfahren gegen die beiden SS-Männer wurde 1933 niedergeschlagen und offiziell mangels Beweisen eingestellt.[2] 1949 wurde der SS-Mann Theodor Groten vom Landgericht Oldenburg wegen des Mordes an Eggerstedt zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Der SS-Scharführer Eisenhut war während des Krieges gestorben.[3]

Ehrungen

Stolperstein zum Gedenken an Otto Eggerstedt

Einzelnachweise

  1. Veränderungen im Reichstagshandbuch 1920.
  2. Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933–1940. 2002, ISBN 978-3-486-53833-5, S. 363.
  3. Uwe Danker und Astrid Schwabe: Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus. Wachholtz, Neumünster 2005, Seite 127, ISBN 3-529-02810-X.
  4. http://www.akens.org/akens/texte/stolpersteine/kiel_verdi/eggerstedt.pdf

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eggerstedt — Otto Eggerstedt (* 27. August 1886 in Kiel; † 12. Oktober 1933 im KZ Esterwegen) war ein deutscher Politiker der SPD. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen 3 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Hinkler — Paul Georg Otto Hinkler (* 25. Juni 1892 in Berlin; † wahrscheinlich 13. April 1945 in Nißmitz) war ein Lehrer, Frontsoldat des Ersten Weltkriegs und prominenter Nationalsozialist ( Alter Kämpfer ). Er wurde Gauleiter der NSDAP und SA Gr …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Opfern des Nationalsozialismus — Definition: Nach dem Bundesentschädigungsgesetz gilt: „Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ist, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch …   Deutsch Wikipedia

  • Altonaer Blutsonntag — Gedenktafel an das „Altonaer Bekenntnis“ und die Ereignisse des Blutsonntages Als Altonaer Blutsonntag wird der 17. Juli 1932 bezeichnet, an dem es bei einem Werbemarsch der SA durch die damals zur preußischen Provinz Schleswig Holstein gehörende …   Deutsch Wikipedia

  • KZ Esterwegen — 53.0080555555567.6397222222222 Koordinaten: 53° 0′ 29″ N, 7° 38′ 23″ O …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Eg — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste des députés allemands de la République de Weimar (9e législature) et du Troisième Reich (1re législature) — La neuvième législature de la République de Weimar et, de facto, la première législature du Troisième Reich dure de mars à novembre 1933. Cette législature est la conséquence des élections législatives allemandes de mars 1933. Présidence… …   Wikipédia en Français

  • Members of the IV. German Reichstag (Weimar Republic) — Contents 1 Social Democratic Party of Germany 2 German National People s Party 2.1 Later formed CNAG 3 Centre Party (Germany) …   Wikipedia

  • Mordopfer des nationalsozialistischen Terrors während der Machteroberungsphase 1933/1934 — Der folgende Artikel bietet einen Überblick über die von den Nationalsozialisten während der Anfangsphase ihrer Herrschaft ermordeten Personen. Als zeitliche Eingrenzungsmarken dienen der 30. Januar 1933 als Tag der Ernennung Adolf Hitlers zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste mit Opfern des Nationalsozialismus — Definition: Nach dem Bundesentschädigungsgesetz gilt: „Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ist, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”