- Pentathlon
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Das Pentathlon war eine athletische Disziplin bei den Olympischen Spielen im antiken Griechenland. Der Name leitet sich ab von dem griechischen Wort „Fünf Wettkämpfe“: Speer, Diskus, Sprung, Lauf und Ringen.
Die Regeln des antiken Pentathlon sind in den Wirren bei der Zwangschristianisierung des Römisches Reiches verloren gegangen, falls sie je schriftlich niedergelegt waren. In keinem erhaltenen Text steht die Sportart im Zentrum, in wenigen wird der Bezug nur am Rande hergestellt, meist in einer interpretierbaren Metapher. So sind heute mehr Fragen über das Pentathlon offen als beantwortet; in wenigen Punkten sind Forscher einer Meinung. Die Hälfte aller Veröffentlichungen über den griechischen Sport betreffen das Pentathlon.
Inhaltsverzeichnis
Der Wettkampf
Gekämpft wurde in Disziplinen. Die nächste Disziplin wurde erst dann in Angriff genommen, wenn alle Athleten die vorherige abgeschlossen hatten. Die Schiedsrichter standen während des Wettkampfes im Stadion. Jeder hatte einen Stock in der Hand und ahndete jeden Regelverstoß mit Schlägen. Neben Werfern und Springern steht oft ein Flötenspieler. Er war der Zeitmesser. Bevor sein Vers oder seine Strophe fertiggespielt war, musste der Athlet werfen oder springen.
Wie viele Athleten an einem Wettkampf teilnahmen, wissen wir nicht. In Olympia gibt es 21 Laufbahnen. Diese Zahl wird als die obere Grenze angenommen. Plato empfahl allen Jugendlichen, den Fünfkampf zu betreiben. Danach muss es in Athen Tausende Fünfkämpfer gegeben haben mit entsprechend großen Wettkämpfen. Wie lange ein Wettkampf dauerte, weiß man nur von den Olympischen Spielen. Dort war der Nachmittag des zweiten Tages für den Pentathlon reserviert.
Reihenfolge der Disziplinen
Von der Reihenfolge weiß man nur eines zweifelsfrei: Arm- und Beinübungen wechselten sich ab; zuletzt wurde gerungen. Nicht bekannt ist, ob die Reihenfolge für alle Wettkämpfe immer dieselbe war. Bei den „heiligen“ Spielen nimmt man das an. Die Reihenfolge hatte aber keinen Einfluss auf den Ausgang des Wettkampfes.
Aus Texten schließen einige Forscher, dass die drei pentathlon-spezifischen Disziplinen am Anfang standen. Dann wäre die Reihenfolge:
- Speer
- Sprung
- Diskus
- Lauf
- Ringen
Disziplinen
„Der Fünfkampf wurde aus beiderlei zusammengesetzt, nämlich aus leichten und schweren Übungen; denn Ringen und Diskuswurf sind schwer, Speerwurf, Sprung und Lauf leicht.“ (Philostratos). Geworfen und gesprungen wurde nur im Rahmen des Pentathlons. Laufen und Ringen waren auch eigene Sportarten.
Laufen
In keinem Text ist die Länge der Pentathlon-Strecke eindeutig angegeben. Die meisten Forscher nehmen die kürzeste und populärste antike Laufstrecke Stadion (= 600 Fuß, je nach Spielort zwischen ca. 167,00 Meter (Delos) und 192,24 Meter (Olympia)) an. Dafür spricht, dass die Länge nirgends erwähnt wurde, da sie selbstverständlich war. Außerdem wurde das Pentathlon öfter von Sprintern gewonnen, niemals von einem Langstreckler. Einige Forscher sehen das Pentathlon von der magischen Zahl fünf regiert, weshalb sie fünf Stadien als Laufstrecke vermuten.
Sprung (Fünfsprung)
Beim Sprung kam es auf die Weite an, nicht auf die Höhe. Man sprang von einer besonderen Sprungschwelle ab, wahrscheinlich aus dem Stand mehrmals (wahrscheinlich 5 mal) hintereinander. Auf dem vorher gelockertem Boden musste der Athlet deutliche, beieinander liegende Abdrücke hinterlassen. In den Händen hielt er dabei längliche, mit Griffen versehene Gewichte, sogenannte Halteren. Gefunden wurden Gewichte aus Stein, Ton und Bronze zwischen 1,48 und 4,629 kg. Jeder Athlet benutzte seine eigenen Halteren. In einem Wettkampf wurden unterschiedlich schwere Gewichte benutzt. Die Sprungweite wurde mit Pflöcken markiert und gemessen. Die genaue Sprungtechnik ist noch unbekannt. Nach Aristoteles sprang man mit Gewichten weiter als ohne. Springen zählte zu den leichten Disziplinen, galt aber als schwer erlernbar.
Studien und Computersimulationen aus dem Jahr 2002 haben ergeben, dass durch die Wahl geeigneter Hanteln pro Sprung ca. 17 cm mehr Weite und damit ca. 1 m mehr beim Fünfsprung aus dem Stand erreicht werden kann.
Diskuswurf
Die genaue Wurftechnik ist umstritten. Wahrscheinlich war sowohl der Drehwurf als auch der Wurf aus dem Stand erlaubt. Markiert und gemessen wurde die Wurfweite und zwar bis zu der Stelle, an der der Diskus liegenblieb. Wahrscheinlich hatten die Disken je nach Ort unterschiedliche Gewichte. In einem Wettkampf warfen aber alle Athleten identische Disken. Gefundene Disken sind aus Bronze oder Stein und wiegen zwischen 1,353 und 4,758 kg.
Speerwurf
Die Speere waren viel leichter als die Kampfspeere, etwa körperlang und fingerdick. Sie hatten vorne einen stumpfen Metallbeschlag, um Unfälle zu vermeiden. Der Speer wurde nach einem Sprungschritt entweder von schräg unten an der Hüfte vorbei oder aus der Schulterhöhe geworfen. In der Schaftmitte wurde um den Speer ein Riemen gewickelt, in dessen Schlinge Zeige- und Mittelfinger gesteckt wurden. Beim Abwurf wurde der Speer zunächst losgelassen. Der Zug an der Schlinge gab dem Speer Schwung und Drehung um die Längsachse. Es zählte die Weite bis zum Auftreffpunkt. Der antike Speerwurf erforderte vor allem Schnelligkeit, aber weniger Kraft als heute. Seneca schreibt in Phädra: „Selbst die bogenberühmten Kreter mit ihrem leichten Pfeil können nicht die Weite erzielen wie ein kraftvoll geworfener Riemenschleuder-Speer.“ Danach muss man Weiten bis 200 Meter vermuten.
Ringen
Gerungen wurde – anders als heute im griechisch-römischen Stil – vorwiegend im Stand. Ziel war, den Gegner so niederzuwerfen, dass sein Rücken den Boden berührte. Der Kampf war entschieden, wenn der Gegner dreimal niedergeworfen wurde. Alle Griffe, einschließlich Beinausschlagen und Beinstellen waren erlaubt, den Gegner durch Schlagen, Würgen oder Verdrehen der Gelenke zum Aufgeben zu zwingen, jedoch verboten. Diese Art von Ringen, die zugleich mit dem Faustkampf kombiniert ausgeführt wurde, bezeichnet man auch als Pankration. Von allen heutigen Kampfsportarten glich das antike Ringen danach am meisten dem japanischen Sumo.
Wertung des Wettkampfes
Nur eine Tatsache ist bei fast allen Forschern unstrittig: Sobald ein Athlet als Sieger des Pentathlons feststeht, wird der Wettkampf abgebrochen. Manchmal hat ein Athlet die ersten drei Disziplinen gewonnen. Dann war Schluss. Meistens war aber der Gewinner des letzten Ringens auch der Sieger des Pentathlons.
Der typische Pentathlon-Forscher geht von einer These aus, die ein seiner Meinung nach wichtigstes Merkmal des antiken Pentathlon festhält. Diese These gießt er in eine Regel. Da bisher aber keine Regel alles vom Pentathlon bekannte umfasst, werden dieser Hauptregel neue Regeln zugefügt, die sich auf andere, nach Ansicht des Autors minder wichtige Quellen stützen. Da meistens diese Regeln miteinander verwoben sind, entsteht ein mehr oder weniger umfangreiches Regelwerk, ein Wertungssystem.
Bekannt geworden sind ein gutes Dutzend unterschiedlicher Wertungen, die sich natürlich nicht in allen Aspekten unterscheiden. In den Disziplinen erwirbt jeder Athlet für jede Leistung einen Bonus. Entweder in Form des Platzes, den er erreicht hat, oder in Form der Überlegenheit über einzelne Gegner. Ob die Leistung gut oder schlecht war, konnte schon deshalb keine Rolle spielen, weil die im Laufen damals nicht messbar war und die im Ringen grundsätzlich nicht messbar ist. Einige Wertungen zählen auch schlechte Leistungen (also alle fünf), die meisten aber nicht. Die Regeln, nach denen die einzelnen Leistungen zu Zwischen- und zu Endresultaten werden, sind Bestandteil der Siegersysteme. Diese Systeme enthalten auch Regeln für den Ausschluss, also Bestimmungen darüber, welche Zwischenergebnisse nicht genügen, um im Wettbewerb zu bleiben.
Sehr schlecht passt in die meisten Systeme des Triagmos, worunter alle Forscher den vorzeitigen Abbruch des Wettkampfes verstehen, weil einer der Athleten drei Disziplinen gewonnen hat. Da dieser Fall in mehreren Quellen zweifelsfrei bezeugt ist, enthalten die meisten Systeme für diesen Fall eine eigene Regel.
Durch die Ausscheidungsregel verquicken viele Pentathlon-Siegersysteme die Wertung mit der Abfolge der Disziplinen. Denn ausscheiden müssen immer die bis dahin Schwachen. Ein schlechter Springer steht desto besser da, je später gesprungen wird. Erstens kann er bis zum Springen so viele Bonuspunkte sammeln, dass seine Schwäche nicht so ins Gewicht fällt, zweitens sind bis dahin einige Gegner schon ausgeschieden. Bei vielen Systemen ginge bei einer anderen Reihenfolge aus demselben Wettkampf ein anderer Athlet als Gesamtsieger hervor.
Quellen für die Erforschung der Wertung
- Ringen letzte Disziplin
- Xenophon schildert einen bewaffneten Überfall auf Olympia 364 v. Chr. am Pentathlon-Nachmittag: „Die hippischen Agone und die Dromosübungen des Pentathlon hatte man bereits erledigt; diejenigen (Athleten) aber, die bis zum Ringen vorgedrungen waren, rangen nicht mehr im Dromos (= im Stadion), sondern zwischen dem Dromos und dem (großen) Altar (des Zeus).“ Die meisten Forscher schließen aus diesem Text, dass die letzte Disziplin, das Ringen, nicht alle bestreiten durften und dass es im Wettkampf darum ging, Gegner auszuschalten.
- Lukillios
- In einem Epigramm des Lukillios, eines Zeitgenossen von Nero, heißt es: „Keiner unter meinen Gegnern im Ringen fiel schneller als ich, und keiner durchlief das Stadion annähernd so langsam. Den Diskus fasste ich gar nicht erst an, und niemals hatte ich die Kraft, beim Springen die Füße in die Höhe zu bringen. Ein Krüppel warf den Speer weiter. Nach den fünf Kämpfen aber rief der Herold, ich sei der Erste - der fünffach besiegt.“
- Hier sammelt ein Athlet letzte Plätze, verbleibt aber dennoch im Wettbewerb. Eine Ausscheidungsregel, die einen vier mal Letzten zum Ringen zuließe, ist aber undenkbar. Entweder Lukillios schildert Unsinn oder aber die Ausscheidung spielt bei der Wertung keine Rolle.
- Pentathlon der Buchstaben
- In einem Text von Plutarch heißt es über den Buchstaben Alpha: „(Das Alpha) erweist sich (den anderen Buchstaben) wie die Fünfkämpfer (ihren Konkurrenten) in drei Dingen überlegen und trägt den Sieg davon, zunächst über die meisten (Buchstaben) dadurch, dass es ein Vokal ist, über die Vokale wiederum dadurch, dass es zweizeitig ist (d. h. sowohl kurz als auch lang auftreten kann), über diese aber (d. h. über die anderen zweizeitigen Vokale) dadurch, dass es voranzugehen, aber niemals an zweiter Stelle und nachzugehen pflegt.“
- Das Ausscheiden der Nichtvokale ist eine Parallele zur Situation nach der dritten Disziplin im Pentathlon. Das Ausscheiden der einzeitigen Vokale entspricht der Situation nach der 4. Disziplin, das Messen zwischen Alpha, Iota und Ypsilon dem Ringen.
- Argonauten-Pentathlon
- Die Argonautensage nennt das einzige aus der Antike überlieferte Pentathlon mit mehreren Teilnehmern und schildert den Verlauf teilweise nachvollziehbar. In ihm treffen fünf ähnlich starke Gegner aufeinander, was ihn für die Enthüllung der Pentathlon-Wertung besonders wertvoll macht. Denn bei ähnlicher Stärke erst können Feinheiten der Wertung zutage treten.
- „Vor Iason und Peleus wurde der Sprung für sich mit einem Kranze ausgezeichnet, ebenso der Diskus, und auch der Speer genügte zum Siege zur Zeit der Argofahrt. Telamon warf den Diskus am besten, Lynkeus den Speer, es liefen und sprangen (am besten) die Boreassöhne Kalaïs und Zetes, Peleus hingegen war zwar in diesen Kampfarten unterlegen (wörtlich deuteros = zweiter), bezwang aber alle im Ringkampf. Als sie nun auf Lemnos Wettkämpfe austrugen, soll Iason dem Peleus zu gefallen die fünf Kampfarten miteinander verknüpft und Peleus so den Gesamtsieg davongetragen haben.“ (Philostratos)
- Peleus hat vor dem Ringen nur zweite Plätze. Trotzdem scheidet er nicht aus. Er ringt auch – anders als die Athleten in der Einzelsportart Ringen, die Zweikämpfe mit Ausscheidung austragen – gegen alle Gegner. Seine Gegner ringen jedoch, wiederum anders als die Spezialringer – nicht gegeneinander.
- Lukian
- Lukian besuchte Olympia und war Augenzeuge der Spiele. Von ihm stammt die genaueste Beschreibung der Zulosung von Gegnern in den Kampfdisziplinen Ringen, Faustkampf und Allkampf. Er berichtet aber nicht, dass auch im Pentathlon gelost wurde. Alle Forscher nehmen jedoch an, dass Lukian mit Ringen sowohl das Ringen um den Ölzweig als auch die Teildisziplin des Pentathlon meint.
- Niederlage des Taisemenos
- Pausanias: „[...] als sich (Taisamenos) in Olympia am Fünfkampf beteiligte, musste er geschlagen abziehen. In zwei Disziplinen war er freilich erster, denn im Lauf und Sprung bezwang er Heironymus von Andros. Als er aber von ihm im Ringen überwunden und um den Sieg gekommen war [...]“ Hieronymus siegte offenbar im Diskus, Speer und im Ringen.
- Bakchylides
- „[...] (Automedes) leuchtete unter den Fünfkämpfern hervor [...] als er den radförmigen Diskus warf [...] als er hoch in den Himmel den Spross des dunkelblättrigen Holunders der Hand entsandte oder beim Ringkampf am Ende eine blitzende Gewandtheit (bewies).“
- In diesen beiden Wettkämpfen scheinen die Gesamtsieger den Ölzweig dadurch errungen zu haben, weil sie drei Disziplinen beherrschten. Für Forscher sind sie ein Beleg, dass diese Regel auch bei den Spielen die wichtigste Bestimmung der Wertung war.
- Siegerliste von den Erotidia zu Tespiai
- In dieser Siegerliste steht: „Männerpentathlon: Albinius Methodikos Korinthios; Psychikos Herakleos Thebaios Mitsieger.“
- Die Antike interessierte sich ausschließlich um Sieger. Nur in ganz wenigen Fällen sind Zweite bekannt. Und das nie in Siegerlisten, sondern nur in Lebensläufen von später als Politiker oder Feldherrn berühmt gewordenen Athleten. Wäre der Thebaner Psychikos Zweiter geworden, stünde er nicht in der Siegerliste. Er ist Mitsieger. Er hat nicht verloren, und doch war er dem Korinther Albinius nicht ganz ebenbürtig.
- Dass eine Siegerliste zwei Namen nennt, ist ein einzigartiger Fall im griechischen Sport: Man muss annehmen, dass der zweite Name eine Folge die Regeln des Pentathlon ist. Wenn zwei Athleten nahezu gleich stark waren und wenn im Wettkampf ganz spezielle Konstellationen eintraten, konnte es offenbar am Ende zwei Unbesiegte geben. Einer jedoch in einem Nebenaspekt besser als der andere.
Bisherige Wertungssysteme für das Pentathlon
Einige Systeme bauen auf dem gleichen Prinzip auf, unterschieden sich nur in Einzelheiten. Deshalb kann man alle wichtigen in drei Gruppen zusammenfassen:
- Punktesysteme
- Qualifikationssysteme
- Systeme mit sukzessiver Ausscheidung
- System mit indirektem Sieg
Punktesysteme
Zu dieser Gruppe gehören die Systeme von Moretti (1956) und Petrucco (1972).
Diese Systeme bauen auf Pausanias Bericht vom Argonauten-Pentathlon und auf dem Epigramm des Lukillios. In beiden dort beschriebenen Wettkämpfen scheidet niemand aus, woraus geschlossen wird, dass die Ausscheidung kein wesentliches Merkmal der Wertung war. Dazu kommt die Überzeugung, dass bei einem Mehrkampf alle erbrachten Leistungen zählen müssen, also auch die schlechten.
Im Punktesystem erhält jeder Athlet in jeder Disziplin so viele Punkte, wie er Gegner besiegt hat. Sein Gesamtergebnis ist die Summe aller erzielten Punkte. Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Punkte hat.
Schwächen des Systems: In keinem Text ist nicht einmal eine Andeutung zu finden, die als Punkte interpretiert werden könnten. Das Punktesystem ist zudem ungerecht, da es Spitzenleistungen zu wenig würdigt. Die zweifellos überlieferten Merkmale des antiken Pentathlons, der vorzeitige Sieg mit Abbruch ist im Punktesystem nicht möglich, die Ausscheidung verzerrte das Endergebnis. Der Wettkampf hat keinen Höhepunkt. Wann genau der Sieg errungen worden ist, weiß man erst, wenn die Punkte addiert worden sind, also in der Regel lange nach dem Wettkampf. Die Zuschauer können den augenblicklichen Stand des Wettkampfes nicht erkennen.
Qualifikationssysteme
Zu diesem Typ gehören die Systeme von Lattimore (1945), Bean I. (1956), Raubitschek (1956), Bean II. (1956), Harris (1972), Merkelbach (1973), Sweet (1983) und Kyle (1990). Sie unterscheiden sich geringfügig in der Frage, welche Athleten ins Ringen kamen.
Die Qualifikationssysteme räumen den Disziplinsiegern eine besondere Rolle ein. Die letzte Disziplin, nach allen Überlieferungen das Ringen, wird nach den bekannten Regeln ausgetragen. Die ersten vier Disziplinen dienen dazu, sich für dieses Ringen zu qualifizieren.
Wie es im altgriechischen Sport ausschließlich um Sieger geht, haben sich zunächst nur Disziplinerste fürs Ringen qualifiziert. Das Argonauten-Pentathlon wird entweder zur Fabel erklärt, oder es werden besondere Regeln eingeführt, die auch Disziplinzweite ringen lassen. In einem System, das Disziplinsiege zählt, ist es natürlich undenkbar, dass jemand mit einem Sieg vor einem mit zwei Disziplinsiegen Gesamtsieger wird. Damit dieser Fall nicht eintreten kann, verbieten diese Systeme Ringkämpfe zwischen Doppel- und Einzelsiegern. Sie bauen, um das zu verhindern, teilweise Zwischenausscheidungen, Trostrunden ein und machen so den Fünfkampf zu einem Sechskampf. Außerdem brauchen sie eine Sonderregel für den vorzeitigen Dreisieg nach der 3. und eine für den Abbruch nach der 4. Disziplin.
Die Systeme dieser Gruppe enthalten viele sehr spezielle Regeln, sofern sie alle Quellen berücksichtigen. Sie wirken deshalb merkwürdig zusammengestückelt. Man hat den Eindruck, dass jede Quelle und jede Situation eine eigene Regel bekommt. Schwer vorstellbar, dass ein so zusammengestückeltes Regelwerk 1000 Jahre ohne jeden Kommentar und ohne jede Änderung überstanden haben kann.
Diese Systeme haben außerdem die bekannten Krankheiten aller Qualifikationssysteme. Wer sich schon qualifiziert hat, verliert das Interesse am weiteren Vorkampf. Da Athleten öfter aufeinander trafen, in Olympia sogar längere Zeit miteinander trainieren mussten, kannten sie Stärken und Schwächen ihrer Gegner gut. So wird sich mancher Disziplinsieger ausgerechnet haben, dass es für ihn vorteilhafter ist, sich fürs Ringen zu schonen, als Kräfte in Disziplinen zu vergeuden, in denen er ohnehin keine Siegchancen hat. Mancher Fünfkampf müsste dann zu einem Vier-, Drei- oder gar zu einem Zweikampf ausgeartet sein, zu einem taktischen Spielchen. Klagen darüber fehlen aber. Ein solches System muss außerdem Spezialisten im Springen, Werfen und Laufen angelockt haben, die dann vorzugsweise ringen übten und Ringer, die es mit Zusatztraining in einer einzigen Pentathlon-Disziplin versucht hatten. Ein Zug zum Duathlon müsste eingetreten sein, der sicher Kritik ausgelöst haben würde. Solche gab es aber, soweit bekannt, nicht.
Systeme mit sukzessiver Ausscheidung
Zu dieser Gruppe zählt das System von Brein (1980), das ein älteres von Pinder (1867) variiert.
Brein geht von zwei antiken Texten aus: Der Wettkampf dauert nur einen halben Tag. Ein Pentathlet lobt sich, an einem Wettkampf 87 Gegner besiegt zu haben. So viele Athleten können den Wettbewerb in so kurzer Zeit nur dann absolvieren, wenn die Ausscheidung früh einsetzt und wenn mit der kürzesten Disziplin begonnen wird. An den Anfang setzte Brein deshalb das Laufen. Diese Reihenfolge stützt er mit einem weiteren Argument, dass der Lauf unmöglich nach dem Sprung stattgefunden haben konnte, da eine Sprunggrube nicht in einem Nachmittag wieder zu einer Laufstrecke festgestampft werden kann.
Ausgeschieden wird nach jeder Disziplin und zwar nach derselben Regel: Das Teilnehmerfeld wird jeweils halbiert. Ins abschließende Ringen kommen alle Nichtausgeschiedenen und außerdem alle Disziplinsieger. Das System baut also auf zwei sich widersprechenden Prinzipien auf. Der Gewinner des Ringens ist auch der Sieger des Pentathlons.
Weitere Schwachpunkte: Athleten mit Schwächen in den ersten Disziplinen sind benachteiligt. Einem Vierfach-Sieger kann ein schwächerer Konkurrent allein aufgrund des Sieges im Ringen den Gesamtsieg wegschnappen. Damit das nicht geschieht, nimmt Brein für den Dreisieg eine eigene Regel auf, die der Qualifikationsregel eigentlich widerspricht.
System mit indirektem Sieg
Den Gedanken des indirekten Sieges haben Gardiner und Pihkala (1925) ins Pentathlon gebracht. Die praxistaugliche Version dieses Systems stammt von Ebert (1963).
Das System baut auf der Regel "best of five" und auf die Ausscheidung der Verlierer auf: Im großen Feld finden lauter Zweikämpfe "jeder gegen jeden" statt, jedoch nicht ausdrücklich erklärt. Sobald aber jemand von einem seiner Gegner dreimal besiegt worden ist, wird dieser Zweikampf zum aktuellen. Der Besiegte muss ausscheiden, der Sieger darf weiterkämpfen. So scheiden nach und nach Wettkämpfer aus. Wer zuletzt übrigbleibt, ist Gesamtsieger.
In der populären und in der wissenschaftlichen Literatur hat dieses System viele Freunde gefunden, da es auf den ersten Blick sofort einleuchtet. Es beruht auf einem einzigen, allgemein bekannten Prinzip. In den fünf Disziplinen erkennt jeder die fünf Sätze der Grand-Slam-Tennisturniere und ahnt, warum die Antike ein Pentathlon und kein Quadrathlon oder Hexathlon erfunden hat. Tagtäglich scheiden weltweit Mannschaften und Athleten aus, nachdem sie einem Gegner unterlegen sind. Nichts scheint gerechter als eine solche Regel, nichts logischer als dieses System.
Schwächen des indirekten Systems: In einer Einzelsportart scheint das Prinzip des indirekten Sieges gerecht, weil es einem simplen logischen Gesetz folgt: Hat Bayern den HSV besiegt, dem vorher Schalke unterlegen war, akzeptiert jeder, dass Bayern damit auch die Überlegenheit über Schalke gezeigt hat. Der Gesamtsieger des Pokals hat als einziger alle seine Kämpfe gewonnen, einige direkt, andere indirekt, indem er ihre Besieger besiegte. Zwischen ihm und jedem anderem Teilnehmer lässt sich eine Kette aus lauter Siegen bilden, die logisch zeigt, warum der Gesamtsieger besser war als jeder Gegner. Hat jedoch in einem Dreierfeld der Pentathlet A in den Disziplinen die Plätze 1, 3, 3, 1, 2; B die Plätze 2, 1, 2, 2, 3 und C die Plätze 3, 2, 1, 3, 1, so ist ein Patt entstanden. Jeder Athlet hat einen Gegner besiegt, gegen einen Gegner hat er verloren. Außerdem war er dem, den er direkt besiegt hat, indirekt unterlegen. In einem Fünferfeld gleichwertiger Pentathleten, in dem jeder einen Disziplinsieg und nur unterschiedliche Platzierungen hat, hat jeder zwei Gegner besiegt. Gleichzeitig ist er von zwei direkt besiegt worden und von einem indirekt.
Die Beispiele zeigen, dass die Regel best of five in Verbindung mit der Regel vom indirekten Sieg für einen Mehrkampf nicht taugt. Und zwar nicht nur in seltenen Ausnahmefällen, sondern immer dann, wenn drei oder fünf ähnlich starke Gegner aufeinandertreffen.
Die rigorose Ausscheidungsregel verhindert, dass die Gleichwertigkeit zutage tritt. Und den Sieger bestimmt die Reihenfolge der Disziplinen. Schwer vorstellbar, dass in 1100 Jahren des antiken Sports nicht erkannt worden wäre, dass diese Wertung bei ähnlich starken Gegnern keinen eindeutigen Sieger liefert und dass die Ausscheidungsregel Unrecht schafft.
Weitere Schwächen des indirekten Systems:
- Es ist ungerecht, weil es folgende Situationen ermöglicht. Der nach best of five beste Pentathlet mit Schwächen in den ersten Disziplinen wird von einem mittelmäßigen aus dem Wettkampf geworfen. Ein Dritter, dem Ersten eindeutig unterlegener, wird Gesamtsieger, weil er den mittelmäßigen besiegt. Ungerecht ist es auch, weil es auf Niederlagen aufgebaut ist. Jemand, der fast alle Gegner besiegt hat, kann am Ende leer ausgehen, wenn er im Ringen gegen einen, der bisher noch keinen Gegner besiegt hat, verliert.
- Es verlangt einen übermäßigen bürokratischen Aufwand. Da nach der 3. Disziplin jederzeit jemand ausscheiden kann, muss der Verlauf der internen Zweikämpfe ständig verfolgt werden. Bei 20 Startern sind das 190 Zweikämpfe. Nach der dritten Disziplin müssen 190 × 6 = 1140 Daten abgeglichen werden. Ist niemand ausgeschieden, müssen vor dem Ringen noch einmal 190 × 8 = 1520 Daten verglichen werden. Diese Arbeit mussten drei Schiedsrichter leisten; es dauerte bestimmt Stunden. Selbstverständlich können bei dieser Datenfülle Fehler nicht ausbleiben. Ebenso selbstverständlich, dass der Wettkampf nicht weitergehen kann, bis alle Beschwerden ausgeräumt sind. Denn jeder unberechtigt im Wettkampf Verbliebene sowie jeder unberechtigt Ausgeschiedene beeinflusst den weiteren Wettkampfverlauf unzulässig. Ein Wettkampf mit einem solch umständlichen Wertungsverfahren kann von den meisten Zuschauern unmöglich verfolgt worden sein.
- Es verlangt einen genauen Zieleinlauf. Sprinter kommen dicht nacheinander ins Ziel. Wer gewonnen hat, sieht man leicht. Fast immer ist auch der Zweite klar feststellbar und meistens auch der Dritte. Den Vierten kann nur der identifizieren, der die ersten drei nicht verfolgt hat. Wer aber als 13, wer als 14. ins Ziel kam, kann niemand sehen. Das System verlangt aber eine genaue Einordnung aller Athleten. Im Pentathlon muss man sich die Schwierigkeiten noch größer vorstellen. Jeder Athlet wusste, wen er hinter sich lassen muss. Er lief deshalb kräftesparend nur Zentimeter vor dem, den er schlagen muss. Wer soll einen solchen Zieleinlauf richtig erkennen? Welcher Beweis kann den Streit der beiden Athleten schlichten?
- Fehlender „Sieger über alle“. Einige griechischen Athleten schmücken sich mit Extratiteln, wenn sie ihre Siege unter widrigen Bedingungen oder besonders überlegen errungen haben. Im indirekten System wäre ein Gesamtsieg dann besonders wertvoll, wenn der Sieger alle Gegner direkt besiegt hätte, also ohne davon zu profitieren, dass ein Dritter einen der Gegner aus dem Bewerb geworfen hat. Dieser Fall müsste häufig eingetreten sein, viel häufiger als der überlieferte Dreisieg, bei dem auch alle Gegner direkt bezwungen sind und zwar in weniger Disziplinen. Einen Titel „Sieger über alle“ führt aber kein Pentathlet.
- Das Pentathlon der Argonauten hätte nicht wie berichtet verlaufen können. Nach den Regeln wäre Peleus schon nach der 4. Disziplin Gesamtsieger. Ringen wäre ausgefallen.
- Das Pentathlon des Lukillios widerspricht diesen Regeln.
- Das Pentathlon der Buchstaben widerspricht diesen Regeln. Das siegreiche Alpha besiegt alle Gegner direkt. Buchstaben scheiden aus, weil sie von allen Gegnern besiegt worden sind, die noch im Wettbewerb belieben, nicht nur von einem.
- Ein weiterer Schwachpunkt dieses Systems ist, dass es Siege über Gegner nicht belohnt. Vor dem Ringen stehen alle internen Zweikämpfe aller im Wettkampf Verbliebenen 2:2, haben alle Athleten wieder die gleiche Ausgangsbasis wie am Anfang. Ob jemand bis dahin schon viele besiegt hat oder niemanden, spielt keine Rolle. Pentathlon nach dem indirekten System ist eigentlich Ringen mit vorgeschalteter Auslese.
Logische Wertung nach Suppanz (2000)
Ausgangsthesen
- Herodot schreibt:
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- „123. Nach der Verteilung der Beute fuhren die Hellenen nach dem Isthmos, wo sie demjenigen den Ehrenpreis geben wollten, der sich unter den Hellenen als der würdigste in diesem Krieg (= Schlacht bei Salamis) erwiesen hatte. Als aber die Feldherren dorthin kamen und am Altar des Poseidon ihre Stimme abgaben, wen von allen sie für den Ersten und wen für den Zweiten erklärten, da gab jeder sich selber seine Stimme, weil er meinte, er sei der beste gewesen; den zweiten Preis aber sprachen die meisten dem Themistokles zu. So hatten die Ersten nur je eine Stimme, aber für den zweiten Preis vereinigte Themistokles die meisten Stimmen auf sich.“
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- „124. Obwohl nun die Hellenen diese Sache aus Missgunst nicht entscheiden wollten, sondern jeder ohne Entscheidung in seine Heimat zurückfuhr, wurde doch der Name des Themistokles überall im Hellenenland als der des klügsten Mannes von allen Hellenen gepriesen. Weil er aber trotz seines Sieges nicht von denen, die bei Salamis gekämpft hatten, den Preis zugesprochen bekam, machte er gleich danach eine Reise nach Lakedaimon, um sich dort den Preis zu holen. Die Lakedaimonier nahmen ihn auch würdig auf und erwiesen ihm große Ehre. Eurybiades verliehen sie den Ehrenpreis der Tapferkeit, nämlich einen Olivenkranz, den Preis der Klugheit und Geschicklichkeit aber gaben sie Themistokles, gleichfalls einen Olivenkranz, und beschenkten ihn mit dem schönsten Wagen, der in Sparta zu finden war. Und nachdem sie ihn mit vielen Ehren überhäuft hatten, mussten ihm dreihundert auserlesene Spartiaten, die sogenannten Ritter, das Geleit geben bis an die Grenze von Tegea. Er ist der einzige Mensch, soviel wir wissen, dem die Spartiaten jemals das Geleit gegeben haben.”
- Alle Feldherren hatten die gleiche Anzahl erster Plätze: In der Zahl der zweiten Plätze übertrifft Themistokles aber alle Gegner. Die Spartaner betrachteten ihn als den eindeutigen Sieger der Abstimmung.
- Niemand kommt spontan auf die Idee, bei einer Abstimmung nach dem Besten und nach dem Zweitbesten zu fragen. Sie kannten die Wertung. Woher? In der Festspielstadt Korinth stand regelmäßig das Pentathlon auf dem Programm. Die Pentathlon-Sieger wurden am selben Altar bekränzt, an dem die Feldherren wählten. Höchstwahrscheinlich von den Priestern, die auch die Wahl leiteten.
- Sieger kann nur jemand sein, der alle Gegner besiegt hat. Dieses, eigentlich selbstverständliche und in allen Sportarten erfüllte Prinzip, beherrschte auch das Pentathlon. Auch antike Texte betonen es: Alpha besiegt alle anderen Buchstaben. Peleus besiegt alle Argonauten. Die fraglos belegte Ausscheidung war nicht Bestandteil der Wertung, sondern diente der Abkürzung des Wettkampfes. Wer schon besiegt ist, kann ausscheiden ohne den Ausgang zu beeinflussen. Er kann aber, wie bei Lukillios im Wettkampf bleiben, um sich vollends zu blamieren.
- Lukian zählt das Pentathlon nicht zu den Sportarten, bei denen Gegnern einander zugelost wurden. Peleus ringt nicht nach den allgemeinen Ringerregeln, sondern gegen alle Gegner. Diese Texte werden ernst genommen: Im Ringen des Pentathlon wurde nicht gelost. Die Paare wurden anders zusammengestellt. Unten wird gezeigt, dass dafür nicht einmal eine eigene Regel nötig ist.
Daraus ergeben sich folgende Wertungsregeln
- Gesamtsieger ist, wer mehr Disziplinen gewonnen hat.
- Haben zwei Athleten gleich viele erste Plätze, so entscheidet die Zahl der zweiten über den Gesamtsieger. Stimmt auch deren Zahl überein, die Zahl der dritten usw.
- Wer nicht mehr gewinnen kann, scheidet aus.
Verlauf des Wettkampfes
Um festzustellen, wer ausscheidet, muss das Wettkampfgericht nach jeder Disziplin den Führenden bestimmen, Das ist der, der schon die meisten ersten, zweiten usw. Plätze belegt hatte. Wer diesen nicht mehr überflügeln kann, auch wenn er alle noch fehlenden Disziplinen gewinnt, kann nicht mehr Gesamtsieger werden. Er scheidet aus.
Ein solcher Führende war offenbar Teisemanos, der bis zum Ringen zwei Disziplinsiege errang, am Ende aber dennoch verlor. Peleus hingegen kämpfte am Anfang für den Verbleib im Wettkampf. Ringen darf er nur, weil er so viele zweite Plätze gesammelt hat, dass er mit dem Sieg im Ringen alle Gegner überflügelt hätte.
Die ersten scheiden nach der dritten Disziplin aus, sofern jemand zwei Disziplinen gewann und dazu einen guten Platz errungen hatte. Das große Ausscheiden findet aber nach der 4. Disziplin statt. Denn gute Diskuswerfer sind oft gute Speerwerfer, gute Läufer auch gute Springer. Der Führende wird deshalb oft entweder zwei Disziplinsiege oder einen Sieg mit einem guten Platz gesammelt haben. Ein 3. Platz wird dann kaum gereicht haben, um ringen zu dürfen.
Bis zum Ringen hat sich je nach Erfolgen in den Disziplinen eine Reihe gebildet. Vorneweg der Führende, dann ein Disziplinsieger mit guten Plätzen usw. bis zu einem, der mit dem Sieg im Ringen den Wettkampf noch gewinnen kann. Den Führenden trennt vom Letzten dieser Reihe weniger als ein Disziplinsieg.
So beginnt logisch das Ringen mit dem Kampf des Letzten gegen den Vorletzten. Der Verlierer scheidet aus; er kann ja das Ringen nicht mehr gewinnen. Der Sieger ringt sich in der Reihe nach vorne. Verliert er einen Kampf, scheidet er aus. Besiegt er am Ende den Führenden, ist er zurecht Gesamtsieger. Denn er hat ja den fehlenden Disziplinsieg eingefahren. So gewann offenbar Peleus. Verliert der Emporkömmling den letzten Ringkampf, ist der Führende Gesamtsieger und der Emporkömmling zweiter im Ringen. Das passierte offenbar Teisemanos „im letzten Gang im Ringen“. Auch Iota oder Ny zeigen sich im letzten Kampf Alpha unterlegen.
Diese Art zu Ringen gibt immer einen Disziplinsieger. Dieser hat zumindest einen Gegner direkt, alle anderen indirekt besiegt.
Zweiter Platz im Ringen
Verliert der Führende aber den letzten Ringkampf, so ist er nicht zweiter im Ringen. Er hat ja nur eine Niederlage, er hat keine Leistung gebracht. Womöglich ist er der schlechteste Ringer.
Unechtes Unentschieden
Wenn im letzten Ringkampf jemand aus der Reihe den Führenden besiegt, kann es vorkommen, dass die beiden am Ende in vier Platzziffern übereinstimmen. Der Sieger des letzten Ringens hat aus den vorangegangenen Disziplinen noch eine 5. Platzziffer, der bisher Führende aber nicht. Denn im Ringen wird, wie vorhin begründet, an den Führenden kein 2. Platz vergeben.
Aber gerechterweise hat der Führende im Ringen zumindest den letzten Ring-Platz verdient. Wenn nur noch wenige ringen, kann das ein sehr guter Platz sein. Schon damit könnte er vielleicht mit dem Gesamtsieger gleichziehen. Erlaubte ihm die Wettkampfregel gegen alle aus der Ringer-Reihe zu ringen, könnte er sogar noch einen viel besseren Platz erreichen. Damit könnte er sogar noch besser dastehen als der Gesamtsieger. Der Wettkampf ist also nicht unentschieden (Remis), sondern es kann nicht entschieden werden, wer der bessere Pentathlet ist (Patt). Während man im Fall von fünf gleichen Platzziffern eindeutig sagen kann: Keiner ist der Beste, kann man hier keine klare Entscheidung treffen. Wahrscheinlich ist einer der Bessere, denn unterschiedliche Leistungen sind wahrscheinlicher als gleiche. Man handelte also gegenüber diesem unbekannten Besseren ungerecht, wenn man denn Ausgang als unentschieden erklärte. Der einzige saubere Ausweg aus diesem Dilemma ist, beide zu Gesamtsiegern zu erklären. Bei dem einen könnte man seine 5. Wertung als einen kleinen Vorzug werten, wenn sie gut ist oder den Sieg im Ringen, da dieser den gesamten Körper fordert oder, da es die letzte Entscheidung war. Beim anderen das gute Abscheiden in den ersten, den Fünfkampf-spezifischen Disziplinen. Man könnte auch auf den internen Zweikampf der beiden Letzten schauen und dem ein kleines Plus geben, der drei mal vorne war.
Von einem solchen Wettkampf scheint die Inschrift von Tespiai zu berichten, der mit einem Sieger und einem Mitsieger endete.
Stärken der logischen Wertung
Die logische Wertung korrespondiert mit mehr Quellen als jede andere. Kein relevanter Text widerspricht ihr. Sie erklärt den Dreisieg, den vorzeitigen Abbruch genau so wie den langwierigen Kampf des Peleus und Lukillios Spott auf seinen Pentathleten. Der Kampf der Buchstaben, den bisher niemand in sein System einbauen konnte, fügt sich ebenso ein wie das bisher unerklärliche Unentschieden von Tespiai. Diesen Mitsieger konnte bisher kein System erklären. Sie ermöglicht sowohl Ausscheidung als auch Wettkämpfe, die alle zum Ringen zulässt. Die Regeln eignen sich für kleine und für große Wettkämpfe. Die überlieferte Zahl von drei Schiedsrichtern genügt. Mehr als die drei ersten Plätze im Lauf müssen nicht erkannt werden.
Die Spannung wächst von Disziplin zu Disziplin. Die Zuschauer können den Wettkampf leicht verfolgen. Der Höhepunkt ist am Ende; der Sieger der letzten Übung ist zugleich Gesamtsieger. Die Regeln sind einfach, logisch, eigentlich selbstverständlich und gerecht. Das erklärt, warum sie wahrscheinlich nirgends niedergeschrieben wurden und warum in den vielen Jahrhunderten des griechischen Sports keine Stimme eine Änderung verlangte. Alle Prinzipien des antiken Sports sind erfüllt: Es geht darum, einen Sieger zu ermitteln. Alle Bewerber haben die gleichen Bedingungen. Die Disziplinsieger spielen eine wichtige Rolle, der Gesamtsieger hat alle seine Gegner besiegt. Die Wertung ist unabhängig von der Reihenfolge der Disziplinen.
Für diese Wertung spricht auch, dass sie einer ganzen Reihe der von den antiken Autoren gewählten Wörtern, Wendungen und Vergleichen einen tieferen Sinn verleiht. Es lässt sich die Absicht erkennen, sich so und nicht anders auszudrücken. Die Texte werden zu zwar knappen, aber vollständigen Schilderungen möglicher Vorgänge.
Literatur
- G.E. Bean: Victory in the Pentathlon. In: American Journal of Archaeology 60 (1956), S. 361-368.
- F. Brein: Zur Wertung im Pentathlon., In: Forschung und Funde. Festschrift B. Neutsch., 1980 (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft 21), S. 89-93.
- Joachim Ebert: Zum Pentathlon der Antike. Untersuchungen über das System der Siegerermittlung und der Ausführung des Halterensprunges, 1963 (Abhandlungen der sächsischen Akademie der Wissenschaften phil.-hist. Klasse 56, 1)
- E.N. Gardiner: The Method of Deciding the Pentathlon. In: The Journal of Helenic Studies 23 (1903), S. 54ff.
- H.A. Harris: The Method of deciding victory in the Pentathlon., In: Greece + Rome 19 (1962), S. 60-64
- H.A. Harris: Sport in Greece and Rome. Southampton, London 1972.
- D.G. Kyle: Winning and Watching the greek Pentathlon. In: Journal of Sport History 17 (1990), S. 291-305
- Reinhold Merkelbach: Der Sieg im Pentathlon. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 11 (1973), S. 261-269
- L. Moretti: Un regolamento rodio per la gara del pentatlo. In: Rivista di Filosofia e d´Instruzione Classica 34 (1956), S. 55-60.
- S. Petrucco: Lo sport nella Grecia antica. Arte e archeologica; studi e docum. 1. Firence, Olschki., 1972
- L. Pihkala, E. N. Gardiner: The System of Pentathlon. In: The Journal of Helenic Studies 45 (1925), S. 132-134
- E. Pinder: Über den Fünfkampf der Hellenen. Berlin 1867.
- N. Suppanz: Eine logische Wertung für das antike Pentathlon. Berlin 2000.
- W.E. Sweet: A New Proposal of Scoring the Greek Pentathlon., In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 50 (1983), S. 287-290.
- A.E. Raubitscheks Ansicht über das Pentathlonsystem ist nicht von ihm selbst veröffentlicht worden, sondern wird - als "Fourth Theory (Raubitschek)" referiert und besprochen von Bean 1956: 365-366.
Kategorien:- Antike Sportart
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