Peradse

Peradse

Grigol Peradse (auch Gregor Peradse georgisch გრიგოლ ფერაძე; * 13. September 1899 in Bakurtsiche, Georgien; † 6. Dezember 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau) war ein georgischer Theologe und Orientalist. Im deutsch besetzten Polen kooperierte er mit dem Widerstand, half verfolgten Juden. Im Konzentrationslager ging er für einen Mithäftling in die Gaskammer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er wurde als Sohn des georgisch-orthodoxen Priesters Romanos Peradse in der ostgeorgischen Region Kachetien geboren. 1913 schloss er die Schule ab, besuchte bis 1918 das Theologische Seminar in Tiflis. Anschließend studierte er Literatur und Geschichte an der Staatlichen Universität Tiflis, absolvierte parallel eine Grundausbildung in der georgischen Armee und lehrte an einer Dorfschule in Manawi.

1921 erhielt er auf Empfehlung des Oberhaupts der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche, Ambrosius I., ein Stipendium der Deutschen Orient-Mission und wechselte nach Berlin, wo er deutsch, hebräisch und griechisch lernte. 1922 immatrikulierte er sich an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, studierte Theologie bei Adolf von Harnack und Karl Holl sowie orientalische Sprachen bei Carl Brockelmann. 1925 ging er auf Empfehlung von Johannes Lepsius an die Universität Bonn, wo er sein Studium bei Paul Kahle und Anton Baumstark junior fortsetzte. Er besuchte die Bollandisten in Brüssel, die Katholische Universität Löwen und das British Museum in London. 1927 promovierte er über Die Anfänge des Mönchtums in Georgien, wurde Hilfslektor für Orientalistik an der Universität Bonn, sowie Lektor für Georgisch und Armenisch.

1929 gründete er die St.-Nino-Gemeinde in Paris, die einzige georgisch-orthodoxe Kirchengemeinde außerhalb Georgiens. Die Gemeinde bestand aus den Mitgliedern der georgischen Exilregierung sowie Widerstandskämpfern, die 1921 und 1924 die Heimat verlassen mussten. 1931 wurde er von der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche zum Mönch geweiht und wechselte als Priester zur St.-Nino-Gemeinde, gab dort bis 1934 das Jahrbuch Dschwari Wasisa: La Croix de Sainte Nino heraus.

1933 berief ihn die Polnisch-Orthodoxe Kirche als behelfsmäßiger Professor für Patristik an die staatliche Orthodoxe Theologische Universität in Warschau. 1934 ernannte ihn das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel für seine wissenschaftlichen und geistlichen Leistungen zum Archimandriten. Peradse unternahm Forschungsreisen nach Rumänien, Griechenland, Bulgarien, Palästina, Syrien, Italien und Österreich, veröffentlichte bislang unbekannte alte georgische Manuskripte.

Nach der deutschen Besetzung Polens 1939 wurden Peradses theologische Seminare in Warschau suspendiert. Er unterstützte den polnischen Widerstand, half verfolgten Juden und Georgiern. Exilgeorgier die den Nationalsozialisten nahestanden zeigten ihn bei der Besatzungsmacht an. Im Mai 1942 wurde er von der Gestapo verhaftet und in das Warschauer Gefängnis Pawiak gesperrt. Polens orthodoxe Kirche setzte sich vergeblich für seine Freilassung ein.

Im November 1942 wurde er in das KZ Auschwitz-Birkenau verbracht. Dort starb er kaum einen Monat später. Über seinem Tod gibt es zwei Darstellungen: Nach einer starb er, weil die SS Hunde auf ihn gehetzt hatte, nach einer anderen, für die es einen überlebenden Mithäftling als Zeugen gibt, weil er für einen anderen Gefangenen in die Gaskammer ging.

Auszeichnungen

1995 wurde er von der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche und der Polnisch-Orthodoxen Kirche heilig gesprochen und erhielt den Ehrennamen Heiliger Priestermärtyrer Grigol.

Werke (Auswahl)

Monographien

  • Die Anfänge des Mönchtums in Georgien. Tempelverlag, Potsdam 1927
  • Liturgia sancti et omnilaudati Apostoli Petri. In: H.W.Codrington: The Liturgy of Saint Peter. Münster 1936
  • Religia Szoty Rustaweliego. In: G. Nakasidze: Szota Rustaweli. Warszawa 1937
  • Im Dienste der georgischen Kultur (1926-1940). In: Aus der Welt des Ostens. Königsberg 1940
  • Im Dienste der georgischen Kultur (1926-1940). Einleitung von Hubert Kaufhold. In: Oriens Christianus 83 (1999) 193-225.

Zeitschriften

  • Die georgische Kirche unter dem Bolschewismus. In: Der Orient. 4 (1922), S. 33-37
  • Über das georgische Mönchtum. In: Internationale Kirchliche Zeitschrift. 16 (1926), S. 152-168
  • Die Ausbildungszeit unseres georgischen Theologen in Deutschland. In: Der Orient. 8 (1926), S. 80-83
  • Die altgeorgische Literatur und ihre Probleme. In: Oriens Christianus. 3 (1927), S. 205-222
  • L'activité littéraire des moines géorgiens au monastère d'Iviron au Mont Athos. In: Revue d'Histoire Ecclésiastique. 23 (1927), S. 530-539
  • Rede Dr Gregor Peradses (Georgische Kirche) auf der Konferenz zu Lausanne. In: Der Orient. 9 (1927), S. 108-109
  • Die altchristliche Literatur in der georgischen Überlieferung. In: Oriens Christianus. 25/26 (1928/29), S. 109-116
  • Zur vorbyzantinischen Liturgie Georgiens. In: Le Muséon. 42 (1929), S. 90-99
  • Skizzen zur Kulturgeschichte Georgiens. In: Der Orient. 12 (1930), S. 45-52
  • Die Probleme der georgischen Evangelienüberlieferung. In: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der Älteren Kirche. 29 (1930), S. 304-309
  • Die Lehre der zwölf Apostel aus der georgischen Überlieferung. In: Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche. 31 (1932), S. 111-116
  • Georgian Manuscripts in England. In: Georgica. 1,1 (1935), S. 80-88
  • Ein Dokument aus der mittelalterlichen Liturgiegeschichte Georgiens: Unterweisung unseres hl. Vaters Ekhwthime Mthazmideli. In: Kyrios. 1 (1936), S. 74-79
  • Die Einflüsse der georgischen Kultur auf die Kultur der Balkanvölker. In: Der Orient. 18 (1936), S. 1-9
  • Orientalisches Mönchtum. In: Der christliche Orient in Vergangenheit und Gegenwart. 1 (1936), S. 20-23
  • Das geistige Leben im heutigen Sowjetgeorgien und im Spiegel der schönen Literatur. In: Schriften der Albertus Universität Königsberg. Geisteswissenschaftliche Reihe. 14 (1938), S. 270-288
  • Über die georgischen Handschriften in Österreich In: Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes. 47 (1940), S. 219-232

Literatur

  • Henryk Paprocki: L’archimandrite Grigol Peraʒe (1899-1942). In: Revue des études géorgiennes et caucasiennes 4 (1988) 198-230;
  • Ilma Reißner: Ein neukanonisierter Heiliger der Georgischen Orthodoxen Kirche: Archimandrit Grigol Peradze. In: Hermeneia. (1996), S. 135-143;
  • Jerzy Lubach: Wojenne losy ks. Grzegorza Peradze. In: Karta. 18 (1996), S. 147-149
  • Tblissi: le père Grigol Peradze canonisé. In: Service Orthodoxe de Presse. 203 (1995), S. 11f.

Weblinks


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