Peter-Ernst Eiffe

Peter-Ernst Eiffe

Peter-Ernst Eiffe (* 1941; † Dezember 1982) war der erste Graffitikünstler in Deutschland und der so genannte Hofnarr der Apo.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Peter-Ernst Eiffe wuchs in Hamburg-Duvenstedt bei Adoptiveltern auf. Sein Adoptivvater war im Dritten Reich Senator für Berlinangelegenheiten gewesen. Der nicht mit dem Adoptivkind verwandte Urgroßvater Franz Ferdinand Eiffe war Bausenator in Hamburg. Nach ihm ist eine verkehrsreiche Hamburger Straße benannt. Nach dem Abitur war Peter-Ernst Eiffe Soldat bei der Bundeswehr, die er im Range eines Leutnants der Reserve verließ. Eiffe begann ein Studium der Betriebswirtschaftslehre, das er nach wenigen Semestern abbrach. Danach arbeitete er im Statistischen Landesamt in Hamburg. Seine Vorgesetzten bescheinigten ihm überdurchschnittliche Intelligenz, aber aus der Karriere wurde nichts, denn Eiffe überspannte den Bogen: Er schmückte seinen Arbeitsplatz mit einem Bismarck-Bild und passenderweise Aktfotos und beschimpfte morgens die Putzfrau auf französisch.[1] So wurde er im April 1968 entlassen. Hinzu kam, dass ihn seine Frau mit der gemeinsamen achtzehn Monate alten Tochter Kathrin verließ. Durch diese krisenhafte Situation ist sein nun folgendes Verhalten möglicherweise zu erklären.

Aktionen

Im Sommer 1968 brachte es Peter-Ernst Eiffe in Hamburg innerhalb weniger Wochen zu einer Berühmtheit: Er überzog die ganze Stadt mit seinen Kritzeleien. Anfangs schrieb Eiffe nur seinen Namen mit schwarzem Filzstift auf Kachelwände im Bereich der Universität Hamburg. Bald vergrößerte er seinen Aktionsradius und hinterließ auf Briefkästen, Plakaten, Straßenschildern und in U-Bahnhöfen seine Sprüche:

  • Eiffe, der Bär kommt
  • Sei keine Pfeife, wähl Eiffe
  • Eiffe der Bär ist lieb, stark und potent
  • Eiffe sucht Frauen, die Französisch und Chinesisch können, sowie gesunde Senatoren
  • Eiffe Bundeskanzler, Springer Außen-, Augstein Innen-, Bartels vom Eros-Center als Familienminister, Heinemann Rest
  • New York, Tokio, Wandsbek: Eiffe für alle
  • Eiffe sieht gut aus. Eiffe schafft ein befriedigtes Deutschland. Eiffe will Bundeskanzler werden
  • Kein Hammer, keine Sichel, nur Eiffes Hand auf Hamburgs Michel
  • Richtet mit und ohne Finger stets den Strahl auf Axel Springer
  • Eiffe for president, alle Ampeln auf gelb

Und sooft es ging, legte er seine Visitenkarte quasi noch dazu: Peter-Ernst Eiffe, Wandsbeker Chaussee 305, 2000 Hamburg 22 mit Telefonnummer.

Als ihm die Hamburger Hochbahn wegen Sachbeschädigung eine Rechnung über 900 DM ausstellte, antwortete er mit dem ihm eigenen Humor und stellte eine Gegenrechnung über 900 DM für seine Kunstwerke aus.

Magisch zog ihn die damalige Studentenbewegung an. Man sah ihn immer häufiger bei Vollversammlungen, und er drängte sich immer mehr ans Mikrofon: Mit Anzug, weißem Hemd und Krawatte bekleidet gab Eiffe mit bitterem Ernst seine Theorien über die subversive Kraft des Spaßes zum Besten. Zur Ersten-Mai-Kundgebung der Berliner Apo holte ihn sein Gesinnungsgenosse Fritz Teufel als Gastredner. Dort verkündete Eiffe unter Beifall von Tausenden, er wolle Bundeskanzler der Studenten und Demonstranten werden. Zur Verkündung seines Regierungsprogramms kam es dann nicht mehr. Ihm war das Mikrofon abgedreht worden.

Am 30. Mai 1968 fuhr Eiffe mit seinem Fiat 600 beschriftet mit Freie Eiffe-Republik mitten in die Wandelhalle des Hamburger Hauptbahnhofs, stieg aus und begann die Kacheln mit Dreiecken zu verzieren. Eiffe wurde in Handschellen abgeführt und abends, die Boulevard-Presse war auch dabei, in die Psychiatrische Klinik Hamburg-Ochsenzoll eingeliefert.

Im November 1968 wurde er entlassen und fand eine Anstellung bei einer Werbeagentur in Düsseldorf. Doch das Happy End blieb aus, denn bereits 1970 erkrankte er an einer schweren Depression und wurde daraufhin in das Psychiatrische Krankenhaus Rickling in Schleswig-Holstein gebracht. Am 24. Dezember 1982 brach er von dort aus. Seine Leiche wurde im März 1983 auf einer Moorwiese, nicht weit von Rickling, entdeckt.

Rezeption

Uwe Wandrey und Peter Schütt produzierten ein Buch mit Fotos der Eiffe-Sprüche im Quer-Verlag. Es konnten 3000 Exemplare verkauft werden und Eiffe erhielt ein Autorenhonorar von 500 DM.

Nach seinem Tod konnte der Mythos des ersten deutschen Graffitisprayers ihn überleben: Noch heute gibt es Klosprüche an der Universität Hamburg: Eiffe lebt! 1996 wurde in Programmkinos eine einstündige Dokumentation über Eiffe von Christian Bau gezeigt unter dem Titel:

Auch verarbeitet Uwe Timm in seinem Roman Heißer Sommer zahlreiche Sprüche Eiffes, in dem Timm diese als Montage in seinem Text einbaut.

Literatur

  • Eiffe, Peter-Ernst: Eiffe for President - Frühling für Europa. Surrealismen zum Mai 68. Quer-Verlag, Hamburg 1968 (Herausgabe und Information Uwe Wandrey. Politkritische Vorbemerkungen Peter Schütt).
  • Gessler, Katharina: Faszination des Wahnsinns. In: Hamburger Abendblatt. 1. Februar 1995.
  • Schütt, Peter: Wer hat in Deutschland die ersten Graffiti gesprüht?. In: Die ZEIT. Nr. 12, 17. März 1995, S. 95 (http://www.zeit.de/1995/12/Wer_hat_in_Deutschland_die_ersten_Graffiti_gesprueht).

Einzelnachweise

  1. http://www.absolutondemand.de/movie.php?id=8

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