- Phantomtor
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Phantomtor (von gr.: Phantasma, Phantasie, was so viel wie „Trugbild“, „unwirkliche Erscheinung“ oder „Einbildung“ bedeutet) ist ein Begriff aus der Sportberichterstattung und bezeichnet ein Tor, das vom Schiedsrichter anerkannt wird, obwohl Ball oder Puck die Torlinie nicht den Regeln entsprechend überschritten hat.
Inhaltsverzeichnis
Fußball
Der Begriff geht vermutlich auf das bekannteste Phantomtor zurück, das Thomas Helmer am 23. April 1994 im Erstligaspiel am 32. (drittletzten) Spieltag für den FC Bayern München gegen den 1. FC Nürnberg „erzielte“.
In der 26. Spielminute beförderte Helmer aus einer undurchsichtigen Situation im Strafraum heraus den Ball Richtung Nürnberger Tor. Er verfehlte und der Ball rollte links am linken Pfosten vorbei über die Torauslinie. Der Schiedsrichter-Assistent Jablonski hingegen hatte zur Verwunderung aller ein Tor gesehen und signalisierte dieses dem Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers. Osmers erkannte den Treffer an und Bayern München gewann das Spiel 2:1 (inklusive Phantomtor).
Im Nachhinein erklärte der DFB das Tor jedoch für ungültig, berief sich in dem Fall nicht auf eine Tatsachenentscheidung und setzte das Spiel neu an. Bayern München gewann das Wiederholungsspiel 5:0.
Kurios: Nürnberg verschoss im ersten Spiel kurz vor Schluss noch einen Elfmeter (der Schütze war der frühere Bayern-Spieler Manfred Schwabl). Bei einem 2:2 hätte es keinen Protest gegeben. Unter der Annahme, dass alle weiteren Spiele mit demselben Ergebnis beendet worden wären, wäre der FC Bayern mit einem Unentschieden nicht Meister geworden (sondern der 1. FC Kaiserslautern) und Nürnberg hätte durch den Punktgewinn den Klassenerhalt erreicht (anstelle des SC Freiburg).
Am 17. Januar 2010 erlebte auch die Zweite Bundesliga ihr erstes Phantomtor: in der 81. Minute der Begegnung des 18. Spieltags zwischen dem MSV Duisburg und dem FSV Frankfurt beförderte Duisburgs Angreifer Christian Tiffert den Ball an die Latte des Frankfurter Gehäuses. Von dort sprang das Spielgerät klar ersichtlich mindestens einen Meter vor der Torlinie zurück ins Feld, worauf Schiedsrichter-Assistent Thomas Münch zur Überraschung aller sofort Tor signalisierte. Schiedsrichter Marco Fritz verließ sich auf seinen Assistenten und erkannte den Treffer an. Der DFB erklärte das Tor diesmal jedoch für gültig und berief sich dabei auf die Tatsachenentscheidung des Referees. Ein Protest seitens des FSV erfolgte angesichts des klaren Resultats von 5:0 für Duisburg ebenfalls nicht.
Ebenfalls ein Phantomtor ereignete sich in der dritten Viertelfinalpartie der Fußball-Afrikameisterschaft 2010 zwischen Ägypten und Kamerun. Der kamerunische Torwart Idriss Carlos Kameni ließ einen Freistoß von Ahmed Hassan unglücklich an die Latte abprallen, von der der Ball allerdings vor die Torlinie sprang. Schiedsrichter Jerome Damon erkannte aber irregulärerweise auf Tor.
Durch ein von Marcell Jansen erzieltes Phantomtor in der Bundesliga-Partie zwischen dem Hamburger SV und dem 1. FSV Mainz 05 am 6. März 2011 wurde die Diskussion um die Einführung des Videobeweises im Fußball wieder neu entfacht. Der Ball war nach einem Volleyschuss des Hamburger Spielers von der Latte aus klar vor die Grundlinie gesprungen, Schiedsrichter Babak Rafati entschied auf Anraten des Schiedsrichterassistenten Christoph Bornhorst jedoch auf Tor.[1][2]
Siehe auch: Wembley-Tor
Eishockey
- In der DEL-Saison 2003 endete ein Spiel zwischen den Kölner Haien und den DEG Metro Stars 6:4. In der 49. Minute erzielte Steve Palmer das vermeintliche 5:4 für die Kölner. Schiedsrichter Hellwig zog den Videobeweis, wie im Eishockey bei strittigen Entscheidungen üblich, zu Rate. Er verwendete die Übertorkamera und entschied auf Tor. Die Fernsehbilder lösten später jedoch klar auf, dass der Puck die Linie nicht überschritten hatte. Die Metro Stars legten nach dem Spiel Protest ein. Dieser wurde abgewiesen und das Ergebnis hatte Bestand.
- In der Partie USA gegen Finnland bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2008 übersah der Videorichter beim 1:2-Anschlusstreffer durch Ville Koistinen, dass der Puck durch ein Loch im Netz von der Seite ins Tor gelangte. Dank des Treffers gewannen die Finnen das Spiel am Ende mit 3:2. Beide Mannschaften waren jedoch schon vorher für das Viertelfinale qualifiziert.
Hockey
Bei der Hockey Champions Trophy der Herren in Chennai 2005 löste das 1:0 der Australier gegen Deutschland (Endstand 4:1) große Verwirrung aus. Der Ball, geschossen von Jamie Dwyer, rollte von außen durch ein Loch im Tornetz ins Tor. Der Schiedsrichter gab den Treffer.
Handball
Nach Abpfiff des Spiels der Zweiten Bundesliga Nord zwischen SV Post Schwerin und dem ASV Hamm herrschte Unklarheit über das genaue Endergebnis. Presse und Zuschauer hatten einen 26:23-Sieg der Schweriner gesehen. Das Kampfgericht vermerkte im Spielberichtsbogen hingegen ein 26:24. Gästespieler David Kreckler wurde der vermeintliche Treffer gutgeschrieben.
Gravierender war allerdings ein Fehler, der dem Schiedsrichtergespann Hagen Becker und Axel Hack (Halberstadt) am 25. März 2006 beim Handball-Erstligaspiel der SG Kronau/Östringen gegen die HSG Düsseldorf in der Mannheimer SAP-Arena unterlief. Beim Stand von 10:8 (24. Minute) verkürzte der Düsseldorfer Frank Berblinger auf 10:9, auf der Anzeigetafel aber leuchtete das 11:8 für die SG auf. Nach Rücksprache mit den Zeitnehmern korrigierten die Unparteiischen diesen Spielstand, doch zur Verblüffung aller hieß es nun 11:9. Die Referees hatten fälschlicherweise auch Kronau/Östringen einen Treffer zugesprochen. Hallensprecher Jürgen Essig versuchte noch, die Unparteiischen auf ihren Fauxpas aufmerksam zu machen, doch vergeblich. Essig erhielt stattdessen sogar die Gelbe Karte. Am Ende siegte die SG Kronau/Östringen dank des „Phantomtores“ mit 26:25. Düsseldorf legte daraufhin Einspruch beim Bundessportgericht ein. Das Gericht setzte ein Wiederholungsspiel an, das die SG Kronau/Östringen am 17. Mai 2006 in Eppelheim mit 34:24 für sich entschied.
Einzelnachweise
- ↑ Jansens Phantomtor mopo.de
- ↑ Schürrle der Matchwinner gegen den HSV fussball.de
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