Pocahontas (Film)

Pocahontas (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel Pocahontas
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1995
Länge 87 Minuten
Altersfreigabe FSK o. A.
Stab
Regie Mike Gabriel,
Eric Goldberg
Drehbuch Carl Binder,
Susannah Grant,
Philip Lazebnik
Produktion James Pentecost
Musik Alan Menken
Kamera Andreas Deja
Schnitt H. Lee Petersen
Synchronisation

Pocahontas [ˌˈpoʊkəˌhɑn(t)əs] ist der 33. abendfüllende Zeichentrickfilm der Walt-Disney-Studios aus dem Jahr 1995. Er beruht auf der Geschichte der Indianerfrau Pocahontas. Der Film war zwar finanziell erfolgreich und spielte etwa das Fünffache seiner Produktionskosten ein, blieb jedoch entgegen den Erwartungen der Macher weit hinter den Einspielergebnissen seines Vorgängers Der König der Löwen zurück, die etwa doppelt so hoch waren. 1998 produzierte Disney die Fortsetzung Pocahontas 2: Reise in eine neue Welt für den Videoverkauf.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

England, Anfang des 17. Jahrhunderts. Eine Gruppe von Männern, darunter der mittlerweile berühmte englische Abenteurer John Smith, soll im Auftrag der Virginia Company das noch „junge“ Amerika erkunden. John Ratcliffe, Leiter der Expedition und selbsternannter Gouverneur des neu gegründeten Jamestown, ist besonders egozentrisch und versucht das Land auszubeuten. Auch die restliche Besatzung sieht in der neuen Welt einen rückständigen Ort, den es zu verbessern gilt.

In dieser „rückständigen“ Welt verspricht Indianerhäuptling Powhatan seine Tochter Pocahontas dem größten Krieger des Volkes, Kokoum, doch der ist ihr viel zu ernst. Stattdessen verliebt sie sich auf einem Erkundungsgang mit ihren Freunden Meeko (ein Waschbär) und Flit (ein Kolibri) in den Engländer Smith. Zwar verstehen sie einander zunächst nicht, doch Pocahontas hört auf den Rat einer alten Trauerweide, sie solle auf ihr Herz hören und lässt sich auf Smith ein. Gemeinsam versuchen sie zwischen ihren Völkern zu vermitteln.

Wenig später geraten die amerikanischen Ureinwohner und die Europäer, deren Lebensideologien unterschiedlicher nicht sein könnten, feindlich aneinander. Gouverneur Ratcliffe glaubt zu wissen, dass die Ureinwohner das zu ergatternde Gold vor ihm verstecken, während Powhatan berechtigterweise der Auffassung ist, dass die Neulinge gekommen sind, um sein Land zu zerstören. Der Zwist zwischen beiden Seiten führt zu einem ersten Menschenopfer, das gerächt werden soll. Pocahontas tritt nun selbstbewusst als Mittlerin auf und kann dank ihrer Zuneigung zu John eine verbindende Brücke zwischen den beiden Parteien schlagen und die drohende Auseinandersetzung schlichten. Ratcliffe ist vom friedlichen Ausgang der Auseinandersetzung gar nicht angetan und versucht Powhatan zu erschießen. John wirft sich geistesgegenwärtig in die Schusslinie und rettet so, schwer verletzt, das Leben des Häuptlings. Nun sehen auch Ratcliffes Männer ein, dass ihr Anführer nicht länger seines Amtes walten kann und führen ihn gefesselt und geknebelt ab. John hingegen muss schwer verwundet nach London zurückkehren und Pocahontas trifft die schwere Entscheidung, ihn ziehen zu lassen.

Synchronisation

Synchronfirma: Berliner Synchron GmbH Wenzel Lüdecke
Dialogbuch & Liedtexte: Lutz Riedel
Dialogregie: Lutz Riedel
Musikalische Leitung: Andreas Hommelsheim

Rolle
Originalsprecher
Synchronsprecher
Pocahontas (Stimme) Irene Bedard Alexandra Wilcke
Pocahontas (Gesang) Judy Kuhn Alexandra Wilcke
John Smith Mel Gibson Sigmar Solbach
Großmutter Weide Linda Hunt Hildegard Knef
Governor Ratcliffe David Ogden Stiers Joachim Kemmer
Wiggins David Ogden Stiers Wilfried Herbst
Thomas Christian Bale Gunnar Helm
Powhatan Russell Means Gerd Holtenau
Kekata Gordon Tootoosis Helmut Heyne
Kokoum James Apaumut Fall Bernd Vollbrecht
Nakoma Michelle St. John Irina von Bentheim

Im Abspann ist das Lied Das Farbenspiel Des Winds als Soundtrack-Version zu hören und wird in der deutschen Fassung von Jennifer Rush gesungen. Im englischen Original wird die Soundtrack-Version von Vanessa Lynn Williams gesungen.

Kritik

Der Film erhielt überwiegend positive Kritiken, wobei negative Stimmen zumeist die historischen Inkorrektheiten im Film kritisierten. Pocahontas war in Wahrheit viel jünger und Jamestown, der Handlungsort im Film, hatte eine weniger bezaubernde geographische Lage. James Berardinelli bemerkte dazu, dass „jeder, der von einem Disney-Zeichentrickfilm historische Richtigkeit erwartet, sich schämen solle“.[1] Ed Gonzales vom Slant Magazine sah in dem Film „eine Vernachlässigung der Historie ganz im Sinne des idealisierten Geistes des Films“.[2] Christopher Null empfand den Film gar als „schlechtesten Zeichentrickfilm in Disneys Geschichte“, seiner Meinung nach „vermittle ein Bilderbuch authentische Geschichte besser“.[3]

Ein weiterer Kritikpunkt war die spirituelle Naturverbundenheit des Films. Noch schlimmer als diesen „fragwürdigen Naturmystizimus“ beurteilte das Lexikon des internationalen Films aber die „einfallslose visuelle Gestaltung“, wodurch „gerade Kinder kaum auf ihre Kosten kommen“.[4] Ernst Corinth bescheinigt dem Film wiederum gerade, er sei etwas für Kinder: „In Pocahontas wird einfach ein – zugegeben – arg idealisiertes Märchen im Stil eines perfekt inszenierten Musicals erzählt. Eine Liebesgeschichte, die uns und vor allem unsere Kinder anrührt und 80 Minuten nicht mehr losläßt.“[5] Andere Stimmen wiesen dem Film wie den meisten Disney-Filmen Erziehungspotenzial zu, Martin Szymanski vom Word Magazine spricht von „einem guten Film, um den Kleinen in der Familie Toleranz und Verschiedenheit zu erklären“.[6]

Christiane Peitz bezeichnete Disneys Pocahontas als „Öko-Prinzessin“ und „Botschafterin für multikulturelle Angelegenheiten“: "[S]ie versöhnt erstens symbolisch jedwede Nation mit ihren Minderheiten und zweitens Amerika mit seiner Geschichte“ der Dezimierung der Ureinwohner.[7]

Hervorgehoben wurden auch die Animationen und das komplexe Farbschema des Films, so lobte Jeremy Gerard die Animationsabteilung für eine „lebendige Palette“.[8] Die Kinozeitschrift Cinema bescheinigte dem Film, er sei eine „Liebesgeschichte mit Öko-Message, Witz und unvergesslich schönen, eleganten Bildern.“[9] Auch Filmkritiker Roger Ebert von der Chicago Sun-Times ist der Meinung, der Film sei optisch gelungen: „Der Film sieht großartig aus, die Lieder sind wundervoll visualisiert und die Charaktere sind sehr ansprechend. Pocahontas ist einfach herrlich als Familienunterhaltung. Auf einer Liste mit Arielle, die Meerjungfrau, Die Schöne und das Biest, Aladdin und Der König der Löwen würde ich ihn auf Rang 5 setzen.“ Er kritisierte allerdings, dass dem Film ein markanter Bösewicht fehlt.[10]

Insgesamt überzeugte der Film einen Großteil der Kritiker durch „liebevoll animierte Nebenfiguren“ (VideoWoche), einen durchdachten Handlungsstrang mit überraschenden Wendungen und Familientauglichkeit, wie man sie von Disney-Filmen gewohnt ist. Stellvertretend für diese Zusammenfassung verbindet der Film z. B. für die deutsche Kinozeitschrift Blickpunkt:Film „politische Korrektheit mit Familienunterhaltung auf breitem Niveau“ und Jeffrey M. Anderson schätzt den Film als „einer der vielseitigsten Zeichentrickfilme Disneys“ ein.[11] Peter Stack vom San Francisco Chronicle umschrieb den Film als „ein umwerfender Film mit cleveren Drehungen, lebendigen Charakteren, einfühlsamen Songs und einer überraschenden Ernte revisionierter Geschichte, die hier als pure Unterhaltung funktioniert.“[12]

Auch die Liebesgeschichte zwischen John und Pocahontas wird weitgehend als gelungen empfunden. Michael Dequina spricht von einem „zwar abgeschwächtem, aber dafür überraschendem, durchdachtem und romantischem Drama“[13], Richard Corliss vom amerikanischen Nachrichtenmagazin TIME von einer „perfekten Filmromanze“, der Film hätte „einen Ehrenplatz zwischen Disneys Zeichentrickfilmen der letzten Zeit verdient“.[14] In dieser Hinsicht ist aber zumindest Rory L. Aronsky anderer Meinung. Er sieht den Film „meilenweit von seinen energiegeladenen Vorgängern entfernt“.[15]

Bei einem Budget von etwa 55 Mio. US-Dollar (geschätzt laut IMDB[16]) spielte der Film brutto etwa 346 Mio. US-Dollar ein und liegt somit weit hinter Der König der Löwen, der brutto 772 Mio. US-Dollar einspielte[17].

Produktionsgeschichte

Eine große Inspiration für Pocahontas wird wohl Die Schöne und das Biest gewesen sein. Jeffrey Katzenberg, damaliger Chef der Walt Disney Company, sah in der Geschichte um die amerikanische Legende um Pocahontas das Potential für einen ernsten, erwachsenenorientierten Film. Angespornt vom Erfolg des Films Die Schöne und das Biest und der Oscar-Nominierung für den Besten Film, wollte Katzenberg mit dieser Geschichte den Erfolg romantischer Zeichentrickfilme weiterentwickeln.

Mit seinem Optimismus hat Katzenberg zahlreiche seiner Angestellten angesteckt, so dass viele geradezu darum baten an diesem Film mitarbeiten zu dürfen.

Um den anfänglichen Ansprüchen gerecht zu werden, wurde die Handlung allerdings mehrfach überarbeitet und erhielt von den Drehbuchautoren schließlich eine Grundhandlung, die sehr an Romeo und Julia erinnert. Außerdem entschied man sich während der Produktion die Tiere nicht reden zu lassen, da es nicht zum gewünschten „reiferen“ Stil gepasst hätte. Des Weiteren entfernte man den Charakter Redfeather, einen Truthahn, der von John Candy gesprochen wurde, unter anderem weil die Rolle ohne ihren Text nicht mehr relevant war.

Während der Produktion erhielt Pocahontas von den Künstlern außerordentlich viel Respekt. Es hieß, er sei der schwerste Film, den Disneys Zeichentrickschmiede je gemacht hatte. Vor allem das komplexe Farbschema und die realistischen Gesichtsausdrücke von Pocahontas und John Smith sorgten für Anspannung während der Produktion.

Auszeichnungen

Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden verlieh der Produktion das Prädikat wertvoll.

  • 1996: Oscar für Alan Menken und Stephen Schwartz in der Kategorie Best Music, Original Musical or Comedy Score
  • 1996: Oscar für Alan Menken und Stephen Schwartz für den Besten Song*
  • 1996: BMI Film Music Award für Alan Menken
  • 1996: Golden Globe für Alan Menken und Stephen Schwartz für den Besten Song*
  • 1996: Grammy für Alan Menken und Stephen Schwartz für den Besten Song*

* für „Colors of the Wind“, gesungen von Vanessa Williams

Veröffentlichungen auf DVD

  • Pocahontas − Walt Disney Special Collection, Walt Disney Home Entertainment, 2002
  • Pocahontas − Musikalische Meisterwerke, Limited Edition, Walt Disney Studios Home Entertainment, 2009

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1] James Berardinelli, ReelView
  2. [2] Ed Gonzalez, Slant Magazine
  3. [3] Christopher Null, filmcritic.com
  4. Lexikon des internationalen Films, CD-ROM-Ausgabe, Systhema, München 1997
  5. [4] Ernst Corinth, Dirk Jasper Filmlexikon
  6. [5] Michael Szymanski, Word Magazine
  7. Christiane Peitz: „Falsche heile Welt“. In: Zeitmagazin Nr. 47 vom 17. November 1995
  8. [6] Jeremy Gerard, Variety
  9. Cinema, Ausgabe 11/1995
  10. [7] Roger Ebert, Chicago Sun-Times
  11. [8] Jeffrey M. Anderson, Combustible Celluloid
  12. [9] Peter Stack, San Francisco Chronicle
  13. [10] Michael Dequina, Mr. Brown's Movies
  14. [11] Richard Corliss, TIME
  15. [12] Rory L. Aronsky, Film Threat
  16. http://www.imdb.de/title/tt0114148/business
  17. http://www.imdb.de/title/tt0110357/business
Vorgänger Film Nachfolger
Der König der Löwen Disneyfilme der „Meisterwerke“-Reihe
1995
Der Glöckner von Notre Dame

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