- Auftriebshilfen
-
Eine Auftriebshilfe ist eine Vorrichtung an einer Tragfläche eines Flugzeuges, die dazu dient, in bestimmten Flugsituationen den Auftriebsbeiwert der Tragflächen zu vergrößern, wodurch das Flugzeug bereits bei geringeren Geschwindigkeiten flugfähig ist.
Einsatz
Auftriebshilfen werden insbesondere bei Start und Landung, seltener auch im Steigflug und beim Manövrieren eines Flugzeugs benutzt. Nur in seltenen Fällen (siehe Douglas DC-8) werden sie auch während des Reisefluges eingesetzt. Ziel der Anwendung von Auftriebshilfen ist es vor allem, die Untergrenze der Lande- und Startgeschwindigkeit (und dadurch die erforderliche Start- und Landestrecke) zu verringern, im Steigflug Steigwinkel zu erhöhen und im Kurvenflug den Kurvenradius zu verringern. Bei gesetzten Klappen ist die Überziehgeschwindigkeit (stall speed) reduziert.
Auftriebshilfen erhöhen außerdem in unterschiedlichem Maße den Luftwiderstand des Flugzeuges und werden deshalb auch zur Herabsetzung oder Begrenzung der Fluggeschwindigkeit, insbesondere im Sinkflug, eingesetzt.
Der zulässige Geschwindigkeitsbereich mit ausgefahrenen Klappen ist auf dem Fahrtmesser mit einem weißen Bogen gekennzeichnet.
Arten von Auftriebshilfen
Auftriebshilfen unterscheiden sich in ihrem Aufbau und der Position am Flügel. Auftriebshilfen wirken entweder auf die Flügelwölbung, die Flügelfläche, auf die Grenzschicht der Luftströmung um einen Flügel oder durch Umlenkung des Triebwerksstrahls.
Auftriebshilfen an der Flügelvorderkante
Krügerklappe
Die Krügerklappe ist eine relativ einfache Einrichtung, die sowohl die Flügelwölbung als auch die Flügelfläche verändert.
Vorflügel
Der Vorflügel (engl. slat) ist ein ausfahrbarer oder starrer kleiner Flügel, der sich an der Vorderseite des Tragflügels befindet. Durch den Spalt zwischen Vor- und Hauptflügel kann Luft von der Unterseite auf die Oberseite des Flügels strömen, dadurch wird ein Strömungsabriss bei hohen Anstellwinkeln verhindert. Ist er beweglich ausgeführt, vergrößert sich gleichzeitig die wirksame Flügelfläche. Einige Flugzeuge verfügen über Vorflügel, die sich aufgrund der auf sie wirkenden aerodynamischen Kräfte selbsttätig ein- und ausfahren, wie es die Situation erfordert (z. B. Messerschmitt Bf 108 oder Morane MS 880 Rallye).
Kippnase
Bei der Kippnase wird die komplette Flügelnase nach unten abgewinkelt. Dadurch erhöht sich die Flügelwölbung, z. B. Northrop F-5. Beim Airbus A380 wurde dieser Ansatz als sog. Droop-Nose Device am Innenflügel realisiert, während der Außenflügel mit gewöhnlichen Slats ausgestattet wurde. Ein Ausfahren der Droop-Nose Devices verringert den Widerstand, während beim Ausfahren der Slats der Widerstand erhöht wird.
Auftriebshilfen an der Flügelhinterkante
Diese Auftriebshilfen werden umgangssprachlich als Landeklappen bezeichnet, obwohl sie auch beim Start eingesetzt werden. Fachsprachlich heißen sie zusammenfassend einfach Klappen (engl. flap, Plural flaps).
Wölbklappe
Eine Wölbklappe ist die einfachste Form der Auftriebshilfe. Es ist eine schwenkbare Verlängerung am hinteren Ende der Tragfläche. Bei Segelflugzeugen werden die Gleiteigenschaften durch optimale Einstellung der Wölbklappe zwischen der positiven Landestellung und der negativen Schnellflugstellung optimiert. Bei Kunstflugzeugen können die Klappen gegensinnig mit dem Höhenruder ausgeschlagen werden (z. B. die Gegenklappen des Hirth Acrostar), bei Segelkunstflugzeugen wurden sie sogar schon vollständig automatisch angesteuert.
Klappen werden normalerweise auf beiden Seiten der Flügel im gleichen Winkel ausgefahren. Wenn sie jedoch mit dem Querruder (engl. aileron) gekoppelt sind, spricht man vom Flaperon, wie etwa bei der F-16 Fighting Falcon verwendet. Bei einigen Flugzeugen werden beim Ausfahren der Klappen auch die Querruder gleichsinnig abgesenkt (z. B. Dornier Do 27, Messerschmitt Bf 109E oder McDonnell Douglas F/A-18).
Spaltklappe
Die Spaltklappe wird wie die Wölbklappe nach unten geklappt. Gleichzeitig gibt diese Bewegung jedoch einen Luftspalt frei, der Luft auf die Oberseite des Tragflügels strömen lässt und so einen Strömungsabriss verhindert. Spaltklappen können so aufgebaut sein, dass sie bis zu drei Spalte freigeben. Fowlerklappe
Bei der Fowlerklappe handelt es sich um eine Klappe, die unterhalb der Tragflügelhinterkante nach hinten gefahren und angestellt wird. Dadurch wird wie bei der Spaltklappe ein Luftspalt zwischen Oberseite des Flügels und Unterseite frei, zusätzlich zur Tragflächenwölbung vergrößert sich auch die Flügelfläche. Als sogenannte Einspaltklappe sind sie z. B. an allen Airbus-Flugzeugen (außer der A321 und der neuen A400M), so auch der A380, vertreten. Die A321 besitzt ein Doppelspalt-Hochauftriebssystem. Auch sind Fowlerklappen so ausgeführt worden, dass sie bis zu drei Spalte freigeben (auch Fowler-System genannt). Sie werden z. B. eingesetzt an den Boeing-Modellen B727, B737 und B747 sowie Tupolew Tu-154B.
Spreizklappe
Bei der Spreizklappe wird ein Teil des hinteren Flügelunterteils nach unten geklappt. Beispiele: Focke-Wulf Fw 190, Supermarine Spitfire, Mitsubishi A6M. Zapklappe
Die Zapklappe ist eine Spreizklappe, deren Vorderkante bei Auslenkung nach hinten gefahren wird. Sie wird etwa bei der Lockheed C-130 verwendet.
Junkers-Doppelflügel
Beim Junkers-Doppelflügel ist die Klappe als eigener kleiner Flügel hinter dem eigentlichen Tragflügel ausgeführt. Junkers-Doppelflügel können nicht nur als Auftriebshilfen, sondern auch als Steuerflächen (Querruder) eingesetzt werden (z. B. Junkers Ju 52/3m). Da sie konstruktionsbedingt auch in der Flugstellung einen Luftspalt aufweisen, vergrößern sie den Luftwiderstand der gesamten Konstruktion, verbessern aber andererseits das Langsamflugverhalten. Triebwerksgestützte Hochauftriebssysteme
Durch eine Beeinflussung der Grenzschicht auf einem Tragflügel kann die Abreißgeschwindigkeit verringert und der maximale Anstellwinkel vergrößert werden. Dabei wird entweder ein Teil der Luftströmung auf der Flügelfläche abgesaugt oder durch ein Gebläse Luft auf die Tragflächenoberseite eingeblasen. Mit dem Absaugen können instabile Geschwindigkeitsprofile stabilisiert werden und somit die Gefahr von Ablöseerscheinungen reduziert werden. Die Grenzschicht wird dazu vor der Ablösestelle abgesaugt, so dass sich einen neue energiereichere Grenzschicht ausbilden kann. Das Problem liegt hierbei in der Zunahme des Reibungswiderstandes. Durch Ausblasen wird der Grenzschicht Energie zugeführt. Durch die energiereichere Grenzschicht an der Vorderkante zum Beispiel können höhere Anstellwinkel geflogen werden. Bei der Ausblasung an der Hinterkante wird die Gefahr von Ablöseerscheinungen reduziert, sie wirkt ähnlich wie eine Hinterkantenklappe.
Steuerung und Antrieb
Auftriebshilfen an der Flügelvorderkante arbeiten zum Teil automatisch in Abhängigkeit vom Anstellwinkel und der Fluggeschwindigkeit. Sonstige Auftriebshilfen werden vom Piloten oder der Fly-by-wire-Steuerung gezielt eingesetzt oder sind zwingender Teil des Landeverfahrens. Der Antrieb von Landeklappen erfolgt meist manuell, hydraulisch, pneumatisch oder elektrisch.
Oberhalb einer bestimmten Geschwindigkeit können Landeklappen typischerweise nicht mehr ausgefahren werden, weil der Stellantrieb nicht reicht, die aerodynamischen Kräfte zu überwinden. Bei noch höheren Geschwindigkeiten, die auch vom augenblicklichen Ausfahrwinkel der Landeklappen abhängen, drohen sogar Beschädigungen der Klappen. Einige Flugzeuge verfügen daher über Landeklappen, die durch die aerodynamischen Kräfte bei zunehmender Geschwindigkeit automatisch eingefahren werden (z. B. Grumman F4F).
Anstellwinkel und Auftriebsschwerpunkt
Mit ausgefahrenen Landeklappen erhöht sich der Anstellwinkel des Flügels gegenüber dem eingefahrenen Zustand (flaps up). Das Flugzeug wird dadurch schwanzlastig und muss deshalb (bei vielen Flugzeugen) nachgetrimmt werden (buglastig trimmen).
Der Auftriebsschwerpunkt (center of lift) verschiebt sich bei ausgefahrenen Klappen nach hinten.
Auftrieb und Luftwiderstand
Beim stufenweisen Ausfahren der Landeklappen erhöhen sich Auftrieb und Luftwiderstand des Flügels. Das geschieht jedoch nicht linear für beide Werte. Während sich bei leicht ausgefahrenen Klappen (die ersten Klappenstellungen, die ersten 50% beim Ausfahren) besonders der aerodynamische Auftrieb erhöht und der Luftwiderstand nur minimal ansteigt, nimmt bei stark ausgefahrenen Klappen (die letzten Klappenstellungen, die letzten 50 % beim Ausfahren) der Auftrieb nur noch minimal zu, während der Luftwiderstand sehr stark zunimmt.
Deshalb werden für den Start und den Anflug die Klappen für die Auftriebserhöhung nur gering ausgefahren, während für den Endanflug die Klappen zwecks starker Erhöhung des Luftwiderstandes voll ausgefahren werden. Die Landung mit voll ausgefahrenen Klappen ermöglicht einen steileren Anflug, eine schnellere Reduzierung der Fluggeschwindigkeit (ein großes Flugzeug mit einigen hundert Tonnen träger Masse reduziert die Fluggeschwindigkeit nur sehr langsam) und eine kürzere Ausrollstrecke.
Geschichte
Auftriebshilfen wurden Ende der 1920er Jahre eingeführt, als die Flugzeuge Geschwindigkeiten jenseits der 300 km/h erreichten. Mit den dadurch notwendigen dünnen Flügelprofilen wuchs die Start und Landegeschwindigkeit so stark an, dass ein Landen für den normalen Piloten auf den damals noch häufig unbefestigten Flugplätzen zu einem Risiko wurde. Mittlerweile geht man jedoch wieder dazu über simplere Methoden zur Auftriebssteigerung zu verwenden, da die komplexen Systeme erheblichen Wartungsaufwand bedeuten und außerdem sehr schwer sind, was die Auftriebserhöhung effektiv wieder reduziert.
Siehe auch
- STOL
- Flettner-Klappe
- Adaptiver Flügel
- Alula - Auftriebshilfe bei Vögeln
Literatur
- Lexikon der Luftfahrt, Transpress, ISBN 3-344-70711-6
- Götsch, Ernst - Luftfahrzeugtechnik, Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8
Weblinks
Wikimedia Foundation.