Projekt 18

Projekt 18
Wahlplakat der FDP zur Bundestagswahl 2002

Mit Strategie 18, auch Projekt 18 genannt, wurde eine Wahlkampfstrategie der FDP zu den Bundestagswahlen 2002 bezeichnet. Sie wurde auf dem Düsseldorfer Bundesparteitag der FDP im Mai 2001 beschlossen. Der Name bezog sich auf das Wahlziel, mit 18 % den Anteil an den Wählerstimmen zu verdoppeln. Dazu sollten mit „mit neuen Formen der Kommunikation und Darstellung ... neue Wählerschichten“[1] angesprochen werden, und die FDP als eigenständige und unabhängige politische Kraft außerhalb eines vorgegebenen Lagers positioniert werden.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Entwickelt wurde das Strategiepapier in Deutschland von Jürgen Möllemann und Fritz Goergen. Die Zahl „18“ war – wie in Nordrhein-Westfalen ein Jahr zuvor die Zahl „8“ in der FDP-Wahlkampagne „Werkstatt 8“ im Landtagswahlkampf 2000 in Nordrhein-Westfalen – vor allem ein Signal, welches ein mögliches Reservoir an Wählern verdeutlichen sollte. Historisch wurde auf das Ergebnis der FDP in Baden-Württemberg, mit dem Reinhold Maier 1952 zum Ministerpräsidenten gewählt wurde angespielt. Für die nordrhein-westfälische Landtagswahl 2000 propagierte man zunächst 8 %, die dann jedoch mit 9,8 % übertroffen wurden, so dass Möllemann sich für ehrgeizigere Wahlziele der Bundes-FDP einsetzte.

Die weiteren Ideen der Strategie 18 waren nicht neu, die Idee zur Kanzlerkandidatur stammte von Ralf Dahrendorf, das Ausbrechen aus dem bürgerlichen Lager wurden bereits durch Wolfgang Döring und Karl-Hermann Flach postuliert. Günter Verheugen hatte für Hans-Dietrich Genscher eine ausgefeilte „Strategie der Eigenständigkeit“ entwickeln lassen.

Wahlkampf

Westerwelles Schuhe, mit denen er auch im Fernsehen für das Projekt 18 warb.

Der Freiburger Kreis begrüßte die Strategie und kritisierte die anfängliche Entscheidung Westerwelles, die Kanzlerkandidatur nicht anzunehmen. Beworben wurde das Projekt 18 vornehmlich im Bundestagswahlkampf 2002 von Guido Westerwelle im Guidomobil. Das gelb-blaue Wohnmobil war mit „www.guidomobil.de“ beschriftet und wurde auf Volksfesten, bei Schwimmbädern und Stränden und einer McDonalds-Filiale eingesetzt. Westerwelle trug teils eine darauf abgestimmte Kleidung und versuchte vor Ort, interessierte Bürger für seine Partei zu gewinnen. Diese Form des Wahlkampfes brachte der FDP den Vorwurf ein, einen reinen „Spaßwahlkampf“[2] zu betreiben. Im Wahlkampf 2005 wurde ein gelber Bus mit dem Namen Reform-Express eingesetzt.

Laut Westerwelle sollte eine Äquidistanz zu den Volksparteien CDU, CSU und SPD geschaffen werden, die es der FDP ermöglicht, jederzeit eine neue Koalition eingehen zu können. Dem Liberalismus sollte insgesamt ein stärkeres Gewicht verliehen werden. Ziel war die Durchsetzung eigener liberaler Positionen, die nach Ansicht vieler in der Partei in Koalitionen teilweise zu stark der Koalitionsdisziplin untergeordnet werden.

Am Wahlabend 2002 richtete der ARD-Moderator Hartmann von der Tann an Guido Westerwelle folgende Frage, die als Schlusskommentar zum Projekt 18 fungierte:

Herr Westerwelle, sind 18 minus Möllemann sieben?“

Hartmann von der Tann: Berliner Runde, 22. September 2002, ARD

Westerwelle antwortete ihm daraufhin, es habe nicht an Möllemann allein gelegen, vielmehr sei die FDP: „unter ihren Möglichkeiten geblieben“. Fritz Goergen, Strategieberater Westerwelles, verließ enttäuscht die Partei. [3]

Kritik

Das Projekt 18 wurde von mehreren FDP-Politikern kritisiert, insbesondere distanzierten sich die Landesverbände Baden-Württemberg unter Walter Döring und Hessen unter Ruth Wagner von dem Vorhaben. [4] Der bayerische Landesvorsitzende Herman Stützer trat mit der Begründung aus der FDP aus: „Die Bundesführung präsentiere die FDP mutwillig als ‚Spaßpartei‘.[5]. Ebenso führten die Kontroversen um Jürgen Möllemann aufgrund eines antisemitisch konnotierten Flugblattes, der Verdacht auf Steuerhinterziehung sowie schwarze Konten der NRW-FDP zu einer zunehmenden Abkehr zum Projekt. Unter anderem forderte die hessische Landesvorsitzende Ruth Wagner Möllemann aufgrund der Affäre um sein „antisemitisch gemeintes“ Flugblatt auf die FDP zu verlassen. [6]

Insbesondere in der Öffentlichkeit wurde das „Projekt 18“ eher als medieninszenierte Show anstelle eines eigenständiges Wahlkonzept wahrgenommen. Bereits vor der Kürung von Westerwelle als Kanzlerkandidaten bekam die Partei im Bundestagswahlkampf 2002 das Image einer „Spaßpartei“ zugeschrieben. Der Medienwissenschaftler Christian Schicha fasste dies mit den Worten zusammen: Möllemann „hatte erkannt, dass die personalisierte Form der Politikvermittlung ein wichtiger Gradmesser für den politischen Erfolg ist.“ Die Medieninszenierung eines Politikers würde aber dann fragwürdig, wenn „die Darstellung die eigentlichen Inhalte zu stark dominiert und die Problemlösungskompetenz durch populistische Auftritte ersetzt wird.“ [7]

Literatur

  • Goergen, Fritz: Strategie 18? Nur Spuren im Sand, in: Axel Balzer, Marvin Geilich, Shamim Rafat (Hrsg.): Politik als Marke - Politikvermittlung zwischen Kommunikation und Inszenierung, Lit-Verlag, Münster 2005, S. 229–237
  • Goergen, Fritz: Skandal FDP. Selbstdarsteller und Geschäftemacher zerstören eine politische Idee. BrunoMedia Buchverlag. Köln 2004, ISBN 3-9809607-8-1
  • Eckhard Jesse, Roland Sturm (Hrsg.): Bilanz der Bundestagswahl 2002: Voraussetzungen, Ergebnisse, Folgen. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden 2003, ISBN 3-531-14172-4
  • Eckhard Jesse, Roland Sturm (Hrsg.): Bilanz der Bundestagswahl 2005: Voraussetzungen, Ergebnisse, Folgen. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14968-7

Weblink

Einzelnachweise

  1. Eckhard Jesse, Roland Sturm (Hrsg.): Bilanz der Bundestagswahl 2005: Voraussetzungen, Ergebnisse, Folgen. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14968-7, S. 103ff
  2. Eckhard Jesse, Roland Sturm (Hrsg.): Bilanz der Bundestagswahl 2002: Voraussetzungen, Ergebnisse, Folgen. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden 2003, ISBN 3-531-14172-4, S. 26
  3. Fritz Goergen: Skandal FDP - Selbstdarsteller und Geschäftemacher zerstören eine politische Idee DeutschlandRadio Berlin vom 14. Januar 2005
  4. FDP-Landeschefs distanzieren sich von „Projekt 18“ Handelsblatt vom 16. Oktober 2002
  5. Hamburger Abendblatt Online, 2. August 2002
  6. Weg von Projekt 18 - FDP sucht neuen Kurs Berliner Morgenpost vom 27. Oktober 2002
  7. Schicha, Christian: „Kämpfen, Jürgen, kämpfen ...“ die Inszenierungsstrategien des Jürgen W. Möllemann zwischen Popularität, Provokation und Populismus, in: Zeitschrift für Kommunikationsökologie, Jg. 5/2003, Nr. 1, S. 57-60

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