- Protestwahl
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Der Begriff Protestwähler bezeichnet einen Wähler, der durch seine Wahlentscheidung seinen politischen Protest ausdrücken will. Von anderen Wählern unterscheidet ihn der Umstand, dass er keinen Wechsel, sondern ein Umdenken zu erzielen beabsichtigt; da er somit davon abhängig ist, was als Protest gewertet und wie viel Aufmerksamkeit dadurch erregt wird, wird die Zugehörigkeit eines Wählers zu den Protestwählern stets durch die Situation bestimmt. Motivational betrachtet stimmt er nicht für eine Partei, sondern gegen eine oder mehrere andere.
Verwendung und Diskussion
Im Zusammenhang mit der bundesdeutschen Politik ist die Verwendung des Begriffs problematisch. Er wird er in der Regel als Erklärung für den Zulauf für rechts-, aber auch linksextremistische Parteien in Krisenzeiten benutzt.
Manche verweisen darauf, dass das Phänomen der Protestwähler erst durch die große Berichterstattung der Massenmedien und der Äußerungen vieler Politiker entstanden sei. Dadurch wären die Wähler erst in die Lage und zur Möglichkeit gekommen, ihre Unzufriedenheit durch das Wählen extremistischer Parteien Ausdruck zu verleihen.
Zur Entgegnung auf die Kritik des Begriffs, die diesen als Verharmlosung und Verschleierung extremistischer Gesinnungen bezeichnet und die mangelnde Unabhängigkeit von den programmatischen Inhalten anspricht, wird auf die Definition hingewiesen, gemäß welcher ein „echter“ Protestwähler sich zwangsläufig mit der Protestpartei nicht stärker identifizieren darf als mit der Partei/den Parteien, auf die er Einfluss nehmen will.
Ein anderer Streitpunkt ist, dass sich tiefer liegende extremistische Überzeugungen durchaus hinter einer Scheinidentität als Protestwähler verstecken lassen, um soziale Ächtung zu vermeiden. Da die individuelle Wahlentscheidung aber unter das Wahlgeheimnis fällt, gibt es für einen Wähler mit extremistischer Orientierung keinen Grund sie preiszugeben, wenn er sie gleichzeitig verheimlichen will.
Auch wird Protestwählern oft ein Mangel an geschichtlichem Verantwortungsgefühl sowie an demokratischer Reife vorgeworfen in Anbetracht der historischen Wurzeln und Vorbilder extremistischer Parteien. Die Protestwähler argumentieren im Gegenzug, dass gerade der Versuch, in kritischen Punkten ein Umdenken zu erzielen, sie verantwortungsvoller handeln lasse als jene, die dies nicht tun würden. Ebenso müssten politische Handlungen und Entscheidungen sich nach den Bedürfnissen der Gegenwart und Zukunft richten und nicht nach jenen der Vergangenheit.
Es herrscht Uneinigkeit darüber, welchen Anteil die Protestwähler an der Zahl der Gesamtwähler stellen, da nicht klar erkennbar ist, bei wem es sich tatsächlich um einen Protestwähler handelt und wer sich nur als einen solchen ausgibt; die Bundeszentrale für politische Bildung nimmt jedoch beispielsweise an, dass der PDS 1994 bei der Wahl zum Landtag Sachsen-Anhalt „Protestwähler in erheblichem Umfang“ zuströmten.[1]
Die grundlegende und meist nicht auszuräumende Differenz zwischen den beiden Positionen besteht in der Antwort auf die Frage, welche Mittel moralisch gestattet sein sollen, um Politik auf den als richtig angesehenen Kurs zu bringen.
Als alternative Protestparteien eignen sich bei ausreichender Aufmerksamkeit auch satirische Parteien, also Spaßparteien mit radikalen Forderungen, deren Stimmengewinn ebenfalls öffentliches Aufsehen erregt und in der vom Protestwähler gewünschten Weise interpretiert wird: negativ und als Aufforderung an eine oder mehrere Parteien zur Veränderung des bisherigen Verhaltens. Dies war beispielsweise in der Bundestagswahl 2005 bei der PARTEI der Fall und ist deshalb möglich, weil der Protestwähler nicht oder kaum an die Ziele der betreffenden Partei gebunden ist. Unbekanntere Parteien dagegen sind – unabhängig von ihren Inhalten und ihrer Darstellung – keine Option für ihn, da zuteil werdende Aufmerksamkeit eine wesentliche Komponente ist hinsichtlich der Wirksamkeit seines Protestes.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Parteien, Wahlen, Wählerverhalten. In: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik. Bundeszentrale für politische Bildung, 2003. Abgerufen am 19. Juli 2008.
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