Präzisionsgelenkte Munition

Präzisionsgelenkte Munition
BOLT-117 Laser-gelenkte Bombe

Als Präzisionsgelenkte Munition (engl. Smart Munition oder Smart Bombs) werden selbststeuernde Raketen, Flugkörper, Bomben und Artilleriegranaten bezeichnet, die nach dem Verlassen des Trägersystems beziehungsweise nach dem Abschuss ihre Fluglage beeinflussen können und eine gegenüber ungelenkter Munition größere Zielgenauigkeit erreichen.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Da der Schadenseffekt von Explosivwaffen nach dem quadratischen Abstandsgesetz mit zunehmender Entfernung zum Ziel überproportional abnimmt, kann ein Ziel bei höherer Treffergenauigkeit mit weniger bzw. kleinerer Munition vernichtet werden. Im Ergebnis bewirkt eine präzisere Munition einen größeren Wirkschaden und einen reduzierten Begleitschaden (Kollateralschaden, engl. collateral damage).

Präzisionsgelenkte Waffen haben gegenüber ungelenkter Munition zusätzlich einen elektronischen Sensor zur Erkennung der Position (GPS) oder auch von Licht-, Infrarot- oder Radarsignalen, ein Steuersystem, steuerbare Leitwerke und eine Energieversorgung in Form einer Batterie.

Typen präzisionsgelenkter Munition

Flugbahnlenkung

Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten begannen, wie die anderer Länder, während des Ersten Weltkriegs mit Experimenten mit ferngesteuerten, funkgelenkten Kleinflugzeugen, zur Nutzung als fliegende Bombe oder als Übungsziel für Jagdflieger und Flugabwehrschützen, jedoch mit geringem Erfolg.

Erst kurz vor oder während des Zweiten Weltkriegs wurden maßgeblich die technischen Grundlagen für steuerbare Bomben und Lenkflugkörper entwickelt.

Die ersten Waffen dieser Art waren mit einer programmgesteuerten Lenkautomatik ausgerüstet, ähnlich einem einfachem Autopiloten, was für eine einfache, relativ ungenaue Zielansteuerung bei Flächenzielen ausreichte. Beispiele hierführ sind die deutschen Lenkwaffen V1 und A4/V2.

Funkgelenkte Waffen

Lenkbombe Fritz X

Die erste einsatzfähige, funkgesteuerte Waffe war der in Deutschland entwickelte Seezielflugkörper mit der Bezeichnung Fritz X, mit dem am 9. September 1943 das italienische Schlachtschiff Roma versenkt wurde.

Gesteuert wurde die Waffe durch einen im Bomber sitzenden Beobachter / Bombenschützen mittels eines frühen Joysticks. Die gleiche Lenkung wurde für die gesteuerten Gleit- bzw. Raketenbomben Hs 293 verwendet, eine Version mit Fernsehkamera in der Spitze kam nicht mehr zum Einsatz.

Kabelgelenkte Waffen

Etwa gleichzeitig fanden Versuche mit der Übertragung der Lenksignale über Kabel statt. Eine der ersten eingesetzten Waffen dieses Typs war die deutsche Luft-Luft-Rakete X-4. Die Methode ist bis heute bei Panzerabwehrlenkwaffen wie MILAN oder HOT/TOW üblich.

Radargelenkte Waffen

Während des Krieges gab es auf deutscher Seite Versuche, Boden-Luft-Raketen mittels Radar- und Funkfernsteuerung ins Ziel zu bringen. Bereits zuvor war Radar militärisch zur Tag- und Nachtjagd, bei der U-Boot-Jagd, für die Flak- und Schiffsartillerie eingesetzt worden.

Die ersten Einsätze einer radargelenkten Lenkflugwaffe (LFK) fanden im April 1945 statt, als eine Gleitbombe der United States Navy vom Typ Bat (ASM-N2, SWOD MK.9) nach 20 Meilen Flug einen japanischen Zerstörer traf.

Optisch gelenkte Waffen

Auf nahe Distanz können Flugkörper wie Ziel vom Startpunkt aus beobachtet und die Flugbahn entsprechend korrigiert werden, was auf weite Distanz nicht möglich ist.

Bei optisch gelenkten Waffen wird daher heute von einer an der Spitze montierten Kameraoptik während der Flugphase eine „Bombensicht“ des Ziels an den Waffensystemoffizier übermittelt, der mittels an der Bombe angebrachter steuerbarer Leitwerke den Kurs korrigiert und die Zielführung bis zum Einschlag vornimmt.

Das US-amerikanische Entwicklungsprogramm für optisch geführte Waffen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt und während des Koreakriegs fortgesetzt. In den 1960er-Jahren wurden dann erstmals elektro-optische Kamera-Bomben eingesetzt. Derartige Waffen kamen auch zunehmend durch die United States Air Force in den letzten Jahren des Vietnamkriegs zum Einsatz, da sich das politische Klima zunehmend gegen die Tolerierung von sogenannten Kollateralschäden durch Flächenbombardements wandte.

Obwohl optisch geführte Waffen nicht die Präzision von laser- und satellitengelenkten Waffen erreichen, kommen sie nach wie vor zum Einsatz. Die United States Navy verwendet die TV-geführte Gleitbombe AGM-62 Walleye in Verbindung mit dem AAW-144 Data Link Pod an dem trägergestützten Jagdbomber McDonnell Douglas F/A-18.

Neben TV-Sensoren im sichtbaren Lichtspektrum setzt man, mit manueller oder automatischer Lenkung, auch Infrarot- und andere Sensoren ein.

Lasergelenkte Waffen

Ein A-10-Pilot inspiziert eine AGM-65G

Lasergelenkte Waffen besitzen einen Lasersucher aus Fotodioden anstatt einer Kameraoptik. Die Photodioden registrieren nur ein bestimmtes Wellenspektrum von monochromatischem Laserlicht, das in der Regel außerhalb des wahrnehmenbaren Lichtspektrums gewählt wird. Damit das Ziel von dem Sensor erkannt wird, muss dieses vom Boden oder aus der Luft bis zum Einschlag mit einem Laserstrahl markiert werden. Der Nachteil dieses Systems ist die Notwendigkeit, dass die Bombe während der gesamten Flugphase Sichtkontakt zum Ziel haben muss. Wird der Sichtkontakt durch Wolken oder Hindernisse versperrt oder die Lasermarkierung behindert, verliert die Bombe ihr Ziel und kommt vom Kurs ab.

Lasergelenkte Waffen waren bis zur Entwicklung von Mikroprozessoren kaum verfügbar. Sie wurden erstmals 1982 durch die britischen Streitkräfte im Falklandkrieg in begrenzter Stückzahl eingesetzt. Der erste umfangreichere Einsatz war 1991 während der Operation Desert Storm in Kuwait, auch wenn in diesem Konflikt nach wie vor 93 % aller Bomben ungelenkt waren. 1999 wurden lasergelenkte Waffen wie die AGM-114 Hellfire und AGM-65E Maverick in großer Stückzahl im Kosovo-Krieg eingesetzt, wo deren Effektivität jedoch unter den schlechten Wetterbedingungen auf der südlichen Balkanhalbinsel litt.

Ein Beispiel für eine lasergelenkte Artilleriegranate ist die bei der russischen Armee im Einsatz befindliche 2K25 Krasnopol sowie die seit 2002 im Test befindliche Kitolow, die mittels einer von vorgeschobener Position erfolgenden Lasermarkierung ihr Ziel findet.

Satellitengelenkte Waffen

Boeing AGM-86 Cruise Missile

Über Satelliten geführte Waffen bestimmen ihre Position durch Satellitennavigationssysteme wie das US-amerikanische Global Positioning System (GPS) oder das russische GLONASS, weshalb ihre Einsatzfähigkeit nicht durch schlechte Sichtverhältnisse oder unzureichende Lasermarkierungen gestört werden kann. Aufgrund der geringen Sendeleistung der Navigationssatelliten kann jedoch deren Signal durch Funkstörquellen, so genannte Jammer, beeinträchtigt werden. Deshalb besitzen diese Waffen zusätzlich noch ein Trägheitsnavigationssystem, das bei Signalverlust die Flugsteuerung übernimmt.

Die Kreisfehlerwahrscheinlichkeit, also der Radius in dem der Sprengkopf mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % einschlägt, beträgt bei GPS-Systemen 13 m. Die Trägheitsnavigation erreicht im Vergleich dazu nur 30 m und steigt (im Gegensatz zum GPS) mit zunehmender Abwurfshöhe an. Die Zielgenauigkeit satellitengelenkter Waffen ist sowohl von der Präzision des Messsystems zur Lagebestimmung als auch von der Genauigkeit der Zielkoordinaten abhängig. Letztere sind maßgeblich von Geheimdienstinformationen beeinflusst, die oft nicht präzise sind.

Satellitengelenkte Marschflugkörper wie die BGM-109 Tomahawk und AGM-86 Cruise Missile wurden 2003 erstmals in großer Zahl durch die US-Streitkräfte bei der Operation Iraqi Freedom eingesetzt, um in einer ersten Angriffswelle ohne Gefährdung eigener Piloten die irakischen Luftabwehrstellungen und Kommunikationszentren zu vernichten.

Auch bei Artilleriegeschossen hält die Präzisionslenkung Einzug. So sind die amerikanische Excalibur oder die italienische Vulcano mit GPS-Lenkung ausgerüstet.

Siehe auch

Weblinks


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