- Augustus Primaporta
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Als Augustus von Primaporta bezeichnet man eine 2,04 m hohe Panzerstatue des ersten römischen Kaisers Augustus. Benannt wurde sie nach ihrem Fundort in Primaporta bei Rom.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Die Statue des Augustus von Primaporta wurde 1863 in der Villa der Livia, dem Haus von Augustus’ Ehefrau Livia Drusilla gefunden. Sie ist eine Marmorkopie eines Bronzeoriginals, das der Senat oder andere hohen Honoratioren um 20 v. Chr. in Auftrag gegeben hatten. Zu dieser Zeit trat Augustus nach außen bescheiden auf, der Fund der Marmorkopie in der Villa seiner Frau zeigt jedoch, dass er mit dem Original durchaus zufrieden war. Die Ikonografie wird häufig mit Motiven des carmen saeculare des Horaz verglichen. Wie wahrscheinlich alle Statuen der griechisch-römischen Antike wies der Augustus von Primaporta eine farbenfrohe Bemalung auf, von der heute jedoch fast nichts mehr erhalten ist. Rekonstruktionen des ursprünglichen Aussehens stützten sich auf alte Aquarelle und neuere naturwissenschaftliche Untersuchungen.
Portrait
Die dargestellte Frisur besteht nahezu komplett aus einzeln abgeteilten, dicken Haarsträhnen, so auch direkt über der Stirnmitte. Sie werden auf beiden Seiten von gegenläufigen Locken abgeschlossen. Dadurch bildet sich links ein Zangenmotiv und rechts ein Gabelmotiv. Die Frisur mit Gabel und Zange ist stilbildend für den Augustus von Primaporta. Das Gesicht ist den idealisierten Gesichtern des Polyklet nachempfunden. In früheren Portraits ließ sich Augustus eher in monarchischer Weise abbilden, das widersprach jedoch seiner späteren diplomatischen Vorstellung, die ihn als primus inter pares darstellte. Kopf und Hals wurden gesondert aus parischem Marmor gearbeitet und in den Rumpf eingesetzt. Die Identität mit Augustus ergibt u. a. aus Vergleichen mit Münz-Portraits, die ebenfalls das Gabel-Zangen-Motiv aufweisen. Münzen waren damals eines der effektivsten propagandistischen Mittel, um politische Botschaften und Neuigkeiten – etwa militärische Siege oder Machtwechsel – zu verbreiten. Zu solchen Anlässen wurden jeweils neue Münzen geprägt, was auch eine gewisse zeitliche Einordnung erlaubt.
Vgl. andere Typen: Ara Pacis, Forbes, Actium
Panzerrelief
Das Relief auf dem Brustpanzer der Statue zeigt im Zentrum – so zumindest die am weitesten verbreitete Interpretation – den unterworfenen parthischen König, der die von Crassus 53 v. Chr. verlorenen Feldzeichen an einen in militärischer Haltung stehenden römischen Soldaten (möglicherweise Mars Ultor) zurückgibt. Dies war ein sehr beliebtes Motiv in der augusteischen Propaganda, war die Rückgabe der Feldzeichen doch einer der größten außenpolitischen Erfolge des Kaisers. Dieser Erfolg musste besonders stark betont werden, da Augustus aufgrund der militärischen Stärke der Parther auf den von der römischen Öffentlichkeit erwarteten Krieg verzichtet hatte. Links und rechts sitzen trauernde Frauenfiguren: auf der einen Seite eine Personifikation mit einem Schwert in der Scheide, die die tributpflichtigen Völker im Osten und möglicherweise die Germanen symbolisiert; auf der anderen Seite eine Personifikation ohne Schwert in der Scheide, die offenbar für die unterworfenen Völker wie die Kelten steht. Weiterhin sieht man (von oben Mitte im Uhrzeigersinn):
- Caelus, der das Himmelszelt ausbreitet
- Aurora und Luna
- die Personifikation der unterworfenen Völker
- die Göttin Diana
- die Erdgöttin Ceres/Tellus - ähnlich dargestellt wie auf der Ara Pacis
- Apollon
- die Personifikation der tributpflichtigen Völker
- der Sonnengott Sol
- auf den Schultern je eine Sphinx
Keine dieser Deutungen ist unumstritten. Die Götter symbolisieren aber wohl in jedem Fall die Stetigkeit und Folgerichtigkeit der Ereignisse: So wie Sonne und Mond immer wieder aufgehen, so sicher und göttlich sanktioniert seien die römischen Erfolge, die wiederum mit dem Träger dieser Rüstung, Augustus, verknüpft seien. Die einzige selbst handelnde Person ist der Partherkönig – alles übrige ist demnach göttlich gewollt und vorgegeben.
Ganz in göttlicher Manier wurde Augustus ohne Schuhwerk dargestellt, was bisdahin allein Gottheiten vorbehalten war. Es könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass Augustus schon verstorben war, als Livia die Statue in Auftrag gab – eventuell als Kopie eines in der Stadt aufgestellten Denkmals mit Schuhwerk. Als weitere göttliche Legitimation reitet zu Augustus’ Füßen Eros, der Sohn der Venus, auf einem Delphin. Dies verweist auf die vorgebliche, göttliche Stammmutter des Hauses der Julier.
Bedeutung
Der Primaporta-Typus wurde für Augustusportraits zum vorherrschenden Darstellungsstil. In leichter Variation wurde er bis zum Tode des Augustus im Jahr 14 beibehalten. Entsprechend dem propagandistischen Zweck dieser Statuen ist Augustus auf seinen Abbildern nicht gealtert. Statuen und Portraits dieses Typs wurden im Gebiet des ganzen Römischen Reiches gefunden.
Heute befindet sich die Statue in den Vatikanischen Museen.
Literatur
- Heinz Kähler: Die Augustusstatue von Primaporta. Köln 1959.
- Erika Simon: Der Augustus von Prima Porta. Bremen, Dorn 1959. (Opus nobile 13)
- Hans Jucker: Dokumentationen zur Augustusstatue von Primaporta, in: Hefte des Archäologischen Seminars Bern 3 (1977) S. 16-37.
- Paul Zanker: Augustus und die Macht der Bilder. München, C. H. Beck 1987, ISBN 3-406-32067-8
- Kaiser Augustus und die verlorene Republik, Ausstellung Berlin 1988. Mainz, Zabern 1988. S. 386 f. Nr. 215.
- Erika Simon: Altes und Neues zur Statue des Augustus von Primaporta, in: G. Binder (Hrsg.), Saeculum Augustum, Bd. 3, Darmstadt, WBG 1991, S. 204-233.
- Dietrich Boschung: Die Bildnisse des Augustus, Gebr. Mann Verlag, Berlin 1993 (Das römische Herrscherbild, Abt. 1, Bd. 2) ISBN 3-7861-1695-4
- Thomas Schäfer: Der Augustus von Primaporta im Wechsel der Medien, in: H. J. Wendel u.a. (Hrsg.), Wechsel des Mediums. Zur Interdependenz von Form und Inhalt, Rostock 2001, S. 37-58.
- Vinzenz Brinkmann und Raimund Wünsche (Hgg.): Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur. Eine Ausstellung der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München in Zusammenarbeit mit der Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen und den Vatikanischen Museen, Rom, Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek, München 2004 ISBN 3-933200-08-3
Weblinks
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