- Rathaus Charlottenburg
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Das heutige Rathaus Charlottenburg befindet sich in der Otto-Suhr-Allee des Berliner Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Es wurde als bürgerlicher Monumentalbau in den Jahren 1899 bis 1905 in der damaligen brandenburgischen Großstadt Charlottenburg erbaut.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Lauf seiner zweihunderjährigen Geschichte wurde das erste Rathaus mehrmals neu- aus- und umgebaut. Auch wurde der Standort gewechselt, sodass es sich genau genommen um drei verschiedene Gebäude der Charlottenburger Stadtverwaltung handelt.
Das erste Charlottenburger Rathaus
Im Jahr 1705, wenige Wochen nachdem Charlottenburg das Stadtrecht verliehen worden war, weihte man das Palais des Hofbeamten Marquis Francois d'Ausson de Villarnoux in der Schloßstraße gegenüber vom Schloss Charlottenburg als Rathaus ein. Das Haus war 1702 vom Baumeister Johann Eosander von Göthe erbaut worden, der auch am Bau vom Schloss Charlottenburg beteiligt war. Friedrich I. zahlte 8.500 Taler für den Erwerb des Gebäudes. Das Rathaus musste viele Funktionen erfüllen; zunächst waren auch das Gericht, die Polizei und ein kleines Gefängnis dort untergebracht. In einem Anbau, einem ehemaligen Pferdestall, wurde die Dorfkirche eingerichtet. Der Turm, der erst 1707 hinzugefügt wurde, diente gleichzeitig als Kirch- und Rathausturm.[1] Später wurden Teile des Gebäudes als Schule, Obdachlosenasyl und Volksküche genutzt. Im Jahr 1881 wurde das alte Rathaus abgerissen. Die Siedlung der Hofbediensten entlang der Schloßstraße umfasste etwa 100 Einwohner. Der Magistrat bestand zunächst aus Mitgliedern der königlichen Familie hohen Hofbeamten, wobei der König auch Bürgermeister war.
Mitte des 19. Jahrhunderts betrug die Einwohnerzahl schon 20.000 Bürger. Obwohl der Bau erweitert wurde, kam es aufgrund des explosionsartigen Bevölkerungswachstums in Charlottenburg in den folgenden Jahren schon bald wieder zu Engpässen. Mit dem Bevölkerungswachstum musste auch die Größe der Stadtverwaltung Schritt halten und benötigte dafür Räumlichkeiten.
Aus Platzmangel und wegen des schlechten Zustands von Teilen des ehemaligen Palais entschloss man sich 1857 zum Umzug in ein neues Gebäude. Auch wegen der sich ostwärts, in Richtung Berlin zunehmenden Ausweitung der Stadt, schien ein zentraler Ort für das Rathaus attraktiver. Es wurde daher der Bau eines neuen Rathauses auf einer Anhöhe an der ehemaligen Berliner Straße beschlossen.
Das zweite Charlottenburger Rathaus
Man entschied sich für das Palais des Oberhofstallmeisters Enke in der damaligen Berliner Straße 25 (später 73/73) gelegen (heute: Otto-Suhr-Allee), der damaligen Hauptverbindung von Berlin zum Schloss Charlottenburg. Es hatte zwei rückwärtige Seitenflügel. Die Kosten dafür beliefen sich auf 8.000 Mark, wovon der Prinzgegent die Hälfte spendete. Am 5. Dezember 1860 wurde das neue Rathaus eingeweiht.
Im Jahr 1880 errichtete man ein Quergebäude mit einem Mittelrisalit. 1887 erwarb man für 16.000 Mark in der Berliner Straße 72 für einen Mietzins von 6.400 Mark ein Grundstück neben dem Rathaus mit kleinen renovierungsbedürftigen Gebäuden. Im Souterrain wurde das Polizeigefängnis eingerichtet. Der Bau umfasste zu diesem Zeitpunkt 17 Zimmer für die königliche Polizeidirektion und sieben Räume für die Gemeindeverwaltung. Von 1871 bis 1910 wuchs die Bevölkerung Charlottenburgs von knapp 20.000 Einwohner auf rund 183.000 Einwohner. Das das neue Verwaltungsgebäude sollte gegenüber den recht bescheidenen Vorgängerbauten auch das Selbstbewusstsein des Charlottenburger Bürgertums widerspiegeln.
Das dritte Charlottenburger Rathaus
Im Jahr 1893 wies Charlottenburg 100.000 Einwohner auf und erreichte damit den Status einer Großstadt. Anfang des 20. Jahrhunderts war die auf etwa 182.000 Bürger angewachsen. Das rasante Wachstum der Bevölkerung machte abermals ein größeres Rathaus notwendig.
Nach Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs wurde zwischen 1899 und 1905 der neue repräsentative Monumentalbau mit diversen Empfangsräumen, Sitzungs- und Festsälen nach Plänen der Architektengemeinschaft Heinrich Reinhardt und Georg Süßenguth errichtet. Allein der Sitzungssäl kostete 100.000 Mark, der Magistrat-Sitzungssaal 25.200 Mark. Der Rathausturm[2] überragte mit einer Höhe von 88 Metern die Kuppel des Schlosses Charlottenburg deutlich. Die Hauptfassade an der heutigen Otto-Suhr-Allee hatte eine Ausdehnung von 70 Metern und wurde mit Stilelementen des Historismus gestaltet; das Gitter des Hauptportals weist Formen des Jugendstils auf. Die Seitenflügel in Westen und Osten waren jeweils 133 Meter lang.Die Kosten für den Bau betrugen 4,147 Millionen Mark. Das neue Rathaus wurde am 20. Mai 1905 zur 200-Jahrfeier Charlottenburgs eingeweiht. Für die Kriegsgedächtnishalle des Charlottenburger Rathauses entwarf Hans Perathoner 1921/1922 (heute verlorene) Allegorien der acht Tugenden in getöntem Gips.
Im Zweiten Weltkrieg wurden das Rathaus und nähere Umgebung bei zwei Bombenangriffen im Juni und November 1943 schwer beschädigt, 1945 fielen die letzten intakten Gebäudeteile. 50 Prozent der Bausubstanz waren zerstört und 80 Prozent unbenutzbar. Der behelfsmäßige Aufbau begann gleich darauf, sodass Ende Mai 1945 ein kleiner Teil des Gebäudes wieder genutzt werden konnte. Die Instandsetzung der Büroräume und Sitzungssäle war Ende 1952 abgeschlossen. Der vollständige Wiederaufbau zog sich bis in die 1960er Jahre hin. Hierbei wurden auch einige Strukturen an der Fassade, Änderungen der Aufteilung der Sitzungsäle und ähnliches vorgenommen. Die Baukosten beliefen sich auf rund 5,1 Mio. Mark.
Heutige Nutzung
Nach der Zusammenlegung der ehemaligen Bezirke Charlottenburg und Wilmersdorf im Rahmen einer Bezirksreform im Jahr 2001 zum neuen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wurden die Abteilungen des Bezirksamtes auf beide Altbezirke verteilt. In Charlottenburg befindet sich derzeit ein Bürgeramt. Ebenso werden die Sitzungsräume für die politische Arbeit und kulturelle Veranstaltungen genutzt. Außerdem hat die Bezirksbürgermeisterin ihren Sitz in Charlottenburg[3] und im Erweiterungsbau ist die Stadtbücherei untergebracht. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) findet im Rathaus Wilmersdorf statt.[4]
Literatur
- Max Creutz: Das Charlottenburger Rathaus. In: Berliner Architekturwelt. Jahrgang 8 (1906), urn:nbn:de:kobv:109-opus-6544, S. 239–256. (Zwanzig Abbildungen)
- Berthold Grzywatz: Das Rathaus Charlottenburg. Edition Divan im Stapp-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-87776-055-4.
- Bertholt Grzywatz: Die Rathäuser Charlottenburgs. Berlin 1991, ISBN 3-87776-057-0.
- Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.in): Charlottenburg – die historische Stadt. Bd. 1. Berlin 1986, ISBN 3-87584-167-0, S. 289ff.
Weblinks
- Gisela Scholtze: Die drei Rathäuser der Stadt Charlottenburg, 1986, 2006 überarbeitet von Monika Thiemen und Karl-Heinz Metzger.
- Lexikon: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z – Rathaus Charlottenburg
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- Berlin-Charlottenburg-Ansichten
Einzelnachweise
- ↑ Henrike Hülsbergen (Hrsg.): Charlottenburg ist wirklich eine Stadt – Aus den unveröffentlichten Chroniken des Johann Christian Gottfried Dressel (1751–1824). Berlin 1987, ISBN 3-925683-04-6, S. 30.
- ↑ Bertholt Grzywatz: Die Rathäuser Charlottenburgs. Berlin 1991, ISBN 3-87776-057-0, S. 29 u. 80.
- ↑ Lexikon: Charlottenburg-Wilmersdorf von A–Z, Rathaus Charlottenburg
- ↑ Lexikon: Charlottenburg-Wilmersdorf von A–Z, Rathaus Wilmersdorf
52.51777777777813.308611111111Koordinaten: 52° 31′ 4″ N, 13° 18′ 31″ O
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