Reichenbach (Adelsgeschlecht)

Reichenbach (Adelsgeschlecht)

Grafen von Reichenbach, nach der Burg Reichenbach im heutigen Stadtteil Reichenbach von Hessisch Lichtenau in Nordhessen, nannte sich seit 1089 ein Zweig der Grafen Gozmar, deren Vorfahren die Burg wohl schon seit etwa 750 in Besitz hatten, bzw. dort als Amtsgrafen seit der fränkischen Eroberung des Gebiets unter Pippin dem Jüngeren eingesetzt worden waren. Der Reichenbacher Zweig des Geschlechts starb 1279 im Mannesstamm aus (siehe auch Stammliste der Grafen von Reichenbach), während die Ziegenhainer Linie bis 1450 überlebte.

  • Gozmar. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts, wohl zur Zeit von Graf Gozmar (* um 1020, † nach 1062), der 1062 als Hochvogt von Fulda erwähnt ist, legten sie auf dem Berg, auf dem bereits in römischer Zeit ein Kastell und im 5. Jahrhundert eine chattische Wallburg gegen die Hermunduren gestanden hatten, auf der Grundlage einer Vorgängerburg eine neue Burg an.
  • Gozmar I. Gozmars Sohn Gozmar I. (* um 1045, † nach 1117) nannte sich als erster Graf von Reichenbach. Er war seit 1108 Domvogt von Fulda, ein Amt, das bis zum Jahre 1344 Mitglieder des Hauses Reichenbach bzw. später Ziegenhain innehatten.
  • Rudolf I. und Gozmar II. Auf Gozmar I. folgten nacheinander seine Söhne Rudolf I. von Reichenbach (* um 1070, † nach 1123) und Gozmar II. († 1141). Die Reichenberger hatten inzwischen, wohl in ihrer Stellung als Vögte von Fulda, ausgedehnten Besitz im Raum Ziegenhain und Wegebach erworben. Gozmar II. verlegte seine Residenz daher von Reichenberg nach Wegebach und wurde zum Stammvater der Grafen von Ziegenhain.
  • Gottfried I. von Ziegenhain. Gozmar II. wurde von seinem Sohn Gottfried I. beerbt, der zunächst in Wegebach residierte, dann aber 1144 in Ziegenhain eine neue Burg errichtete und seinen Sitz dorthin verlegte. Er und seine Nachfahren nannten sich seitdem Grafen von Ziegenhain, gelegentlich bis 1220 auch Grafen von Wegebach oder Grafen von Ziegenhain und Wegebach.
  • Poppo I. Der dritte Sohn Gozmars I., Poppo I. († 1156), erhielt nach dem Tod seines kinderlos gestorbenen Bruders Rudolf I. die Reichenbacher Teile des Familienbesitzes und nutzte seine Stellung als Untervogt des Klosters Hersfeld (seit 1138) sowie seine Heirat mit Bertha von Felsberg zur stetigen Ausdehnung seines Herrschaftsbereichs im nördlichen Osthessen zwischen Meißner und Rotenburg an der Fulda und zum Erwerb von ausgedehntem Streubesitz und Vogtei- und Lehnsrechten bei Frankenberg (Eder), Jesberg, Haina, Wildungen sowie am Unterlauf der Eder, vor allem um Brunslar. Der Mainzer Erzbischof Adalbert II. belehnte Poppo 1141 mit der Burg Hollende, der ehemaligen Stammburg der 1137 im Mannesstamm ausgestorbenen Gisonen bei Wetter, und ernannte ihn 1145 zum Burggrafen von Amöneburg. Poppo nannte sich daher Graf von Reichenbach, Hollende und Felsberg. Gemeinsam mit Graf Volkwin II. von Schwalenberg, dem Ehemann seiner Tochter Luitgard und Begründer des Grafengeschlechts von Waldeck, stiftete er um 1144 das Kloster Haina auf der Aulisburg bei Löhlbach, das 1214 an seinen heutigen Standort verlegt wurde.
  • Heinrich I. Poppos Sohn Heinrich I. („Albus“) von Reichenbach († 1170) folgte seinem Vater in dessen osthessischen Besitzungen und Vogteirechten und wurde 1162 Domvogt von Fulda. Sonst ist nicht viel über ihn bekannt. Hollende und Amöneburg fielen dagegen wohl an Poppos Neffen Poppo II., einen Sohn Gozmars II. und Bruder Gottfrieds I., der bis zu seinem Tod 1170 als Graf von Hollende auf Burg Hollende residierte.
  • Heinrich III. Auf Heinrich I. folgte in Reichenbach sein Sohn Heinrich III. († 1250), der Bertha von Bilstein heiratete und ab 1231 als Mönch in Haina lebte. Sowohl Heinrich III. als auch sein Sohn Gottfried III. traten um 1219/1221 in den Deutschen Orden ein. Schon 1207 hatte Heinrich III. bei einer Fürstenversammlung im August in Nordhausen in Thüringen und kurz danach bei einem Hoftag in Würzburg, zusammen mit Vertretern aller Linien der Grafen von Ziegenhain und Reichenbach, das ehemalige (und nur kurzlebige) Nonnenkloster in Reichenbach dem Deutschen Orden übertragen, der damit seine erste Niederlassung in Deutschland erhielt. Von 1220 bis 1310 war die Ordensniederlassung Reichenbach als Komturei (Kommende) Mittelpunkt des Ordensbesitzes im osthessischen Raum.
  • Gottfried III. Mit Heinrichs Sohn Gottfried III. starb der Reichenbachsche Zweig des Geschlechts aus. Das Erbe, darunter die Burg Reichenbach und umfangreicher Territorialbesitz unter anderem auch um Wildungen, fiel damit endgültig an die Landgrafen von Thüringen, die sich das Anrecht darauf schon 1233 in einem Vertrag zwischen Konrad von Thüringen und Graf Berthold I. von Ziegenhain gesichert hatten.

Weblinks und Quellen

  • Martin Röhling, Die Geschichte der Grafen von Nidda und der Grafen von Ziegenhain, Niddaer Geschichtsblätter No. 9, Hrsg. Niddaer Heimatmuseum e.V., Nidda 2005 ISBN 3-9803915-9-0

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Reichenbach (Familienname) — Reichenbach ist ein deutscher Familienname. Bekannte Namensträger Bernhard Reichenbach (1888–1975), deutscher Politiker (USPD, KAPD) und Journalist Bill Reichenbach senior (1923–2008), amerikanischer Jazzschlagzeuger Bill Reichenbach junior (*… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichenbach (Hörselberg-Hainich) — Reichenbach Gemeinde Hörselberg Hainich Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

  • Stammliste der Grafen von Reichenbach — Siehe auch den Hauptartikel Reichenbach (Adelsgeschlecht) Grafen von Reichenbach Gozmar, Graf, 1062 belegt Gozmar I. († 1118), 1089 Graf von Reichenbach, Domvogt von Fulda Gozmar II. († 1138), 1108 Graf von Reichenbach, 1117 1138 Domvogt von… …   Deutsch Wikipedia

  • Poppo von Reichenbach-Ziegenhain — Poppo I. von Reichenbach (auch Boppo oder Poffo; † 1156), war ab 1123 Graf von Reichenbach, von 1141 bis 1156 Graf von Hollende, Burggraf von Amöneburg und Graf von Felsberg. Poppo war der jüngste Sohn des Grafen Gozmar I. aus der Grafenfamilie… …   Deutsch Wikipedia

  • Dallwitz (Adelsgeschlecht) — Wappen derer von Dallwitz Dallwitz ist der Name eines der drei Zweige des uradeligen fränkischen und tirolischen Geschlechts Scof. Ahnherr der Herren und der Grafen von Dallwitz ist Henricus de Talwiz. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Dohna (Adelsgeschlecht) — Wappen derer zu Dohna Die Grafen und Burggrafen von Dohna (auch Donin; Donyn) sind ein weitverzweigtes edelfreies Adelsgeschlecht. Seinen Ausgang nahm das Geschlecht von der südlich von Dresden bei Pirna gelegenen Burg Dohna, mit der einer seiner …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard von Reichenbach — Eduard Graf von Reichenbach (* 10. November 1812 in Olbersdorf; † 15. Dezember 1869 in Brieg) war ein preußischer Adeliger und demokratischer Politiker während der Revolution von 1848/49 Eduard von Reichenbach um 1850[1] …   Deutsch Wikipedia

  • Amélie Gräfin von Reichenbach-Lessonitz — Gräfin Amélie von Reichenbach Lessonitz Amélie Gräfin von Reichenbach Lessonitz, geborene Amélie Reichsfreiin Göler von Ravensburg (* 27. April 1838 in Karlsruhe; † 14. März 1912 in Frankfurt am Main) war Ehefrau des Grafen Wilhelm von… …   Deutsch Wikipedia

  • Asseburg (Adelsgeschlecht) — Wappen derer von Asseburg Erbbegräbnis der Grafen von der Asseburg …   Deutsch Wikipedia

  • Groeben (Adelsgeschlecht) — Wappen der Familie von der Groeben Groeben, auch Gröben, ist der Name eines alten märkischen Adelsgeschlechts. Die Herren von der Groeben gehören zum Uradel im Erzbistum Magdeburg. Zweige der Familie bestehen bis heute. Das Genealogische Handbuch …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”