Reichsstand

Reichsstand
Symbolische Darstellung der Reichsstände auf einem Kupferstich von 1606

Die Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren diejenigen Personen und Korporationen, die Sitz und Stimme im Reichstag besaßen.

Zusammensetzung

Dies waren in der Frühen Neuzeit mehr als 300 geistliche und weltliche Fürsten sowie Freie Reichsstädte, Grafen und Ritterorden. Die Reichsstandschaft konnte durch den Kaiser auch solchen Personen verliehen werden, die über kein Territorium verfügten (Personalisten). Ab dem Jahre 1654 war zum Erwerb der Reichsstandschaft der Besitz eines reichsunmittelbaren Territoriums, also Lehen, die direkt vom römisch-deutschen Kaiser vergeben wurden, erforderlich. Außerdem war die Einwilligung des betreffenden Kollegiums des Reichstages und die Zustimmung des Kaisers notwendig. Alle Reichsstände waren in der Reichsmatrikel verzeichnet.

Zu den Geistlichen Reichsständen gehörten

Zu den weltlichen Reichsständen gehörten

Seit 1489 waren die Stände im Reichstag des Heiligen Römischen Reiches in drei Kollegien gegliedert. Man unterschied das Kurfürstenkollegium/den Kurfürstenrat, das Reichsstädtekollegium und den Reichsfürstenrat. Die Grafen waren dem Reichsfürstenrat zugeordnet. Für einen Reichsabschied war die Zustimmung aller drei Kollegien erforderlich. Die Reichsritter versuchten mehrfach vergeblich, für sich eine korporative Reichsstandschaft zu erlangen.

Die Kurfürsten, Fürsten und Fürstbischöfe verfügten im Reichstag jeweils über eine eigene Stimme, die so genannte Virilstimme (von lat. vir für Mann). Die Grafen waren dagegen in vier Kollegien zusammengeschlossen, in die westfälische, die wetterauische, die fränkische und die schwäbische Grafenbank, die jeweils nur eine gemeinsame Kuriatstimme hatten. Auch die Freien Reichsstädte bildeten zwei Kollegien, die Rheinische und die Schwäbische Bank.

Die Reichsstände waren dem Kaiser reichssteuerpflichtig und mussten Truppenkontingente zur Reichsarmee stellen. Alle Reichsstände waren zur persönlichen Teilnahme an den Reichstagen (die Entsendung eines Vertreters war möglich) verpflichtet. Im Gegenzug konnte kein allgemeines Reichsgesetz ohne Verabschiedung durch die Reichsstände erlassen werden. Sie konnten über die Erklärung des Reichskrieges und über den Abschluss von Verträgen zwischen dem Reich und anderen Staaten sowie über die Errichtung neuer Fürstentümer beschließen.

Siehe auch: Stände

Literatur

  • Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien und reichsunmittelbaren Geschlechter vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C.H. Beck, München 1999 (6. Auflage), ISBN 3-406-44333-8
  • Carl Wilhelm von Lancizolle: Uebersicht der deutschen Reichsstandschafts- und Territorialverhältnisse vor dem französischen Revolutionskriege, der seitdem eingetretenen Veränderungen und der gegenwärtigen Bestandteile des deutschen Bundes und der Bundesstaaten'. Dümmler, Berlin 1830 (Digitalisat)
  • G. Oestreich, E. Holzer: Übersicht über die Reichsstände. In: Bruno Gebhardt (Begr.), Herbert Grundmann (Hrsg.): Handbuch der Deutschen Geschichte. Band 2. Von der Reformation bis zum deutschen Absolutismus. 9. Auflage. Ernst Klett Verlag, Stuttgart 1973, S. 769–784, ISBN 3-8002-1013-4
  • Valentin Trichter: Curiöses Reit-, Jagd-, Fecht-, Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Johann Friedrich Gleditsch, Leipzig 1742

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Reichsstand — Reichs stand (r?ks st?t ), n. [G.] A free city of the former German empire. [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Reichsstand der Deutschen Industrie — Der Reichsstand der Deutschen Industrie (RStDI) entstand zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft als Zusammenschluss des Reichsverbandes der Deutschen Industrie (RDI) und der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (VDA). Er existierte …   Deutsch Wikipedia

  • Reichsstand, der — Der Reichsstand, des es, plur. die stände, ein Stand, d.i. solches Glied eines Reiches, welches Sitz und Stimme auf den Reichstagen hat. So werden in dem Deutschen Staatsrechte diejenigen Reichsglieder, welche Sitz und Stimme auf den Reichstagen… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Armierter Reichsstand — Als armierte Reichsstände oder armierte Fürsten wurden im Heiligen Römischen Reich des 17. und 18. Jahrhunderts diejenigen Reichsglieder bezeichnet, die über ein stehendes Heer verfügten. Geschichte An die Stelle von Söldnertruppen, wie sie noch… …   Deutsch Wikipedia

  • List of states in the Holy Roman Empire — A B C D …   Wikipedia

  • Fürstbistum Lübeck — Schleswig und Holstein um 1650. Das Territorium des Hochstifts Lübeck (grün) befand sich weitgehend zwischen den Städten Plön und Lübeck Das Hochstift Lübeck (auch Fürstbistum Lübeck) war ein Reichsstand des Heiligen Römischen Reiches im heutigen …   Deutsch Wikipedia

  • Sachsen [3] — Sachsen (Gesch.). I. Sachsen Wittenberg unter den Askaniern als Herzöge u. Kurfürsten von S. 1180–1422. Bernhard von Askanien, welcher von seinem Vater Albrecht das Land um Wittenberg erhalten hatte u., nachdem ihm nach der Auflösung des… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Swabian War — Infobox Military Conflict conflict=Swabian War partof= caption=The battle of Hard was the first major battle of the Swabian War. Illustration from the Luzerner Schilling of 1513. date=January ndash; September 1499 place=Northern and eastern… …   Wikipedia

  • Augsburger Bekenntnis — Christian Beyer verliest vor Kaiser Karl V. die „Confessio Augustana“ Kirchenfenster in der Speyrer Gedächtniskirche …   Deutsch Wikipedia

  • Augsburger Konfession — Christian Beyer verliest vor Kaiser Karl V. die „Confessio Augustana“ Kirchenfenster in der Speyrer Gedächtniskirche …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”